Meine Fragestellungen zum „neuen Sozialismus“ lauten:
Soll der Sozialismus im Kapitalismus verwirklicht werden? Wenn ja, wird damit vom Sozialismus als gemeinwirtschaftlicher Gesellschaftsordnung abgewichen?
Wird der Sozialismus als lang andauernde und relativ selbstständige Gesellschaftsordnung mit eigenen (ökonomischen und anderen) Gesetzmäßigkeiten betrachtet und nicht nur als eine kurzfristige Übergangslösung zum Kommunismus?
Wird für die sozialistische Gesellschaftsgestaltung die politische Machtergreifung der „arbeitenden Klasse“ vorausgesetzt?
Welche Bedeutung hat im „neuen Sozialismus“ die demokratische Kontrolle der staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen?
Wie soll die Frage nach der demokratischen Verfügung über das Eigentum sowie der unmittelbaren Machtausübung der arbeitenden Klassen gelöst werden?
Wie sollen die Probleme gelöst werden, die sich daraus ergeben, wenn ein einzelner Staat wie Deutschland im Alleingang aus dem kapitalistischen System austritt? Welche innenpolitischen Konsequenzen ergeben sich daraus und wie soll es gelingen, die Vorzüge und Triebkräfte des Sozialismus zur Geltung zu bringen?
Versteht sich der „neue Sozialismus“ als Verbesserung des Realsozialismus (China, Kuba, Vietnam, Nordkorea)?
Welche Konsequenzen ergeben sich aus der Erfahrung, dass die bisher praktizierten Formen des europäischen Sozialismus (bei all ihren Entartungen und Funktionsstörungen) nicht in der Lage waren, in Bezug auf die Arbeitsproduktivität und den Lebensstandard erfolgreich mit dem Kapitalismus zu konkurrieren? Schließlich gelang es nicht einmal, ein Gesellschaftssystem zu schaffen, das unter sozialen oder demokratischen Aspekten als erhaltenswert gelten konnte.
Welche Maßstäbe setzt eine „neue sozialistische Politik“ an hinsichtlich
- der Ausübung der politischen Macht durch die arbeitenden Klassen
- der demokratischen Kontrolle über die Wirtschaft, die Verwendung des Mehrprodukts
- die Bestimmung praktikabler Formen unmittelbarer und mittelbarer Demokratie von unten
- der Gewährleistung sozialer Grundrechte
- einer Politik der ökologischen Nachhaltigkeit
Oder sind solche Überlegungen schon wieder zu links für DIE LINKEN?
============================================================
Das Hamburger Abendblatt berichtet heute über eine Vielzahl von Forderungen der LINKEN:
- Ablehnung der Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan
- Vermögenssteuer für Einkommen ab 300.000 Euro
- Eingangssteuersatz 15 %, Spitzensteuersatz 50 % (ab 60.000 Euro)
- Streichungen zahlreicher Steuervergünstigungen (z. B. für haushaltsnahe Beschäftigungen)
- Pendlerpausche 40 Cent
- Steuerfreie Nacht- und Feiertagszuschläge
- Mindestlohn von mindestens 1.400 Euro brutto
- Mindestrente von 800 Euro
- Soziale Grundsicherung (1.900 Euro netto für eine Familie mit zwei kleinen Kindern)
- Anhebung des ALG II auf 420 Euro
- Abschaffung des Ehegattensplittings
- Anhebung des Kindergeldes auf 250 Euro
Lafontaine und Gysi möchten 60. Mrd. Euro mehr ausgeben und rechnen mit Mehreinnahmen in Höhe von 64 Mrd. Euro. Kritiker (Bundesfinanzministerium, die Grünen) rechnen mit ganz erheblichen Finanzierungslücken und verweisen auf extrem höhere Mehrausgaben. Die berechneten Finanzierungslücken sollen im Extremfall bis zu 200 Mrd. Euro betragen.
Der Klopfer in der Meldung ist allerdings ein anderer:
Nur eines will sie vorerst nicht: im Bund mitregieren. Die Linkspartei sei erst dann bereit, sich an einer Regierung zu beteiligen, wenn sie Bündnispartner finde, die für ihre Politik zu gewinnen seien. Solche Bündnispartner gebe es derzeit nicht, sagte Lafontaine.
Ich denke, so eine Partei kann man sich auch in die Haare schmieren. Denn so richtig spannend wird es doch erst, wenn man sich als real existierende Regierungsalternative präsentiert und bereit ist, die eigenen Vorschläge in praktische Politik umzusetzen. – Dann würde sich auch sehr schnell zeigen, ob die eigenen Zahlen stimmen oder ob man das Land mit seinen Vorschlägen an den Rand des finanziellen Ruins bringt. Mit ihrer jetzigen Haltung ist DIE LINKE nichts weiter als ein Auffanglager für Protestwähler.