Umschulung zum Anwendungsentwickler / Weiterbildung

JerryCurwen

Lt. Junior Grade
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Hallo zusammen,

vor knapp 12 Jahren (2009) habe ich eine Ausbildung zum Mediengestalter im Bereich „Digital-/Printmedien“ angefangen und 2012 erfolgreich abgeschlossen. Eigentlich wollte ich immer im „Webdesign-Bereich“ tätig sein, was aber leider nicht geklappt hat. Der Beruf „Webdesigner“ war damals, wie heute, sehr in Mode und die Ausbildungsplätze zur der Zeit sehr gefragt. Eine reine Ausbildung als Webdesigner gab es auch noch garnicht. Für Mediengestalter im Printbereich und „Webdesigner“ war der Ausbildungszweig gemeinsam „Mediengestalter digital-/Printmedien“. Nur die IHK Prüfung war im fachlichen Teil eine andere. Ich weiß garnicht wie das aktuell ist?

Durch Vitamin-B habe ich eine Ausbildung eben als „Mediengestalter“ bekommen, welche aber auf dem Schwerpunkt „Printmedien“ lag. Die Arbeit hat mich bis heute nie richtig erfüllt und immer mehr gestresst. Das Interesse an der Gestaltung von Printmedien ist bei mir einfach nie da gewesen. Aber wie heisst es so schön: „Hauptsache du hast eine Ausbildung“…

Seit meiner Jugend habe ich mich immer für das Thema „Webdesign“ interessiert und auch schon zahlreiche Projekte erfolgreich umgesetzt. Seit Beendigung meiner Ausbildung bis heute war ich neben meinem Hauptjob selbstständig als Freelancer im Medienbereich tätig. Ich habe einige Kunden erfolgreich bis heute betreut. Meine Kenntnisse im Webbereich habe ich mir alle selbst angeeignet. Da mich die Arbeit als „Gestalter“ bzw. reiner „Webdesigner“ aber mittlerweile einfach innerlich zu sehr stresst, meine Kreativität für gestalterische Arbeiten immer mehr verschwindet, muss ich mich beruflich umorientieren. Letztes Jahr habe ich somit auch meine Anstellung als Designer für Webseiten / Websysteme aufgegeben, da es einfach nicht mehr ging. Es hatte zusätzlich aber auch interne Gründe.

Nach wie vor haben ich aber großes Interesse an der Arbeit im „IT-Bereich“. Somit habe ich für mich entschieden, dass ich gerne im Bereich der Anwendungs- (App Entwicklung) bzw. Webentwicklung arbeiten möchte. Hier konnte ich schon durch meinen letzten Job und der Zusammenarbeit mit anderen Entwicklern einen Einblick erhalten. Aktuell fehlt mir aber die programmatische Erfahrung da ich selbst nie programmiert oder dies gelernt habe. Ich kenne mich bestens mit HTML, CSS (SASS - SCSS, LESS), „etwas“ JavaScript und jQuery aus. Deshalb überlege ich vielleicht erst einmal mit der Frontend Entwicklung zu starten und später dann vielleicht in die Backend Entwicklung zu switchen.

Heute bin ich auf die Möglichkeit der Umschulung zum Fachinformatikerin/Fachinformatiker Anwendungsentwicklung (IHK) gestoßen. Nun überlege ich, ob die Umschulungen die durch verschiedene Bildungseinrichtungen angeboten werden, ich sag mal vorsichtig, was taugen? Da ich aktuell auf Jobsuche bin und mir amtsärztlich bestätigt wurde, nicht mehr im gestalterischen Bereich tätig zu sein, würde dies eventuell durch die Agentur für Arbeit übernommen werden?! Ich kann aber nicht so richtig einschätzen wie so eine Umschulungsmaßnahme auf Unternehmen wirkt? Gibt es da irgendwie Vorurteile etc. pp. usw. …. :)

Vielleicht habt ihr ja noch Ideen, Tipps oder sogar eigene Erfahrungen die Ihr mit mir teilen wollt?!

Ich freue mich auf jeden Fall über jede Antwort.
 
