FanboysLiebling
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Hallo Leute,
ich glaube der einzige Grund wieso die Story von Half-Life 2 nicht dieselbe Reaktion erfahren hat wie die späteren Staffeln von Lost oder das Finale von Mass Effect 3 ist die Grafikpracht beim Release. Denn die Story von Half-Life 2 (wenn man das Spiel als Nachfolger von HL 1 betrachtet) ist einfach atemberaubend dämlich.
Im Laufe des Spiels wird man regelrecht erschlagen von "Fans":
"Gordon Freeman? Bist du es? GORDON FREEMAN!!!! OH MEIN GOTT! GORDON!"
Wieso ist Gordon Freeman ein Held für diese Leute? Wegen Black Mesa? Erstens hat Gordon Freeman mit kaum jemanden in Black Mesa gesprochen, vor allem weil er meistens in irgendwelchen leeren Korridoren oder Belüftungsschächten unterwegs war, und zweitens, GERADE wegen Black Mesa sollten diese Damen und Herren Gordon Freeman hassen wie die Pest.
Herrgott nochmal, diese Menschen leben in einem Alptraum! Die Erde ist okkupiert von interdimensionalen Aliens, jeder ist kastriert mittels Funkwelle und der ganze Planet wird von außerirdischen Maschinen ausgesaugt bis auf die Knochen.
Auf der "Fucked Planet"-Skala von 1-10 ist das Half-Life 2 Szenario bei vollen 11 Punkten.
Gordon Freeman sprang vor Jahren in ein Dimensionsportal in einem Labor, in dem Teleportationsexperimente abliefen, und wenige Stunden später wurde die Erde von Aliens angegriffen und überrannt. Es ist durchaus wahrscheinlich dass Gordon Freeman auf der anderen Seite auf die Combine traf, mit denen einen Deal schloss (Die Koordinaten der Erde im Gegenzug für ein nettes Plätzchen auf einem Combine-Planeten) und die ganze Zeit über wie ein König auf irgendeiner Combine-Paradieswelt gelebt hat.
Auf jeden Fall spricht die Kette der Ereignisse nicht gerade für ihn.
Man kann sogar sagen, das alles was Gordon in Black Mesa vollbracht hat, die Katastrophe wohl noch vergrößert hat. Vielleicht wäre es nicht zur Combine-Invasion gekommen, wäre das Militär erfolgreich mit ihrer Säuberungsaktion gewesen.
Also nochmal, wieso ist er ein Held für diese Leute? Und wieso wird von den Widerständlern überall das Lambda-Logo hingesprayt? Und wieso überhaupt besteht der Widerstand vornehmlich aus ehemaligen Black Mesa Funktionären? Die Welt ist am Arsch WEGEN Black Mesa. In so einer Situation würden die Überlebenden wohl am liebsten jeden ehemaligen Black Mesa Angestellten auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Diese Typen wären die absoluten Parias (auch weil Breen ebenfalls dazugehört). Vielleicht hätte man sie höchstens noch wegen ihres Insiderwissens in irgendeinem Kellerloch angekettet am Leben gelassen. Mehr aber aber auch nicht.
Wie dem auch sei: Kein Normaler Mensch in diesem Szenario hat irgendeinen vernünftigen Grund Gordon Freeman zu trauen. Und Gordon Freeman wiederum hat ebenfalls keinen Grund irgendjemanden zu trauen.
Im Laufe des Spiels habe ich meinen Avatar wirklich angefangen zu hassen. Gordon Freeman ist ein verfluchter Idiot und einer der blödesten Charaktere der Spielegeschichte. Betrachten wir die ganze Chose aus Gordons Blickwinkel: Er hat einen neuen Job in einem Labor bekommen, das totale Chaos bricht aus, mit letzter Kraft schafft er es in eine bizarre Aliendimension, tötet ein riesiges Monster und Minuten später ist er mitten in 1984. Plötzlich, in dieser 1984-Welt trifft er auf seine ehemaligen Kollegen, welche zwanzig Jahre älter aussehen, und die benehmen sich als ob GAR NICHTS passiert wäre. "Oh, Hi Gordon, da bist du endlich, ich bin es... bla bla bla" und fangen an von Teleportationen in irgendeine Basis zu quatschen und man soll wieder in so einen Teleporter einsteigen als ob nichts gewesen wäre und bla bla bla.
