Grünes Wachstum...ein Mythos?

Skidrow

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letzte Aktualisierung: 10.10.2023

Liebe Community,

Es geht um folgende fundamentale Frage bzw. Problem:
Ist es möglich, Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch/Umweltschäden durch technischen Fortschritt voneinander zu entkoppeln?
Oder anders gefragt: Ist es möglich, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) weiter steigt, während gleichzeitig die CO2-Emissionen (+ alle anderen Umweltschäden) nicht nur relativ sinken (die CO2-Emissionen steigen weniger schnell als das BIP) sondern sogar absolut sinken (die CO2-Emissionen sinken, während das BIP wächst)?
Oder noch mal anders gefragt: Ist Grünes Wachstum (oder Green Deal, oder Green New Deal, oder Green Growth) möglich?

Die Frage ist schon deswegen interessant, weil es aus der Politik, parteiübergreifend, genau eine Antwort gibt: Ja, die Entkopplung ist möglich. Man hofft, durch Wirtschaftswachstum und Investitionen in technischen Fortschritt (z. B. E-Mobilität), die Umweltprobleme (Klimawandel, Rückgang der Artenvielfalt, usw. usf.) in den Griff zu bekommen.

Und nach meinen Recherchen laufen wir auf große Katastrophen zu, weil die Antwort auf die obige Frage eben nicht Ja lautet, sondern ganz klar Nein. Es ist nicht möglich, die Wirtschaft durch technischen Fortschritt (Effizienz/Kreislaufwirtschaft/Erneuerbare Energien) von den ökologischen Schäden zu entkoppeln. Es ist eher so, dass jede dieser technischen Maßnahmen - unterm Strich (und nur das ist entscheidend) - die Ressourcen- und Energieverbräuche erhöhen, solange am Wirtschaftswachstum festgehalten wird.

Das klingt zunächst paradox.

Wenn man sich intensiv mit dem Thema beschäftigt, wird klar, dass es immer um eine
Verlagerung des ökologischen Problems geht, wenn wir von Reduktion von Ressourcenverbräuchen sprechen bei gleichzeitiger Steigerung der Wirtschaftsleistung. Alle vermeintlichen ökologischen Innovationen sind niemals etwas anderes als eine räumliche, eine zeitliche, eine stoffliche oder eine systemische Verlagerung. (Niko Paech, Uni Siegen)

Paech spricht hier die Rebound-Effekte an. Tilman Santarius von der TU Berlin beschreibt den Rebound-Effekt so:
Die gesteigerte Nachfrage nach einer Energiedienstleistung, die von einer Effizienzsteigerung bedingt oder zumindest ermöglicht wurde.
Steigerung der Energieeffizienz -> Technologische Beschleunigung -> Ökonomische Beschleunigung -> Soziale Beschleunigung -> Steigerung der Energienachfrage -> Zunahme von Umweltschäden

Dies hatte bereits 1865 der britische Ökonom William Stanley Jevons festgestellt, daher ist der Rebound-Effekt auch als Jevons-Paradoxon bekannt:

It is wholly a confusion of ideas to suppose that the economical use of fuel is equivalent to a diminished consumption. The very contrary is the truth. (William Stanley Jevons, The Coal Question, 1865)

Deutsch: Es ist eine Verdrehung der Tatsachen, dass die immer effizientere Nutzung von Energieträgern zu einer Reduzierung des Verbrauchs führt. Das genaue Gegenteil ist der Fall.

Zwei Beispiele:

1. Automobil
1955 hatte ein VW Käfer 30 PS, wog 730 kg, hatte eine Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h und verbrauchte im Schnitt 7,5 Liter/100km. Seitdem hat ein unglaublicher technischer Fortschritt stattgefunden: Der VW Beatle von 2005 hatte 75 PS, wog 1.200 kg, fuhr bis zu 160 km/h und verbrauchte im Schnitt 7,1 Liter/100 km. Aber: Der technische Fortschritt hat dazu geführt, dass die Menge an weltweit produzierten Autos pro Jahr von 13 Mio. im Jahr 1955 auf 77 Mio. im Jahr 2020 angewachsen ist. Und nicht nur das; in gleichem Maße ist die Infrastruktur für PKWs exponentiell angewachsen (Straßen, Brücken, Parkplätze, Parkhäuser, Tiefgaragen); ganze Branchen sind entstanden im Bereich Chemie, Elektro, IT usw.
Hier sieht man schön, wie effizientere Prozesse insgesamt nicht zu einer geringeren Ressourcennutzung führen, sondern im Gegenteil.

2. Computerchips
Ich will nicht zu weit ausholen, wir alle kennen die Entwicklung: Vor 30 Jahren waren Prozessoren im Vergleich zu heute unglaublich ineffizient. Aber wozu hat die Effizienzsteigerung letzten Endes geführt? Fast jeder hat heute ein Smartphone sowie einen PC/Laptop. In jeder Mikrowelle/Herd/Kühlschrank/TV steckt heute IT. Der Energieverbrauch für Computertechnik ist seit 1990 um das fantastillionen-fache gestiegen.

Kurz: Je effizienter Energie eingesetzt wird, desto mehr wird - in absoluten Zahlen - verbraucht.

Hieraus kann man ableiten, dass die Bestrebungen der Politik den Anstieg der Umweltschäden (CO2-Emissionen usw.) nicht nur nicht verhindern, sondern sie geradezu verstärken werden. Dass wir uns auf einer Höllenfahrt befinden, erkennt man auch, wenn man sich mit dem Ausbau der sog. erneuerbaren Energien (EE) beschäftigt. Denn: Der Großteil der EE sind zwar erneuerbar, aber alles andere als zukunftstauglich und nachhaltig; 51 Prozent der EE fallen auf Biomasse zurück, also Holzverbrennung, Biogas, Biodiesel, also enorm klimaschädlich. Lediglich 24 Prozent fallen auf Windenergie, bei Solarenergie sind es 11 Prozent. (Werte gelten für 2020, Quelle: AG Energiebilanzen e. V.)

