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Notiz Dokumentation „Crunch“: Über die Abgründe in der Spiele-Industrie

mischaef

Kassettenkind
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Danke für den Hinweis. Lad ich mir grad mal runter für später. Ich möchte die Arbeitsbedingungen nicht schön reden, aber finde es auch irgendwie paradox, dass es so viel "Crunch" gibt und dann dennoch so viele unfertige Spiele rauskommen, die beim Endkunden nach Vollpreiskauf "ge-betatest-et" werden.
 
Werde ich mir dieses Wochenende angucken. Ich hab da so wenig Einblick, dass ich bei all den Meldungen zu solchen Zuständen immer nicht verstehe, wieso es gerade die Spieleindustrie sein soll, die da so schlimme Bedingungen hat.
Kein "what-about"-ism jetzt, aber Terminarbeiten und Fertigstellungsdruck + -stress gibt es auch in anderen Branchen, die aber nicht so eine Aufmerksamkeit bekommen. Möglich aber, dass das mir auch nur so vorkommt weils einfach wieder meine Bubble ist.
 
Nitschi66 schrieb:
weils einfach wieder meine Bubble ist.
Das ist nicht deine Bubble. In anderen Branchen gibt es genauso Stress und Überstunden-Zwang, wenns die Geschäftsleitung sagt
 
XCPTNL schrieb:
Danke für den Hinweis. Lad ich mir grad mal runter für später. Ich möchte die Arbeitsbedingungen nicht schön reden, aber finde es auch irgendwie paradox, dass es so viel "Crunch" gibt und dann dennoch so viele unfertige Spiele rauskommen, die beim Endkunden nach Vollpreiskauf "ge-betatest-et" werden.
Das hängt miteinander zusammen --- Überarbeitung sorgt nun einmal für abnehmende Qualität. Außerdem gäbe es mit einem vernünftigen Verkaufsmodell das Problem mit dem Bezahl-Betatest nicht, sondern es wäre eine Tugend:
CDLABSRadonP... schrieb:
Ich halte es auch generell von Nöten, dass die Branche ihr Preismodell wechselt und daran anpasst, dass in der Praxis doch quasi alle unterm Strich EarlyAccess betreiben. Der Preis im Preorder sollte geringer sein als zum Release, der Preis zum Release ist dann normal, der der DefinitiveEdition höher und ab dann sinkt er nur noch. DefinitiveEdition wird nur noch zu einem Label, ab dem das eigentliche, große Patchen eingestellt wird. (Sicherheitspatches und so sollte es natürlich dennoch geben) Deshalb ergibt es Sinn, dass die DefinitiveEdition zu ihrem Release den höchsten Preispunkt innehat.

Damit würde man sich den tatsächlichen Gegebenheiten anpassen. Ein schöner Nebeneffekt: Die Magazine wüssten von vorneherein, dass sie genau zweimal testen: Zum Release und zur DefinitiveEdition.
 
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@Nitschi66 Ich denke das ist zum einen historisch bedingt, Crunch gab es in der Spieleindustrie schon immer und auch immer sehr prominent.
Wer mal in der Retro Gamer einen Artikel zu einem Spiel der 80er liest wird ständig über „Und für den Port hatten wir nur den Automaten und keinen Quellcode - und 6 Wochen Zeit!“ stolpern.
Und ich denke schon dass es in der Spieleindustrie auch eher vorkommt (in dem Ausmaß) als in anderen Branchen, einfach weil es eine „Traumjob-Industrie“ ist.
Die Entwickler:innen wollten schon als Kind Spiele programmieren und haben nun, in einem schwierigen Jobmarkt, endlich die Möglichkeit dazu oder sind in den 80ern sogar wirklich direkt als Teenager nach dem Schulabbruch eingestiegen. Da ist mit dem Schlafsack in der Firma zu übernachten oder gar zu wohnen (!) einfach viel naheliegender als bei einem Job den man allein für das Gehalt macht. Und die 17jährigen kannten eh nichts anderes.
Dieses komplette Aufgeben der Work-Life-Balance gibt es doch sonst nur dort wo man für den Job brennt oder wirklich einen Haufen Kohle bekommt, z.B. in Start-Ups mit direkter Umsatzbeteiligung.
Spieleentwicklung ist (abseits von Indies, die sind klar Start-Ups) mittlerweile aber eigentlich ein normaler Job mit normaler Bezahlung - agiert aber trotzdem nach Start-Up-Regeln.