WTF.
Freeman hört diesen Spinnern zu wie ein Lobotomierter und folgt deren Instruktionen wie ein Bot. Ich fühlte mich nicht "in das Spielerlebnis eingetaucht"! Da war jegliche Immersion schon vorbei.
Wäre ich Gordon Freeman, dann würde ich meinen inneren Jack Bauer auf diese Spinner loslassen:
"Wo zum Teufel bin ich? Hör auf mit mir zu reden, als ob ich dein Freund wäre - wir kannten uns kaum in dem Labor! Damals wart ihr nicht so übertrieben freundlich zu mir, und überhaupt, ihr benehmt euch ganz schön seltsam. Außerdem habt ihr diese Monster in euren Reihen, welche mich vor einer Stunden töten wollten und Telepathie beherrschen! Das alles sieht für mich nach einer Falle aus - vielleicht sollte ich mit der Polizei reden und deren Version der Geschichte hören? Dieser Typ mit der Aktentasche, welcher mich in diese Welt teleportiert hat: Ich sah ihn schon in Black Mesa herumlaufen und mit den Angestellten dort reden. Steckt ihr mit ihm unter einer Decke? Ich weiß dass ihr schon vorher Teleportationsexperimente in die Alien-Dimension durchgeführt habt, ich habe dort menschliche Leichen gesehen. Habt ihr mich damals reingelegt, als ich den Kristall in diesen Apparat schieben sollte? Wieso sollte ich euch nach all dem vertrauen? Mir ist es völlig egal ob ihr jetzt Zeit habt oder nicht! Ihr beantwortet gefälligst jetzt fragen! Ich bin durch die Hölle gegangen wegen dem, was ihr damals in Black Mesa abgezogen habt!"
So würde ich, nein, so würde wohl JEDER in dieser Situation verfahren, anstatt diesem ganzen Scheiss einfach tatenlos zuzuhören und Folge zu leisten. Als ich HL2 gespielt habe, habe ich mir nach einer Weile vorgestellt wie wohl ein vernünftiger Protagonist auf diese Situation reagieren würde. Also z.B. JC Denton (Deus Ex), Garret (Thief) oder Cutter Slade (Outcast) und die hätten wohl den verfluchten Laden wahrscheinlich auseinander genommen, wären sie mit diesem Begrüssungskomitee konfrontiert worden.
Anstatt Hündchen mit dem Roboter dieser Göre zu spielen, hätte ich sie viel lieber gefragt, wie zum Geier sie so etwas in dieser Postapokalypse überhaupt bauen konnte (und in einem vernünftigeren Spiel hätte ich das auch gekonnt):
"Dieses Ding ist stärker und widerstandsfähiger als alles, was ich bei dieser Polizeitruppe gesehen habe, gegen die ich dank der Inkompetenz deiner Freunde kämpfen musste. Wie ist das möglich? Wieso könnt ihr nicht mehr von diesen Maschinen bauen? Wieso benimmst du dich so, als ob wir Freunde wären - ich kenne dich überhaupt nicht! Bist du eine Verräterin? Das alles ist ein verdammter Alptraum - fang an zu sprechen, oder diese Brechstange wird Bekanntschaft mit deinem Kopf machen!"
Ehrlich, dieses Teil alleine ermordet jegliche Glaubwürdigkeit des Settings. Dog ist eine Superwaffe in den Händen Aufständischer! Hat man sowas jemals gesehen? Wieso brauchen die überhaupt Freeman, wenn dieses Ding Combine-Panzer mit Leichtigkeit erledigt? Vergesst Freeman, baut mehr Roboter. Zumal das Ding aussieht, als ob es einfach aus Schrottteilen zusammengefrickelt wurde.