Die üblichen Einrichtungen, welche im Auftrag der Träger (Agentur für Arbeit, Rentenversicherung Bund/Länder) tätig sind, sind natürlich bekannt. Viele davon haben keinen per se schlechten Ruf, aber Arbeitgebern ist klar, dass dort neben mancher Perle vor allem die Leute sind, die bisher scheiterten. Da nicht nach den Gründen für's Scheitern gefragt werden darf, hat man als Arbeitgeber natürlich ein gewisses Risiko, eine tickende Zeitbombe einzukaufen.

Aber welche Alternative hast du?

Letztlich ist es wie überall: Wer wirklich will, wer powert, und wer KANN (also wieder auf dem Weg der Besserung ist, nicht mitten in einer Krankheitsphase), der kann dadurch natürlich eine anerkannt Umschulung mitnehmen, sein Leben sortieren und in Lohn und Brot starten.


Wer dort nicht will oder nicht kann, der landet in aller Regel für den Rest seines Lebens in Hartz IV. Üblicherweise zahlen die Träger keinen Zweitversuch.
 
Deswegen möchte ich ja auf jeden Fall irgendwo in dem Bereich bleiben in dem ich schon seit über 10 Jahren arbeite. Eben nur in einem anderen Tätigkeitsbereich. Ich weiss wie die Arbeit eines Anwendungsentwicklers aussieht, so ein Tagesablauf und und und. Dort kann ich mir einfach sehr gut vorstellen zu arbeiten. Muss es aber eben einfach "lernen" und auch die Chance dazu bekommen. Der Wille meinerseits ist auf jeden Fall da und die Soft Skills bringe ich ebenso mit. Ich möchte auf jeden Fall weiterhin einen gut Job haben und mich immer weiter entwicklen.

Daher ist mir auch sehr wichtig jetzt einen Weg zu gehen der hinterher auch "anerkannt" wird und nicht so einem "wischi waschi" Zertifikat gleicht, was ich bei einem Lernvideo im Netz erhalte. Aktuell fehlen mir da irgendwie die passenden Worte das auszudrücken was ich meine.
 
Ich sage es mal so, die Umschulungen die auch vom Jobcenter oder Rentenversicherung angeboten werden sind natürlich Anerkannt, sonst wären sie nicht förderfähig. Es sind meistens 2 jährige Ausbildungen bei der die Zusatzqualifikationen oft auf Dienstleister/Leiharbeit fokussiert sind, denn da geht es für die meisten erstmal hin.

Das ist den Unternehmen bekannt, oft hast du während deiner Umschulung die Möglichkeit externe Praktika zu machen die du dringend lange vor allen anderen planen solltest um den Einstieg nicht über eine Zeitarbeitsfirma schustern zu müssen, denn das ist oft dann auch die Endstation.

Ich war schon öfters bei Bewerbungsgesprächen dabei, bei uns sind vorallem Umschüler aus dem Bereich Werkstoffprüfung und Mechatronik die sich vorstellen. Ich sage es sehr diplomatisch: ~80% davon haben im Erwerbsleben nichts verloren und viele waren auch nie dort und werden es auch nie sein, trotz formal guter Qualifikationen nach dieser Umschulung. Die Qualitätskontrolle der Umschulungen erscheint mir auch manchmal mangelhaft, aber für die 0815-Zeitarbeitsklitsche reicht es meistens dann doch.

Das ist gleichzeitig aber auch eine Chance für dich, es ist nicht so schwer sich davon abzusetzen, man muss dann wohl das ganze konsequent ernst nehmen und darf sich nicht ans allgemeine Niveau anpassen.
 
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Hmm, ich frage mich aktuell was denn in meiner Situation wohl das Richtige ist um später in meiner gewählten Fachrichtung einen guten Job zu finden?! Denn ich meine, ich bin echt kein Typ der auf den Kopf gefallen ist. Ich möchte aber eben das was ich mache auch entsprechend "können". Also komme ich um eine entsprechende Umschulung nicht herum. Dies sollte aber eben ein "Abschluss" sein der auch entsprechend angesehen wird und nicht für die nächste Zeitarbeitsfirma reicht.

Es muss doch vernünftige Möglichkeiten geben? Ich meine über die Unterstützung vom Amt das passende zu finden brauchen wir hier nicht sprechen.
 
