OECD Studie - Deutschland benötigt mehr Fachkräfte aus dem Ausland

10tacle

Admiral
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Die OECD rät der Bundesregierung den Arbeitsmarkt für ausländische Fachkräfte zügig zu öffnen, um Deutschland vor Arbeitskräftemangel zu bewahren.
Die Fachleute der OECD schließen sich mit ihrem Bericht den Appellen von Vertretern aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Opposition an. Diese warnen davor, dass der Arbeitskräftemangel den Aufschwung schon bald bremsen könnte.

Umfragen des Deutschen Industrie- und Handelskammertages zufolge hat bereits jeder dritte Betrieb des verarbeitenden Gewerbes Probleme, Stellen zu besetzen.

Einem Bericht des Bildungsministeriums zufolge könnten den Unternehmen hierzulande künftig jährlich mehr als 60.000 Ingenieure und andere Akademiker fehlen.
Während Wirtschaftsminister Glos und Bildungsministerin Schavan sich für eine Lockerung des Zuwanderungsrechts aussprachen ist die Mehrheit der Großen Koalition gegen eine Änderung. Das Zuwanderungsrecht schreibt vor, dass ausländische Arbeitnehmer 85.500 Euro im Jahr verdienen müssen, die Ministerin würde die Grenze gerne auf 40.000 bis 60.000 Euro senken.

Was sagt ihr dazu? Sollten wir mehr Fachkräfte in unser Land lassen und dafür das Zuwanderungsrecht ändern?

Ich bin der Meinung das es sich Frau Schavan und Herr Glos da zu einfach machen wollen. Der aktuelle Zustand ist schon seit 10 Jahren abzusehen aber statt das Schulsystem zu reformieren bzw. Weiterbildung zu erleichtern haben wir jetzt den Salat. Schuld daran sind meiner Meinung auch die Firmen selber die für mittlere Jobs schon viel zu hohe Anforderungen stellen und sich somit selber der geeigneten Personen berauben. (Das Thema hatten wir ja z.B. schon im "Was ist an unseren (Haupt-)Schulen los?" Thread).

Jetzt ist es natürlich erstmal zu spät und wir sind wohl auf ausländische Fachkräfte angewiesen, die Lockerung des Zuwanderungsrechts sollte meiner Meinung allerdings zwei Bedingungen erhalten, 1. das hier in Zukunft viel mehr getan wird für Aus- und Weiterbildung und 2. keine Fachkraft aus dem Ausland einem hiesigen Studenten den Job streitig macht.
Es kann nicht sein das wir hier die Bildung vernachlässigen und dafür gut Ausgebildete aus dem Ausland holen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Moin,

mir fällt dazu was anderes ein.
Kann es sein daß der wahre Grund die Gehaltsgrenze zu senken, der Unwille unserer florierenden Wirtschaft ist, den hochqualifizierten Ingenieuren und Akademikern angemessene Gehälter zu zahlen?

Eine fällige Konsequenz wäre dann, wenn für 40-60000€ ausländische Akademiker ins Land kommen, daß die Einheimischen unter einen Kostendruck geraten und in Zukunft für weniger Geld arbeiten müßten. Was wiederum zur Folge hätte daß noch weniger die entsprechenden Studienfächer belegen oder sich nach dem Studium im Ausland nach Arbeit umsehen.
 
Ich wundere mich sowieso weshalb D. keine Fachkräfte ins Land lässt, dafür aber massenhaft Flüchtlinge aufnimmt. Ich finde die Aufnahme von Flüchtlingen nicht verkehrt oder falsch, aber ich wundere mich über die Ablehnung von Einwanderern, die keine Flüchtlinge sind sondern ausgebildete Fachkräfte.

Australien und Kanada mit ihrem Punktesystem machen es richtig. Wer 120 Punkte erreicht (errechnet aus Alter, Ausbildung, Studium) kann sofort ortsungebunden im Land arbeiten, wer unter 120 Punkte liegt muss sich die restlichen Punkte verdienen durch ortsgebundene Arbeit oder ist nicht Fachkraft genug.
 
@Peiper
Den Verdacht habe ich auch. Fängt ja auch schon an, dass osteuropäische Billig-Fachärzte und die sich verschlechternden Arbeitsbedingungen unsere hier ausgebildeten verdrängen, letztere wandern stattdessen weiter nach Westen ab.
Deutschland benötigt mehr Fachkräfte. Das "aus dem Ausland" hat einen zweifelhaften Unterton.