Umgerechnet auf den Gesamtprimärenergiebedarf liegt der Anteil der Windenergie in Deutschland in 2022 bei 3,78 Prozent, der von Solarenergie bei 2,2 Prozent (Werte gelten für 2022, Quelle: AG Energiebilanzen e. V.)!
Das ist quasi nichts! Und man schaue sich an, welche Ablehnungen aus der Gesellschaft schon bei den wenigen Windkraftanlagen kommen. Hinzu kommt, dass natürlich auch Windkraftanlagen nicht zum Nulltarif zu bekommen sind: Pro Windkraftanlage werden oberirdisch etwa 0,5 Hektar an Fläche versiegelt, unterirdisch sind es noch mehr; hinzu kommt der Energie- und Ressourcenaufwand in der Herstellung und beim Transport, sowie der Wartung. Und: Wie oben beschrieben führt natürlich auch dieser technische Fortschritt dazu, dass der Energiebedarf steigt und steigt, das heißt, selbst wenn man jetzt in großen Mengen Windkraftanlagen bauen würde, müsste man schon bald umso mehr neue Windkraftanlagen bauen.

Die Leopoldina, die Nationale Akademie der Wissenschaften fordert übrigens eine "Renaturierung aller Moore bis 2045". Überdies spricht sie sich aus für eine "Ausweitung von Naturschutzgebieten, Wäldern und Graslandökosystemen". (Quelle: Newsletter der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, 3/2021) Doch, wie wir alle wissen, ist die Fläche in Deutschland begrenzt.

Dass das Konzept des "Grünen Wachstums" sein Ziel nicht nur verfehlt, sondern systematisch dazu beitragen wird, die Lebensgrundlage des Menschen zu zerstören, sollte an dieser Stelle einleuchten.
Und was tun wir dagegen? M. E. ist ein kultureller Wandel notwendig hin zu einer Postwachstumsökonomie, wo maßvolle Lebensstile im Vordergrund stehen. Wo Instandhaltung und Reparatur, Nutzungsdauerverlängerung und Gemeinschaftsnutzung vor Neukauf stehen, mit einer de-globalisierten Nachrungsmittelproduktion. Wind- und Solarenergie sind die Energieträger der Zukunft, aber nur unter der Bedingung, dass zuvorderst massiv an Ressourcen und Energie eingespart werden.

Ich fasse das Thema zusammen:
  1. Umweltschäden (Erderhitzung, Artensterben usw.) können nicht durch technische Entwicklung reduziert werden1.
  2. Technische Entwicklung führt zu einer Verstärkung der Umweltschäden1.
  3. Der Begriff "Grünes Wachstum2" ist ein Oxymoron3. Es ist eine in eine Formulierung gegossene Unvereinbarkeit.
  4. Es gibt keine per se nachhaltigen Produkte oder Technologien, es gibt nur nachhaltige Lebensstile.

1Sofern sie nicht eingebettet ist in Suffizienz, also Konsumreduzierung, Selbstbegrenzung. Entrümpelung, Entschleunigung,
2Andere Begriffe sind: Green Economy, Green Growth, Green New Deal u. a.
3Ein Oxymoron ist ein Stilmittel aus zwei Wörtern, die sich gegenseitig widersprechen.


Links:
1. Hier der Artikel über die Rebound-Effekte:
https://www.blaetter.de/ausgabe/2013/dezember/der-rebound-effekt-die-illusion-des-gruenen-wachstums
2. Ein Artikel zum Thema in Spektrum der Wissenschaft:
Passen Wirtschaftswachstum und Klimaschutz zusammen?
3. Ein Artikel von Daniel Deimling von der Hochschule Heilbronn:
Grünes Wachstum gibt es nicht
4 Ein ebenfalls sehr guter Artikel zum Thema:
Der Mythos vom „Grünen Wachstum“

Hier der Beitrag zum Thema aus der politischen Kabarettsendung Die Anstalt vom 24.05.2022:

LG
Skidrow
 
Zuletzt bearbeitet: (sprachliche Überarbeitung + Zusammenfassung hinzugefügt, YouTube Link zu Die Anstalt hinzugefügt, aktuelle Zahlen Anteil Wind- und Solarenergie)
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M.E. nach ist es möglich. Als Frage würde ich aber ergänzen: ist grünes Wachstum auch wirklich gewünsch/gewollt?

Wir haben immer noch diverse Gesetze, die dem entgegenstehen. Beispielsweise Denkmalschutz vs Installation von Photovoltaikanlagen oder Umweltschutz vs Aufbau von Windkrafträder.
 
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_killy_ schrieb:
M.E. nach ist es möglich.
Kannst du das begründen? Denn ich habe oben ja umfangreich begründet, dass es nicht möglich ist.
 
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Ich halte deine Beispiele für viel zu kurz gedacht und nicht sinnvoll.

Natürlich ist eine Technologie wenn sie sich verbreitet absolut mit mehr Ressourcennutzung verknüpft. Wenn jeder ein Auto fährt verbrauchst dies mehr als wenn nur jeder zehnte ein Auto fährt.

ABER, wenn nunmal alle ein Auto haben und dann eine neue Generation Auto hergestellt wird, welche deutlich effizienter, aus recycelten Materialien usw... hergestellt wird, ist diese grüne Technologie natürlich deutlich besser für die Umwelt und sorgt auch für ein entsprechendes Wirtschaftswachstum.

Anderes Beispiel ist z.B. die Fleischindustrie welche zumindest in Deutschland ja bereits sehr stark ausgelastet ist bzw. eine maximale Ausdehnung erreicht hat. https://taz.de/Fleischindustrie-in-Deutschland/!5681707/

Wenn in diesem Markt nun eine Alternative vorgestellt wird (z.B: Laborfleisch welches ja beispielhaft in Singapur schon gekauft werden kann. Hier werden ökologische Auswirkungen massiv reduziert bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum in den entsprechenden Märkten.

Nächstes Beispiel ist Energie. Trotz eines wachsenden Energiebedarfs wird immer mehr Energie durch grünere Erzeugung gewonnen.


Es ist halt sehr schwierig Wachstumsmärkte absolut mit einem geringeren ökologischen Fußabdruck zu versehen, in anderen Märkten aber absolut kein Problem. Kommt halt drauf wie stark man bei den eigenen Überlegungen biased ist und cherrypicking bei den Beispielen betreibt.
 
AppZ schrieb:
Ich halte deine Beispiele für viel zu kurz gedacht und nicht sinnvoll.

Natürlich ist eine Technologie wenn sie sich verbreitet absolut mit mehr Ressourcennutzung verknüpft. Wenn jeder ein Auto fährt verbrauchst dies mehr als wenn nur jeder zehnte ein Auto fährt.

