Einleitung
Mit Erschrecken habe ich festgestellt, dass mein letzter Leserartikel bereits über ein Jahr zurück liegt - es wird also höchste Zeit, dass ich mal wieder etwas über alte Grafikkarten schreibe
Für den heutigen Artikel habe ich mir die Geforce 4 MX 460 ausgesucht, angeblich soll es sich um die schnellste DirectX 7-Grafikkarte handeln. Die Geforce 4-Serie wurde vor fast genau 22 Jahren im Februar 2002 offiziell vorgestellt und umfasste neben den High-End Modellen Ti 4400 und Ti 4600 auch die Budget-Varianten MX 420, MX 440 und MX 460. Die Markteinführung der Ti 4200 folgte wenige Monate später.
Während die Ti 4600 die Benchmarks bis zum Erscheinen der Radeon 9700 Pro anführte, erfreuten sich die MX 440 und Ti 4200 größter Beliebtheit. Die MX 460 tat sich hingegen mit einem Launchpreis von $179/199€ sehr schwer und musste sich gegen zahlreiche Konkurrenzprodukte behaupten.
Die Karte fand insgesamt keine weite Verbreitung und verschwand schnell in der Bedeutungslosigkeit. Der heutige Test soll einen Überblick über die damalige Situation geben, daher habe ich zahlreiche Testkandidaten versammelt.
Die Geforce 4 MX 460 im Detail
(Quelle: PCGH Ausgabe 05/2002)
Zum Release der Geforce 4-Serie wurden die MX-Modelle eher kritisch beäugt: Während die TI-Modelle mit DirectX 8.1 Unterstützung auftrumpfen konnten, unterstützten die MX-Karten nur DirectX 7 - das konnten selbst die Geforce 2 Modelle schon.
Unter der Haube bekamen die MX-Modelle aber einiges an Upgrades im Vergleich zur Geforce 2 spendiert. @andi_sco gibt euch einen kompakten Überblick
"Die GeForce 4 MX war damals für nVidia Neuland was die Abkehr vom Funktionsumfang betraf, schließlich hatte man bis zur GeForce 2 Serie für alle Karten ein und denselben Funktionsumfang. Bei der 3er Serie war die günstigste dann die Ti 200, die aber mehr als Refresh der Linie angesehen werden konnte.
Für die 4er Serie bot nVidia keinen MX-Ableger an, der mehr Richtung Multimedia ging. Dafür kam dann die 4 MX raus, die zwar keine Pixel Shader boten, die Vertex Shader konnten ja auch über die CPU berechnet werden, so wie es Intel später tat, dafür aber die Bandbreitenschonende Technik der 4 Ti Serie nutzte und zusätzlich eine VPE-Einheit mitbrachte. Diese sogenannte Video Processing Engine unterstützt die De- und Encodierung von MPEG2-Videos."
Grundsätzlich sind alle Geforce 4 MX identisch aufgebaut und unterscheiden sich nur in Sachen Taktraten und dem eingesetzten Grafikspeicher. Bei der MX 460 drehte Nvidia in Sachen Taktraten alles auf Anschlag, was sich leider auch in einer erhöhten Ausfallquote bemerkbar macht - die grüne Medion-Karte auf den Fotos ist leider schon die sechste (!) defekte MX 460, die durch meine Hände ging.