10tacle schrieb:
Jetzt ist es natürlich erstmal zu spät und wir sind wohl auf ausländische Fachkräfte angewiesen, die Lockerung des Zuwanderungsrechts sollte meiner Meinung allerdings zwei Bedingungen erhalten, 1. das hier in Zukunft viel mehr getan wird für Aus- und Weiterbildung und 2. keine Fachkraft aus dem Ausland einem hiesigen Studenten den Job streitig macht.
Es kann nicht sein das wir hier die Bildung vernachlässigen und dafür gut Ausgebildete aus dem Ausland holen.
Das unterschreibe ich glatt. :) Doch wie ich unsere Politik und Wirtschaft so kenne, wird wohl der andere Teil auf der Strecke bleiben, reinlassen ist billiger als ausbilden.
 
reichlich makaber das Ganze. Wo ist das Deutschland des Werner v. Siemens, des Manfred von Ardenne, des Prof. Dr. Bruch ... ?
 
@10tacle

10tacle schrieb:
Ich bin der Meinung das es sich Frau Schavan und Herr Glos da zu einfach machen wollen. Der aktuelle Zustand ist schon seit 10 Jahren abzusehen aber statt das Schulsystem zu reformieren bzw. Weiterbildung zu erleichtern haben wir jetzt den Salat.

Sicher eine Misere. Allerdings ist dies bei dem aktuellen Fall nicht der treibende Aspekt. Es gibt in vielen Bereichen noch viele Absolventen (teilweise viel zu viele).
Wenn es allerdings "uncool" ist Maschinenbau zu studieren, dann haben die Studenten das Problem verursacht und nicht der Staat.

10tacle schrieb:
Schuld daran sind meiner Meinung auch die Firmen selber die für mittlere Jobs schon viel zu hohe Anforderungen stellen und sich somit selber der geeigneten Personen berauben.

Was kann denn bitte die Firma dafür, wenn sich das Anforderungsprofil eines zukünftigen Mitarbeiters nun einmal so ergibt?
Es ist nun mal so, dass gerade im Metall- und Elektrobereich die Anforderungen an einen Job sehr stark gestiegen sind.

@Peiper

Peiper schrieb:
Eine fällige Konsequenz wäre dann, wenn für 40-60000€ ausländische Akademiker ins Land kommen, daß die Einheimischen unter einen Kostendruck geraten und in Zukunft für weniger Geld arbeiten müßten.

Darf ich fragen ob du wirklich informiert bist über die üblichen Einstiegsgehälter bei Ingenieursberufen?
Ein Einsteigsgehalt von 40.000€/Jahr ist schon recht gut. Bei Großkonzernen schafft man es auch mal auf 43.000€/Jahr. Dann ist aber auch bald Schluss. Das sind immerhin ca. 3500€ Brutto im Monat. Macht über 2.000€ Netto. Für einen jungen Berufsanfänger wohl ein mehr als angemessenes Gehalt.
Deine Befürchtungen dahingehend konnte ich damit hoffentlich entkräften.


Nun zum eigentlichen Thema:

Natürlich müssen wir endlich mal etwas ändern um qualifizierte Fachkräfte ins Land zu lassen. Unserem Land gehen schon jetzt schätzungsweise 3 Milliarden Euro im Jahr an Wertschöpfung verloren, weil die benötigten Fachkräfte fehlen. Hier ist nun mal auch der Demographische Faktor ein gewichtiger Aspekt. Es gibt immer weniger Kinder und damit auch zwangsläufig weniger qualifizierte Berufsanfänger. Auch wenn viele sicher nichts von dem Aspekt "Demographischer Faktor" wissen wollen.

Die Befürchtungen, dass diese ausländischen Fachkräfte unseren eigenen Arbeitskräften den Job streitig machen könnten ist größtenteils unbegründet. Aus vielen Gründen sind den Unternehmen deutsche Hochschulabsolventen gerade im Bereich Metall und Elektro oft noch deutlich lieber als ausländische.