(Die krasse Identifikation mit dem Job ist auch der Grund warum Krankenpfleger:innen so schlecht bezahlt werden: Die wollen Menschen helfen und es ist ein Traumjob und wenn die streiken gehen kommt auch immer der Kommentar, dass das Menschenleben kosten werde. Und weil sie das nicht wolle, wird dann halt nicht mehr gestreikt)
 
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XCPTNL schrieb:
Danke für den Hinweis. Lad ich mir grad mal runter für später. Ich möchte die Arbeitsbedingungen nicht schön reden, aber finde es auch irgendwie paradox, dass es so viel "Crunch" gibt und dann dennoch so viele unfertige Spiele rauskommen, die beim Endkunden nach Vollpreiskauf "ge-betatest-et" werden.

Warum?
Kreativität verträgt sich nicht gut mit Differenzen und Druck.
Und die Entwicklungskosten sind im Westen (vor allem USA) explodiert, was nicht nur zu Druck, sondern auch zur Streichung von Stellen geführt hat, vor allem im Bereich der Qualitätskontrolle (z.B. Playtester).

Es gibt zudem aus den letzten Jahren tonnenweise Beispiele für Probleme mit Führungskräften und der Unternehmenskultur.

Auf der einen Seite hast du Menschen wie "The Professor" von Concord oder Leute wie Matt Hansen (Obsidian) und auf der anderen Seite sowas wie Blizzard.

Dann hast du noch das Streitthema political correctness, was die Entwickler von Volition (Saints Row 2022) wohl ziemlich beschäftigt hat, denn plötzlich war der Phallus-Gummi-Knüppel nicht mehr akzeptabel und teilte das Entwicklerteam.
Ein offensichtlich politisches Spiel für NIEMANDEN (81 Spieler in der Spitze) wie Dustborn wird noch mit EU-Steuergeldern gefördert.

Del Walker (Originaltweets gelöscht) hat z.B. auch "design by committee" als mittlerweile gängige Praxis in der Industrie beschrieben.

Ich habe keine Zweifel, dass all diese Punkte ein schwieriges Arbeits- & Marktumfeld erschaffen.

@Nitschi66
Kreativität und Zeitdruck ist schon eine seltene Kombination, vor allem die Koordination darf bei einem Videospiel nicht unterschätzt werden, du hast sehr häufig noch mehrere externe Partner (z.B. Berater für sensitivity reading, motion capture Studios, Übersetzer, uvm.).
Und wir reden in der Spielebranche eben auch nicht mehr von Phasen, sondern eher von einem Dauerzustand, vor allem im Westen, aber auch in Japan, wo die Anime-Industrie ebenfalls unter ähnlichen Problemen leidet.

@Powl_0

Wozu auch? Mittlerweile gibt es haufenweise Statistiken, sodass man sich zu jedem Beruf die Lebenserwartung, wieviel Prozent die Altersrente erreichen etc. anschauen kann.
Bei vielen Berufen hat man meist sogar innerhalb der gleichen Stadt einige Wechselmöglichkeiten, wodurch sich Stress oft reduzieren lässt.

Die Spielebranche ist noch jung, weltweit verteilt, die Probleme komplex und das Interesse ist groß, weil der Videospielmarkt eben riesig ist.
 
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Nitschi66 schrieb:
wieso es gerade die Spieleindustrie sein soll, die da so schlimme Bedingungen hat.
Es ist nicht besonders schlimm, aber auf Computerbase wirst du zum Beispiel wenig Neuigkeiten zu Stress im Bauwesen finden.

