Erzherzog schrieb:
Gameplay und Sound teilweise wie im Klassiker (spielt halt viel Nostalgie mit)
Nein. Wie gesagt: Das mit Deus Ex war ziemlich geglückt. Deshalb lösten weder Human Revolution noch Mankind Divided annähernd solche Wellen aus. Im Gegenteil, sie wurden auch von den alten Säcken akzeptiert. Wenn hier aber jemand sagt, dass das Spiel nichts mit den Originalen zu tun hat, ist das keine Nostalgie. Es gibt einen krassen Unterschied in den Philosophien, den Eidos damals einfach durchgeboxt haben. Vereinfacht ausgedrückt:
Thief 2014 sollte ein typisches "Cinematic" ACtionadventure/Schleichspiel seiner Zeit werden. Entsprechend gibt es Cutscenes galore (und entsprechend Levelschläuche, die einen dzau hinführen). Die Charakteranimationen unterbrechen bei jeder kleinsten Aktion (Fenster öffnen, Türen öffnen, Truhen öffnen...) Sämtliche Aktionen sind Kontextabhängig und vorgeben (Seilpfeile, Klettern, Springen). Und es gibt sogar Momente, in denen man gefasst wird, obwohl man im Level nicht ein einziges Mal entdeckt worden ist. Warum? Weil die Cutscene es so will. Thief 2014 will also ein "Kinofeeling" vermitteln. Die möglichst filmreife Inszenierung war den Entwicklern erheblich wichtiger, als das, was man im Englischen gerne "Player Agency" (=Spielerische Freiheit) nennt.
Das kann man machen. Aber es hat absolut nichts mit dem zu tun, was Looking Glass damals versuchten.
Es ist sogar das krasse Gegenteil davon. Ich zitiere eine Rückschau auf System Shock von Rock, Paper, Shotgun: "We were trying to build the holodeck." Entsprechend hatte auch Thief Levels als Sandboxen mit (Bewegungs-)Freiheiten. Cutscenes NUR zwischen den Missionen, nie im Gameplay / der Mission -- trotzdem erzählten auch die Levels organisch Geschichten. In-Universe-Karten, an denen man sich orientieren musste/konnte. Thief zielte wie alle LGS-Spiele nicht auf Kinofeels ab. Sondern auf VR von Softwareseite her: Spielerfreiheit über Inszenierung.
Wie gesagt, Dishonored war da erheblich näher dran -- und ist allgemein ein besseres Spiel. Arkane Studios sind sowieso die modernen Erben von Looking Glass, wurden überhaupt wegen der Liebe zu Underworld, Shock und Thief gegründet. Alle ihre Titel verfolgen den gleichen Ansatz -- auch in etwa Prey wirst du keine klassischen Cutscenes finden, auch Prey will dir Freiheiten schenken, dein Ding zu spielen. Anders als Thief 2014 war Dishonored auch erfolgreich genug für ein Sequel. Trotzdem weiß ich nicht, ob es so gut ankäme, wenn das nächste Naughty-Dogs-Spiel sich plötzlich wie Dishonored spielen würde. Thief hat übrigens letztes Jahr zum 25. Geburtstag eine Fan-Kampagne bekommen, u.a. mit Beteiligung von Arkane-Leuten. Sehr empfehlenswert, noch mal das Spiel zu installieren, um zu checken, was Nostalgie ist und was eher nicht.
PS: Der Sound gehört übrigens auch nicht dazu. Der 3D-Sound (Sound Propagation) von Thief ist noch heute besser als der mancher Großproduktionen, Thief 2014 inklusive (wo man Wachen sogar durch Wände hört, Levelgeometrie spielt keine Rolle). Weil man noch heute nur mit dem Gehör abschätzen kann, wo ein Gegner gerade ist. Allerdings war er damals auch enorm wichtig fürs Spiel. Ohne den Sound hätte das ganze Konzept nicht funktioniert. Wenn man sich auf simulierten 3D-Sound nicht verlassen kann, ist so ein Spiel eine reine Glückssache -- es sei denn, man macht die Gegner absichtlich blind, taub und ganz besonders dumm.