Das Gegenteil ist der Fall: Eine Ingenieurstelle die nicht besetzt werden kann zieht im Regelfall einen Rattenschwanz hinter sich her. Wenn in einem mittelständischen Unternehmen die Ingenieure fehlen, dann kann z.B. die Produktpalette nicht erweitert werden. Daraus resultiert eine geringere Auslastung des Unternehmens und der Abbau (bzw. die Verhinderung der Neuentstehung) von Arbeitsplätzen. Das zieht sich dann vom Facharbeiter bis hin zum Reinigungsdienst für die Werkshallen. Somit also auch durch alle Berufsfelder und alle "Qualifikationsschichten".

Kurzweilige Denke und Parteigeplänkel à la "Tja hätte man eben viel eher auf Bildung gestezt". verhindern jetzt nur dringend notwendige Schritte und schießen unser Land somit ein Stück weiter ins Abseits.
 
Der Daedalus schrieb:
@Peiper


Darf ich fragen ob du wirklich informiert bist über die üblichen Einstiegsgehälter bei Ingenieursberufen?
Ein Einsteigsgehalt von 40.000€/Jahr ist schon recht gut. Bei Großkonzernen schafft man es auch mal auf 43.000€/Jahr. Dann ist aber auch bald Schluss. Das sind immerhin ca. 3500€ Brutto im Monat. Macht über 2.000€ Netto. Für einen jungen Berufsanfänger wohl ein mehr als angemessenes Gehalt.
Deine Befürchtungen dahingehend konnte ich damit hoffentlich entkräften.

Ja, habe mich damals erkundigt als man wegen den Studiengebühren so gejammert hat.
Als ich die niedrigen Gehälter gesehen habe konnte ich das zumindest verstehen.
Nur um es mal fest zu halten, ich als Facharbeiter bekomme soviel wie ein Ingenieur mit BE!
Aber es gibt ja das schöne Prinzip von Angebot und Nachfrage. Wenn ich keine Ingenieure bekomme dann muß ich für die wenigen entsprechend mehr bezahlen oder höhere Einstiegsgehälter oder schnellere Gehaltssteigerungen einführen um Studenten in die entsprechende Studienfächer zu locken.
Aber nur rumzusitzen und nach einer Weile den Staat um Hilfe anzubetteln weil seit Jahren Ingenieursmangel herrscht ist ein meinen Augen ein Zeichen von Unfähigkeit.

Außerdem sind die Gehälter im Ausland etwas höher was immer mehr dort hin zieht.
 
na ehrlich, wer wird denn heut zu Tage noch Elektrotechnik oder gar Informatik studieren? Das große Geld wird woanders gemacht, sollte man schon bedenken ... !
 
Das Ausland will seine Fachkräfte gar nicht hergeben!
Die brauchen sie nämlich selber auch dringend.

Und "Fachkräfte" die das Ausland nicht braucht, brauchen wir auch nicht.

In Österreich kommt derzeit auf 3 freie Stellen EIN Schlosser...das Lohnniveau ist im steigen begriffen, Abwerbungen gang und gäbe.
Knebelverträge bei Facharbeitern ebenso...

Ich bekomme 36.000 Euro Brutto im Jahr, Metallfacharbeiter, 33 Jahre.
 
Zuletzt bearbeitet:
Naja, was bringt es einem etwas zu studieren das mal viel Gekd bringen würde wenn ich danach keinen Job bekomme weil es viele andere auch studiert haben und ein Überangebot herscht.

Wenn es allerdings "uncool" ist Maschinenbau zu studieren, dann haben die Studenten das Problem verursacht und nicht der Staat.
Ja da gebe ich dir natürlich recht. Sollte man vieleicht Studienplätze die in den kommenden Jahren überversorgt sind begrenzen? Wäre vieleicht eine Möglichkeit. Andererseits ist der Anreiz sich mehrere Jahre an die Uni bzw. TH zu bewegen um dann im Endeffekt auch nicht mehr zu verdienen als jemand in der Industrie der kein Studium hinter sich hat eher gering. Da muss auch auf Seiten der Arbeitgeber etwas passieren. Nur meckern das Fachkräfte fehlen hilft da nicht weiter.

Was kann denn bitte die Firma dafür, wenn sich das Anforderungsprofil eines zukünftigen Mitarbeiters nun einmal so ergibt?
Es ist nun mal so, dass gerade im Metall- und Elektrobereich die Anforderungen an einen Job sehr stark gestiegen sind.
Ist es wirklich notwendig das man für z.B. Kaufmann für Bürokommunikation Azubis sucht mit Abitur bzw. bevorzugt sogar Studienabbrecher!? Schau dir die Ausbildungsstellen an und was dort immer öfter verlangt wird.
 
