In dieser Diskussion, so interessant die kontroversen Standpunkte auch sein mögen, werden leider - wieder einmal, wie schon seinerzeit bei der ersten Meldung - zwei Dinge (wohl unbewusst) vermengt, die argumentativ eigentlich streng auseinander sortiert gehören: Nämlich
einerseits die Frage der ästhetischen Bewertung, was letztlich auf eine reine Geschmacksfrage ankommt, ob mir nun ein Spiel mit derartigem "Inhalt" und "Sinn" zusagt, nicht zusagt oder ob ich es schlichtweg abstoßend finde. Eine
ganz andere Frage ist aber, wer und nach welchen Kriterien entscheiden darf, ob ein Spiel indiziert/verboten werden soll und somit eine Zensur ausgeübt wird!
Das, was mich an der momentan laufenden, spezifisch deutschen Diskussion so stört, beunruhigt und aufregt, ist, dass doch Folgendes passiert: Nur, weil Leute wie die Herren Beckstein in Bayern oder Schünemann in Niedersachsen, ihres Zeichens Innenminister und eigentlich dazu da, dem Volk - zu dem bekanntlich auch gamer gehören
- zu dienen und nicht, es zu kujonieren
, die ganze Materie der virtual reality im Allgemeinen geistig nicht durchdringen können und bestimmte Spiele im Besonderen für geschmacklos und verwerflich erachten, maßen sie sich an, diese ihre subjektive Auffassung zum "volonté général" zu deklarieren und es einer Gemeinschaft von 80 Millionen Menschen bei Androhung von Geld- oder sogar Gefängnisstrafe verbieten zu wollen, eine andere als ihre eigene, ganz persönliche Auffassung vom "Guten, Wahren, Schönen" praktizieren zu wollen! DAS ist aus meiner Sicht der
eigentliche Skandal und sollte uns doch ein wenig mehr beschäftigen als nun der mehr oder weniger müßige Streit, ob die Menschheit nun ein Produkt wie Manhunt 2 braucht oder nicht braucht...
Und zwar auch und vor allem deshalb, weil keiner dieser Politiker etwa jemals gegen nun
wirklich gewaltverherrlichende Filme wie z.B. die von Tarantino polemisiert hat, was beweist, dass es ihnen in Wahrheit überhaupt nicht um Gewaltprävention geht, sondern lediglich dumpfe, aus tiefem Unverständnis und Intoleranz resultierende Ressentiments gegen die Welt der PC-Spiele(r) ihr Tun und Handeln bestimmen!
Ich meine, die Jungs von Crytek werden nicht unbedingt ernsthaft an's auswandern denken nur wegen der Indizierung von Manhunt 2! Nein, man muss die Dinge schon in einem größeren gesellschaftspolitischen Kontext sehen und sich fragen, ob Leute wie Beckstein, Schünemann und Schäuble nicht mit ihrem Meinungsdiktat
eine ganz andere Republik anstreben als wir kleinen Zocker, Gamer und PC-Geeks uns in unserer Naivität vorzustellen vermögen
Leider ist aber ein großer Teil der Betroffenen (noch!) zu jung zum wählen und viele Erwachsene teilen zudem die Vorurteile gegen Gamer, wie sie ja auch sehr aggressiv von manchen kruden Journalisten wie z.B. bei Panorama u.a. kolportiert werden. Bei einer medien- und finanzträchtigen Großveranstaltung wie der GC halten die Herrschaften dann gerne wohlfeile Reden - indessen wäre es schön, wenn sich der Herr Ministerpräsident Milbradt nicht nur zum Messerundgang positiv über die deutsche Spielebranche äußert, sondern konsequent wäre und sich auch in seiner eigenen Partei für deren Belange und mehr Toleranz gegenüber den Gamern stark machen würde Aber wer's glaubt...
LG N.