Du solltest dich nicht verunsichern lassen, es ist nicht zwingend das du in eine Zeitarbeitsfirma endest, es liegt an dir die richtigen Schritte zu unternehmen, dazu zählt wie schon gesagt aktives erfragen eines Praktikums sobald du weisst wann in deiner Umschulung der Zeitraum dafür ist und entsprechende Noten in der Zwischen und Abschlussprüfung. Schau erstmal das du überhaupt einen Bildungsgutschein bekommst und guck dir die möglichen Anbieter an, es gibt oft nicht nur einen.
 
Wieso kommt eine klassische Ausbildung nicht in Frage? Bei uns im Betrieb hat erst dieses Jahr eine Frau mit 35/36 Jahren eine Ausbildung zum Fachinformatiker angefangen und war vorher in einer komplett anderen Branche. So umgeht man auch den Weg der Leiharbeit und sonstigen Späßen.
 
Hey, danke für eure Antworten! Also das ich die Sache ernst nehme das weiss ich für mich. Auch was das Arbeiten oder Lernen angeht. Nicht ohne Grund gehörte ich bei der Abschlussprüfung meiner Ausbildung zu einer der Besten. Auch was den Notendurchschnitt anging. Meinen Berater bei der Agentur für Arbeit habe ich bereits angeschrieben und ich hoffe sehr das er sich zeitnah meldet. Einige Anbieter in meiner Umgebung habe ich schon rausgesucht und wollte dort morgen mal anrufen und ein Beratungsgespräch vereinbaren.

Natürlich habe ich auch schon über diesen Schritt nachgedacht. Habe aber irgendwie ein komisch Gefühl dabei, wenn ich mit 33 Jahren bei den 22 jährigen im Berufsschulunterricht sitze. Sicherlich könnte man auch diese verkürzen. Aber komisch finde ich das schon.

Fraglich ist auch ob große Unterschiede im späteren Verdienst zwischen einer Ausbildung oder Umschulung existieren? Hat man trotzdem die Chance das Gleiche zu verdienen? Denn ich bin der Meinung es kommt immer auf die Skills an oder?
 
Viele Umschüler sind nicht auf den Kopf gefallen, auch bei den Trägern, die sich vor allem über staatliche Stellen finanzieren.

Arbeitsunfälle und Krankheiten (Burnout und andere psychische Sachen, aber auch Rückenprobleme, MS, etc.) zwingen viele dieser Menschen in aller Regel zu einer Umschulung.
Manche davon können im neuen Job gut durchstarten, andere - vielleicht auch die meisten - nicht.


Der Verdienst hängt primär mit deinen Leistungen im Arbeitsleben zusammen, nicht mit deiner Ausbildung/Umschulung. Ich sehe die Ausbildung als "besser" an, weil sie praxisnäher ist und durch dich selbst erarbeitet wird, während es bei der Umschulung in aller Regel ein staatlich finanziertes Sorglospaket gibt.
 
Also wir haben in der Berufsschule mehrere Leute über 30 dabei, da musst du dir keine Sorgen machen, dass das ungewöhnlich wäre.
Trau dich ruhig mit der Ausbildung, wenn du was findest, wenn du dich für die Schule ein bisschen reinhängst, bist du schnell bei den besseren in der Klasse (und ein sehr beliebter Typ in der Klasse, z.B. wollen alle mit dir Gruppenarbeiten machen, aber das ist ein anderes Thema ;)).
 
JerryCurwen schrieb:
Natürlich habe ich auch schon über diesen Schritt nachgedacht. Habe aber irgendwie ein komisch Gefühl dabei, wenn ich mit 33 Jahren bei den 22 jährigen im Berufsschulunterricht sitze. Sicherlich könnte man auch diese verkürzen. Aber komisch finde ich das schon.
Das ist aber auch immer mehr der "Normalzustand", hast du dir mal angeschaut welche Altersschichten mittlerweile im Abendstudium vertreten sind? 40+ gar nicht mehr so selten...