Um das ganze jetzt mal in den richtigen Kontext zu bringen:

Ein Ingenieur verdient im Schnitt ca. 40.000€ im Jahr (Einstiegsgehalt). Dies sind wohlgemerkt Gehälter bei einer 35-40 Stunden Woche und im Regelfall ohne Schicht- und Nachtarbeitszuschläge (denn ein Ingenieur arbeitet meist nicht im Schichtdienst).

Und noch einmal: Das sind für einen Single als Berufseinsteiger 2.000€/Monat Netto!

Sag mir bitte den Job wo du als Facharbeiter ohne Schichtarbeit und/oder Überstunden dieses Einkommen als Einstiegsgehalt erzielst.

Ferner liegt die Arbeitslosenquote bei Ingenieuren in Deutschland bei quasi 0%. Das Risiko für einen Ingenieur arbeitslos zu werden ist somit erheblich geringer.

Zudem bieten sich für junge Ingenieure beste Aufstiegschancen. Wer als Ingenieur den Willen und das Können hat, der kann es durchaus ins mittlere bis obere Management schaffen. Oder aber in die Bereiche Forschung und Entwicklung wo die Gehälter schnell mal gegen 60.000€ oder mehr tendieren.

Peiper schrieb:
Außerdem sind die Gehälter im Ausland etwas höher was immer mehr dort hin zieht.

Darf ich bitte die Basis auf der diese Aussage fußt sehen? Würde mich als Ingenieur interessieren wo ich denn mehr verdienen kann... Mein Stand ist der, dass in Deutschland die Bezahlung für Ingenieure noch immer eine der besten ist. [1][2]

Und bei all den Gehältern ist natürlich nicht zu verachten, dass es in Deutschland folgende "Nebenleistungen" gibt:

- Krankenversicherung bei der der Arbeitgeber fast 50% bezahlt
- Rentenversicherung wo der Arbeitgeber fast 50% bezahlt
- Pflege- und Arbeitslosenversicherung (na 3 Mal darfst du Raten was der AG davon bezahlt)

Denn von dem was du im Ausland Netto auf die Hand bekommst darfst du dann manches Mal die Risiken selbst versichern (Beispiel USA).

[1] http://inhalt.monster.de/12463_de-DE_p1.asp
[2] http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/erfolggeld/artikel/200/91109/

/edit:

@10tacle:

10tacle schrieb:
Andererseits ist der Anreiz sich mehrere Jahre an die Uni bzw. TH zu bewegen um dann im Endeffekt auch nicht mehr zu verdienen als jemand in der Industrie der kein Studium hinter sich hat eher gering. Da muss auch auf Seiten der Arbeitgeber etwas passieren. Nur meckern das Fachkräfte fehlen hilft da nicht weiter.

Nochmal die Frage:

Woher habt ihr bitte die Flausen, dass ein Facharbeiter so viel verdient wie ein Ingenieur?
Wenn er im 4-Schicht-Betrieb arbeitet, dann vielleicht. Aber das bedeutet, Nachtarbeit sowie Samstags und Sonntags arbeiten. Ein völlig ungeregelter Tagesablauf.
Und wer nicht im Schichtbetrieb arbeitet, der verdient als Facharbeiter sicher einige 1.000€/Jahr weniger als ein FH Ingenieur (wohlgemerkt ist ein FH Ingenieur nach 4 Jahren Studium fertig, eine Facharbeiterausbildung dauert meist 3-3,5 Jahre)

Sind einige 1000€ sowie ein deutlich geringeres Risiko der Arbeitslosigkeit, gepaart mit den besseren Aufstiegschancen nicht finanzieller Anreiz genug?

Ist es wirklich notwendig das man für z.B. Kaufmann für Bürokommunikation Azubis sucht mit Abitur bzw. bevorzugt sogar Studienabbrecher!? Schau dir die Ausbildungsstellen an und was dort immer öfter verlangt wird.

Wenn es nun mal genug Abiturienten gibt ... Wir reden hier von einem Mangel an Fachkräften und nicht von einem Mangel an Auszubildenden. Und es bleibt dabei:
Wenn ein Anlagenbediener heute einfache CNC Programmierung beherrschen muss um die Anlage bedienen zu können, dann ist dem so.

