Kündigungsfrist Arbeitsverhältnis

h00bi

Fleet Admiral
Registriert
Aug. 2006
Beiträge
21.277
Hallo zusammen,

nein keine Rechtsberatung.
Wir haben grade einen Fall, weswegen ich mich da eingelesen habe, der Fall wäre für hier aber sowieso zu komplex.

§ 622 BGB regelt die Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen
(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,
1. wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2. wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.

Was wäre denn nun, wenn Einzelvertraglich eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist vereinbart wurde, obwohl die genannten Bedingungen nicht zufreffen und das damit nicht zulässig ist?
Wird das dann automatisch ungültig und es gilt die gesetzliche Kündigungsfrist?
 
Ja, dann dürfte wieder die Frist nach Abs. 1 gelten. Was sollte denn auch sonst gelten?

Vorausgesetzt, es liegen keine Sonderfälle wie Probezeit oder eine Regelung im Tarifvertrag vor.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: _killy_ und h00bi
Ohne jetzt nachzulesen ob es weitere Paragraphen gibt, die Sonderfälle regeln, ist es bei ausschließlicher Betrachtung von 622 in der Tat so, dass, wenn die Voraussetzungen von Absatz 2 nicht erfüllt sind, die Ausnahmen auch nicht greifen und damit Absatz 1 gilt.
 
Ich würde sagen, wenn der Arbeitnehmer daraus einen Vorteil ziehen kann und früher aus dem Arbeitsvertrag herauskommt, warum den Arbeitgeber dann auf diesen Fehler hinweisen? Einfach mit der Frist kündigen und sich freuen, dass man früher beim nächsten Arbeitgeber starten kann.
 
Ich denke nur die Kündigungsfrist für eine Kündigung seitens des Arbeitgebers würde auf die gesetzliche zurückfallen. Die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer wurde ja so mit dem Arbeitgeber vereinbart und grundsätzlich gehen Fehler bei Verträgen auf die Kappe des Vertragserstellers.
 
Die ist im Absatz 6 geregelt, darf demnach nicht länger als die Frist des Arbeitgebers sein, kürzer wäre erlaubt.
 
Natürlich richtig. Ich bin einfach nur von kürzer ausgegangen. Für den Arbeitnehmer bessere Optionen darf man ja Einzelvertraglich immer festlegen.
 
h00bi schrieb:
(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.
Hinzu kommt natürlich, dass sich die gesetzliche KF in Abhängikeit der Länge des Arbeitsverhältnisses verlängert. Und richtig, kein Arbeitsvertrag kann den AN schlechter stellen als das Gesetz. Gilt auch für BV's und TV's.

Generell kann man IMMER nur raten einen Rechtsbeistand/Anwalt, der sich auf Arbeitsrecht spezialisiert hat, zu nehmen. Die Anzahl der Haken und Ösen ist gerade in diesem Bereich extrem hoch. Die Chance, dass der AG einen Formfehler begeht ebenfalls. Gerade was Fristen und u.U. ungerechtfertigte, unzulässige, formel falsche, oder fehlende Abmahnungen angeht. Ich war Jahrelang im BR, und es ist schon erstaunlich, wie oft es in dem Bereich anders läuft, als man so gedacht hat...
 
Blende Up schrieb:
Hinzu kommt natürlich, dass sich die gesetzliche KF in Abhängikeit der Länge des Arbeitsverhältnisses verlängert.
korrekt, aber nur für Kündigung durch den AG.
Sofern nicht anders geregelt, verlängert sich die KF für eine Kündigung durch den AN nicht in Abhängigkeit der Länge des Arbeitsverhältnisses.

hallo7 schrieb:
Für den Arbeitnehmer bessere Optionen darf man ja Einzelvertraglich immer festlegen.
Das gibt der § 622 BGB aber auch nicht her. Wenn, dann ist das auch nur die Auslegung.

Was mich aber wundert:
§ 622 BGB Abs. 4 sagt explizit:
(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.
Dass abweichende Regeln in einem Arbeitsvertrag vereinbart werden können steht hier garnicht.
Das scheint aber die gängige Rechtsauslegung zu sein. Aber auf welcher Grundlage, wenn §622 BGB das nicht her gibt?
 
Wieso? Einzelvertragliche Regelungen sind doch explizit erlaubt, das ist doch genau der Arbeitsvertrag (im Gegensatz zum Tarifvertrag). Es wird ja auch festgelegt in welchem Rahmen der Einzelvertrag von der gesetzlichen Norm abweichen darf.
 
Madcat69 schrieb:
Einzelvertragliche Regelungen sind doch explizit erlaubt
Genau das ist meiner Frage: Auf welcher Grundlage?
§622 BGB gibt die nach meinem laienhaften Rechtsverständnis nicht her. Hier werden zwar einige Ausnahmen definiert, diese jedoch nicht.
 
Für den Arbeitgeber wäre eh ncoh §187 BGB zu betrachten weil da die Betriebzugehörigkeit noch mit reinspielt.

Wieso? Einzelvertragliche Regelungen sind doch explizit erlaubt, das ist doch genau der Arbeitsvertrag

So ist es, hatte selbst mal eine Kündigungsfrist von 1 Tag (Probezeit gut das ist was anderes) und 2 Wochen, war alles einzelvertraglich im Arbeitsvertrag so geregelt.

Aktuell bin ich auch bei einem AG der die Kündigungsfrist für den AN nun auf 6 Monate geändert hat, (Tarifvertrag)

Genau das ist meiner Frage: Auf welcher Grundlage?

Beim Tarifvertrag wäre es die Tarifautonomie
 
Die Vertragsfreiheit sagt doch, dass man grundsätzlich erstmal abweichende Regelungen im Individualvertrag vereinbaren kann. Erst wenn zu bestimmten Sachverhalten keine individualvertraglichen Regelungen getroffen werden, dann gelten die gesetzlichen Regelungen.

Und dann gibt es natürlich nicht-dispositive gesetzliche Regelungen um (idR) die schwächere Personengruppe zu schützen (bspw. private Endverbraucher).
 
nur wenn der Gesetzgeber, bzw. die Tarifgesellschaft eine entsprechende Öffnungsklausel vorsieht...

Es geht darum, dass es sich hier nicht um gleich "starke" Vertragspartner handelt. Es besteht halt ein Abhängigkeisverhältnis, und daher wird der Schwächere hier vom Gesetz besonders geschützt.
Ergänzung ()

Pummeluff schrieb:
Arbeitnehmer der gesetzlichen Kündigungsfrist für den Arbeitgeber angepasst ist.
kann man so reinschreiben, kann man auch einfach unterschreiben, wird im Falle eines Falles halt für nichtig erklärt, und wenn keine salvatorische Klausel enthalten ist, hat der AG halt noch mehr Baustellen...
 
Zurück
Oben