Bei aller berechtigter Kritik an der Kriegspolitik der USA sollten wir immer eine pauschale Verurteilung vermeiden. Denn es gab und gibt viele mutige Gruppen und Einzelpersonen, die sich diesem Krieg vehement widersetzen. Und die schärfsten Kritiker kamen nicht selten aus den USA.
Stellvertretend für andere zitiere ich nun aus dem offenen Brief des amerikanischen katholischen Bischofs Robert Bowman an den Präsidenten George W. Bush:
"Herr Präsident, Sie haben nicht die Wahrheit über die Ursachen, weshalb wir Zielscheibe des Terrorismus sind, gesagt, als Sie die Bombardierungen in Afghanistan und im Sudan zu begründen versuchten. Sie erklärten: Wir sind Zielscheibe des Terrorismus, weil wir die Demokratie, die Freiheit und die Menschenrechte in der Welt verteidigen.
Dies ist absurd, Herr Präsident. Wir sind Zielscheibe der Terroristen, weil unsere Regierung weltweit Diktaturen, Sklaverei und Menschenausbeutung unterstützt. Wir sind Zielscheibe der Terroristen, weil wir gehasst werden; und wir werden gehasst, weil wir verabscheuende Dinge getan haben. In wievielen Ländern haben Agenten unserer Regierung der Führung durch das Volk angezettelt, um sie durch Militärdiktaturen zu ersetzen, Marionetten, die sehnsüchtig darauf warten, ihr eigenes Volk an amerikanische multinationale Gruppen zu verkaufen?
Wir haben dies im Iran getan, als Mossadegh die Ölindustrie verstaatlichen wollte und von uns durch den Shah Reza Pahlevi ersetzt wurde. Wir haben seine verhasste Nationalgarde, die SAVAK, aufgerüstet und ausgebildet. So wurde durch die SAVAK die Sklaverei wieder eingeführt, das iranische Volk gemartert, um die Finanzinteressen der Ölgesellschaften zu schützen. Ist es denn von daher so schwer zu begreifen, dass es im Iran Personen gibt, die uns hassen? Wir haben dies in Chile getan, wir haben dies in Vietnam gemacht, und nicht zuletzt haben wir es im Irak versucht. Wie oft ist es doch in Nicaragua und in anderen Republiken Lateinamerikas
geschehen? Unsere Regierung hat die Demokratie von Land zu Land ausgehöhlt, die Freiheit erstickt und die Menschenrechte mit Füßen getreten. Deshalb sind wir in der ganzen Welt gehasst und deshalb sind wir Zielscheibe der Terroristen.
In Kanada, Norwegen und Schweden leben die Menschen in Freiheit und die Menschenrechte werden geachtet. Haben Sie schon mal gehört, dass deren Botschaften bombardiert worden sind? Wir sind verhasst, weil unsere Regierung diese Werte den Völkern der Dritten Welt, deren Bodenschätze von den Multis voller Gier ausgebeutet werden, verweigert.
Dieser Hass, den wir gesät haben, kehrt auf uns zurück durch den Terrorismus und in naher Zukunft durch den nuklearen Terrorismus. Wenn die Wahrheit dieser Gefahr gesagt und erkannt worden ist, kommt die Lösung dieses Problems von selbst. Wir müssen unsere Praktiken ändern. Unsere Sicherheit wird sicherer, wenn wir uns von den nuklearen Waffen befreien - selbst einseitig, wenn es sein muss. Unsere Außenpolitik wird gestärkt, wenn wir sie drastisch ändern.
Anstatt unsere Jungen und Mädchen überall in die Welt zu schicken, Araber zu töten, um in Besetz der Ölfelder unter ihrem Boden zu kommen, müssten wir sie schicken, deren Infrastruktur aufzubauen, für nicht verseuchtes Trinkwasser zu sorgen und den Kindern Nahrung zu geben.
Statt täglich Tausende irakische Kinder durch unsere Wirtschaftssanktionen zu zu töten, müssten wir den Irakern helfen, ihre Elektrizitätswerke neu zu errichten, die Wasserversorgung durch die Wasserwerke zu ermöglichen, Spitäler funktionsfähig zu machen, einfach alles, was wir zerstört haben und durch durch die Wirtschaftssanktionen blockieren, in Gang zu setzen.
Kurz: Wir müssen gut sein statt böse. Wer würde uns dann entgegentreten? Wer würde uns dann bombardieren? Dies ist es, was das amerikanische Volk von Ihnen hören müsste."
Stellt Euch vor, diese berechtigte Kritik hätte nicht der überzeugte Christ und Patriot Robert Bowman geäußert, sondern ein Vertreter der deutschen Friedensbewegung! Er wäre mit Worten gesteinigt und diffamiert worden. Er wäre als Antiamerikaner gebranntmarkt worden.