Ich bekomme genug mit aus meinem Unternehmen. Der "Arbeitgeber" (hier in der Form der Ingenieure in der Arbeitsvorbereitung) ist ständig bemüht alles so einfach wie möglich zu halten. Teilweise werden sogar schon Montageanleitungen erstellt die ein Kind, welches Lego bauen kann verstehen wird. Dennoch brauchen wir eben auch Fachkräfte die eigenständig Zeichnungen lesen und Probleme finden und beheben können.

Deutschland kann nun mal nicht im Bereich der weniger qualifizierten Berufe mit dem Ausland konkurieren. Aus diesem Grund wird das Anforderungsprofil an deutsche Arbeitnehmer auch weiterhin ständig steigen. Allerdings ist das nichts wofür man hoch Talentiert sein muss.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sag mir bitte den Job wo du als Facharbeiter ohne Schichtarbeit und/oder Überstunden dieses Einkommen als Einstiegsgehalt erzielst.
Wenn man Schichtarbeit als was negatives sieht... Also ich finde das z.B. eher positiv von den Arbeitszeiten, aber jedem das seine. Mein Dad verdient z.B. schon eh und je um einiges mehr. Er arbeitet bei einem großen deutschen Autokonzern 36-40 Std/Woche je nach Auftragslage (Nachtzuschlag gibt es dort übrigens nicht mehr). Mein Dad war nie auf nem Gymnasium und hat ne einfache KFZ'ler Lehre hinter sich gebracht und nach der Lehre dort angefangen. Groß hochearbeitet hat er sich da auch nicht, er ist zwar stellvertretender Abteilungsleiter aber dafür bekommt er meines Wissens nicht mehr Kohle.

Ist das nur eine Ausnahme? Kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Sicherlich sind 2k € Netto ne Menge Geld, aber dafür muss man auch 4-5 Jahre auf die Uni und verzichtet in diesem Fall auf schätzungsweise 70k - 80k € (Netto) die jemand in dieser Zeit verdient der direkt nen Job dort findet, bzw. noch mehr da er sich ja theoretisch das Gymnasium spart und nach der 10. Klasse Realschule dort anfängt.
 
Du vergleichst wieder Äpfel mit Birnen ...
Dein Vater wird sicherlich eine Schichtzulage bekommen. Und ob ihm diese Arbeitszeiten persönlich nun gut gefallen oder nicht, dass steht auf einem anderen Blatt. Viele Menschen wollen eben lieber eine geregelte Arbeitszeit von 7 Uhr morgens bis 15 Uhr Nachmittags. Die Zahl der Menschen die Schicht- und Nachtarbeit als "gut" ansehen ist dich eher gering. Also muss über das Geld ein Anreiz geschaffen werden.

Ferner ist dein Vater den du jetzt hier als Vergleich heranziehen willst anscheinend ja langjähriger Mitarbeiter der Firma. Bei den meisten Jobs sieht es so aus, dass mit der Zahl der Arbeitsjahre auch fast automatisch der Lohn steigt. Bei mir ist das nach 3-5 Jahren der Fall. Da gibt es nochmal nen kleinen Batzen drauf.

Der dritte Punkt betrifft die Lebensumstände. Jetzt müsste man genau die Gehaltsstruktur des jeweiligen, zum Vergleich herangezogenen, Facharbeiters kennen.
Hier spielen ja z.B. Dinge wie Familienstand, Zahl der Kinder, ... eine entscheidende Rolle bei der Berechnung des Nettoeinkommens.
Zwei Beispiele:

Fall A: Ingenieur Hans: 28 Jahre, ledig, keine Kinder, Steuerklasse I, Niedersachsen, 13,8% Krankenkassenbeiträge:

3.500 € Brutto ---> 1.943,01 € Netto

Fall B: Ingenieur Hugo: 35 Jahre, verheiratet (Frau nicht erwerbstätig), 2 Kinder, Steuerklasse III, Niedersachsen, 13,8% Krankenkasse

3.500 € Brutto ---> 2.357,41 € Netto

Was sagt uns das:

Der verheiratete Facharbeiter mit 2 Kindern der im Monat 2000 € Netto nach Hause bringt, steht noch lange nicht so gut da wie ein Ingenieur mit Durchschnittseinkommen unter vergleichbaren Rahmenbedingungen.

