MickTheSick schrieb:
Wer nicht kooperiert wird gefügig gemacht...
Ist das nicht ein Merkmal einer klassischen Diktatur?
Das Perfide daran ist, daß aus Sicht eines national patriotischen US-Bürgers die Welt noch in Ordnung ist. Es ist nicht schlicht bloß eine Minderheit die dieses, aus unserer Sicht, Unrecht begeht. Nein, dieses Vorgehen wird auch von der Bevölkerung getragen. Denn egal was der Öffentlichkeit publik gemacht wird, führt zwar auch zur Empörung in den USA, aber eben nicht bei einer Mehrheit der Bürger.
Wenn die Entrüstung in breiten Teilen der Bevölkerung groß genug wäre, dann hätte die US-Politik längst einen Rückzieher gemacht. Denn Politik in den USA ist extrem weichgespült. Da hast Du als Politiker absolut keine Chance wenn Du nicht fleißig Babys küsst, deinen Eid auf Gott und das Vaterland ablegst und stetig ein "God save America" auf den Lippen hast. Ein Atheist hat als Politiker so gut wie keine Chancen in ein bedeutendes Amt gewählt zu werden, dann schon eher ein schwarzer, oder vielleicht irgendwann mal eine Frau. Ein Politiker muß absolut alles tun, um sich gegenüber den Massen so darzustellen, wie sie ihn gerne hätten. Ich denke sehr viele US-Politiker würden sich wünschen so relativ frei in ihren Entscheidungen sein zu können, wie z.B. ein Putin.
Das Schlimme daran ist, daß die Politik in den USA nachweisbar das macht, was das Volk wünscht. Und für den Durchschnittsamerikaner ist die Welt zweigeteilt, in US-Bürger und Menschen 2er Klasse, die sich in Lebensanschauung, Politik, Religion, Kultur und politischer Korrektheit dem großen Vorbild unterzuordnen haben. Ich persönlich hatte dieses Aufwachen, dieses Amerika in plötzlich einem anderen Licht sehen, nach Filmen wie "Nicht ohne meine Tochter". Da wird einfach die islamische Kultur und Weltanschauung als untergeordnet dargestellt. Das rechtfertigt sogar eine illegale Kindesentführung aus einem fremden Land. Natürlich kommt in dem Film nur das Emotionale zum tragen, und die Realität wird sehr überspitzt dargestellt. Doch nüchtern betrachtet, egal wie man persönlich über so einen Sachverhalt denken mag, wird die Souveränität eines fremden Landes verletzt. Wenn also die Weltanschauung und die Moralempfindung eines fremden souveränen Staates, nicht dem der USA entspricht, rechtfertigt dies in einem fremden Land ein Verbrechen zu begehen.
Nichts anderes als "Nicht ohne meine Tochter" ist die Situation mit der Bespitzelung von Nicht-US-Bürger in ihrem eigenen Land. Würde Ecuador absolut das gleiche mit US-Bürgern machen, würde dies eine Invasion des Landes innerhalb 24h rechtfertigen, aus Sicht der US-Regierung. Aber z.B. deutsche Bürger, auf deutschem Boden auf illegaler Art und Weise zu bespitzeln, das geht schon in Ordnung.
Das was der Aufregung bedarf ist dabei nicht die Tat an sich. Nein, das haben sicher schon immer alle getan, egal ob Deutsche, Franzosen, Engländer, Russen, Japaner oder Chinesen. Und alle anderen würden das gerne auch tun, aber es fehlen ihnen die Mittel oder das notwendige Know-How. Nein die Tat an sich ist eher ein Fauxpas, eigentlich beinahe beschämend für so eine machtvolle Organisation. Nun auch andere sind bei der einen oder anderen Schweinerei aufgeflogen. Und was passiert dann? Nun man streitet ab, beschuldigt andere, tut auf Unschuldig oder Unwissend, und wenn es ganz dick kommt und man wie im Falle der NSA mit herunter gelassenen Hosen erwischt wird, was passiert dann? Dann rollen halt ein paar zweitrangige Sündenbock-Köpfe, man bekundet Bestürztheit und eine kaum glaubhafte Entschuldigung, taucht ab und hofft, daß das Ganze alsbald in Vergessenheit gerät.
Nun kommen wir aber zu dem Punkt, denn die NSA-Affäre so besonders macht. Hier gibt es plötzlich keine Sündenböcke, niemand tritt zurück, niemand entschuldigt sich, oder hält es überhaupt für notwendig und angemessen. Nein es wird sogar offiziell viel schlimmer, diese unangemessene Praxis wird sogar verteidigt und weitergeführt. Da gibt es tatsächlich ein nationales Gericht, daß konform den US-Gesetzen, die Begehung von Straftaten in fremden, wohlgemerkt befreundeten Partnerländer, anordnen kann.
Genau hier wird deutlich, wie rassistisch und menschenverachtend die US-Politik im Augenblick ist. Nun es gibt Diktaturen auf der ganzen Welt die viel schlimmer denken und handeln. Viel grausameres Unrecht, zum Teil juristisch abgesegnet, jeden Tag in ihren Ländern zulassen.
Doch Amerika ist Amerika. Das ist nicht nur ein Land, das ein Traum. Ein Traum den Viele auf der ganzen Welt Jahrzehnte lang träumten, ein Traum von dem Viele berührt, geleitet, inspiriert wurden. Wenn man diesen Traum zerstört, zerstört man nicht nur ein Land. Man begräbt zugleich die Hoffnung, Wünsche und Träume sehr vieler Menschen auf der ganzen Welt.
Denn wenn es nicht einmal in Amerika Freiheit, Recht und Menschenwürde gibt, wo soll man sonst danach suchen?