Überlegungen zur Elektromigration/Stromdichte und CPU Alterung

Je nach dem, was eine CPU in einem Takt machen soll, sind mal mehr oder mal weniger Transistoren beteiligt bzw. Schaltvorgänge nötig. Vorallem wenn die CPU nichts konkretes in einem Takt machen soll (aka im idle ist) sind kaum Transistoren/Schaltvorgänge nötig. Und wenig Schaltvorgänge bedeutet ein kleinen Strom. So kann eine CPU im idle weniger brauchen trotz höherer Spannung als wenn sie mit weniger Spannung unter volllast rechnet.

Bei gleicher Last (also der gleichen Abfolge von Befehlen bzw. dem gleichen Verhältnis von idle zu "echten" Schritten) braucht eine CPU mit mehr Spannung immer eine höhere Leistung.
 
Bei niedriger Rechenleistung werden die Transistoren seltener Umgeladen. Es wird über mehrere Takte keine Ladung getauscht, sprich es fließt kein Strom. Somit ist auch die Belastung auf die Leiter geringer, als wenn in der gleichen Zeit fünf mal so oft geschaltet wird. Ganz linear hängt dies aber auch nicht zusammen (5 mal weniger Umladungen=/=5 mal weniger Leistung/Belastung).

Edit:
Auch wenn ohmsche Widerstände existieren überwiegen doch die Eigenschaften der Halbleiter. P(t)=U(t)*I(t) stimmt, daraus einen Widerstand zu berechen wird aber zu fehlern führen, da das Verhältnis zwischen U und I komplett variabel sind.
 
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Mickey Mouse schrieb:
der größte Teil des Stroms kommt ja durch Umladen von Kapazitäten (meist "parasitäre", also das sollen gar keine Kondensatoren sein, sondern so ein Transistor "hat" zwischen Basis und Emitter eben auch einen parasitären Kondensator) zustande.
Korrigiere, bei Mosfets reden wir von Gate, Drain und Source. Die haben gegenüber normalen bipolaren auch eine nennenswerte Kapazität auf dem Gate.

@ZeroZerp
Ein Schaltimpuls ist langsam, insbesondere wenn wir von hochfrequenten Schaltungen sprechen. Hier ist schon die Kapazität einer Leitung ein Problem. Denn wo Kapazität auf Widerstand trifft, haben wir Ladekurven.
Stell dir vor du legst einen Schalter um und erwartest dass deshalb eine Lampe leuchtet. In der Leitung haben wir aber eine Parasitäre Kapazität, sie kann also Leistung speichern. Hier kommt die Regel "Kondensator - Strom eilt vor" zum tragen. Es muss erst eine Menge Strom in die Leitung fließen bis sich die Spannung vor der Lampe aufbauen kann. So viel, bis die Kapazität gesättigt ist. Erst dann leuchtet die Lampe hell.
Wie das menschliche Auge eine Zeit braucht um sicher zu erkennen ob eine Lampe die langsam heller wird tatsächlich brennt, haben auch nachfolgende Schaltungen eine Schwellspannung, bei der sie erst eine logische 1 erkennen können.

Wie können wir nun erreichen dass die Lampe schneller leuchtet? Nun, wir könnten die Leitung verkürzen um die Kapazität zu verringern. Aber das ist in ICs keine Option, hier wird designtechnisch alles getan um die Wege so kurz wie möglich zu halten.
Also bleibt noch die Spannung. Wenn wir die Spannung vor dem Schalter erhöhen, fließt mehr Strom beim einschalten in die Leitung, die Spannung baut sich schneller auf, die Lampe leuchtet schneller.
Erhöhen wir die Spannung, vergeht weniger Zeit vom Impuls zur Schwellspannung der logischen 1,

Genau so mach man es beim Übertakten der CPU. Man erhöht den Takt, bis intern irgendwo die Schwellspannung für den Taktzyklus zu gering ist, der IC funktioniert nicht mehr. Dann muss man die Spannung erhöhen, um die Ladezeit so zu verkürzen, dass das System wieder stabil rechnet.