ABER, wenn nunmal alle ein Auto haben und dann eine neue Generation Auto hergestellt wird, welche deutlich effizienter, aus recycelten Materialien usw... hergestellt wird, ist diese grüne Technologie natürlich deutlich besser für die Umwelt und sorgt auch für ein entsprechendes Wirtschaftswachstum.
Eben genau dem widerspreche ich. Zum einen lässt sich ein Auto niemals ausschließlich aus recycelten Materialien herstellen, und das Recycling verbraucht auch Energie. Und wie oben ausgeführt wird das E-Auto um so mehr Ressourcen verbrauchen, je effizienter seine Nutzung sein wird (oder "verkauft" wird in Form von Greenwashing). Denn ein E-Auto mit einem umweltschonenden Image wird sich schnell durchsetzen, und das nicht nur in den Industrieländern sondern auch in den Ländern des Globalen Südens. Die Folge ist eine enorme Produktionsausweitung, inklusive der ganzen Begleitererscheinungen (Stichwort: Rebound-Effekt) wie Ladeinfrastruktur, Speicherstätten. Und, wie schon oben beschrieben werden die Effizienzsteigerungen eben nicht dafür genutzt, die Autos sparsamer zu bauen sondern die Effizienzsteigerungen werden "investiert" in mehr Leistungsfähigkeit.

AppZ schrieb:
Anderes Beispiel ist z.B. die Fleischindustrie welche zumindest in Deutschland ja bereits sehr stark ausgelastet ist bzw. eine maximale Ausdehnung erreicht hat. https://taz.de/Fleischindustrie-in-Deutschland/!5681707/

Wenn in diesem Markt nun eine Alternative vorgestellt wird (z.B: Laborfleisch welches ja beispielhaft in Singapur schon gekauft werden kann. Hier werden ökologische Auswirkungen massiv reduziert bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum in den entsprechenden Märkten.
Hier bin ich zumindest skeptisch. Laborfleisch wächst ja nicht auf den Bäumen, auch für diese Herstellung werden Rohstoffe und Energie benötigt (das müsste man man genauer unter die Lupe nehmen). Und wenn sich das Laborfleisch als "saubere" und tierleidverhindernde Alternative durchsetzt, ist damit zu rechnen, dass das verzehrte Laborfleisch die Menge an bisher verzehrtem Echt-Fleisch deutlich übersteigen wird (Rebound-Effekt), so dass unterm Strich das Risiko besteht, dass der Ressourcenverbrauch langfristig den von Echt-Fleisch übersteigt (Backfire-Effekt). Das ist kein Argument gegen Laborfleisch! Aber solange am Wachstumsmodell festgehalten wird und die Kaufkraft weltweit stetig steigt, kann es uns einen Bärendienst erweisen.
AppZ schrieb:
Nächstes Beispiel ist Energie. Trotz eines wachsenden Energiebedarfs wird immer mehr Energie durch grünere Erzeugung gewonnen.
Das ist falsch. Und das habe ich oben ja bereits beschrieben. Noch mal im kurz: Umweltverträgliche Energieträger sind ausschließlich Wind- und Sonnenenergie. Die Gesamtprimärenergie aus Wind und Sonne liegt aber 2020 gerade mal bei ~ 6 Prozent! hier auf 100 Prozent zu kommen ist unmöglich, siehe oben. Zumal, da sind wir wieder beim Grundproblem der Rebound-Effekte, wird ein Ausbau von Windkraftanlagen und PV-Anlagen dazu führen, dass der Energiebedarf weiter wächst.
 
Zuletzt bearbeitet: ((oder "verkauft" wird in Form von Greenwashing) eingefügt)
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Hallo, eine interessante Fragestellung und mit vielem was du ansprichst bin ich zwar ähnlicher Meinung doch in der entscheidenten Frage muss ich dir etwas widersprechen.

Skidrow schrieb:
Und nach meinen Recherchen laufen wir auf große Katastrophen zu, weil die Antwort auf die obige Frage eben nicht Ja lautet, sondern ganz klar Nein. Es ist nicht möglich, die Wirtschaft durch technischen Fortschritt (Effizienz/Kreislaufwirtschaft/Erneuerbare Energien) von den ökologischen Schäden zu entkoppeln. Es ist eher so, dass jede Maßnahme, die die Effizienz von technischen Prozessen erhöhen soll - unterm Strich - die Ressourcenverbräuche erhöht, solange am BIP-Wachstum festgehalten wird. Das klingt zunächst paradox.

Das ist meiner Meinung nach Schlussfolgerung die so nicht zutrifft, denn ohne die Maßnahmen für die Steigerung der Effizienz würden die Abermillionen Autos etc die du ansprichtst die gegenüber früher mehr produziert werden, viel mehr Ressourcen verbrauchen als sie es jetzt zu diesem Zeitpunkt tun. Stell dir vor, wir würden dieselbe Anzahl an Autos mit Wissenstand von vor 60 Jahren fertigen, mit noch mehr CO2 Ausstoß als jetzt etc.

Skidrow schrieb:
Dass das Konzept des "Grünen Wachstums" sein Ziel nicht nur verfehlt, sondern systematisch dazu beitragen wird, die Lebensgrundlage des Menschen zu zerstören, sollte an dieser Stelle einleuchten.

Besser so als komplett ohne Maßnahmen, die Produktion umweltfreundlicher zu gestalten (und wo sich diverse Länder mit viel mehr CO2-Ausstoß, Schadstoffen usw wie z.B. China wenig beteiligen). Diese machen ja größtenteils weiter wie bisher ohne jegliche "Green Deals".

Skidrow schrieb:
Und was tun wir dagegen? M. E. ist ein kultureller Wandel notwendig hin zu einer Postwachstumsökonomie, wo maßvolle Lebensstile im Vordergrund stehen. Wo Instandhaltung und Reparatur, Nutzungsdauerverlängerung und Gemeinschaftsnutzung vor Neukauf stehen. Wind- und Solarenergie sind die Energieträger der Zukunft, aber nur unter der Bedingung, dass zuvorderst massiv an Ressourcen und Energie eingespart werden.

Auch wenn ich dir im Geiste zustimme, dass es im Endeffekt darauf ankommt dass die Menschheit umdenkt und den Konsum und die Produktion begrenzt, ein anderer Lebensstil im Vordergrund steht etc, sehe ich es leider eher als eine Utopie, zumindest mittelfristig, denn vergleichbare Ansätze sind schon in Vergangenheit gescheitert.