Also ists innerhalb der Gaming Medienlandschaft natürlich stärker thematisiert.

Abseits davon vielleicht auch etwas mehr berichtet, weil es eben relativ neu ist. Überarbeitung in einer Branche, die das Problem seit 50 Jahren hat, wird weniger Aufmerksamkeit generieren, weil eben hinlänglich bekannt.
 
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Dass Crunch, Druck, Überstunden und eine überbordende Erwartungshaltung nicht zu einer gesteigerten Qualität führen, sollte doch mittlerweile auch der letzte Verantwortliche und Spieler gemerkt haben.

Es ist allen Beteiligten und vor allem Betroffen zu wünschen, dass sich diese Umstände endlich mal ändern.

Ich glaube aber eher weniger daran.
 
Beg1 schrieb:
Ich habe keine Zweifel, dass all diese Punkte ein schwieriges Arbeitsumfeld erschaffen.
Wobei ich mal behaupte, dass Diskussion um Korrektheit keinen Crunch erzeugt.

Crunch kommt zu 99% stumpf daher, dass die Führungsetage das Produkt möglichst bald in einem verkaufbaren Zustand haben will. Genau diese Führungsetage zeigt aber erschreckend oft kein Verständnis für die Erwartungen der Kundschaft oder die notwendige Entwicklungszeit, die das Studio abschätzt.

Ich habe selbst nur bedingt Erfahrung mit Interna, aber teilweise kommt da eben irgendein Entscheider zweimal jährlich daher, schaut sich eine Zusammenfassung des aktuellen Stands an, fordert diese oder jene harte Deadline und verschwindet wieder.
Und wenn eine Einschätzung der benötigten Entwicklungszeit diese Deadline deutlich überschreitet, wird nicht zähneknirschend die Deadline verschoben, sondern viel eher Druck gemacht, dass es dann eben schneller gehen muss.

Dass Crunch wiederum zu mehr Fehlern führt und die Produktivität nicht ansatzweise mit der nominellen Arbeitszeit skaliert, wird dabei ebenso ignoriert.

Man würde meinen, all das könnten man allen Stakeholdern zu verstehen geben.

Manchmal frage ich mich, ob die selben Leute auch denken, dass eine Pizza in halber Zeit fertig wird, wenn man sie doppelt so heiß backt.
 
Powl_0 schrieb:
Wobei ich mal behaupte, dass Diskussion um Korrektheit keinen Crunch erzeugt.

Crunch kommt zu 99% stumpf daher, dass die Führungsetage das Produkt möglichst bald in einem verkaufbaren Zustand haben will. Genau diese Führungsetage zeigt aber erschreckend oft kein Verständnis für die Erwartungen der Kundschaft oder die notwendige Entwicklungszeit, die das Studio abschätzt.

Selbstverständlich.
Du verschwendest Zeit mit Redesigns und Diskussionen und gleichzeitig spaltet es die Entwickler in zwei Lager, Thomas Mahler (Ori) hat davon ebenfalls berichtet.

Um es verständlich zu machen, poste ich mal ein wenig Satire:

Powl_0 schrieb:
Man würde meinen, all das könnten man allen Stakeholdern zu verstehen geben.

Manchmal frage ich mich, ob die selben Leute auch denken, dass eine Pizza in halber Zeit fertig wird, wenn man sie doppelt so heiß backt.

Nein, aber Early Access und unfertige Produkte sind mittlerweile ein Industriestandard, der auch von den Spielern akzeptiert wird.
Wozu also ein fertiges Produkt bringen, wenn es auch beim Kunden reifen kann?
 
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Habe gestern ein wenig reingeschaut, noch nicht fertig geschaut.