Das Narrativ von Half-Life 2, und das Verhalten der Hauptperson macht überhaupt keinen Sinn. Und so war es mir nie möglich mich mit ihm zu identifizieren. Ich verstehe die Intention hinter Freeman: Der stumme Protagonist, der Avatar ohne störende Stimme. Aber diese Technik funktioniert doch nur, wenn man die Handlung dieses Protagonisten nachvollziehen kann. Wenn die Hauptperson Dinge tut, die man wahrscheinlich auch tun würde. Aber würde man das hier? Ernsthaft? Zum Beispiel in City 17 in diesen Teleporter zu steigen? Nur Minuten nach Xen und Black Mesa?! Oder die Tatsache dass Alyx, Barney, der Wissenschaftler etc. Freeman zu Anfang scheinbar erwarten ("da bist du ja"). Das impliziert doch, dass sie wussten er würde zu diesem Punkt und zu dieser Zeit auftauchen. Dies legt nahe, dass eine Verbindung mit G-Man und dieser Truppe besteht. Doch Gordon macht keinen Mucks.
Das macht NULL SINN. Stiller Protagonist oder nicht - hier stürzt einfach die ganze Inszenierung ab.
Und nicht nur macht Gordon absolut keinen Sinn - Die Black Mesa Gang fühlt sich noch außerirdischer an als die Außerirdischen selbst. Die Welt ist absolut und maximal hinüber, unter der Fuchtel von bösen Aliens. Aber schau mal einer an wie sich die Führungsriege dieser seltsamen Widerständler verhalten: Völlig abgeklärt, sogar fröhlich. Der Moment, wo man auf diese Leute in City 17 trifft ist absolut bizarr ("Hi Gordon, ich bin's! Guck mal wer hier ist!"), die Szene in Black Mesa East sogar noch mehr: "Hi Gordon! Toll dich wiederzusehen! Ich dachte darüber nach einen Teleporter zu bauen, indem man das Combine XYZ an das Uwo-Bugo anschließt, welches uns erlauben würde die Dimension bla bla irgendwas anzuzapfen und bla bla bla... das ist alles so spannend! [...] Hast du schon den tollen Roboter gesehen, den ich gebaut habe? Woohoo!"
Man vergleiche diese Leute mal mit der verzweifelten Bevölkerung New Yorks in Deus Ex. Und diese haben es viel leichter als die Erdlinge in Half-Life 2. Verdammt noch mal, ihr habt eine Dystopie als Setting für euer Spiel gewählt - macht was damit!
Überhaupt habe ich keine Ahnung, wozu diese "Ich kenne dich von Black Mesa! Du bist der Beste!"-Sprüche überhaupt dienen: Wenn man das vorherige Spiel nicht gespielt hat, dann denkt man einfach, dass man diese Anspielungen nicht versteht, weil man halt HL 1 nicht kennt. ABER, wenn man den Vorgänger gespielt hat, dann macht der Kram noch weniger Sinn. Bis auf Barney (ein richtiger Charakter in Blue Shift) kenne ich niemanden von diesen Typen aus dem Vorgänger! Die NPCs in HL1 behandelten einen größtenteils wie Luft. Also was soll der Kram? Und vor allem, wieso ist der Kram so dermaßen dick aufgetragen?
Und nochmal: In Anbetracht der Ereignisse, würde niemand sich um Gordon Freeman groß kümmern. Selbst wenn man ihn nicht verdächtigen würde, eine Rolle in der Invasion gespielt zu haben:
Überlebender BM Wissenschafter #1: Kannst du dich an Black Mesa erinnern, als diese Soldaten und Aliens uns alle fast umbrachten, Gordon Freeman in der anderen Dimension verschwand und einen Tag später die Combine ankamen und uns alle versklavten?"
Überlebender BM Wissenschafter #2: "Yo"
Überlebender BM Wissenschafter #1: "Nun, Gordon Freeman kroch damals aus einem Belüftungsschacht und ich öffnete ihm daraufhin eine Tür"
Überlebender BM Wissenschafter #2: "Ich traf ebenfalls auf Freeman in einem Versorgungsschacht, und gab ihm ein Medkit"
Überlebender BM Wissenschafter #1: "Wirklich? Gordon Freeman ist wahrhaftig der größte Held der Menschheitsgeschichte!"