Idon schrieb:
Viele Umschüler sind nicht auf den Kopf gefallen, auch bei den Trägern, die sich vor allem über staatliche Stellen finanzieren.
Jeder hat da so unterschiedliche Erfahrungen, der Konzern bei dem ich arbeite lädt seit 2019 gar keine Umschüler mehr zum Vorstellungsgespräch ein, nichtmal mehr fürs Praktikum. Die Erfahrungen waren derart extrem negativ das unser HR da schlicht die Reißleine zog, lag aber auch vorallem an 2 Bildungsträgern bei denen man das Gefühl nicht los wurde das da einfach jeder quasi mit 1.0 und allen Zusatzqualifikationen raus geht, jedoch kaum in der Lage war eigenständig auf Klo zu gehen.
 
Mach dir mal über dein Alter am wenigsten sorgen. Gibt wie schon erwähnt viele, die sich umorientieren aus verschiedensten Gründen. Klar können die meisten Personaler am ehesten was anfangen mit den klassischen Ausbildungen und Studiengängen. Das heißt aber noch lange nicht, dass man mit einer Umschulung, schulischen Ausbildungen, als Quereinsteiger oder was auch immer in einer Zeitarbeitsfirma landet.

Ggf. ist der Einstieg dann seltener der bekannte große Konzern in der Umgebung, sondern eher was Kleineres, da sammelt man eben Berufserfahrung und bei weiteren Stellen ist das dann eher relevant, als was man ursprünglich mal gelernt hat. Gerade der IT Sektor wandelt sich so schnell, dass vieles Fachliches, was man in der Ausbildung gelernt hat kaum noch Anwendung findet. Aufsatteln kann man anschließend natürlich immer noch bei Bedarf mit Sachen ala Fernuni aber wie gesagt im Anschluss zählt eben deine BE.

Wir haben bei uns auch so ziemlich alles im Unternehmen, von Leuten mit Informatikstudium, sei es Bachelor, Master oder Leute die promoviert haben. Leute die einen anderen Studiengang belegt haben, von Elektrotechnik, über Mathematik oder gar Chemie, Leute mit verschiedensten Ausbildungen, seien es Informatikkaufmann, FIAE, FISI oder schulische Ausbildungen ala TAI/ITA. Tätigkeiten sind auch die Gleichen und richten sich eher nach dem, was die Person auf dem Kasten hat.

Habe das btw auch alles erst später nachgemacht. Habe meine Schule damals maximal in den Sand gesetzt, bei meinen Eltern in der Gastronomie ausgeholfen, was sowas von nicht meins war. Dann quasi alles nochmal nachgemacht und war dort in der Schule dann auch schon der Opa, wenn auch noch keine 30. Hatte damit aber keinerlei Probleme und komisch war da auch nix.
 
Hallo zusammen,

vielen lieben Dank noch mal für eure ganzen Worte. Einige davon habe mir auf jeden Fall geholfen noch mal mit einer anderen Sichtweise an die Sache ran zu gehen. Das Gespräch mit meinem Berater bei der Agentur für Arbeit findet leider erst Anfang März statt... Hmm, sehr ernüchternd... aber irgendwie habe ich da auch nichts anderes Erwartet.

Ich werde die ganze Thematik jetzt mit meiner Frau und meinen Eltern mal besprechen und dann schauen was ich mache. Ich denke aber auch fast schon das rein "fachlich" gesehen eine Ausbildung am besten wären.
 
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Das ganze Thema geht mir auch nahe, wenn ich es lese. Ich bin in einer ähnlichen Situation, arbeite in der Verwaltung und möchte auch gerne ein einen anderen Bereich gehen.

Ich finde man sollte das nicht so hart sehen und Aussagen wie "80% landen eh auf Harz4 für den Rest ihres Lebens" sind da nicht hilfreich. Nicht so hart zu sich selber sein, an sich glauben, scheitern ZULASSEN (sind meist die klügeren Leute, geht nbur darum was man daraus lernt. Wer nie scheitert kann es auch nie schätzen:))

Und Zeitarbeit sollte man auch nicht verteufeln. Oft hat man die Chance von einem Kunden übernommen zu werden, wenn man entsprechend leistet.