Beispiel "Kommunismus" bzw. das was man früher in den Sozialismus-Staaten als Kommunismus verkauft hat - im Vergleich zu dem "Westen" haben die meisten Menschen wirklich bescheiden gelebt. Ein Auto, wenn man es denn überhaupt bekommen hat, hat man gut und gerne 20 Jahre lang benutzt, ohne sich alle 2-3 Jahre ein neues zu holen/leasen etc. Dasselbe mit Kühlschränken und Fernsehgeräten, die auch lange benutzt wurden weil man sich was neues einfach nicht leisten konnte. In den Urlaub ist man auch nicht quer durch die Welt auf die Malediven geflogen oder wohin auch immer, sondern hat sich in den Zug gesetzt und im Inland irgendwo am schwarzen Meer Urlaub gemacht, z.B.

Wo jetzt die Sozialismus-Staaten sind, denke ich ist klar. Die Gesellschaftsordnung ist von der Bildfläche verschwunden weil die Leute es satt hatten, dass Märchen über ein Paradies auf Erden 50 Jahre lang erzählt werden während man entweder in Armut oder viel bescheideneren Verhältnissen als im Westen lebt.

Und dasselbe entwickelt sich auch in den aufstrebenden Staaten. Die Menschen in Indien wollen genauso wohlhabend leben, wie Menschen in den USA oder Deutschland, und wer kann es ihnrn verübeln? Und das geht nur mit Mehrproduktion und Wirtschaftswachstum einher.
 
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Klever schrieb:
Das ist ein Trugschluss meiner Meinung nach, denn ohne die Maßnahmen der Steigerung der Effizienz würden die Abermillionen Autos etc die du ansprichtst die gegenüber früher mehr produziert werden, viel mehr Ressourcen verbrauchen als sie es jetzt zu diesem Zeitpunkt tun. Stell dir vor, wir würden dieselbe Anzahl an Autos mit Wissenstand von vor 60 Jahren fertigen, mit noch mehr CO2 Ausstoß als jetzt etc.
Da möchte ich dir widersprechen; diese Argumentation halte ich zudem für gefährlich, und ich möchte es erklären:
Die Erderhitzung beruht auf den Gesetzen der Thermodynamik. Und die Thermodynamik kann man nicht mit Argumenten überrumpeln versuchen a la "Schau mal, liebe Thermodynamik, es könnte alles viel schlimmer sein, wenn wir die Autos nicht weiter entwickelt hätten."
Die Erderhitzung interessiert sich nur für CO2-Emissionen in absoluten Zahlen: Die Anzahl an pro Jahr produzierten Autos hat sich stark erhöht, die Anzahl an sich im Betrieb befindenden Autos hat sich weltweit stark erhöht. Gleichzeitig sind die Autos schwerer und leistungsfähiger geworden. Also unterm Strich hat sich der Ressourcenaufwand im Vergleich zu 1955 ver-X-facht.
Mit dem Klima kann man nicht verhandeln!

Und: Hätte es keine Effizienzsteigerungen gegeben, hätte sich die Anzahl an Autos kaum in der Weise erhöht, in den Städten könnte man vor lauter Smog nicht mehr vor die Tür gehen. Man hätte evtl. schon lange früher eingesehen, dass Raumüberwindung immer Naturkosten mit sich führt, und man hätte u.U. schon viel früher erkannt, dass die Art der Individual-Mobilität, wie wir sie aktuell haben, nicht enkeltauglich ist. Aber das ist natürlich alles Spekulation.
Klever schrieb:
Besser so als komplett ohne Maßnahmen, die Produktion umweltfreundlicher zu gestalten (und wo sich diverse Länder mit viel mehr CO2-Ausstoß, Schadstoffen usw wie z.B. China wenig beteiligen). Diese machen ja größtenteils weiter wie bisher ohne jegliche "Green Deals".
Vielleicht. Vielleicht ist unser Pfad aber genauso schlimm, wenn nicht schlimmer. Weil den Menschen in Deutschland suggeriert wird: Ihr könnt exakt so weiter konsumieren, fahren, fliegen usw., alles bekommt jetzt ein Grünes Logo, bald fahren wir "klimaneutral" mit E-Autos und ihr, liebe Bürger könnt euch zurücklehnen und das Grüne Leben genießen.
Das ist vergleichbar mit dem Ablasshandel Ende des Mittelalters; der Green Deal dient der Gewissensberuhigung.
Zu China: Nichts steht mir ferne, als China zu verteidigen versuchen. Wenn das stimmt, was ich hier beschreibe, wird die Erderhitzung, das Artensterben, die Vermüllung der Meere usw. China genauso treffen. Und es wäre letztendlich auch zynisch zu behaupten, China mache irgendetwas besser als wir Europäer. Aber noch mal, mit der Gesetzen der Natur kann man nicht verhandeln.
Klever schrieb:
Auch wenn ich dir im Geiste zustimme, dass es im Endeffekt darauf ankommt dass die Menschheit umdenkt und den Konsum und die Produktion begrenzt, ein anderer Lebensstil im Vordergrund steht etc, sehe ich es leider eher als eine Utopie, denn vergleichbare Ansätze sind schon in Vergangenheit gescheitert.
Ich stimme dir 100 % zu. Eine Postwachstumsökonomie ist eine Utopie.
Ein Weiter-So ist jedoch in jedem Fall eine Höllenfahrt.
Klever schrieb:
Beispiel "Kommunismus" ...
Ich stimme dir wieder zu.
Von Kommunismus möchte ich auch gar nicht erst anfangen.
Der Change kommt so oder so: entweder by desaster oder by design. Ich tippe mittlerweile auf by desaster.
 