Für mich war der eine Typ ziemlich selbst schuld, ich erkläre mal warum:

Er erzählt, dass es ein Meeting gab mit einem cholerischen Chef. Dieser Chef war bekannt dafür unter anderem mit einer Peitsche (nicht symbolisch, echt!) im Büro zu stehen und diese zu schwingen. Besagter Chef hat in dem Meeting vor anderen Kollegen mit (ich glaube) einem Schlüssel nach ihm geworfen.

Aber anstatt die Konsequenzen daraus zu ziehen, es anzuzeigen oder zu gehen, hat er und angeblich alle anderen es ertragen. Nach dem Meeting hat er auf der Toilette geweint.

Tut mir leid aber da habe ich kein Mitleid. Wenn es Menschen gibt die wegen Geld so etwas mit sich lassen machen, dann sind sie meiner Meinung nach selbst schuld.

Und wir reden nicht davon, dass er auf den Job angewiesen war oder sonst nichts anderes gekriegt hätte, das war bei ubisoft in Paris.

Ebenso für mich komplett unverständlich, warum man sich über Burnout und sonstiges beschwert, aber dann Tag und Nacht Überstunden schiebt damit ein releasetermin eingehalten werden kann. Und das nicht nur einmal sondern immer.
 
@xerex.exe Generell wäre ich vorsichtig mit Täter-Opfer-Umkehr.
Es sollte sich aber auch immer jeder Fragen, ob man Teil eines gewissen System sein will, vor allem wenn es auf toxischen Prinzipien aufgebaut ist.
 
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@Beg1
Das zu Babylon Bee:

@xerex.exe
Der Spieleentwicklermarkt ist umkämpft, Massenentlassungen sind an der Tagesordnung.

Spieleentwicklung ist ein Traumjob und nicht austauschbar.

Wenn du in der Anwendungsentwicklung arbeitest und den Arbeitgeber wechselst oder wechseln willst/musst, dann ist eine Tabellenkalkulation eher problemlos gegen eine Logistikplanungssoftware austauschbar - evtl. sind die eigenen Skills noch nicht exakt angemessen für die neue Aufgabe, aber niemand ist in diesem Bereich so sehr mit dem Thema seiner Arbeit verheiratet wie das in der Spielebranche der Fall ist.
Und die Spieleentwicklung ist sehr stark zentralisiert, d.h. wenn du deinem Arbeitgeber ans Bein pisst, dann kannst du nicht einfach zum nächsten Systemhaus in der Stadt gehen oder notfalls in der Nachbarstadt - in Frankreich gibt es UbiSoft, dann kommt eine ganze Weile nichts und dann kommen deutlich kleinere Studios, die aber auch ums Überleben kämpfen und deshalb wenig einstellen. Und vielleicht ganz andere Spiele entwickeln, die für einen uninteressant sind.

Deine Täter-Opfer-Umkehr ist unangemessen. Schuld sind nicht diejenigen die sich von einem System ausbeuten lassen, sondern das System welches sie ausbeutet.

Gerade dann, wenn das System einen "Traumjob" darstellt.

Das ist ja auch das was die Taten von Harvey Weinstein ermöglichte - natürlich hätten sich Schauspielerinnen gegen sexuelle Übergriffe wehren können oder sie zumindest nicht "zulassen" können - aber dann hätten sie halt nie wieder eine große Filmrolle bekommen und wenn die Wahl überspitzt dargestellt zwischen Kassiererin bei Walmart und Filmstar ist, dann kann man da nicht mehr ganz kalt und nüchtern das wählen, was das "Beste" für einen ist.
 
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Ich komme aus dem "Zeitalter" wo ich am C64 Programmieren/Assemplen gelernt habe.
Also einer Zeit, wo "single Typen" ihr Hobby auslebten, und "ein" Mensch alleine ohne Druck und Zwang, als Hobby ganze Spiele Programmieren konnte, die ohne Internet und Bugfixes ausgekommen sind und die ohne das 1000 und ein Koch die Spielsuppe versaltzen hat, 💯 Pure Hand/Kopfwerk sozusagen und man war meist "Programmer, Coder, Developer, Software Engineer und Chef" in einer Person oder hatte sich später in kleinen engen Gruppen zusammen getan.