Mir kam im Laufe des Spiels der Verdacht auf, dass das, was "Half-Life 2" werden sollte, irgendein generischer "Alien-Invasion" Shooter war, der mit HL in keinerlei Beziehung stand. Außerirdische haben die Erde erobert, und man spielt einen Veteranen des Widerstands, der wahrscheinlich aus einem Alien-Gefängnis entflohen war. Dies würde viele Ungereimtheiten erklären: Zum Beispiel wieso alle den Helden immer noch kennen und mit ihm interagieren, als ob sie ihn erst erst vor zwei Wochen gesehen hätten, wieso der Held agiert, als kenne er dies alles, den Fluchtcharakter der ersten Levels, mit den ganzen "Fluchthelfern" die immer mit irgendwelchen Fahrzeugen aufwarten und so weiter.
Die Levels sind, wenn man mal das Szenario betrachtet, vom Aspekt der Handlung her ziemlich unspektakulär. City 17 und die Zitadelle sind die einzigen thematischen Highlights. Ich sage nicht, dass sie keinen Spass machen. Aber Zombie-Level, Kanal-Level, Gefängnis-Level..
Interdimensionale Außerirdische als Gegner, und man kriegt Strände und Kanalisationen und Zombies?
Wo sind andere Dimensionen? Oder Kämpfe im Inneren von riesigen Combine-Anlagen? Nochmal, man schaue z.B. auf Deus Ex: Da wurde aus dem Setting scheinbar wirklich alles rausgeholt. Zuerst sieht man nichts von MJ12, dann eine kleine Basis, dann deren Biolabor, das okkupierte Paris (mit echten NPCs, nicht "Hi Gordon!"), die Marinebasis und so weiter und so fort. Alles was man vom Gegner erfährt, sieht man mit eigenen Augen. Alle Levels hängen storytechnisch organisch zusammen.
In HL2 ist City 17 schon das Highlight. Der Rest hat thematisch sehr wenig mit dem Setting zu tun und kann quasi in jedem Spiel vorkommen. Das ganze wirkt sehr getrimmt auf Engine-Demo (die Railshooter-mäßigen Fahrzeug-Levels z.B., oder die Physik-Apparaturen in Ravenholm) und weniger darauf angelegt, das Letzte aus dem Setting rauszuholen.
Ein weiteres riesiges Problem in der ganzen Architektur der Story des Spiels ist diese Angewohnheit mitten im Satz abzubrechen, um wichtige Informationen vorzuenthalten: "Du hast wahrscheinlich viele Fragen, ich habe dir so viel zu erzählen.. WIR WERDEN ANGEGRIFFEN Sorry Gordon, nicht jetzt!" (Siehe die Szene in Kleiners Labor, die Attacke auf Black Mesa East, das Ende von Episode 2...)
ARGH! Das geschieht mehrmals, das ganze Spiel hinüber und quer durch alle Erweiterungen. Einfach nur gräßlich. Das ist der billigste Drehbuchtrick der Welt. Half-Life 2 treibt es weit schlimmer als Akte-X in seinen schwächsten Zeiten.
Half-Life 2 hat bei mir die Ehre, die nervigste und frustrierendste Szene zu haben, die ich jemals in einem Computerspiel gesehen habe. Gegen Ende von Episode 2 ist man mit Eli allein, es gibt einen Moment Ruhe. Eli erzählt, dass er es war, der damals in HL1 den Kristall präpariert hat, außerdem steht er im Kontakt mit dem G-Man. Tja, und fertig! Man kann den Schleimbeutel nicht weiter ausfragen. NICHTS. In jedem anderen Spiel hätten sich die Autoren zumindest einen plausiblen Grund ausdenken müssen, wieso es nicht weitergeht. Aber hier kommen die damit allen Ernstes davon. Eben weil Gordon Freeman ein Idiot ist.
Und dieser Kram kam allen Ernstes NACH Deus Ex, System Shock, No One Lives Forever, Jedi Knight 2 etc. etc. raus! Ich meine, verdammt nochmal: Physik-Puzzles als eines der Highlights? Sechs Jahre nach Trespasser?