Das führt aber letztendlich zu einem höheren Stromverbrauch, denn hier kann man die CPU tatsächlich auf einen simplen Widerstand vereinfachen. Je höher die Spannung und Schaltvorgänge / S, desto höher ist der Verbrauch.
Und desto höher ist auch die Elektronenmigration.

*An alle Physiker: Bitte tötet mich jetzt nicht, das ist stark vereinfacht.
 
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Ohne Analysen, die darlegen an welchem Ort CPUs durch Elektromigration üblicherweise Schaden erleiden, führt diese Diskussion nirgendwo hin. Davon abgesehen, dass man eine CPU auf diese Weise in nützlicher Frist kaum tot bekommt.
 
ZeroZerp schrieb:
Hier wird bis jetzt immer automatisch das Szenario viele Volt=Hohe Hertzzahlen+Belastung gleichgesetzt...

Ich rede aber gerade von Auswirkungen einer hohen Voltzahl auf den Teillast/Niedriglastbereich...
Jesterfox hat ja bereits die Möglichkeiten der Leistungsreduktion aufgeführt: Geringere Spannung, Geringere Taktraten, Teilabschaltung.
Wenn man im Idle die Spannung künstlich hoch fixiert, dann bleiben da immer noch die beiden anderen Parameter.
Eine erhöhte Spannung hat dann zwangsläufig wegen I=U/R eine höhere Stromstärke und nochmals überproportional höhere Leistungsaufnahme zur Folge. Elektronisch gebraucht wird sie in dem Fall nicht.
Das ist dann einfach mit einem Fahrzeugmotor vergleichbar, der im Notfall "fett" läuft, also mehr Kraftstoff einspritzt, als eigentlich notwendig wäre.
 
ghecko schrieb:
Korrigiere, bei Mosfets reden wir von Gate, Drain und Source. Die haben gegenüber normalen bipolaren auch eine nennenswerte Kapazität auf dem Gate.

Auch Dioden und Transistoren haben eine Kapazität. Verglichen mit der Kapazität von MOSFETs natürlich nicht existent, aber durch die hohe Anzahl kombiniert mit extrem hohen Schaltfrequenzen summieren sich die Ladezyklen zu relevanten Beträgen.

Edit:
I=U/R gilt nicht (nur in einem kleinen Teil des Systems), weil es sich um Halbeiter handelt und durch die hohen Schaltfrequenzen noch weitere Effekte entstehen.
 
ich habe damals einen Pentium-M (Dothan) per Adapter in einem normalen Asus Motherboard als Gaming CPU betrieben. Das Teil hat wirklich alles aufgemischt was es damals so gab, selbst sündhaft teure Pentium4 hatten dagegen keine Chance.
dafür habe ich den armen Dothan auf 3,5GHz geprügelt, da waren dann aber auch schon gut 1,8V nötig. Das ging eine Weile gut und dann kamen die Abstürze, die sich nur reduzieren ließen indem man den Takt runtergesetzt (never ;) ) oder die Spannung erhöht hat...
naja, irgendwann war das Spiel dann aus, zum Glück gab es dann auch schon die Core CPUs.
und ja, ich habe die zu sensationellen Preisen im Mitarbeiter Shop gekauft, der Verlust war also zu verschmerzen ;)
auf jeden Fall bekommt man eine CPU relativ schnell kaputt, wenn man es drauf anlegt...
 
Harvesthor schrieb:
Auch Dioden und Transistoren haben eine Kapazität. Verglichen mit der Kapazität von MOSFETs natürlich nicht existent, aber durch die hohe Anzahl kombiniert mit extrem hohen Schaltfrequenzen summieren sich die Ladezyklen zu relevanten Beträgen.
Das ist richtig, aber ich habe explizit auf Mosfets hingewiesen, weil daraus nunmal moderne CPUs bestehen.
Transistoren ist der Sammelbegriff, wird aber heute hauptsächlich für Bipolare verwendet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistor#FinFET
 
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Harvesthor schrieb:
Edit:
I=U/R gilt nicht (nur in einem kleinen Teil des Systems), weil es sich um Halbeiter handelt und durch die hohen Schaltfrequenzen noch weitere Effekte entstehen.
In welchem Ausmaße? Entsehen Abweichungen von ein paar Prozent, was zur Verdeutlichung von Beispielen irrelevant wäre oder gleich eine andere Größenordnung?
 
