FutureAttack schrieb:
Wegen ganzen 18 Min längere Arbeitszeit pro Tag
Demjenigen, dem die Fokussierung auf diese 18 Minuten eingefallen ist, sollte ohne Umschweife der Pulitzer-Preis verliehen werden. Nie zuvor in der Geschichte hat ein solch kurzes Statement ein Volk derart beeinflusst.
Nachdem er dann den Preis erhalten hat, sollte er direkt wegen Volksverhetzung eingesperrt werden.
Spinnen wir doch die 18 Minuten mal weiter. Das sind pro Woche 1,5h, pro Monat (30 Tage - 4 Wochenenden = 22 Arbeitstage) 396 Minuten, pro Jahr 4752 Minuten, entsprechend 79,2h, bei einem 8-Stunden-Tag sind das 9 Arbeitstage mehr im Jahr - unbezahlt!
Wer von Euch würde das gerne wollen?
Außerdem: wenn es doch nur 18 Minuten am Tag sind, warum machen die Arbeitgeber dann so ein Geschiss darum? Die machen den Kohl doch auch nicht fett. Kann man doch drauf verzichten. Oder eben bezahlen. Sind doch nur 18 Minuten.
Die Arbeitnehmer sollen mehr arbeiten, ohne Lohnausgleich. Seit 15 Jahren gabe es im öffentlichen Dienst keine (realen) Lohnsteigerungen. Man hat immer verzichtet, mit Rücksicht auf die leeren Kassen.
Aber statt die Kassen durch höhere Steuern zu füllen, wurde genau das Gegenteil gemacht. Hinzu kam noch die unsinnig praktizierte Wiedervereinigung, mit dem unsäglichen Solidarzuschlag. Oskar Lafontaine hat die Tage im BT eine Rede gehalten: das Volksvermögen beläuft sich auf 4 Bio. Euro, das ist das Geld was irgendwo lagert, in Deutschland. Die Hälfte davon befindet sich in den Händen von 1% der Gesellschaft. Würde man diese 2 Bio. Euro mit 5% besteuern, hätte der Staat 100 Mrd. Euro mehr Steuereinnahmen - pro Jahr. Davon ließen sich doch diese 18 Minuten locker finanzieren, oder?
Wisst Ihr, im Wahlkampf zur Bundestagswahl wurde von Seiten der großen Volksparteien ("Volks-" - HAHA!) immer schwadroniert, wir dürften unsere Leistungsträger nicht vergraulen, deswegen müssten die Steuer- und Abgabenquote niedrig sein.
Leistungsträger - wer ist denn das? Die Topmanager? Oder die Jungs, die den Laden am Laufen halten, wie Müllmänner, die Streudienste, usw., also die Menschen im öffentlichen Dienst?
Stellt Euch vor, alle Ackermänner wären Morgen verschwunden. Nicht ausgewandert, sondern einfach weg. Und dann stellt Euch vor, die Menschen im ÖffD wären Morgen einfach weg. Wen würdet Ihr mehr vermissen?
Wenn Ihr die Frage beantworten könnte, dann wisst Ihr, wer hier die Leistungsträger sind. Und die wollen wir jetzt vergraulen. Herrlich.
ver.di hat meine volle Sympathie für den Streik, und wenns nach mir geht, hat der so lange zu dauern, bis auch der letzte konservative Arsch gemerkt hat, dass es ohne den ÖffD nicht geht. Und wenn sich der Müll dazu bis in den zweiten Stock stapelt, wenn jeder PKW in Deutschland durch Glätte ne Beule haben muss, wir müssen endgültig kapieren, wer hier in Deutschland wirklich wichtig ist.
Ach, und zum Thema Ärztestreik und die Befürchtung, das Behandlungen nicht durchgeführt werden. Es werden nur Behandlungen ausgesetzt, die nicht akut sind. Wenn Ihr Euch den Arm brecht, wird der immer noch vorschriftsmässig geschient und vergipst. Genauso fahren auch noch die Krankenwagen. Das müssen sie, einmal weil sie sich sonst strafbar machen würden, weil sie (die Ärzte) sonst ihren Hippokratischen Eid verletzten, und weil sie sonst jeglichen Rückhalt in der Bevölkerung verlören.
Aber das Gerücht hält sich ja hartnäckig.
So, und jetzt werden noch ein paar Watschen verteilt:
JulesBärle schrieb:
Die heutigen Gewerkschaften haben nicht gelernt, sich den Bedürfnissen und Erfordernissen des modernen (Arbeits-)Marktes unter Berücksichtigung der Globalisierung und des europäischen Zusammenschlusses anzupassen.
Herrlich. Da wurde ja so ziemlich jedes neoliberale Schlagwort in einen Satz gepackt. Wunderbar. Und was bedeuten sie?
Was ist denn der moderne Arbeitsmarkt? Was bedeutet denn die Globalisierung für den ÖffD? Und was hat es mit dem europäischen Zusammenschluss auf sich?
Ich bitte um Aufklärung!
Nach dem Willen der Gewerkschaftler soll der Müllmann von ver.di, der 40 Stunden bei weit geringerem Lohn arbeiten muß, seinen Kollegen VW-Arbeiter für dessen 28,8 Stunden mit einem sehr teuren VW-Golf bezahlöen.
Muss man den Satz verstehen? ver.di will doch gerade, dass der Müllmann einen höheren Lohn bekommt. Und stell Dir mal vor, dann ist er sogar in der Lage, seinen Golf Baujahr '82 gegen ein aktuelles Modell einzutauschen. Markt ist was wunderbares, gell?