Kurze Rechnung über 40 Jahre Berufsausübung:

Gehen wir von einem monatlichen Einkommensunterschied von 300€ zwischen Facharbeiter und Ingenieur aus:

300 € * 12 * 40 = 144.000 € die der Ingenieur in dem Fall über die 40 Jahre mehr verdient hat. Hinzu kommt die höhere Einzahlung in die Rentenkassen woraus eine höhere Altersrente resultiert.

Ferner bleiben die besseren Aufstiegschancen (die Durchschnittsgehälter bei Ingenieuren mit Berufserfahrung liegen bei weit über 3.500€ Brutto) und das deutlich geringere Risiko der Arbeitslosigkeit.

Fassen wir also zusammen:

1.) Im internationalen Vergleich steht Deutschland mit den Gehältern für Fachkräfte sehr gut da. <- Finanzieller Anreiz ist also vorhanden

2.) Ein Studium lohnt sich im Regelfall finanziell durchaus.

3.) Deutlich geringeres Risiko der Arbeitslosigkeit bei Akademikern und speziell Ingenieuren.

4.) Wertschöpfung die uns verloren geht, weil Fachkräfte fehlen geht zu Lasten von allen. Ein fehlender Ingenieur kann für ein Unternehmen bedeuten, dass etliche Arbeitsplätze für weniger Qualifizierte Arbeitnehmer gar nicht erst entstehen oder gestrichen werden.

5.) Die Einkommensgrenzen für Arbeitnehmer die Einwandern wollen sind dermaßen hoch, dass de Facto keine Einwanderung von Fachkräften statt finden kann.


Und jetzt bitte noch einmal die Frage:

Was spricht dagegen das Einwanderungsgesetz zu überarbeiten und die Gehaltsuntergrenze für Arbeitnehmer die einwandern wollen auf 40.000€ / Jahr zu senken?

Oder besser nicht:

Was spricht gegen eine Selektierung mit Hilfe von Punktesystemen (vgl. Beitrag von Fu Manchu)
 
Natürlich brauchen wir wie bereits erwähnt eine vernünftige Einwanderungspolitik und natürlich qualifizierte Arbeitskräfte. Aber ich finde diese ganze Debatte wird in Deutschland immernoch sehr tabubeladen geführt.
Gerade der Mittelstand schirmt sich stark gegen den ausländischen Wettbewerb ab.
Deutschland muss es den Hochqualifizierten Einwanderern mit Familien schmackhafter machen, denn ganz Europa ist auf der Suche nach Fachkräften.
 
Stimme mit Der Daedalus völlig überein. Ich studiere selbst Maschinenbau (FH) im 2. Semester. Wenn ich mich mit meinen Freunden übers Thema Geld unterhaltet, heißt es auch immer "das, was ich jetzt verdiene, wirst du nie aufholen".

Eine nüchterne Rechnung beweißt das Gegenteil. Außerdem bekommt man ja beim Studium auch Geld (Bafög, Eltern, Arbeiten usw.), das wird aber meistens vergessen;)

Ich habe so im Jahr ca. 9-10.000€. Das reicht natürlich nicht aus, also muss ich an mein Erspartes ran, aber ich kann einigermaßen gut leben.

Auch dauert das Bachelor-Studium nur 7 Semester, also 3,5 Jahre. Ich bin dann mit 21, 22 Jahren fertig. Wenn man noch ein Auslandssemester macht, nimmt dich jeder. Ich kann es nicht verstehen, warum nicht mehr Ingeniuerwissenschaften studieren. Zu schwer? Wer sich hinhockt, schafft es! Also was dann?

So gesehen ist dieser Mangel für mich durchaus positiv:D

Edit:

ich hab die Zahlen von Der Daedalus nachgerechnet und komme auf einen anderen Wert:
Fall A: Ingenieur Hans: 28 Jahre, ledig, keine Kinder, Steuerklasse I, Niedersachsen, 13,8% Krankenkassenbeiträge:

3.500 € Brutto ---> 1.943,01 € Netto

Also ich komme lt. Spiegel-Rechner auf 2.190,91 € Netto, bei gleichen Bedingungen sowie einen jährlichen Steuerfreibetrag von 7664 €.
 
Zuletzt bearbeitet:
Stimmt ... hab bei der letzten Rechnung irgendeinen Wert falsch eingegeben ... oder den Steuerfreibetrag vergessen?!