Lebensentwürfe und Lebensläufe sind heute heterogen. Es ist nicht mehr wie früher, ein Leben lang bei einem Arbeitgeber. Wechsel aller Art sind an der Tagesordnung. Mein Tipp ist, sehe dich nicht als Opfer oder aus einer Selbstmitleidsperspektive, sondern mache das was für dich am besten passt. Vielleicht ist ja ein Abendstudium ein duales Studium oder eine Berufsausbildung der richtige Weg für dich. Oder du machst eine Weiterbildung und erwirbst dir die fehlenden Fähigkeiten oder du machst ein freiwilliges Praktikum oder du bewirbst dich einfach auf Stellen wo du nur 60% der Anforderungen erfüllst oder...

Im Endeffekt musst du entscheiden weil du ja auch damit leben musst ;)
 
JerryCurwen schrieb:
Daher ist mir auch sehr wichtig jetzt einen Weg zu gehen der hinterher auch "anerkannt" wird und nicht so einem "wischi waschi" Zertifikat gleicht, was ich bei einem Lernvideo im Netz erhalte. Aktuell fehlen mir da irgendwie die passenden Worte das auszudrücken was ich meine.
Ich denke für den Arbeitgeber ist es am Ende entscheidend was du lieferst, nicht was Du für "Diplome" hast.
Klar kann sein das Du bei der Bewerbung bessere Chancen hast. Oder ggf. ein wenig mehr Anfangslohn. Aber auch dann ist am Ende entscheidend was Du lieferst nicht was auf dem Papier steht. Unumgänglich ;)
Für mich wäre daher eher entscheidend wie viel Du aus dem Kurs mitnehmen und danach umsetzen kannst.
 
Brati23 schrieb:
Aber auch dann ist am Ende entscheidend was Du lieferst nicht was auf dem Papier steht. Unumgänglich ;)
Für mich wäre daher eher entscheidend wie viel Du aus dem Kurs mitnehmen und danach umsetzen kannst.
Für eine vernünftige, intrinsische Arbeitsmoral ist das definitiv ein sinnvoller Handlungsrahmen, leider aber nicht für das allgemeine Erwerbsleben zu empfehlen.

Vor ungefähr 4 Jahren gab es mal einen Umschüler bei uns der ein extrem positives Beispiel war, sein Leiter wollte ihn, der BR gab sein okay und alles schien tutti. Das HR hat dann eine Anfrage an mich (QS-Leiter) geschickt wie seine Qualifikationen zu bewerten sind und eingestuft werden könnten, also musste ich mich in die passende Personalqualifizierungsnorm reinlesen und dann flossen Tränen:

Der Typ konnte alles und entsprach den Anforderungen, der konnte die Tätigkeiten die er auf seinen Zeugnissen hatte durchführen, leider wurde etwas übersehen: Er war zuvor 2 1/2 Jahre bei einem Verwandten als Arbeitnehmer tätig, der aber aus gesundheitlichen Gründen den Betrieb aufgeben musste, die Qualifikationen die er im Rahmen seiner Umschulung gemacht hatte waren auch locker 30k Wert, gemessen an den üblichen Industriekursen.

Nun war es aber so dass nach Abschluss der Qualifikation diese auch nach einer gewissen Zeit zertifiziert werden muss, maximal nach 24 Monaten, ansonsten verliert diese ihre Gültigkeit. Man ahnt es, der Mann war auf dem Papier nun eine unqualifizierte Hilfskraft, fähig zweifelsohne als Fachkraft, aber da auch die Zertifizierungsstelle hier keine Ausnahme machte musste ich dem HR melden das es sich formal um eine Hilfskraft handelt, das Ergebnis kann sich jeder denken.

Darum bitte immer dran denken: Wer schreibt der bleibt, wer schreiben lässt, erst recht.
 
Brati23 schrieb:
...Klar kann sein das Du bei der Bewerbung bessere Chancen hast. Oder ggf. ein wenig mehr Anfangslohn. Aber auch dann ist am Ende entscheidend was Du lieferst nicht was auf dem Papier steht. Unumgänglich ;)
...