Komme mir beim Lesen grad total minderbemittelt vor ... aber redet weiter, ist echt spannend
 
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Mickey Mouse schrieb:
...
dafür habe ich den armen Dothan auf 3,5GHz geprügelt, da waren dann aber auch schon gut 1,8V nötig.
...
auf jeden Fall bekommt man eine CPU relativ schnell kaputt, wenn man es drauf anlegt...

Das ist ja aber auch eine unchristliche Spannung... Wenn man bedenkt, dass der unter 1V spezifiziert war...

Grüße
Zero
Ergänzung ()

Harvesthor schrieb:
I=U/R gilt nicht (nur in einem kleinen Teil des Systems), weil es sich um Halbeiter handelt und durch die hohen Schaltfrequenzen noch weitere Effekte entstehen.

Zudem müsste es i=G*U heissen, da ja der Leitwert ausschlaggebend ist.
 
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ZeroZerp schrieb:
Einmal muss das System also bei default 1,1Volt die Schaltenergie erreichen und einmal bei 1.3Volt.
Das ist der Grund weshalb man nicht beliebig mit der Spannung runtergehen kann... irgendwann wird die notwendige Schaltenergie nicht mehr erreicht. Da gibt es keinen Regelmechanismus der das ausgleicht. Und wenn du die verschiedenen Powerstates des Mainboards überschreibst und der CPU auch im Idle die 1,3V gibst wirst du merken dass der Verbrauch auch ansteigt (wobei die restlichen Stromsparmechanismen wie Taktabsenkung usw. trotzdem noch greifen)
 
Kinkerlitzchen* schrieb:
In welchem Ausmaße? Entsehen Abweichungen von ein paar Prozent, was zur Verdeutlichung von Beispielen irrelevant wäre oder gleich eine andere Größenordnung?

Es geht nicht um die Abweichung, sondern vielmehr, dass das Prinzip ein anderes ist. I=U/R setzt ja voraus, dass sich der Strom linear zur Spannung verhält, was aber bei Halbleitern nicht gilt. Definiert man für jeden Zustand ein R, indem man Spannung und Strom misst, dann geht die Gleichung mathematisch auf, aber ein ohmscher Widerstand ist das nicht. Hinzu kommen noch weitere Effekte, wie Leckströme die durch höhere Spannungen überproportional Strom generieren können. Dann noch die hohen Schaltfrequenzen und die Umverteilung von Ladungen mit verschiedenen Spannungen und Kapazitäten, die sich mit jeder Änderung der Versorgungsspannung anders verhalten können. Lokale Temperatur hat auch noch einen Einfluss.

Eine Vorhersage des Stroms bei Spannung X aus einem bekannten Strom aus Spannung Y kann durch Zufall mit dem ohmschen Gesetz übereinstimmen kann aber auch um Größenordnungen daneben liegen.
 
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Ich glaube ich habs langsam gerafft.Habe nochmal gelesen, gelesen und noch mehr gelesen.
Die Umladung findet, wie bereits festgestellt pro Taktzyklus statt.

Ist die CPU nicht belastet, werden von weniger Recheneinheiten eine Umschaltungen "beantragt".
Pro Umschaltung benötige ich eine gewisse Menge an Ladungseinheiten, deren Gesamtkontingent dann bestimmt, ob ein Stromdurchfluss ereicht wird oder nicht.

