Straputsky schrieb:
Also außer dass sie gegen eine Kulturflatrate ist, wird mir nicht so ganz klar, welcher Lösungsansatz ihr denn nun vorschwebt? Dass das Thema etliche Haken und Ösen hat, ist doch nicht neu. Aber wie sieht ihr konkreter Lösungsvorschlag aus? Kann das wer aus den Zeilen rauslesen?
Das Thema Urheberrecht ist ein typischer Fall, wo die FDP genau das zeigt, was sie den Piraten ständig bei jeder Gelegenheit vorwerfen, nämlich komplette Konzeptlosigkeit gepaart mit Realitätsverleugnung.
Die FDP will einerseits das alte Urheberrecht weitgehend unverändert behalten, also inklusive dem Recht der Urheber und Verwerter darauf, vollständig zu überwachen und zu kontrollieren, was jeder Mensch auf der Welt mit anderen Menschen privat austauscht, aber dabei wollen sie trotzdem irgendwie die Grundrechte wahren. Also "Wasch mich, aber mach mich nicht nass."
Da hat sogar die Union (und weitgehend auch die SPD) mehr Realitätssinn. Die werfen die Grundrechte konsequenterweise einfach über Bord, in dem Versuch das alte Urheberrecht mit aller Gewalt durchzusetzen.
Wirklich sinnvolle Ansätze zur Urheberrechtsreform kenne ich derzeit nur von den Grünen und den Piraten.
Beide wollen privaten, nicht-kommerziellen Austausch legalisieren, weil alles andere zwangsläufig auf einen Polizeistaat mit Totalüberwachung und Zensur oder zumindest auf ein sinnloses, nicht rechtsstaatlich durchsetzbares Verbot hinaus läuft.
Die Grünen wollen parallel dazu eine Kulturflatrate einführen, um aus dem privaten Austausch mutmaßlich entstehende Einkommensverluste für die Urheber und Verwerter zu kompensieren.
Die Piraten stellen in Frage, ob es diese Einkommensverluste überhaupt gibt und setzen auf die Fähigkeit der Urheber und Verwerter, weiterhin mit marktwirtschaftlichen Methoden genug Geld zu verdienen. (Was eigentlich vom liberalen/marktwirtschaftlichen Grundgedanken her auch die Position der FDP sein müsste, wenn sie nicht so anfällig für Lobbyarbeit diverser Industriesparten wäre.)
Die Position der Linken zum Urheberrecht kenne ich bisher noch nicht. Da muss ich mich wohl mal aufschlauen. Spontan habe ich nur ein paar eher allgemein gehaltene Aussagen gefunden, aber nichts zum eigentlichen Kernproblem: Legalisierung oder Kriminalisierung von privatem Austausch und falls Kriminalisierung, wie durchsetzen?
Auf jeden Fall gehen die Linken nicht unbedingt großartig an die Öffentlichkeit damit, was mich vermuten lässt, dass dieses Thema bisher keine Top-Priorität hat.
@ nanoworks
Und weil das Thema Urheberrechte so furchtbar unwichtig ist, schmeißen wir in dem Zusammenhang mal ganz nebenbei alle möglichen Grund- und Freiheitsrechte über Bord, ohne die keine Demokratie funktionieren kann. Wir führen Massenüberwachung und Zensur ein, verabschieden uns von elementaren Prinzipien des Rechtsstaats wie Unschuldsvermutung, Gewaltenteilung usw.
Ist ja völlig in Ordnung, solange wir uns nur schön weiter um die wichtigen Probleme wie die Euro-Krise und Klimawandel kümmern.
Das beste an dieser Strategie ist aber, dass man sich gar nicht mehr um tatsächliche Lösungen für diese Probleme bemühen muss, wenn die lästige Demokratie und Freiheit erst mal weg sind. Dann erzählt man den Bürgern einfach was sie hören sollen und unterdrückt jede Kritik. Schlucken müssen sie es ja so oder so.
Oder kurz gesagt: Freiheit und Demokratie sind nicht alles, aber ohne sie ist alles nichts!