Im Bewerbungsprozess kann niemand einschätzen, was du liefern wirst, hier kann man nur nach dem Papier entscheiden. Oder möchtest du den Bewerber einladen und für einige Wochen eine Arbeitsprobe machen? Willst du das mit mehreren Bewerbern machen? Wie wird diese Zeit entlohnt? Und würden die Bewerber sich auf so eine Arbeitsprobe einlassen, ggf. aus einem Angestelltenverhältnis heraus? Das klingt ja noch negativer als Probezeit und mehrere Bewerber auszuprobieren wäre dann ein fieser Kampf zwischen den Leuten. Wer würde sowas mitmachen?

Wenn jemand schon im Job steckt und sich innerhalb einer Firma neu orientiert mag das stimmen, aber bei einer Bewerbung können nur schriftliche Abschlüsse helfen, eine Auswahl zu treffen - das ist die Eintrittskarte. Und beim Thema "was du dann lieferst" sind alle gleich, mit oder ohne Abschluss. Aber ein Abschluss lässt mich als Arbeitgeber schon mal hoffen, weil er seine Leistung in der Vergangenheit schon bewiesen hat.

Nehmen wir nur mal den privaten Bereich: Du willst Klempnerarbeiten machen lassen und es melden sich 2 Fachleute: der 1. sag "ich kann alles, habe aber leider keinen Abschluss, weil ich kurz vor der Prüfung krank geworden bin" und der 2. legt seinen Meisterbrief vor, bämm - welchen nimmst du? (den billigeren Preis mal außen vor ;), denn dann hätten wir das Beispiel hier drüber mit der ungelernten Hilfskraft) Lässt du beide eine Arbeitsprobe abliefern? Das werden die nicht mitmachen. Und so geht es Unternehmen auch.

Gibt es aber nur einen einzigen Bewerber, dann wird man wohl schauen, was man macht, hier wäre die Vereinbarung für Probearbeit und Testphase (im Sinne der Probezeit) ratsam. Aber auch dann wird sich der Bewerber angesichts fehlender Dokumente anhören dürfen, dass man ihm ja nicht so viel bezahlen kann usw. Ob fair oder nicht muss dann jeder für sich entscheiden, aber IMO würde ich selbst nicht wollen, dass jemand das gleiche Geld bekommt wie ich, aber dafür nicht die Abschlüsse mitbringt, die ich erworben habe, auch bei gleicher Arbeit und Leistung. Sich erfolgreich durch eine Ausbildung/Studium bewegt zu haben muss be-/entlohnt werden.
 
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Fu Manchu schrieb:
Im Bewerbungsprozess kann niemand einschätzen, was du liefern wirst, hier kann man nur nach dem Papier entscheiden. Oder möchtest du den Bewerber einladen und für einige Wochen eine Arbeitsprobe machen? Willst du das mit mehreren Bewerbern machen? Wie wird diese Zeit entlohnt? Und würden die Bewerber sich auf so eine Arbeitsprobe einlassen, ggf. aus einem Angestelltenverhältnis heraus? Das klingt ja noch negativer als Probezeit und mehrere Bewerber auszuprobieren wäre dann ein fieser Kampf zwischen den Leuten. Wer würde sowas mitmachen?

Eigentlich alle meine Bewerbungen der letzten zwei Jahre in der Softwareentwicklung und teils auch drumherum, hatten Einstellungstests in verschiedenen Variationen. Sei es Pseudocode auf Papier, Implementierung am Whiteboard, Coding im Beamer oder während Corona Coding mit Desktopfreigabe.
Zudem hatten die meisten Firmen auch anschließend noch einen Probearbeitstag vorgesehen, sofern man denn über das Livecoding rauskommt. Bei einigen Firmen habe ich mitbekommen, dass die das durchaus mit jedem Bewerber machen, der über die ersten Hürden kommt. Man lädt also auch 10 Leute zum Probearbeiten ein und wählt dann den besten aus. Entlohnt wird das nicht und man muss ich Urlaub nehmen, wie für die anderen Gespräche auch.