Tja, Grafik ist eben manchmal doch genug.
ich glaube der einzige Grund wieso die Story von Half-Life 2 nicht dieselbe Reaktion erfahren hat wie die späteren Staffeln von Lost oder das Finale von Mass Effect 3 ist die Grafikpracht beim Release. Denn die Story von Half-Life 2 (wenn man das Spiel als Nachfolger von HL 1 betrachtet) ist einfach atemberaubend dämlich.
Im Laufe des Spiels wird man regelrecht erschlagen von "Fans":
"Gordon Freeman? Bist du es? GORDON FREEMAN!!!! OH MEIN GOTT! GORDON!"
Wieso ist Gordon Freeman ein Held für diese Leute? Wegen Black Mesa? Erstens hat Gordon Freeman mit kaum jemanden in Black Mesa gesprochen, vor allem weil er meistens in irgendwelchen leeren Korridoren oder Belüftungsschächten unterwegs war, und zweitens, GERADE wegen Black Mesa sollten diese Damen und Herren Gordon Freeman hassen wie die Pest.
Herrgott nochmal, diese Menschen leben in einem Alptraum! Die Erde ist okkupiert von interdimensionalen Aliens, jeder ist kastriert mittels Funkwelle und der ganze Planet wird von außerirdischen Maschinen ausgesaugt bis auf die Knochen.
Auf der "Fucked Planet"-Skala von 1-10 ist das Half-Life 2 Szenario bei vollen 11 Punkten.
Gordon Freeman sprang vor Jahren in ein Dimensionsportal in einem Labor, in dem Teleportationsexperimente abliefen, und wenige Stunden später wurde die Erde von Aliens angegriffen und überrannt. Es ist durchaus wahrscheinlich dass Gordon Freeman auf der anderen Seite auf die Combine traf, mit denen einen Deal schloss (Die Koordinaten der Erde im Gegenzug für ein nettes Plätzchen auf einem Combine-Planeten) und die ganze Zeit über wie ein König auf irgendeiner Combine-Paradieswelt gelebt hat.
Auf jeden Fall spricht die Kette der Ereignisse nicht gerade für ihn.
Man kann sogar sagen, das alles was Gordon in Black Mesa vollbracht hat, die Katastrophe wohl noch vergrößert hat. Vielleicht wäre es nicht zur Combine-Invasion gekommen, wäre das Militär erfolgreich mit ihrer Säuberungsaktion gewesen.
Also nochmal, wieso ist er ein Held für diese Leute? Und wieso wird von den Widerständlern überall das Lambda-Logo hingesprayt? Und wieso überhaupt besteht der Widerstand vornehmlich aus ehemaligen Black Mesa Funktionären? Die Welt ist am Arsch WEGEN Black Mesa. In so einer Situation würden die Überlebenden wohl am liebsten jeden ehemaligen Black Mesa Angestellten auf dem Scheiterhaufen verbrennen. Diese Typen wären die absoluten Parias (auch weil Breen ebenfalls dazugehört). Vielleicht hätte man sie höchstens noch wegen ihres Insiderwissens in irgendeinem Kellerloch angekettet am Leben gelassen. Mehr aber aber auch nicht.
Wie dem auch sei: Kein Normaler Mensch in diesem Szenario hat irgendeinen vernünftigen Grund Gordon Freeman zu trauen. Und Gordon Freeman wiederum hat ebenfalls keinen Grund irgendjemanden zu trauen.
Im Laufe des Spiels habe ich meinen Avatar wirklich angefangen zu hassen. Gordon Freeman ist ein verfluchter Idiot und einer der blödesten Charaktere der Spielegeschichte. Betrachten wir die ganze Chose aus Gordons Blickwinkel: Er hat einen neuen Job in einem Labor bekommen, das totale Chaos bricht aus, mit letzter Kraft schafft er es in eine bizarre Aliendimension, tötet ein riesiges Monster und Minuten später ist er mitten in 1984. Plötzlich, in dieser 1984-Welt trifft er auf seine ehemaligen Kollegen, welche zwanzig Jahre älter aussehen, und die benehmen sich als ob GAR NICHTS passiert wäre. "Oh, Hi Gordon, da bist du endlich, ich bin es... bla bla bla" und fangen an von Teleportationen in irgendeine Basis zu quatschen und man soll wieder in so einen Teleporter einsteigen als ob nichts gewesen wäre und bla bla bla.