Ist zu wenig Zeit, diese Ladungseinheiten aufzubauen (hohe Taktung), ist nicht mehr sichergestellt dass Pro Sekunde genügend Ladungseinheiten passieren können, um dem emtsprechenden Schwellwert für eine Schaltung zu überschreieten.

Da die Stromstärke ein Produkt der festen Größe einer Elementarladung und deren Durchflussdichte auf dem Leiter ist, wird das erreichen der entsprechenden Schaltstrommenge maßgeblich von der Spannung beeinflusst.

Insofern hat Helionauts Analyse, dass der Ort an dem CPUs überwiegend Schäden durch Elektromigration ausschlaggebend ist hohes Gewicht. Ganz nach dem "schwächste Glied"- Prinzip.

Das alles ist natürlich auch Theoretisch, da wenn man tiefer gräbt, man sehr schnell feststellt, dass da, wie hier auch schon bereits gesagt in der Halbleitertechnik andere "Regeln" und "Effekte" zum Tragen kommen.

Letztendlich hab ich jetzt einen tieferen Einblick in die Materie erhalten, jedoch ist meine Frage nachwievor für mich nicht befriedigend beantwortet, ob bei wenig stattfindenden Umladungen (Teillast des Prozessors) bei höherer Spannung die Elektromigration eher zu Tage tritt und wie starkt dieser Effekt ist.

Die kann denke ich auch nur von einem Intel- Chipdesigner beantwortet werden, da dieser Effekt abhängig von Position des Leiters, Beschaffenheit benachbarter Strukturen und vor allem dessen Leitermaterial und Materialraummaß ist.

Bleibt die Frage, was schädlicher für eine CPU (Overclocking) ist. Eine hohe, dafür aber gleichmäßige Spannung oder aber ein ständiges auf- und ab mit deutlichen Spannungsspitzen (overshoot).
 
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Aus physischer Sicht ist es eine Funktion aus Spannung und Zeit. Also je länger eine hohe Spannung anliegt, desto schädlicher. Wobei die "Abnutzung" der CPU mit der Spannung exponentiell steigt.
Wenn du von "Overshoot" sprichst, meinst du da den Turbomodus? Wie kommst du darauf?
Eigentlich erhöht die CPU die Spannung nur bis zu einem Niveau, der den Betrieb des Cores mit der erhöhten Frequenz erlaubt. Einen kritischen Overshoot gibt es bei dieser Regelung nicht.
 
ZeroZerp schrieb:
Bleibt die Frage, was schädlicher für eine CPU (Overclocking) ist. Eine hohe, dafür aber gleichmäßige Spannung oder aber ein ständiges auf- und ab mit deutlichen Spannungsspitzen (overshoot).

Du darfst nicht vergessen dass es keine konstante Spannung gibt unabhängig davon was du im BIOS einstellst.
Stichwort vdrop, vdroop und llc
 
Ich würde sagen, OB Elektromigration entsteht ist unabhängig von der Auslastung. Diese entscheidet nur wie OFT. Was ich mir aber vorstellen kann, ist das durch automatisches runtertakten die Stromspitzen abgeschwächt werden, da nicht so abrupt geschaltet wird, sprich wenig Auslastung (sofern runter getaktet wird) bei gleicher Spannung kann Elektromigration vermeiden, wobei ich hier den Spannungsbereich zwischen niedriger Takt=nix und hoher Takt=doch als sehr klein vermute. Bei gleichem Takt und gleicher Spannung ist die Auslasstung glaube ich egal, ob Elektromigration entsteht.

Das relevante Spannungsspitzen durch hin und her schalten der Spannung entstehen kann ich mir nicht vorstellen. Die Glättung am Ende der VRM sollte ausreichend funktionieren, um keinen Unterschied zwischen konstanter oder variabler Spannung zu zeigen.
 
Es gibt Spannungsspitzen bei Lastwechsel, die auch mit einem Oszilloskop gemessen werden können und auch gemessen wurden.
Um die CPU vor diesen Spannungsspitzen zu schützen gibt es die Load Line Calibration (LLC) im Bios.
 
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