Patente in der Gesellschaft des 21ten Jahrhunderts
Jörg Schilling
BerliOS, Fraunhofer-Fokus
Einige Gedanken über den Sinn von Softwarepatenten
Das Patentwesen wurde in der Zeit der industriellen Revolution geschaffen. Ziele
waren:
•Die Patentschriften sollten als Ideenbörse dienen um Parallelentwicklungen
zu vermeiden.
•Die Patente sollten die Erfinder vor der Übermacht der Fabrikanten
schützen.
Beide Ziele sind in der heutigen Zeit in der Realität der Nutzung von Patenten
nicht mehr zu sehen. Die Patente werden in der Überzahl von großen Konzernen
angemeldet und dienen hauptsächlich dem Zweck Konkurenten zu blockieren. Da
weiterhin den Angestellten großer Firmen häufig verboten wird in Patentschriften
anderer Konzerne zu lesen, wird das Ziel Patente als Ideenbörse zu verwenden
auch nicht mehr erreicht.
Schon vor hundert Jahren wurde offensichtlich, daß Patente nicht mehr ihren
ursprünglichen Sinn erfüllten. Als Anfangs des 20ten Jahrhunderts der deutsche
Kaiser von seiner Yacht ein Telegramm versenden wollte wurde dies Ansinnen
von der damals den Weltmarkt beherrschenden englischen Marconi Intruments
abgelehnt. Daraufhin fing der Kaiser an zu ergründen was die Ursache dafür war,
daß keine deutsche Firma im Bereich der Funknachtenübermittlung tätig war.
Es stellte sich heraus, daß AEG und Siemens sich gegenseitig mit Hilfe von Paten-
ten im Versuch auf diesem Gebiet tätig zu werden behinderten. Daraufhin sprach
der Kaiser mit den Firmenchefs und kam mit den Worten: “Und dann habe ich
Siemens und Rathenau mit den Köpfem zusammengestoßen bis sie sich einig
waren.” zurück. Die Gesellschaft für drahtlose Telegrafie Telefunken wird im
Jahre 1903 gegründet und verdrängt die Marconi Instruments innerhalb weniger
Jahre aus deren Vormachtstellung, denn sie darf alle für sie relevanten Patente der
AEG und von Siemens kostenlos nutzen.
Ist Patentrecht auf Software anwendbar?
Das neue Europäische Urheberrecht setzt Software mit Literatur und Musik
gleich. Das Uhrheberrecht nimmt dabei ausdrücklich einzelne Algorithmen von
der Schutzwürdigkeit aus. Als schützenswert gelten nur ganze Werke aber keine
einzelnen Algorithmen. Das Patentrecht hingegen schützt einzelne Details einer
Idee.
Wenn wir annehmen, daß Patente auf Software sinnvoll wären, dann müßten wir
auch Patente auf Details von Literatur und Musik zulassen. Das hätte vielleicht
dazu geführt, daß Agatha Christie ein Patent auf Giftmord halten würde und Sir
Arthur Conan Doyle ein Patent auf die Aufklärung von Giftmorden mit Hilfe der
modernen Chemie. Sir Arthur Conan Doyle könnte seine Morde zwar klären
lassen doch geschehen dürften sie nur in Romanen von Agatha Christie.
Wenn man sich die Konsequenzen dieser Schlußfolgerung vor Augen hält, wird
leicht klar daß Software nicht patentierbar sein kann. Was wir brauchen ist nicht
ein Patentrecht für Software sondern vielleicht eine Regelung wie in der Musik,
wo genau festgelegt ist wieviele Takte eines fremden Musikstücks man ohne
rechtliche Probleme zitieren darf.
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http://cdrecord.berlios.de/old/private/patente.html
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