Naja hier die korrigierten Werte:

Fall A: 2.190,91 € Netto
Fall B: 2.532,95 € Netto

Also bleibt die Differenz im Grunde nahezu gleich. Denke es wurde deutlich was ich darstellen wollte im Bezug auf den Vergleich von Nettoeinkommen miteinander.

P.S.: Wenn ich die Beträge so betrachte bin ich froh ab diesem Monat Ingenieur zu sein :-D
 
Na Daedalus, da kann man ja gratulieren. So n Studium muss man ja auch erst mal schaffen.
Andererseits kann es doch wohl nicht nur Ingenieure oder andere Akademiker geben.
Was mich an der Diskussion ein bisschen stört ist der Drang nach Geld, ist das wirklich euer einziger Antrieb? Wo sind die Leute mit Visionen und Welt verbessernden Ideen geblieben ?

Übrigens Daedalus, wer geht eigentlich noch von 07-15 Uhr arbeiten?

OMaOle
 
Danke, danke!

Naja das Geld ist bei mir auf keinen Fall erster Antrieb gewesen ... Es ist einfach erst einmal der Job der mich richtig gereizt hat. Hier jetzt alles aufzuzählen würde zu weit gehen.

Aber es ging ja nun mal in dieser Diskussion ob Deutschland genug Anreiz bietet um Ingenieure aus dem Ausland anzulocken. Und da spielt nun mal das Einkommen eine gewichtige Rolle, denn der Ingenieur der für seinen Job aus seiner Heimat sieht natürlich auch das Einkommen als einen gewichtigen Grund bei der Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Land.

Ich wollte darlegen, dass der Versuch den Arbeitgebern den Ball zu zu schieben hier scheitert, denn die Arbeitgeber haben durch die Einkommen und die Arbeitsbedingungen in unserem Land die nötige Basis geschaffen um Fachkräfte aus dem Ausland anzulocken.

Es versagt bis hierhin einzig die Politik, der es nicht gelingt durch eine passende Gesetzgebung die Rahmenbedingungen zu schaffen um Akademiker aus dem Ausland anzulocken.

Ferner wurde behauptet, dass sich ein Studium finanziell nicht lohnen würde. Dies versuchte ich zu entkräften, daher die Fixierung auf die Einkommen.

Ich selbst habe natürlich weitaus mehr Gründe gehabt mich für diesen Weg zu entscheiden...

OMaOle schrieb:
Andererseits kann es doch wohl nicht nur Ingenieure oder andere Akademiker geben.

Natürlich nicht. Aber hier geht es ja genau um die Problematik, dass wir zu wenige Ingenieure in Deutschland haben.
Wie ich schon darlegte ist dieser Mangel für unsere wirtschaftliche Entwicklung durchaus relevant, denn er wird im schlimmsten Fall dafür sorgen, dass uns ca. 6% der Wertschöpfung in diesen Wirtschaftsbereichen verloren gehen. Dies hat zur Folge, dass auch Jobs für die Nichtakademiker verloren gehen.

Schlicht und ergreifend: Wir werden in jedem Fall verlieren wenn wir nichts tun.

Es geht also einzig und allein um die eine Frage:

"Was spricht dagegen die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Einwanderung von Fachkräften zu lockern und "freundlicher" zu gestalten?"

Ich habe bisher kein schlagkräftiges Argument dagegen gehört ...

OMaOle schrieb:
Übrigens Daedalus, wer geht eigentlich noch von 07-15 Uhr arbeiten?

Wenn ich mich an meine Regelarbeitszeit halte: Ich!
Dann sogar von 07:15 - 15:00 (7 Stunden + 45 min Pausen). Die Überstunden werden Minutengenau verrechnet und können Abgefeiert oder in Form eines Lebensarbeitszeitkontos als "Rentenvorsorge" angelegt werden.

Deswegen sage ich ja immer:

Bitte flucht nicht immer auf die bösen Großkonzerne und den bösen bösen Kapitalismus!
Mir ist völlig klar, dass es nicht jedem so gut geht wie mir. Aber zieht man den Schnitt, dann hat uns dieser böse böse Kapitalismus verdammt viele Annehmlichkeiten beschert.