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Mit unserer aktuellen Wirtschaftsform wird das nichts, da bin ich mir ziemlich sicher. Wir sind auf Dauerkonsum getrimmt, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Und ich vermute stark, das niemand wirklich auf Teile der ihn/ihr lieb gewonnenen Annehmlichkeiten des Alltags wirklich verzichten möchte. So kaufen wir z. B. dauernd gern Dinge, dir wir eigentlich gar nicht unbedingt bräuchten, aber die uns das Leben "bequemer" und angenehmer machen. Dafür werden aber immer wertvolle, mitunter knappe Ressourcen verschwendet und bei der Beschaffung der benötigten Rohstoffe wird oft keine Rücksicht auf Mensch & Natur genommen. Da nützt dann am Ende eine "grüne" Herstellung eines Produktes dann auch reichlich wenig. Wir Menschen müssen endlich begreifen, das die Ressourcen endlich sind und überlegen, was ein Mensch (bei stetig ansteigender Weltbevölkerung) wirklich braucht, um halbwegs glücklich und zufrieden zu sein. Just my two cent.:D
 
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@Discovery_1 Naja, Fortschritt gibt es nur durch neue Sachen und das benötigt Ressourcen. Wichtiger wäre die Waren möglichst wiederverwertbar zu machen bzw. die Ressourcen von kaputten Waren wieder möglichst zurück zu gewinnen.
Wenn möglich nicht ohne Schutzausrüstung auf einer Müllhalde in Afrika. Eine erste Anwendung wären ja Akkus aus Elektroautos usw. Einerseits kann man die noch eine Zeit lang weiterbetreiben und andererseits könnte man die Wertstoffe wiedergewinnen und erneut verwenden für neue Akkus.
 
Skidrow schrieb:
Da möchte ich dir widersprechen; diese Argumentation halte ich zudem für gefährlich, und ich möchte es erklären:
Die Erderhitzung beruht auf den Gesetzen der Thermodynamik. Und die Thermodynamik kann man nicht mit Argumenten überrumpeln versuchen a la "Schau mal, liebe Thermodynamik, es könnte alles viel schlimmer sein, wenn wir die Autos nicht weiter entwickelt hätten."
Wenn du mit 50 Jahre alten "Umwelt"- und Fertigungstandards 10 Millionen neue Autos herstellst statt moderne Fertigungs- und Umweltstandards zu nehmen, wird die Erderhitzung viel mehr sein als sie heute ist, und dies beruht genauso auf Gesetzen der Thermodynamik.

Mehr CO2 Ausstoß ist mehr CO2 Ausstoß, mehr Schwermetalle in den Grund und Boden zu pumpen sind mehr Schwermetalle, etc.

Skidrow schrieb:
Mit dem Klima kann man nicht verhandeln!

Kann man nicht und da stimme ich dir voll und ganz zu.

Skidrow schrieb:
Und: Hätte es keine Effizienzsteigerungen gegeben, hätte sich die Anzahl an Autos kaum in der Weise erhöht, in den Städten könnte man vor lauter Smog nicht mehr vor die Tür gehen. Man hätte evtl. schon lange früher eingesehen, dass Raumüberwindung immer Naturkosten mit sich führt

Das halte ich wiederum für eine falsche Schlussfolgerung. Man hätte sehr wohl genauso und viel produziert - wieso hätte eigentlich, wenn es bis jetzt so gelebt wird? Wieder China als Beispiel - die Produktion wird immer mehr, weil China die Fabrik der Welt ist, unter Mißachtung von modernen Umweltstandards. Als Resultat hat China ein massives Umweltproblem, interessieren tut das die Entscheidungsträger herzlich wenig.

Schau mal wie viel Smog und Abgase es in den chinesischen Städten gibt, die Menschen sind da schon lange nur mit Maske draußen unterwegs und das lange Zeit vor Corona. Von solchen Zuständen ist man hier meilenweit entfernt und die Luft in deutschen Städten ist im Vergleich dazu richtig sauber.

Nicht nur die chinesische Wirtschaft ist ein Umweltverpester, gibts noch viele andere. Russland produziert genauso umweltschädlich, nur viel weniger. Sind ja auch andere Sachen wichtiger als irgendeine blöde Umwelt, wie der Anspruch alte Kaiserreiche wieder aufleben zu lassen, aber dies soll hier nicht das Thema sein.

Skidrow schrieb:
Ich stimme dir 100 % zu. Eine Postwachstumsökonomie ist eine Utopie.
Ein Weiter-So ist jedoch in jedem Fall eine Höllenfahrt.

Diese globale Herausforderung ist nicht ohne globale Anstrengung zu schaffen. Und dies beinhaltet einen nie dagewesenen Bedarf an globaler und internationaler Zusammenarbeit. Im Alleingang mit einem/zwei/zehn Ländern die Welt zu retten ist aussichtslos (bis auf die durchaus bessere Luftqualität, Erderwärmung wird man so nicht aufhalten). Es bedarf internationale Abkommen die bindend sind und nicht ständig ignoriert werden.
 
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Skidrow schrieb:
(...)Und was tun wir dagegen? M. E. ist ein kultureller Wandel notwendig hin zu einer Postwachstumsökonomie, wo maßvolle Lebensstile im Vordergrund stehen. Wo Instandhaltung und Reparatur, Nutzungsdauerverlängerung und Gemeinschaftsnutzung vor Neukauf stehen. Wind- und Solarenergie sind die Energieträger der Zukunft, aber nur unter der Bedingung, dass zuvorderst massiv an Ressourcen und Energie eingespart werden.(...)
Ein solche Argumentation muss man sich leisten können und selbst davon überzeugt sein. Weder 100 % der Weltbevölkerung können sich diese leisten, weil sie alle Kraft in ihren täglichen Überlebenskampf stecken müssen (auch Du würdest vorm Verhungern oder Erfrieren keine Millisekunde an CO2 denken), noch wollen 100 % der Weltbevölkerung so denken (es leben nicht nur Altruisten unter der Sonne).

Eine Insel mit Raub- und Beutetieren: Wenn die Raubtiere mehr Beutetiere fressen als nachwachsen, dann ist das Ende vorprogrammiert. Wölfe von den Vorteilen einer vegetarischen Ernährung überzeugen?
 
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@Binalog

Umweltschutz muss man sich auch leisten können, das stimmt. Nur ist der größte Umweltverschmutzer nicht die Weltbevölkerung an sich (oder anders gesagt, nicht direkt) sondern die Wirtschaft der jeweiligen Länder, die diese Bevölkerung beschäftigt (und welche von der Produktion nicht mal groß profitiert). Und die Wirtschaft könnte man sehr wohl zur Einhaltung von besseren Umwelt- und Herstellungstandards verpflichten, es mangelt am politischen Willen dazu.
 
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Klever schrieb:
(...)Und die Wirtschaft könnte man sehr wohl zur Einhaltung von besseren Umwelt- und Herstellungstandards verpflichten, es mangelt am politischen Willen dazu.
Was ist denn der "politische Wille"? Für was oder wen steht dieser?

