Die Wahrscheinlichkeit eines Fehlgriffs ist bei dynamischen Mikros generell geringer, weil sie häufig für den Bühneneinsatz, Interviews oder Podcasting ausgelegt sind. Alles keine Szenarien, in denen man immer in extrem gut gedämpften Umgebungen arbeitet (Radio-Studios mal ausgenommen).
Bei Kondensatormikrofonen in klassischer Studio-Bauform geht man häufiger davon aus, dass der Raum entweder gut gedämpft ist oder etwas (gut kontrollierter) Raumhall zur Klanggestaltung durchaus gewünscht ist. Deswegen muss man hier genauer aufpassen, was man sich ins Haus holt.
Da der Look großer (Kondensator-)Gesangsmikrofone von Laien häufig mit Qualität verbunden wird, setzen gerade im Einsteiger- und insbesondere Gamingbereich viele Anbieter auf diese Bauform. Die technischen Anforderungen für eine gute Richtcharakteristik werden dabei jedoch häufig missachtet bzw. gar nicht erst wahrgenommen. Hinzu kommt oft ein sehr höhenlastiges (helles) Tuning, welches Transparenz und Auflösung vorgaukeln soll, praktisch aber vor allem den Hallbereich anhebt. Paradebeispiel: Rode NT USB mit rund 7 dB Höhenanhebung!
Und fertig ist das Stereotyp einer besonders geräuschempfindlichen Bauform.
Am Ende des Tages sind die Unterschiede oft deutlich geringer als man sie sich erhofft. Eine künstliche Höhenanhebung bekommt man mit dem EQ in Griff. Den Rest macht wie gesagt die Ausrichtung und - ganz wichtig - schlichtweg die Akustik im Raum.
Ich habe schon diverse dynamische Handmikrofone (z.B. XM8500 oder SM58) gegen Großmembrankondensator-"Gesangsmikrofone" (z.B. AT3035 oder NT1) verglichen. Membranen direkt nebeneinander, dann etwas Stimme aufgenommen und nachher die Klangfarbe (Frequenzgang) per Equalizer angeglichen. Die Unterschiede sind verglichen zu dem, was die Akustik des Raumes sowie der Abstand zw. Mund und Mikro ausmacht, fast schon vernachlässigbar.
Ja, der Kondensator neigt häufig zu mehr Höhen, die auch auf der Hinterseite stärker aufgezeichnet werden. Der Effekt ist imo aber nicht ansatzweise so dramatisch, als dass man diesem Thema tausende Blog-Einträge und YouTube-Videos widmen müsste. Im Endeffekt geht es viel mehr um die gewünschte Klangfarbe ohne Nachbearbeitung.
Das Blue Yeti ist ein gutes Beispiel für ein Kondensatormikro mit eher breiter, offener Niere, die nach hinten hin nicht sauber abschirmt. Meiner Beobachtung nach haben viele USB-Mikrofone diese Tendenz. In diesen Fällen kann sich der Wechsel auf ein gutes dynamisches Mikrofon in Sachen Geräuschunterdrückung durchaus bemerkbar machen.