WTF.
Freeman hört diesen Spinnern zu wie ein Lobotomierter und folgt deren Instruktionen wie ein Bot. Ich fühlte mich nicht "in das Spielerlebnis eingetaucht"! Da war jegliche Immersion schon vorbei.
Wäre ich Gordon Freeman, dann würde ich meinen inneren Jack Bauer auf diese Spinner loslassen:
"Wo zum Teufel bin ich? Hör auf mit mir zu reden, als ob ich dein Freund wäre - wir kannten uns kaum in dem Labor! Damals wart ihr nicht so übertrieben freundlich zu mir, und überhaupt, ihr benehmt euch ganz schön seltsam. Außerdem habt ihr diese Monster in euren Reihen, welche mich vor einer Stunden töten wollten und Telepathie beherrschen! Das alles sieht für mich nach einer Falle aus - vielleicht sollte ich mit der Polizei reden und deren Version der Geschichte hören? Dieser Typ mit der Aktentasche, welcher mich in diese Welt teleportiert hat: Ich sah ihn schon in Black Mesa herumlaufen und mit den Angestellten dort reden. Steckt ihr mit ihm unter einer Decke? Ich weiß dass ihr schon vorher Teleportationsexperimente in die Alien-Dimension durchgeführt habt, ich habe dort menschliche Leichen gesehen. Habt ihr mich damals reingelegt, als ich den Kristall in diesen Apparat schieben sollte? Wieso sollte ich euch nach all dem vertrauen? Mir ist es völlig egal ob ihr jetzt Zeit habt oder nicht! Ihr beantwortet gefälligst jetzt fragen! Ich bin durch die Hölle gegangen wegen dem, was ihr damals in Black Mesa abgezogen habt!"
So würde ich, nein, so würde wohl JEDER in dieser Situation verfahren, anstatt diesem ganzen Scheiss einfach tatenlos zuzuhören und Folge zu leisten. Als ich HL2 gespielt habe, habe ich mir nach einer Weile vorgestellt wie wohl ein vernünftiger Protagonist auf diese Situation reagieren würde. Also z.B. JC Denton (Deus Ex), Garret (Thief) oder Cutter Slade (Outcast) und die hätten wohl den verfluchten Laden wahrscheinlich auseinander genommen, wären sie mit diesem Begrüssungskomitee konfrontiert worden.
Anstatt Hündchen mit dem Roboter dieser Göre zu spielen, hätte ich sie viel lieber gefragt, wie zum Geier sie so etwas in dieser Postapokalypse überhaupt bauen konnte (und in einem vernünftigeren Spiel hätte ich das auch gekonnt):
"Dieses Ding ist stärker und widerstandsfähiger als alles, was ich bei dieser Polizeitruppe gesehen habe, gegen die ich dank der Inkompetenz deiner Freunde kämpfen musste. Wie ist das möglich? Wieso könnt ihr nicht mehr von diesen Maschinen bauen? Wieso benimmst du dich so, als ob wir Freunde wären - ich kenne dich überhaupt nicht! Bist du eine Verräterin? Das alles ist ein verdammter Alptraum - fang an zu sprechen, oder diese Brechstange wird Bekanntschaft mit deinem Kopf machen!"
Ehrlich, dieses Teil alleine ermordet jegliche Glaubwürdigkeit des Settings. Dog ist eine Superwaffe in den Händen Aufständischer! Hat man sowas jemals gesehen? Wieso brauchen die überhaupt Freeman, wenn dieses Ding Combine-Panzer mit Leichtigkeit erledigt? Vergesst Freeman, baut mehr Roboter. Zumal das Ding aussieht, als ob es einfach aus Schrottteilen zusammengefrickelt wurde.