Unser Lebensstandard ist mit Ressourcenschonung nicht vereinbar.

Zu meinen es gibt immer eine Lösung und alles ist gut ist m. E. irrational.

Es wird sich ein neuer Zustand einstellen. Wie der aussieht, weiß ich nicht, aber es wird ein anderer sein als heute und viele werden weniger haben. Ob das dann unbedingt schlechter sein wird hängt von den verbliebenen Raubtieren ab.
 
Binalog schrieb:
Was ist denn der "politische Wille"? Für was oder wen steht dieser?

Der politische Wille die einheimischen Fabriken zu verpflichten Filteranlagen zu installieren damit du nicht dieselbe schädlichen Abgase einatmen musst wie vor -zig Jahren. Oder jetzt in China.

Der politische Wille zu sagen, neue Autos die hergestellt werden müssen eine Abgasnorm erfüllen damit sie die Städte viel weniger verpesten.

Man kann selber feststellen wie gut die Luft in Deutschland ist wenn man mal eine Stadt außerhalb Deutschland oder gar EU besucht. Besonders gut sieht (oder riecht) man es dann wenn man eine Stadt besucht wo noch 40-50 Jahre alte Autos herumfahren, um beim Autovergleich zu bleiben. Aber mir ging es eher um die Wirtschaft.
 
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Klever schrieb:
(...)Man kann selber feststellen wie gut die Luft in Deutschland ist wenn man mal eine Stadt außerhalb Deutschland oder gar EU besucht. Besonders gut sieht (oder riecht) man es dann wenn man eine Stadt besucht wo noch 40-50 Jahre alte Autos herumfahren, um beim Autovergleich zu bleiben. Aber mir ging es eher um die Wirtschaft.
Ich will Dir gar nicht direkt widersprechen. Aber es hat schon einen Grund, weshalb dort, wo noch 40 - 50 Jahre Autos rumfahren, der politische Wille nicht durchschlägt. Er kann es sich schlicht nicht "leisten". Wenn man in der EU die Wettbewerbsfähigkeit gegen die Wand fährt, dann werden andere Länder einspringen. Die Welt beherbergt genügend Egoisten, die dafür sorgen werden.
 
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Klever schrieb:
Wenn du mit 50 Jahre alten "Umwelt"- und Fertigungstandards 10 Millionen neue Autos herstellst statt moderne Fertigungs- und Umweltstandards zu nehmen, wird die Erderhitzung viel mehr sein als sie heute ist, und dies beruht genauso auf Gesetzen der Thermodynamik.

Mehr CO2 Ausstoß ist mehr CO2 Ausstoß, mehr Schwermetalle in den Grund und Boden zu pumpen sind mehr Schwermetalle, etc.
Du argumentierst weiterhin mit "hätte viel schlimmer sein können". Fakt ist, dass die Ressourcenverbräuche und die Umweltschäden (inkl. der CO2-Emissionen) in den letzten 50 Jahren weltweit kontinuierlich gestiegen sind.
Klever schrieb:
Das halte ich wiederum für eine falsche Schlussfolgerung. Man hätte sehr wohl genauso und viel produziert - wieso hätte eigentlich, wenn es bis jetzt so gelebt wird? Wieder China als Beispiel - die Produktion wird immer mehr, weil China die Fabrik der Welt ist, unter Mißachtung von modernen Umweltstandards. Als Resultat hat China ein massives Umweltproblem, interessieren tut das die Entscheidungsträger herzlich wenig.
Schau mal wie viel Smog und Abgase es in den chinesischen Städten gibt, die Menschen sind da schon lange nur mit Maske draußen unterwegs und das lange Zeit vor Corona. Von solchen Zuständen ist man hier meilenweit entfernt und die Luft in deutschen Städten ist im Vergleich dazu richtig sauber.
Nicht nur die chinesische Wirtschaft ist ein Umweltverpester, gibts noch viele andere. Russland produziert genauso umweltschädlich, nur viel weniger. Sind ja auch andere Sachen wichtiger als irgendeine blöde Umwelt, wie der Anspruch alte Kaiserreiche wieder aufleben zu lassen, aber dies soll hier nicht das Thema sein.
Alles richtig.
Der Smog in den chinesischen Städten ist aber vor allem darin begründet, weil die Städte ein vielfaches größer sind als die deutschen.

Klever schrieb:
Diese globale Herausforderung ist nicht ohne globale Anstrengung zu schaffen. Und dies beinhaltet einen nie dagewesenen Bedarf an globaler und internationaler Zusammenarbeit. Im Alleingang mit einem/zwei/zehn Ländern die Welt zu retten ist aussichtslos (bis auf die durchaus bessere Luftqualität, Erderwärmung wird man so nicht aufhalten). Es bedarf internationale Abkommen die bindend sind und nicht ständig ignoriert werden.
Da sind wir uns vermutlich hier alle einig. Wenn ich aber recht habe mit der Unvereinbarkeit von steigendem Wirtschaftswachstum und Rückgang von Umweltschäden, besteht die Anstrengung vor allem im Aufhören. Aufhören mit Fliegen, täglich Fleisch, jedes Jahr neues Handy, usw. usf.

Und in meinen Augen ist es sogar möglich, dass die Lebensqualität steigt, wenn der Mensch nicht mehr permanent damit beschäftigt ist, seine Konsumerlebnisse zu optimieren.
"Jeder Genuss einer Ware oder konsumförmigen Tätigkeit verlangt eine eigene Aufmerksamkeit. Und Aufmerksamkeit kann ein Mensch nicht aufbringen ohne ZEIT zu verausgaben. Und Zeit ist eine knappe Ressource. Und das führt zu Konsumverstopfung - wir schaffen immer mehr Dinge an, aber es fehlt uns die Zeit, die Dinge so auszuschöpfen, dass ein Zuwachs an Glück oder Zufriedenheit entsteht." Niko Paech