Vorstellung und Einordnung aller Testkandidaten
Technische Einordnung:
Modell | Grafikchip | Pixel-/Vertexsh.* | TMU/ROP* | DirectX | Speicher** | Taktraten (Chip/Speicher) |
Geforce 2 TI | NV15 | 4/0 | 8/4 | 7.0 | 64MB DDR | 250/200 MHz |
Geforce 2 Ultra | NV15 | 4/0 | 8/4 | 7.0 | 64MB DDR | 250/230 MHz |
Radeon 7500 | RV200 | 2/1 | 6/2 | 7.0 | 64MB DDR | 290/230 MHz |
Geforce 3 TI 200 | NV20 | 4/1 | 8/4 | 8.0 | 64MB DDR | 175/200 MHz |
Geforce 3 | NV20 | 4/1 | 8/4 | 8.0 | 64MB DDR | 200/230 MHz |
Radeon 8500 LE | R200 | 4/2 | 8/4 | 8.0 | 64MB DDR | 250/250 MHz |
Geforce 4 MX 440 | NV17 | 2/0 | 4/2 | 7.0 | 64MB DDR | 270/200 MHz |
Geforce 4 MX 440 8x | NV18 | 2/0 | 4/2 | 7.0 | 64MB DDR | 275/256 MHz |
Geforce 4 MX 460 | NV17 | 2/0 | 4/2 | 7.0 | 64MB DDR | 300/277 MHz |
Radeon 9000 | RV250 | 4/1 | 4/4 | 8.1 | 64MB DDR | 250/200 MHz |
Radeon 9000 Pro | RV250 | 4/1 | 4/4 | 8.1 | 64MB DDR | 275/275 MHz |
Geforce 4 TI 4200 | NV25 | 4/2 | 8/4 | 8.1 | 64MB DDR | 250/257 MHz |
Geforce FX 5200 | NV34 | 4/2 | 4/4 | 9.0a | 128MB DDR | 250/200 MHz |
Matrox Parhelia | Parhelia-512 | 4/4 | 16/4 | 8.1 | 128MB DDR | 250/300 MHz |
**Alle Karten verfügen über ein 128bit Speicherinterface. Ausnahme Matrox Parhelia mit 256bit
Satte verschiedene 14 Karten habe ich zum Test versammelt. Beginnend mit den älteren Geforce 2 TI und Geforce 2 Ultra - erstere war im Handel noch weit verbreitet als die Geforce 4 MX auf dem Markt kam, letztere stellt die Speerspitze der Geforce 2 Serie dar und dürfte der MX 460 den ersten Platz der DirectX 7 Karten streitig machen. Mit der Radeon 7500 habe ich auch die schnellste ATI-Karte aus der Ära eingesetzt.
Es folgen die Geforce 3 und deren Sparvariante TI 200, sowie auf der Seite von ATI die Radeon 8500 LE. Sowohl die TI 200, als auch die 8500 LE stellten zum Launch der MX 460 die größte Konkurrenz dar, da sich die Last-Gen-Karten im Abverkauf befanden und in den Preisregionen der MX 460 wilderten. Beide Karten unterstützen bereits DirectX 8.
Als nächstes sind die Geforce 4 MX-Ableger an der Reihe, in Form der MX 440 und MX 460. Ich habe auch die MX 440 8x dabei, welche ein Refresh der MX-Serie mit AGP 8x Unterstützung darstellt und höhere Taktraten spendiert bekam. Direkte Konkurrenz von ATI kam in Form der Radeon 9000-Serie mit einem knappen halben Jahr Verzögerung auf den Markt - diese Karten beerbten die Radeon 7500 und 8500 LE Modelle und waren direkt gegen die Geforce 4 MX-Serie positioniert. Die Radeon 9000-Serie kann sogar mit DirectX 8.1 auftrumpfen.
Im Test darf die Geforce 4 TI 4200 nicht fehlen - diese kostete damals nur geringfügig mehr als die MX 460 und war für eine lange Zeit der absolute Preis-/Leistungskracher.
Zwei Exoten sind noch dabei: Meine Lieblingskarte, die FX 5200 darf natürlich in keinem Test fehlen, mit der Matrox Parhelia ist noch ein dritter Grafikkarten-Player dabei.