Das Narrativ von Half-Life 2, und das Verhalten der Hauptperson macht überhaupt keinen Sinn. Und so war es mir nie möglich mich mit ihm zu identifizieren. Ich verstehe die Intention hinter Freeman: Der stumme Protagonist, der Avatar ohne störende Stimme. Aber diese Technik funktioniert doch nur, wenn man die Handlung dieses Protagonisten nachvollziehen kann. Wenn die Hauptperson Dinge tut, die man wahrscheinlich auch tun würde. Aber würde man das hier? Ernsthaft? Zum Beispiel in City 17 in diesen Teleporter zu steigen? Nur Minuten nach Xen und Black Mesa?! Oder die Tatsache dass Alyx, Barney, der Wissenschaftler etc. Freeman zu Anfang scheinbar erwarten ("da bist du ja"). Das impliziert doch, dass sie wussten er würde zu diesem Punkt und zu dieser Zeit auftauchen. Dies legt nahe, dass eine Verbindung mit G-Man und dieser Truppe besteht. Doch Gordon macht keinen Mucks.
Das macht NULL SINN. Stiller Protagonist oder nicht - hier stürzt einfach die ganze Inszenierung ab.
Und nicht nur macht Gordon absolut keinen Sinn - Die Black Mesa Gang fühlt sich noch außerirdischer an als die Außerirdischen selbst. Die Welt ist absolut und maximal hinüber, unter der Fuchtel von bösen Aliens. Aber schau mal einer an wie sich die Führungsriege dieser seltsamen Widerständler verhalten: Völlig abgeklärt, sogar fröhlich. Der Moment, wo man auf diese Leute in City 17 trifft ist absolut bizarr ("Hi Gordon, ich bin's! Guck mal wer hier ist!"), die Szene in Black Mesa East sogar noch mehr: "Hi Gordon! Toll dich wiederzusehen! Ich dachte darüber nach einen Teleporter zu bauen, indem man das Combine XYZ an das Uwo-Bugo anschließt, welches uns erlauben würde die Dimension bla bla irgendwas anzuzapfen und bla bla bla... das ist alles so spannend! [...] Hast du schon den tollen Roboter gesehen, den ich gebaut habe? Woohoo!"
Man vergleiche diese Leute mal mit der verzweifelten Bevölkerung New Yorks in Deus Ex. Und diese haben es viel leichter als die Erdlinge in Half-Life 2. Verdammt noch mal, ihr habt eine Dystopie als Setting für euer Spiel gewählt - macht was damit!
Überhaupt habe ich keine Ahnung, wozu diese "Ich kenne dich von Black Mesa! Du bist der Beste!"-Sprüche überhaupt dienen: Wenn man das vorherige Spiel nicht gespielt hat, dann denkt man einfach, dass man diese Anspielungen nicht versteht, weil man halt HL 1 nicht kennt. ABER, wenn man den Vorgänger gespielt hat, dann macht der Kram noch weniger Sinn. Bis auf Barney (ein richtiger Charakter in Blue Shift) kenne ich niemanden von diesen Typen aus dem Vorgänger! Die NPCs in HL1 behandelten einen größtenteils wie Luft. Also was soll der Kram? Und vor allem, wieso ist der Kram so dermaßen dick aufgetragen?
Und nochmal: In Anbetracht der Ereignisse, würde niemand sich um Gordon Freeman groß kümmern. Selbst wenn man ihn nicht verdächtigen würde, eine Rolle in der Invasion gespielt zu haben:
Überlebender BM Wissenschafter #1: Kannst du dich an Black Mesa erinnern, als diese Soldaten und Aliens uns alle fast umbrachten, Gordon Freeman in der anderen Dimension verschwand und einen Tag später die Combine ankamen und uns alle versklavten?"
Überlebender BM Wissenschafter #2: "Yo"
Überlebender BM Wissenschafter #1: "Nun, Gordon Freeman kroch damals aus einem Belüftungsschacht und ich öffnete ihm daraufhin eine Tür"
Überlebender BM Wissenschafter #2: "Ich traf ebenfalls auf Freeman in einem Versorgungsschacht, und gab ihm ein Medkit"
Überlebender BM Wissenschafter #1: "Wirklich? Gordon Freeman ist wahrhaftig der größte Held der Menschheitsgeschichte!"