Du wirst es vielleicht selbst auch beurteilen können indem du einfach mal schaust wie viele technische Neuerungen dir das Leben als Feuerwehrmann einfacher und sicherer machen ...
 
Ich möchte noch ein Beispiel einbringen, das zeigt wie die Industrie Schuld hat, warum so ein Mangel an Fachkräften herrscht.

Einige meiner Studentenkollegen sind ehemalige BMW'ler. D.h. sie haben bei BMW eine Ausbildung sowie das Fachabi gemacht. So weit so gut. Doch nach der Ausbildung bzw. dem Abi wurden sie nicht übernommen (Da heißt es "wir haben keinen Bedarf an Arbeitskräften"). Aber dann in München massenweise Ingenieure einstellen. Dies zeigt deutlich wie wenig die Industrie sich bemüht Fachkräfte auszubilden.
Das soll jetzt keine Stimmungsmache gegen BMW sein, sollte nur als Beispiel dienen. BMW ist ein normal ein Superarbeitgeber

Firmen müssen nichts fürs Studium zahlen, du musst dir alles selber bezahlen. Was auch für mich der einzige Grund ist, warum die Firmen so scharf darauf sind ausländische Kräfte ins Land zu lassen. Sie müssen nicht ausgebildet werden, spart also Geld.

Anstatt Ausländer reinzuholen soll mann lieber auf einheimische Kräfte setzen und diese aus- bzw. weitergebildet werden.

Klar, werden Stipendien vergeben, aber nur für die Elite. Diese müssen ausgeweitet werden, so sollen zb. den guten Azubis eine Weiterbildung zum Techniker oder Ingenieur nahe gelegt werden, die von der Firma bezahlt wird. Aber für warum für Ausbildung bezahlen, wenns anders auch geht oder?
 
Zuletzt bearbeitet:
Mein Gott was erwartest du?

Es liegt nicht einzig an den Firmen die nötigen Ausbildungsschritte für eine berufliche Qualifikation zu übernehmen. Wenn du was werden willst, musst du nun einmal investieren! Und wenn du wirklich studieren willst, dann wirst du einen Weg finden dir dieses Studium zu finanzieren.

Und doch du betreibst hier Stimmungsmache fern der Realität, wenn du folgendes behauptest:

Klar, werden Stipendien vergeben, aber nur für die Elite. Diese müssen ausgeweitet werden, so sollen zb. den guten Azubis eine Weiterbildung zum Techniker oder Ingenieur nahe gelegt werden, die von der Firma bezahlt wird. Aber für warum für Ausbildung bezahlen, wenns anders auch geht oder?

Ich habe selbst den Weg des Dualen Studiums beschritten. Mir hat mein Arbeitgeber das komplette Studium finanziert und während dessen sogar noch ein Gehalt gezahlt (normales Ausbildungsgehalt). Ich studierte an einer Fachhochschule wo aus meinem Semester ca. 50% meiner Fachrichtung diesen Weg gegangen sind. Das waren ca. 40 Studenten. Darunter waren Firmen die insgesamt gerade einmal 20 Angestellte haben.

In Deutschland gibt es immer mehr Berufsakademien die sich einzig und allein durch diese Art der Ausbildung finanzieren.

Mein Arbeitgeber hat gerade eine eigene Akademie aufgebaut an der in Zukunft eigene Akademiker ausgebildet werden...

All das sind Dinge die es vor 10 Jahren bestenfalls in den Anfängen gab. Vor 20 Jahren gab es sowas quasi gar nicht!

Ich bitte dich, zeichne nicht das Bild, dass Unternehmen nichts für die Ausbildung eigener Fachkräfte tun würden. Denn sie tuen weitaus mehr als noch vor 10 oder 20 Jahren und die Tendenz geht immer weiter nach oben.

Und wenn BMW aus welchen Gründen auch immer keine Verwendung mehr für deine Studienkollegen hatte, dann sucht man sich halt selber seinen Weg. Diese Jungs machen jetzt ihr Studium und wenn sie was auf dem Kasten haben, dann schaffen sie dieses auch. Danach steht ihnen als Ingenieur in Deutschland die Welt offen und sie werden sich vermutlich nicht lange um eine Arbeitsstelle kümmern müssen. Und siehe da ... das Studium hat sich bewährt ...

Was ist das für eine Erwartungshaltung in der man davon ausgeht, dass der Arbeitgeber alles für einen Tut?
 
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