Preisniveau im Jahr 2002:
Modell | PCGH 05/2002 | PCGH 07/2002 | PCGH 08/2002 | PCGH 12/2002 |
Geforce 2 TI | 150€ | 150€ | 110€ | |
Geforce 3 TI 200 | 220€ | 150€ | 140€ | |
Geforce 4 MX 440 8x | 130€ | |||
Geforce 4 MX 440 | 170€ | 140€ | 120€ | 90€ |
Geforce 4 MX 460 | 200€ | 180€ | 180€ | 130€ |
Geforce 4 TI 4200 | 230€ | 210€ | 160€ | |
Radeon 7500 OEM | 170€ | 130€ | 100€ | |
Radeon 8500 LE | 250€ | 220€ | 200€ | 150€ |
Radeon 9000 | 100€ | |||
Radeon 9000 Pro | 130€ |
Die Tabelle zeigt es schon, in der Preisklasse von 150-250€ war einiges los. Spätestens mit dem Launch der TI 4200 wurde es für die MX 460 richtig eng, zumal Karten wie die Geforce 3 TI 200 massiv im Preis fielen. Auch die MX 440 war stellenweise erheblich günstiger als das Topmodell der MX-Serie.
(Quelle: PCGH Ausgabe 05/2002)
Preisniveau und Verfügbarkeit heute:
Modell | Preisniveau | Verfügbarkeit | Besonderheiten |
Geforce 4 MX 440 | ca. 15€ | Sehr Gut | Viele Varianten mit reduzierten Taktraten oder 64bit Interface |
Geforce FX 5200 128 bit | ca. 15€ | Sehr Gut | Viele Varianten mit reduzierten Taktraten oder 64bit Interface |
Radeon 9000 | ca. 15€ | Sehr Gut | |
Geforce 4 MX 440 8x | ca. 20€ | Gut | Viele Varianten mit reduzierten Taktraten oder 64bit Interface |
Geforce 4 MX 460 | ca. 25€ | OK | Medion-Modelle mit hohen Ausfallraten |
Geforce 4 TI 4200 | ca. 30€ | Sehr Gut | Robustes, günstiges und leises Medion-Modell als Geheimtipp |
Radeon 9000 Pro | ca. 35€ | Schlecht | Viele Gigabyte-Modelle sind eigentlich normale 9000er |
Geforce 3 TI 200 | ca. 45€ | Gut | Viele Medion-Angebote mit kaputten Kondensatoren |
Geforce 2 TI | ca. 60€ | Schlecht | |
Radeon 7500 | >60€ | Schlecht | Viele OEM-Varianten mit reduzierten Taktraten |
Radeon 8500 LE | ca. 100€ | Mäßig | Viele AIW- / OEM-Varianten mit reduzierten Taktraten |
Geforce 2 Ultra | >100€ | Sehr Schlecht | |
Geforce 3 | >100€ | Schlecht | |
Matrox Parhelia | >100€ | --- |
Nicht erschrecken, ich habe bei Ebay nach sofort verfügbaren Karten sortiert und das Angebot ausgewertet - erfahrene Sammler dürften die meisten der Karten mit etwas Geduld für deutlich geringere Preise ergattern.
Die MX 460 sortiert sich relativ weit unten im Preisgefüge ein - der (fragilen) Medion-Karte aus einem der damaligen ALDI-PCs sei Dank. Andere Modelle der MX 460 zu ergattern erfordert allerdings viel Geduld. Zuletzt stark im Preis gestiegen und gleichzeitig erstaunlich schlecht verfügbar sind die älteren Karten wie Geforce 2/3 oder Radeon 7500/8500.
Testsystem und Treiber:
Als Testplattform kommt ein potentes Intel-System zum Einsatz:
- Intel Core 2 Duo E6600 OC @ 2,6 GHz
- ASRock 775Dual-VSTA
- 2x 1GB RAM
- IDE auf SD-Karten Adapter mit einer 128GB Samsung SD-Karte
- Windows XP x86 Service Pack 2
Verwendete Grafiktreiber:
- Nvidia 61.77 (Die Geforce 2 Ultra wurde zum Vergleich auch mit dem 45.23 getestet, ist in den Diagrammen vermerkt)
- ATI Catalyst 5.6
- Matrox 2.06.00.003
Testergebnisse
Benchmarks (anklicken zum vergrößern)
Die MX 460 startet recht ordentlich in die Benchmarks - in 3DMark 2000 und 2001 SE liegt die Karte im oberen Drittel. Der Aquamark 3 liegt den Radeons und der Parhelia deutlich besser, die Geforce-Karten fallen hier gesammelt zurück. Insgesamt kann sich die MX 460 noch nicht wirklich von den anderen DirectX 7-Karten absetzen und wird sogar in zwei von drei Tests überholt.