Mir kam im Laufe des Spiels der Verdacht auf, dass das, was "Half-Life 2" werden sollte, irgendein generischer "Alien-Invasion" Shooter war, der mit HL in keinerlei Beziehung stand. Außerirdische haben die Erde erobert, und man spielt einen Veteranen des Widerstands, der wahrscheinlich aus einem Alien-Gefängnis entflohen war. Dies würde viele Ungereimtheiten erklären: Zum Beispiel wieso alle den Helden immer noch kennen und mit ihm interagieren, als ob sie ihn erst erst vor zwei Wochen gesehen hätten, wieso der Held agiert, als kenne er dies alles, den Fluchtcharakter der ersten Levels, mit den ganzen "Fluchthelfern" die immer mit irgendwelchen Fahrzeugen aufwarten und so weiter.
Die Levels sind, wenn man mal das Szenario betrachtet, vom Aspekt der Handlung her ziemlich unspektakulär. City 17 und die Zitadelle sind die einzigen thematischen Highlights. Ich sage nicht, dass sie keinen Spass machen. Aber Zombie-Level, Kanal-Level, Gefängnis-Level..
Interdimensionale Außerirdische als Gegner, und man kriegt Strände und Kanalisationen und Zombies?
Wo sind andere Dimensionen? Oder Kämpfe im Inneren von riesigen Combine-Anlagen? Nochmal, man schaue z.B. auf Deus Ex: Da wurde aus dem Setting scheinbar wirklich alles rausgeholt. Zuerst sieht man nichts von MJ12, dann eine kleine Basis, dann deren Biolabor, das okkupierte Paris (mit echten NPCs, nicht "Hi Gordon!"), die Marinebasis und so weiter und so fort. Alles was man vom Gegner erfährt, sieht man mit eigenen Augen. Alle Levels hängen storytechnisch organisch zusammen.
In HL2 ist City 17 schon das Highlight. Der Rest hat thematisch sehr wenig mit dem Setting zu tun und kann quasi in jedem Spiel vorkommen. Das ganze wirkt sehr getrimmt auf Engine-Demo (die Railshooter-mäßigen Fahrzeug-Levels z.B., oder die Physik-Apparaturen in Ravenholm) und weniger darauf angelegt, das Letzte aus dem Setting rauszuholen.
Ein weiteres riesiges Problem in der ganzen Architektur der Story des Spiels ist diese Angewohnheit mitten im Satz abzubrechen, um wichtige Informationen vorzuenthalten: "Du hast wahrscheinlich viele Fragen, ich habe dir so viel zu erzählen.. WIR WERDEN ANGEGRIFFEN Sorry Gordon, nicht jetzt!" (Siehe die Szene in Kleiners Labor, die Attacke auf Black Mesa East, das Ende von Episode 2...)
ARGH! Das geschieht mehrmals, das ganze Spiel hinüber und quer durch alle Erweiterungen. Einfach nur gräßlich. Das ist der billigste Drehbuchtrick der Welt. Half-Life 2 treibt es weit schlimmer als Akte-X in seinen schwächsten Zeiten.
Half-Life 2 hat bei mir die Ehre, die nervigste und frustrierendste Szene zu haben, die ich jemals in einem Computerspiel gesehen habe. Gegen Ende von Episode 2 ist man mit Eli allein, es gibt einen Moment Ruhe. Eli erzählt, dass er es war, der damals in HL1 den Kristall präpariert hat, außerdem steht er im Kontakt mit dem G-Man. Tja, und fertig! Man kann den Schleimbeutel nicht weiter ausfragen. NICHTS. In jedem anderen Spiel hätten sich die Autoren zumindest einen plausiblen Grund ausdenken müssen, wieso es nicht weitergeht. Aber hier kommen die damit allen Ernstes davon. Eben weil Gordon Freeman ein Idiot ist.
Und dieser Kram kam allen Ernstes NACH Deus Ex, System Shock, No One Lives Forever, Jedi Knight 2 etc. etc. raus! Ich meine, verdammt nochmal: Physik-Puzzles als eines der Highlights? Sechs Jahre nach Trespasser?
Tja, Grafik ist eben manchmal doch genug.
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