Deutschland ist doch so gerne Marktführer. Warum nicht mal Marktführer in der Gestaltung einer enkeltauglichen Zukunft? So etwas kann nämlich ansteckend wirken auf andere Gesellschaften. Wenn man sich aber permanent im Wettbewerb sieht zu China und Co., haben wir unsere Souveränität bereits aufgeben und das bedeutet auch das Ende der Demokratie!
Binalog schrieb:
Ein solche Argumentation muss man sich leisten können und selbst davon überzeugt sein. Weder 100 % der Weltbevölkerung können sich diese leisten, weil sie alle Kraft in ihren täglichen Überlebenskampf stecken müssen (auch Du würdest vorm Verhungern oder Erfrieren keine Millisekunde an CO2 denken), noch wollen 100 % der Weltbevölkerung so denken (es leben nicht nur Altruisten unter der Sonne).
Das ist mir natürlich bewusst. Aber ich möchte nochmal auf den Vorbildcharakter zu sprechen kommen. Natürlich muss in den meisten afrikanischen Ländern zunächst ein Wirtschaftswachstum stattfinden, um dort die basalen Grundbedürfnisse zu befriedigen. Aber wenn Afrika darüber hinaus unseren aktuellen materiellen Lebensstandard anstrebt, geht sowieso alles in die Hose. Ressourcenverteilungskriege sind dann wahrscheinlich noch das angenehmste...

Übrigens an alle noch ein Lesetipp. Hier wird die Tragweite des oben bereits angesprochenen Rebound-Effekts ganz gut deutlich: https://www.blaetter.de/ausgabe/2013/dezember/der-rebound-effekt-die-illusion-des-gruenen-wachstums
 
Zuletzt bearbeitet: (jetzt funktioniert der Link)
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Skidrow schrieb:
(...)Das ist mir natürlich bewusst. Aber ich möchte nochmal auf den Vorbildcharakter zu sprechen kommen. (...)
Die Realität ist leider härter und gibt nicht viel auf Vorbilder.

Wenn Russland demnächst in die Ukraine einmarschiert und die Gasversorgung dadurch betroffen ist, egal aus welchem Grund (Sanktionen, Sabotage,...), dann werden hierzulande einige Kohlemeiler aus der "Kaltreserve" angeschmissen werden müssen, CO2 hin oder her.

Grünes Wachstum in unserer realen Welt beinhaltet zwei Trugschlüsse gleichzeitig.
 
Skidrow schrieb:
Du argumentierst weiterhin mit "hätte viel schlimmer sein können". Fakt ist, dass die Ressourcenverbräuche und die Umweltschäden (inkl. der CO2-Emissionen) in den letzten 50 Jahren weltweit kontinuierlich gestiegen sind.

Und das hat wiederum vielfältige Gründe. Zum einen das Bevölkerungswachstum: betrug 1950 die Erbevölkerung noch 2.52 Milliarden, waren es 2015 7.35 Milliarden. Die Bevölkerung von unserem Planeten hat sich in 65 Jahren also fast verdreifacht. Wieso sollte da auch weniger produziert werden? Es wird viel mehr produziert, bedingt dadurch dass die Menschheit rapide anwächst.

Zum anderen hängt unser schädlicher Treibhausausstoß damit zusammen, dass Energie weltweit immer noch zu 73% aus fossilen Brennstoffen gewonnen wird. Dies muss sich hauptsächtlich ändern, will man denn die Folgen der globalen Erderwärmung abmildern. Aufhalten lässt es sich schon jetzt nicht mehr.

Mehr Solar, Wasser und Windenergie muss genutzt werden, statt Kohle, Erdgas und Öl zu verbrennen. Effizientere und ökologisch nachhaltige Energiegewinnung soll im Vordergrund der Bemühungen stehen, weniger die schöne aber utopische Vorstellung, Wachstum kann gebremst oder unterbunden werden.

Dafür ist aber technischer Fortschritt wichtig.

Skidrow schrieb:
Der Smog in den chinesischen Städten ist aber vor allem darin begründet, weil die Städte ein vielfaches größer sind als die deutschen.

Hängt zum großen Teil auch damit zusammen, dass chinesische Städte Industriestandorte sind wo etliche Fabriken für Produktion von verschiedensten Gütern stehen, ohne die modernen Umweltstandards zu berücksichtigen (was ihnen auch einen globalen Wettbewerbsvorteil verschafft, genauso wie die niedrigen Löhne für die Arbeiter).

Skidrow schrieb:
Deutschland ist doch so gerne Marktführer. Warum nicht mal Marktführer in der Gestaltung einer enkeltauglichen Zukunft? So etwas kann nämlich ansteckend wirken auf andere Gesellschaften. Wenn man sich aber permanent im Wettbewerb sieht zu China und Co., haben wir unsere Souveränität bereits aufgeben und das bedeutet auch das Ende der Demokratie!

China wird dich nicht fragen ob du mit der VR wirtschaftlich im Wettbewerb stehen willst oder nicht. Genauso wie es viele andere Staaten auch nicht tun werden. Sie werden deine freigewordene Nische einnehmen und durch ihren Mangel am Umweltschutz und Arbeitslohn dich aus dem Markt drängen, so dass du keine Mittel mehr für die Entwicklung hast. Was ja auch die ganze Zeit geschieht.

Skidrow schrieb:
Das ist mir natürlich bewusst. Aber ich möchte nochmal auf den Vorbildcharakter zu sprechen kommen. Natürlich muss in den meisten afrikanischen Ländern zunächst ein Wirtschaftswachstum stattfinden, um dort die basalen Grundbedürfnisse zu befriedigen. Aber wenn Afrika darüber hinaus unseren aktuellen materiellen Lebensstandard anstrebt, geht sowieso alles in die Hose. Ressourcenverteilungskriege sind dann wahrscheinlich noch das angenehmste...

Ob die afrikanischen Ländern sich da was vorschreiben lassen, ist fraglich. Unter anderem von Ländern die direkt oder indirekt durch jahrhundertelange Ausbeutung von Afrika profitiert haben und die daraus entstandenen Früchte der Industrierevolution für sich genutzt haben. Wenn sie sagen, sie haben denselben Anspruch auf Erlangen von Wohlstand, wie die europäischen oder jegliche anderen Länder, ist dies ihr souveränes Recht.