Spiele (anklicken zum vergrößern)
Bei den Spielen wollte ich die gesamte Bandbreite darstellen: OpenGL, DirectX 7 und DirectX 9. Mir ist leider erst beim Erstellen der Diagramme aufgefallen, dass ich hier einen Spieleparcours zusammen gestellt habe, der tendenziell die ATI-Karten bevorzugt. Verglichen mit anderen Tests habe ich darauf geachtet, dass die Testkandidaten spielbare Frameraten produzieren können, was mir abgesehen von Spellforce auch gut gelungen ist.
In Need for Speed Underground 2 kann die MX 460 glänzen und positioniert sich insgesamt auf Platz 3. Die Karte wird allerdings vom Spitzenreiter TI 4200 deutlich geschlagen, diese kann bis zu 30% höhere Frameraten produzieren.
Spellforce nutzt die gleiche Grafikengine wie der Aquamark 3, daher verwundert es wenig, dass die ATI-Karten auch hier deutlich besser abschneiden. Die MX 460 wird hier vernichtend von der TI 4200 geschlagen, welche fast doppelt so schnell agiert.
Serious Sam FE hat mich überrascht, denn ich bin davon ausgegangen, dass OpenGL eigentlich eine Nvidia-Domäne ist. Allerdings liegen auch hier die Radeons deutlich vorne, die MX 460 wird zudem von anderen DirectX 7-Karten geschlagen.
Auch in Will Rock kann die MX 460 nicht grade glänzen und muss wieder einmal andere DirectX 7-Karten ziehen lassen. Die TI 4200 ist mehr als 50% schneller und die ATI-Karten schneiden auch hier erneut besser ab.
Die PCGH hat in der Ausgabe 05/2002 ebenfalls viele der hier zum Einsatz gekommenen Grafikkarten getestet, allerdings mit einer deutlich schwächeren CPU und viel älteren Treibern. So sah die Übersicht vor 22 Jahren aus:
Fazit:
Ausgehend vom Titel dieses Artikels stellen sich zwei Fragen: Ist die MX 460 nun wirklich ein Flop gewesen? Und handelt es sich hier um die schnellste DirectX 7-Grafikkarte?
Ausgehend von meiner Recherche und Benchmarks kann ich die Testurteile von vor 22 Jahren bestätigen - die MX 460 ist nicht grundsätzlich schlecht, aber es gab viel bessere Alternativen im ähnlichen Preisbereich. Herausstechen können insbesondere die Geforce 4 TI 4200 und die Radeon 8500 LE, aber ich könnte wahrscheinlich noch eine Handvoll weiterer Karten nennen, die damals ebenfalls das bessere Gesamtpaket boten.
Auch den Titel der schnellsten DirectX 7-Grafikkarte möchte ich der MX 460 nicht überreichen: Zwar kann sich die Karte in einigen Tests vorne positionieren, wird aber zu oft von der Geforce 2 Ultra und der Radeon 7500 geschlagen, sodass ich hier keinen eindeutigen Sieger festmachen kann. In die Top3 gehört die Geforce 4 MX 460 aber definitiv.
Und wie sieht es heutzutage aus?
Auch im Jahr 2024 kann ich die MX 460 nicht empfehlen, dazu gibt es auch heutzutage genügend Alternativen: Die Geforce 4 TI 4200 ist in den Gebrauchtwaren-Börsen in der Regel kaum teurer, aber viel besser verfügbar. Und wer eine flinke DirectX 7-Grafikkarte sucht, sollte sich nach einer Geforce 4 MX 440 8x umschauen - die agiert kaum langsamer als die MX 460, ist aber an jeder Straßenecke zu finden.
Kuriositäten-Sammler sollten sich hingegen nach MX 460-Modellen abseits der Medion- und ASUS-OEM-Karten umschauen. Karten wie das Gainward-Modell auf den Bildern in diesem Artikel sind nämlich erstaunlich selten.
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