bit.turret schrieb:
Wie sieht es denn derweil mit den Grafiktreibern seitens Nvidia/AMD mit Linux aus? Mein letztes produktives Linux war Ubuntu 12.04 kurz nach Release und im Rechner saß eine HD 6870. Die properietären Treiber waren der letzte Alptraum, sowohl von der Stabilität als auch seitens der Performance und die fglrx Treiber sind ja relativ untauglich für 3D Anwendungen.
Wer topaktuelle Grafikhardware mit guter Performance unter Linux nutzen will kommt an NVIDIA (noch) nicht vorbei. Der offizielle Treiber von NVIDIA macht von allen Grafiktreibern (vielleicht abgesehen von den Intel-Treibern, aber die lassen wir hier mal raus) am wenigsten Probleme, ist immer sehr schnell wenn es um die Unterstützung von neuen Kernel- oder X.org-Versionen geht und liefert eine zufriedenstellende Leistung sowohl im 2D- als auch im 3D-Bereich.
Der Nachteil einer NVIDIA-GPU unter Linux ist allerdings dass man die quelloffenen "inoffiziellen" Treiber so ziemlich vergessen kann, da diese ausschließlich per Reverse-Engineering entwickelt werden und NVIDIA hier nicht bei der Entwicklung mithilft. Auch Nutzer von NVIDIAs Optimus-Technologie haben verschiedene Probleme unter Linux, da bis heute noch kein offizieller Support dafür existiert. Es wurde allerdings schon im letzten Treiber-Release ein Anfang für die zukünftige Unterstützung von Optimus unter Linux hinzugefügt.
Was AMD betrifft ist die Situation inzwischen relativ interessant: Der offizielle proprietäre fglrx-Treiber ist zwar inzwischen nicht mehr so ein Grauen wie er noch vor Jahren war, allerdings hängt er dem NVIDIA-Treiber trotzdem deutlich in der 2D- und 3D-Leistung hinterher. Was auch für viele ein Problem ist: AMD braucht normalerweise immer SEHR lang, bis sie neue Kernel- bzw. X.org-Versionen unterstützen. Das trifft Ubuntu-Nutzer nun vielleicht weniger, allerdings ist es sehr nervig wenn man eine Distribution nutzt die auf topaktuelle Pakete setzt. Arch Linux beispielsweise hat den fglrx schon lang aus den offiziellen Quellen entfernt, da er ständig für eine Verzögerung der X.org-Updates sorgte.
Doch nun zum interessanten Teil: Anders als NVIDIA hilft AMD bei der Entwicklung der offenen Treiber mit, und mit dem bald veröffentlichten Kernel 3.11 (welcher momentan schon in der aktuellen Entwicklungsversion von Ubuntu geliefert wird) erhält dieser beispielsweise nun das schon lang erwartete verbesserte Dynamic Power Management, was ihn nun auch auf dieser Ebene konkurrenzfähig zum offiziellen Treiber macht. Gleichzeitig wird auch der Rest des Grafikstacks rund um die Radeon-Treiber verbessert und optimiert, was dazu führte dass die freien Treiber nun bereits in verschiedenen Spielen eine fast gleiche Leistung erreichen wie die offiziellen Treiber. Einziger (relativ großer) Haken an der Sache: Die Verbesserungen der 3D-Leistung betreffen nur AMD-GPUs der HD 4xxx bis 6xxx-Reihe, der Treiber für die "neuen" 7xxx GPUs (und damit auch jener der neuen Generation die dieses Jahr noch kommt) ist leider noch deutlich weniger performant. Aber das dürfte sich in nächster Zeit auch ändern.
TL;DR: NVIDIAs offizieller Treiber gut für so ziemlich alle GPUs unter Linux (außer für Systeme mit Optimus), NVIDIAs inoffizieller quelloffener Treiber eher schlecht. AMDs offizieller Treiber "geht so", hinkt aber im Vergleich dem NVIDIA-Treiber hinterher. AMDs quelloffener Treiber wird immer besser, bald voll konkurrenzfähig zum offiziellen Treiber, wenn auch nicht ganz so sehr für aktuelle 7xxx-Karten.
Oh, und noch etwas: Die Treiber, die bei Ubuntu 12.04 in den Quellen zur Verfügung stehen sind leider hoffnungslos veraltet. Es gibt zwar verschiedene Möglichkeiten, an die aktuellsten Treiber zu kommen, allerdings eben nicht auf offiziellem Wege (was auch der Grund ist, wieso ich auf meinem Desktop nicht mehr Ubuntu nutze, sondern nur noch auf meinem Laptop). Was Ubuntu betrifft würde ich daher für Leute, die damit auch spielen wollen, den aktuellsten Release empfehlen (und nicht die Long Term Support-Variante). Und wer abenteuerlustig ist kann sich auch gleich die aktuelle Entwicklungsversion installieren, die im Oktober erst als richtiger Release rauskommt.
... relativ langer Post, dabei hab ich noch gar nicht erwähnt was erst passiert wenn der aktuelle Displayserver X.org durch Ubuntu Mir bzw. Wayland ersetzt wird - aber das lasse ich jetzt bequemerweise einfach mal raus