-Nachtschatten- schrieb:
wofür zahlen die sonst Beiträge
Zum Beispiel um im Streitfall mit dem Arbeitgeber Unterstützung durch die Gewerkschaft zu bekommen (Betriebsrat)? Um eine schlagkräftige Organisation im Rücken zu haben, wenn es um arbeitsrechtliche Dinge geht?
Daria schrieb:
Vor dem Aachener Klinikum, was u.a. auch bestreikt wird, mutet sich das ganze eher wie ein Volksfest finanziert von Ver.di an. Wir reden hier über das volle Programm: Zelte wie auf dem Oktoberfest, Musik, Bratwurst und Gulaschkanone.
Irgendwie komme ich nicht darum herum, dieses als billige Hetze zu bezeichnen.
Zelte wie auf dem Oktoberfest... Warst Du drin? Werden da Maß Bier verteilt? Wird wild und ausgelassen gefeiert? Oder stehen die da, damit die Streikenden bei den Kundgebungen nicht im Freien stehen müssen, was manchem Muttersöhnchen hier im Forum wohl ganz schön stinken würde, es ist nämlich kalt draußen, und schneien tuts auch noch ständig.
Musik ist auch ganz normal. Hebt die Stimmung, die sonst bei dem Wetter ziemlich im Keller wäre.
Und was ist gegen Bratwurst und Ghularsch-Kanone einzuwenden? Die Jungs müssen doch auch was essen, oder? Der Streik wär ziemlich lächerlich, wenn jeder pünktlich um 12 Uhr nach Hause geht, um sich was zu Essen zu kochen.
Gummibär schrieb:
Meine Variante, wie man ver.di den ganzen Streik enorm versaubeuteln würde. Einfach den Müll vor die Zentralen von Ver.di legen und dann sollen die mal sehen, wie sie den da wegbekommen.
Klar, Du würdest den stinkenden Müll natürlich auch anfassen...
In Osnabrück wurden 1-Euro-Jobber eingesetzt, um den Müll wegzubringen. Zwangsarbeit, nichts weiter. Und als die streikenden Müllmänner versucht haben, den Müllwagen die Zufahrt zu den Deponien und Entsorgungsanlagen zu verwehren, wurden sie von der Polizei weggeknüppelt. Lässt sich auf indymedia nachlesen, belegt durch Fotos und Videos.
Da bekommt der Wunsch von Schäuble, die Bundeswehr auch im Innern einsetzen zu dürfen, eine ganz neue Brisanz...
Neikon schrieb:
Es wird ja hauptsächlich gestreigt weil befürchtet wird das durch die längeren Arbeitszeiten Stellen wegfallen könnten da halt länger gearbeitet wird! Jedoch ist dies von vielen Experten als "schwachsinn" abgestempelt worden!
Was für Experten? Die von den Arbeitgebern angeheuerten?
Es gibt auch Experten, die sind grundsätzlich anderer Meinung. Allein die gesunde Logik muss doch erkennen lassen, dass längere Arbeitszeiten im besten Fall keine neuen Arbeitsplätze schafft, aber idR eben welche vernichtet. Die Arbeit wird ja nicht um diese 18 Minuten am Tag mehr!
Forlorn schrieb:
Alle anderen im Bereich ver.di: kein Verständnis. Meine Frau arbeit 43 Stunden, und ich eh mehr (selbständig). Weniger Zeit und dafür mehr Geld? Ich lach mich tot.
Ich bin jetzt Praktikant in der Entwicklungsabteilung eines deutschen Spezialisten für hochwertige Unterhaltungselektronik und arbeite auch mehr als 40h/Woche. Das ergibt sich da so. Und? Soll ich mich jetzt aufregen? Meine Arbeit ist auch weit weniger anstrengend. Ich möchte mich nicht beim Müllwagen auf den Tritt stellen, oder als Streudienst Wochenendsbereitschaft haben. Das ist nämlich ne verdammt beschissene Arbeit. Zu jeder Jahreszeit.
Es gibt ja z. Z. noch nen anderen Reibungspunkt: in BW versuchen die Arbeitgeber, die Steinkühler-Pause abzuschaffen. Da muss ich mir doch neulich aus verschiedenen Richtungen anhören, das die doch Schwachsinn ist.
Schwachsinn? Die Pause bezeichnet bei Akkord-Arbeitern ganz 8 Minuten bezahlte Unterbrechung pro Stunde. Davon sind 3 Minuten als Pinkelpause angedacht.
Pinkelpause - so etwas muss vertraglich garantiert werden! Wo sind wir denn? Wisst Ihr, was Akkord-Arbeiter früher durch das Zurückhalten des Harndranges Probleme bekommen haben? Schaut Euch mal die Prostata und die Harnröhre von den Menschen an. Da kommt Euch das Grauen. Und wisst Ihr, was das die Krankenkassen an Behandlung kostet? Der volkswirtschaftliche Schaden übersteigt jede Relation zu den Kosten der Pause.
Und die restlichen 5 Minuten? Wer dagegen ist, soll sich mal 1h lang ans Fließband stellen. Danach weisste gar nichts mehr. Das geht immer nur ratz-fatz, und dann muss man sich noch konzentrieren, um keinen Fehler zu machen. Denn ein Fehler kostet Zeit, das Fließband muss gestoppt werden, der Arbeitsrhythmus ist unterbrochen. Und den Arbeiter im schlimmsten Fall den Job.
Warum die Arbeitgeber trotzdem die Abschaffung fordern? Weil in deren Köpfen nur noch betriebswirtschaftliche Denke ohne die menschliche Komponente herrscht: "Moment, die Arbeiten pro Stunde 8 Minuten lang nicht? Oh Schreck, das senkt ja unsere Produktivität um ganze 13,3%! Das muss verhindert werden!"
Weiter kommen die nicht.
Schönen Tag noch
Morgoth