Ja, heutige Spiele sind aufwändiger, aber nicht wirklich komplexer als damals, wenn man dem gegenüber stellt, das es da keine "Fertigengines" und auch keinen so gigantischen Pool an Tools, Scripts, Texturen ectpp sowie Ideen und Spielkonzepten zum "Abgucken" gab.

"Heute" kanns AI und morgen schon besser als Mensch.

Die Quality und Quantity "Heute" ist aber nicht mehr vergleichbar zu damals, absolut nicht.

Aus dem anfänglichem Hoppy ist schon lange eine lobbygesteuerte Industrie geworden. Man sollte ja meinen, das weiß inzwischen jeder, aber nein, im Grunde hauptsächlich nur die "älteren" Gamer, denn die Generation "Jung" kennt nur diesen Zustand und nimmt ihn (oft alternativlos / nicht besser wissend ( gehypt)) hin.

Masse statt Klasse, idelogisch und gewinnmaximiert = stets das Ende vom "schönen Hobby", für Spieler "und" Progger. Gilt übrigens auch für den Hardwarebereich, siehe GPU Situation 🫣

Oft ist es nicht mehr nachvollziehbar, wie man "damals" so Leisten und Abliefern konnte im Vergleich zu heute. Aber es ist wie bei allem, das echte BioEi zB von wirklich glücklichen Tieren gabs damals für weniger als 10cent ( umgerechnet ) und ja, Bauer und Tier konnten gut davon Leben. Heute sehen wir in den gleichen Spiegel, wo Massentierhaltung die tierischen "Arbeiter" kaum einen interessieren und das viel teurere und schlechtere Endprodukt ( für den Endverbraucher ) eben normal ist.

Und wie bis heute noch, kaufe ich meine Eier beim Bauer, genauso wie ich keine "dieser" Spiele kaufe, zumindest nicht vor den "Wühltischpreisen" (ausgeschlossen sind natürlich trotzdem gewisse Spieleschmieden oder "Exclusivtitel"). Bin aber wie erwähnt, auch ältere Gen und kein Hypemitläufer.
 
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xerex.exe schrieb:
Aber anstatt die Konsequenzen daraus zu ziehen, es anzuzeigen oder zu gehen, hat er und angeblich alle anderen es ertragen. Nach dem Meeting hat er auf der Toilette geweint.

Tut mir leid aber da habe ich kein Mitleid. Wenn es Menschen gibt die wegen Geld so etwas mit sich lassen machen, dann sind sie meiner Meinung nach selbst schuld.
Von außen betrachtet klingt es oft einfach: „Selbst schuld, wer sich so ausbeuten lässt.“ Aber die Realität ist komplizierter – es kann wirklich jeden treffen.

Ich habe es selbst erlebt und lange nicht bemerkt, wie toxisch mein Arbeitsumfeld eigentlich war. Es wurde für mich „normal“, ständig Überstunden zu machen – oft unbezahlt –, emotional unter Druck gesetzt zu werden und mit der ständigen Angst zu leben, meinen Job zu verlieren. Damals dachte ich sogar, dass es überall so sei und dass ich mich einfach nur mehr anstrengen müsste.

Wenn man es gewohnt ist, immer zu leisten oder zu funktionieren, fällt einem eine schleichende Mehrbelastung oft gar nicht auf. Man merkt nicht, wie sich der Stress langsam aufbaut oder das Umfeld immer toxischer wird – bis es irgendwann zu viel ist und man sich in einer Abwärtsspirale wiederfindet.

Zum Glück habe ich irgendwann realisiert, wie schlecht es mir wirklich ging, und den Entschluss gefasst, mich nach einem neuen Job umzusehen. Doch die Erkenntnis, wie tief ich eigentlich drinsteckte, hat mich hart getroffen.