Was ich davon halte, oder wie geeignet das ist, einen guten Entwickler zu finden, will ich hier jetzt gar nicht wiedergeben. Am meisten Chancen haben noch Absolventen, die noch fit sind in Algorithmen und Datenstrukturen und die Zeit haben sich mit Leetcode zu beschäftigen. Wer das Studium schon >10 Jahre hinter sich hat, hat auch vieles davon vergessen, weil es nie relevant war und hat eben privat häufig auch andere, familiäre, Verpflichtungen anstatt sich Wochenlang mit Leetcode zu beschäftigen.

Auf was ich eigentlich raus will, es wird eben schon lange nicht mehr anhand des Papiers entschieden, ob due angestellt wirst. Das Papier ist noch dazu da, ob du überhaupt eingeladen wirst.
 
Probearbeit ist nur in sehr engem Rahmen möglich, sonst hat man als Unternehmen womöglich ungewollter Weise einen neuen Mitarbeiter.

@Goldschakal

Man muss ja erstmal zum Assessment Center eingeladen werden. :) Bewerbungsgespräche sind extrem teuer für Unternehmen, deshalb finden die nur in notwendigem Umfang statt.

Jede Stunde, die ich mit einem Bewerber im Gespräch zusammen sitze, muss ich mit mindestens einer weiteren Stunde vorbereiten, wobei hier auch noch andere Leute eingebunden sind.

Und da sind noch keine Tests vorbereitet, keine Personalerstunden mit drin die ebenfalls vorbereiten müssen etc.
 
Idon schrieb:
Man muss ja erstmal zum Assessment Center eingeladen werden. :) Bewerbungsgespräche sind extrem teuer für Unternehmen, deshalb finden die nur in notwendigem Umfang statt.

Jede Stunde, die ich mit einem Bewerber im Gespräch zusammen sitze, muss ich mit mindestens einer weiteren Stunde vorbereiten, wobei hier auch noch andere Leute eingebunden sind.

Und da sind noch keine Tests vorbereitet, keine Personalerstunden mit drin die ebenfalls vorbereiten müssen etc.

Ich war selbst fast 5 Jahre lang für Einstellungen im meinem Team verantwortlich und wir hatten auch Tests und einen Probearbeitstag. Es war ein Mittelständisches Unternehmen mit ~250 Mitarbeitern, also auch nicht solche Prozesse wie im Konzern, aber auch nicht keine wie im Startup.
Die Bewerbungen sichten kostet Zeit, zumal ich mir die schon genauer angeschaut habe, aber der Aufwand fällt immer an. Pro Gespräch 15 Minuten Vorbereitung, von HR eher weniger, wenn man von der Terminfindung absieht. Dann eine Stunde Gespräch, dann gibt es den Take Home Test, davon hatten wir mehrere in verschiedenen Schwierigkeitsstufen in der Schublade, dann ein weitere Gespräch für eine Stunde in der der Bewerber das Ergebnis präsentiert und fachlich zerpflückt wird. Wenn das positiv warm Einladung zum Probearbeitstag und auch da wieder Aufgaben aus der Schublade, der Bewerber sitzt bei uns im Team und hat Aufgaben zu lösen und konnte sich bei Fragen an mich wenden (während ich natürlich regulär arbeite), mittags dann eine Runde Essen auf Firmenkosten, dann nochmal Aufgaben lösen und dann war der Prozess durch. Aufwand für mich AllIn pro Bewerber 2-4 Stunden, für die HR weniger, wenn der Bewerber es nicht schafft.


Uns aus der Erfahrung als Bewerber, das war noch viel Aufwand. Ich saß auch schon einen Tag beim Probearbeiten, alleine im Großraumbüro und habe eine schlecht kopierte Seite mit Aufgaben bekommen, von der ich nur URLs mit GUIDs abtippen musste und mir auf dem Laptop, mit sehr schlechter Wlan Verbindung, noch die Entwicklungsumgebung einrichten musste. Ich dachte das gehört vielleicht zur Aufgabe, bis alle lief hatte ich dann echt Zeitdruck bei der Implementierung der Graphenalgorithmen. Als ich mich dann verabschiedet hatte, höre ich noch wie der Teamleiter zu dem anderen Mitarbeiter sagt, dass der Laptop gleich so installiert bleiben kann, für den Bewerber am nächsten tag, der bräuchte ja eh das gleiche Setting.
 
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