H
Heison
Gast
Betrachtet man die abstrakte Kurzskizze eines Diskussionverlaufs, wie sie vernünftig laufen könnte, und sich vielleicht mit dem Attribut "Diskussionskultur" schmücken könnte, so könnte sie wie folgt aussehen:
User 1: Ich habe Meinung A, weil (Argument)
User 2: Ich habe nicht Meinung A, sondern Meinung B, weil (Argument)
User 1: (usw.)
Zunächst zu einem Szenario, in dem das anders verläuft:
Ein User 1 beschwert sich über Fremdenfeindlichkeit in Deutschland, sorgt sich über die Häufungen in Ostdeutschland, und regt sich über Artikel auf, die entsprechende Angriffe als "germanische Trotzreaktion" verharmlosen. Oder extremistische Konzerte als "eigene Geselligkeitsform" schönreden.
User 2 kritisiert ihn nun wie folgt: "Du sagst und wiederholst, daß alle Deutschen allgemein zu Fremdenfeindlichkeit neigen. Dass sie gar nicht zu Toleranz fähig sind. Im Gegensatz zu den Migranten die sich natürlich alle freundlich verhalten"
In diesem Szenario hat User 2 User 1 eine Aussage unterstellt, die er nicht von sich gegeben hat. Meinung A mutiert zu Meinung X.
In der Fachsprache wird das Vorgehen, einem Meinungsgegner Aussagen zu unterstellen, die er nie von sich gegeben hat, Rabulistik genannt. Sie dient meist dazu, den Betroffenen zu diskreditieren, frei nach dem Motto "etwas Schmutz bleibt immer hängen". Oft wird dabei von der eigenen Argumentsarmut abgelenkt.
Nun zu einem Realbeispiel, das spiegelverkehrt aufgebaut ist: In folgendem Thread geht es um die Bedeutung von Parallelgesellschaften (mit den unschönen Extremformen wie Ehrenmord, Zwangsverheiratungen usw.) Die Umschreibung des Phänomens durch einen dritten Autoren als "eigene Familien- und Geselligkeitsform" und die Erklärung von Angriffen gegen Deutsche als "trotzige Selbstorientalisierung" kritisiert User 1 scharf.
Außerdem gibt User 1 ein verwandtes Beispiel: "Stellen wir uns einmal vor, in Mallorca würden sich die spanischen Einwohner darüber sorgen, dass die eingewanderten Deutschen (also nicht die Touristen, sondern die dauerhaft ansässigen) eine Parallelgesellschaft bilden, überall Currywurstbuden stehen, nur deutsch geredet wird, außerdem einige Neonazis negativ auffielen. Und ein entsprechender deutscher Migrant würde das in der Zeitung lesen. [...] Würde er sich durch die Verwendung des Wortes "Parallelgesellschaft" plötzlich ausgegrenzt fühlen? Oder gar in christlichen Fundamentalismus zurückfallen?"
Da schleudert User 2 im Verlauf der Diskussion User 1 Folgendes entgegen:
"Du sagst und wiederholst, daß alle Türken, Migranten, welchen Begriff du auch gerne meidest, allgemein kein Interesse an Integration haben. Das sie gar nicht fähig dazu sind. Im Gegensatz zu uns Deutschen die sich natürlich auf Mallorca voll integrieren würden."
Wie im obigen Szenario standen diese Aussagen nie im Raum (nachzulesen auch hier: https://www.computerbase.de/forum/t...sierung-trotzige-selbstgermanisierung.254892/)
Durch die Worte wie "alle" und "wiederholst" wird eine Pauschalität suggeriert, die nicht vorhanden ist. Es wird versucht, den Eindruck zu erwecken, das Gegenüber vertrete radikale und abwegige Ansichten - mit dem Ziel, sich dem Gegenüber überlegen zu machen.
Natürlich soll eine Diskussion nicht hochwissenschaftlichen Maßstäben genügen, auch geht es in diesem Beispiel nicht darum, bestimmte User an den Pranger zu stellen, jeder Mensch ist fehlbar. Als Voraussetzung für eine fruchtbare, politische Diskussion betrachte ich es aber, die Aussagen anderer User inhaltich korrekt wiederzugeben.