Skidrow schrieb:
Übrigens an alle noch ein Lesetipp. Hier wird die Tragweite des oben bereits angesprochenen Rebound-Effekts ganz gut deutlich: https://www.blaetter.de/ausgabe/2013/dezember/der-rebound-effekt-die-illusion-des-gruenen-wachstums

Danke für den Link, ist ziemlich interessant und vieles trifft auch zu. Freigewordene Mittel werden in mehr Produktion gesteckt, es wird mehr produziert, aber hauptsächlich muss man sich fragen - warum dies so ist und warum die Produktion so schlecht sei. Sie ist schlecht aufgrund von umweltschädlicher Energiegewinnung, weil alles was produziert wird und alles was wir nutzen (angefangen mit deiner Schreibtischlampe und bis zum Schul- oder Supermarktbetrieb) Energie kostet. Und diese geschieht wie gesagt weltweit zu 73% immer noch aus fossilen Brennstoffen.

Eigenen Fußabdruck begrenzen zu wollen ist schön und gut, leider wird dies global nicht viel bringen bis wir eine Energiewende erreicht haben. Dazu würde ich dir auch von meiner Seite ein sehr gutes Video empfehlen, von Simplicissimus. Und nein, es ist kein Video gegen eine ökologische Lebensweise, ganz im Gegenteil - es deckt auf wie Energiekonzerne wie BP, Gazprom etc die Umwelt immer noch mit ihren Treibhausausstößen verpesten, während sie scheinheilig Kampagnen der Schuldverlagerung auf den Bürger finanzieren.

 
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Also ich halte Grünes Wachstum innerhalb eines Wirtschaftskreislauf nicht nur für realistisch, sondern bin davon überzeugt, das es vereinzelt schon viel Jahrzehnte existiert.

Die Frage ist aber, ob die eingesparten Ressourcen/Umweltlasten im Verzicht bleiben oder nicht. Am Ende ist ja dieses Grüne Wachstum nichts anderes als Effizienzsteigerung, und die dadurch frei werdenden Ressourcen schaffen natürlich Begehrlichkeiten.
Zum einen Wächst ja aktuell noch die Weltbevölkerung, so das auch eine Reduktion von pro Kopf Belastungen zu einem absoluten Anstieg führen kann. Zum anderen können die verfügbar gewordenen Ressourcen eben nicht nur für mehr Produktion der selben Güter, sondern auch für andere neue Güter genutzt werden.

Sprich nur mit neuen effizienteren Technologien ist zum Umweltschutz im Zweifel gar nichts getan. Mit einer Umkehrung des Wirtschaftswachstums aber eben so wenig. Da muss ein Zwischenweg gefunden werden, den sowohl unser Überleben, als auch überhaupt handlungsfähig zu sein und aktiven Umweltschutz betreiben zu können erfordert Kapazitäten.

Das Problem ist aber die geopolitische Situation der Welt. Denn am Ende ist das eine erweiterte Fassung des Gefangenendilemmas aus der Spieltheorie. Solange mehrere Parteien ohne ausreichende Vertrauensbasis beteiligt sind ist es für jede einzelne Partei am Vorteilhaftesten soviel Raubbau wie möglich zu betreiben.

Dadurch das es so eine hohe Anzahl an Entscheidern (in der Regel Nationen) gibt Steigt das Risiko zum klassischen Beispiel enorm an, da eine Nation die quasi nur so Tut als ob sie mit allen an einem Strang zieht aber tatsächlich auf maximales Wachstum hin arbeitet am stärksten profitiert und damit auch ihre politische Macht global stärkt.
Wir deutschen sind in der Welt ja auch nicht so einflussreich, weil wir so viele sind oder weil wir die leckersten Steckrüben anbauen.

Das durch dieses Verhalten in Summe das Ergebnis nahezu das potentiell schlechteste ist ist ja gerade das alberne Dilemma.

Ich gehe deshalb im Bezug auf die Klimakatastrophe über kurz oder lang vom dritten Weltkrieg aus. Entweder um endlich eine global agierende politische Instanz durch zu setzen die am Ende eine Kooperation der Staaten der Welt erzwingt. Oder eben klassische Ressourcenkriege um Wasser und vor allem Gebiete die dann als die noch gut bewohnbaren gemäßigten Zonen unsere Planeten bleiben.

Ich würde mir wünschen, das eine globale politische Instanz die so etwas durchsetzen kann auch ohne Krieg entstehen könnte. Leider bin ich zu alt und zu zynisch um das für realistisch zu halten.
Die Frage die ich mir stelle ist eher ob es besser ist, dass diese Eskalation früher oder später stattfindet.
 
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Ich bin und bleibe skeptisch, schon allein deswegen, weil nicht mal klar ist, was gewollt ist.

Stattdessen habe ich eher das Gefühl, "mensch" hat inzwischen komplett den Bezug zur Realität verloren und spielt sich gedankenverloren einfach als Gott auf -- weil er es kann.

Letztens hat man noch Holzbesteck, Papiertüten und so weiter gegen Plastiklöffel und -tüten vertauscht -- mit dem Argument Natur, weil Bäume abholzen für Einkauf oder den Fertigsalat, naja, so toll ist das nicht.

Und jetzt führen wir Holzbesteck, Papiertüten und so weiter wieder ein mit dem Argument Natur? Yup, da zweifelt man wohl eher an sich selbst.

Wer sehen konnte, hat sich schon zur "Einführung" an den Kopf gefaßt. Wir vernichten Natur, um die Natur zu schützen. Klar.

Nope, am Ende des Tages ist es die hubris of man die eben diesen regiert, Bienen und Vögel und sowas haben einfach keine Lobby, da darf der Mensch ungestraft über diese richten.

Wir wissen auch alle, wo Bodenversiegelung hinführt. Aber hey, Naturschutz. Wir wissen es besser, wir sind Menschen, die doofen Bären haben eh keinen Plan.


Nope, es bestätigen sich mal wieder die Worte von son paar schlauen Menschen damals -- ich vergesse wer, Namen sind eh irrelevant; eher was festgestellt wurde ---- die schon damals erkannten, unbeschränktes Wachstum kann nur regelmäßige calamities bewältigt werden, seien es Kriege, Naturkatastrophen (also nicht nur warme Sommer, sondern "echte") oder weiß der Geier was; denn anderenfalls ersaufen wir irgendwann buchstäblich unter unserem eigenen Gewicht.

Und genau das ist auch jetzt der Fall. Mensch muß wieder lernen, daß er nicht das be-all, end-all ist. Wenn dann die Natur sagt, okay wir führen 50°C Jahresdurchschnittstemperatur ein und heben Wasserspiegel paar Meter an, damit der unsägliche Befall da oben endlich mal wieder unter Kontrolle gerät...

... Bin ich definitiv dafür.
 
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