Selbst Jahre später, mit mehr Erfahrung und einem besseren Gespür für solche Situationen, fallen mir immer noch Dinge auf, die ich damals völlig falsch eingeschätzt habe.

Ich hatte das Glück, es rechtzeitig zu erkennen und noch gegensteuern zu können. Aber nicht jeder kommt zu dieser Erkenntnis – viele schuften sich bis zum Burnout ab, ohne es rechtzeitig zu merken. Dann ist es oft zu spät, und die Erschöpfung holt einen mit voller Wucht ein. Fast wäre mir das Ganze noch einmal passiert – nicht im Job, sondern in einem anderen Bereich. Zum Glück habe ich es diesmal früher erkannt und Schlimmeres verhindert. Aber dennoch nicht früh genug für meinen Geschmack.
 
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iSight2TheBlind schrieb:
Das zu Babylon Bee

Keine Ahnung, kenne die außerhalb dieses Clips nicht, das Video verdeutlicht imho nur die Problematik von diversen Einflüssen im Schöpfungsprozess eines Videospiels, ob man das nun lustig findet oder nicht war für meinen Punkt nicht relevant.
 
Vielen Dank Lieber Michael für diesen Beitrag. Habe eben mal reingeschaut. Ein wirklich sehr interessanter Bericht.
 
CDLABSRadonP... schrieb:
Das hängt miteinander zusammen --- Überarbeitung sorgt nun einmal für abnehmende Qualität. Außerdem gäbe es mit einem vernünftigen Verkaufsmodell das Problem mit dem Bezahl-Betatest nicht, sondern es wäre eine Tugend:
Prinzipiell mag es stimmen, dass Überarbeitung für abnehmende Qualität sorgt. Allerdings ist mir das zu einfach gedacht, denn zum einen kann man speziell fürs Testen separat Leute engagieren, die sich nur darauf fokussieren und/oder tatsächlich sogar wirklich mit einem Teil der Kunden testen - dann aber in einer ausgewiesenen Beta wie es manche Studios tatsächlich noch tun und nicht mit dem Release zum Vollpreis. Zum anderen gibt es oft innerhalb der ersten Wochen massenhaft Patches und da liegt es für Konsumenten nahe, dass sie fragen "warum habt ihr das nicht 2 Monate später veröffentlicht und den ganzen Shit erst gepatched, den ihr jetzt nach Release so fleissig (und vermutlich wieder mit Zeitdruck) patched. Und da liegt die Antwort vermutlich wieder bei: erstmal mussten es Leute spielen damit die ganzen Bugs in Erscheinung treten. Sehe hier die Probleme klar bei der Führungsebene und nicht bei den meist überarbeiteten Devs, aber am Ende isses auch egal. Wenn etwas unfertig kommt, ist das halt scheiße. Umso mehr, wenn zuvor zahlreiche Leute geknechtet wurden und es trotzdem halbgar ist.

Beg1 schrieb:
Warum?
Kreativität verträgt sich nicht gut mit Differenzen und Druck.
Und die Entwicklungskosten sind im Westen (vor allem USA) explodiert, was nicht nur zu Druck, sondern auch zur Streichung von Stellen geführt hat, vor allem im Bereich der Qualitätskontrolle (z.B. Playtester).
Wenn es zum Ende des Entwicklungszyklus zu Crunch kommt, ist die kreative Phase allerdings schon längst abgeschlossen. Da geht es um den Feinschliff und da kommt einiges zu kurz. Sprichst es ja selber an: es werden Stellen gestrichen und dann beispielsweise an der Qualitätskontrolle und den von mir im vorherigen Abschnitt ebenfalls angesprochenen Playtestern gespart. Stimme auch beim Rest deines Posts zu... da wird einfach oft der Fokus falsch gelegt und Zeit für ideologischen Bullshit verschwendet statt darauf, dass ein gutes (und eben auch möglichst bugfreies) Spiele-Erlebnis geschaffen wird.
 
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