Ich möchte mit diesem Thread daher für rabulistische Diskussionstechniken sensibilisieren, die sich immer wieder in Debatten über Sachthemen einschleichen.
User 1: Ich habe Meinung A, weil (Argument)
User 2: Ich habe nicht Meinung A, sondern Meinung B, weil (Argument)
User 1: (usw.)
Zunächst zu einem Szenario, in dem das anders verläuft:
Ein User 1 beschwert sich über Fremdenfeindlichkeit in Deutschland, sorgt sich über die Häufungen in Ostdeutschland, und regt sich über Artikel auf, die entsprechende Angriffe als "germanische Trotzreaktion" verharmlosen. Oder extremistische Konzerte als "eigene Geselligkeitsform" schönreden.
User 2 kritisiert ihn nun wie folgt: "Du sagst und wiederholst, daß alle Deutschen allgemein zu Fremdenfeindlichkeit neigen. Dass sie gar nicht zu Toleranz fähig sind. Im Gegensatz zu den Migranten die sich natürlich alle freundlich verhalten"
In diesem Szenario hat User 2 User 1 eine Aussage unterstellt, die er nicht von sich gegeben hat. Meinung A mutiert zu Meinung X.
In der Fachsprache wird das Vorgehen, einem Meinungsgegner Aussagen zu unterstellen, die er nie von sich gegeben hat, Rabulistik genannt. Sie dient meist dazu, den Betroffenen zu diskreditieren, frei nach dem Motto "etwas Schmutz bleibt immer hängen". Oft wird dabei von der eigenen Argumentsarmut abgelenkt.
Nun zu einem Realbeispiel, das spiegelverkehrt aufgebaut ist: In folgendem Thread geht es um die Bedeutung von Parallelgesellschaften (mit den unschönen Extremformen wie Ehrenmord, Zwangsverheiratungen usw.) Die Umschreibung des Phänomens durch einen dritten Autoren als "eigene Familien- und Geselligkeitsform" und die Erklärung von Angriffen gegen Deutsche als "trotzige Selbstorientalisierung" kritisiert User 1 scharf.
Außerdem gibt User 1 ein verwandtes Beispiel: "Stellen wir uns einmal vor, in Mallorca würden sich die spanischen Einwohner darüber sorgen, dass die eingewanderten Deutschen (also nicht die Touristen, sondern die dauerhaft ansässigen) eine Parallelgesellschaft bilden, überall Currywurstbuden stehen, nur deutsch geredet wird, außerdem einige Neonazis negativ auffielen. Und ein entsprechender deutscher Migrant würde das in der Zeitung lesen. [...] Würde er sich durch die Verwendung des Wortes "Parallelgesellschaft" plötzlich ausgegrenzt fühlen? Oder gar in christlichen Fundamentalismus zurückfallen?"
Da schleudert User 2 im Verlauf der Diskussion User 1 Folgendes entgegen:
"Du sagst und wiederholst, daß alle Türken, Migranten, welchen Begriff du auch gerne meidest, allgemein kein Interesse an Integration haben. Das sie gar nicht fähig dazu sind. Im Gegensatz zu uns Deutschen die sich natürlich auf Mallorca voll integrieren würden."
Wie im obigen Szenario standen diese Aussagen nie im Raum (nachzulesen auch hier: https://www.computerbase.de/forum/t...sierung-trotzige-selbstgermanisierung.254892/)
Durch die Worte wie "alle" und "wiederholst" wird eine Pauschalität suggeriert, die nicht vorhanden ist. Es wird versucht, den Eindruck zu erwecken, das Gegenüber vertrete radikale und abwegige Ansichten - mit dem Ziel, sich dem Gegenüber überlegen zu machen.
Natürlich soll eine Diskussion nicht hochwissenschaftlichen Maßstäben genügen, auch geht es in diesem Beispiel nicht darum, bestimmte User an den Pranger zu stellen, jeder Mensch ist fehlbar. Als Voraussetzung für eine fruchtbare, politische Diskussion betrachte ich es aber, die Aussagen anderer User inhaltich korrekt wiederzugeben.
Ich möchte mit diesem Thread daher für rabulistische Diskussionstechniken sensibilisieren, die sich immer wieder in Debatten über Sachthemen einschleichen.
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