Music Clef schrieb:
Keine Ahnung, wie da genau gemessen wird.
Mit einem Drucksensor, der möglichst linear auf die dB(c)-Kurve zwischen 20 und 80 Hz angepasst - das sind die Frequenzen (in 1 Hz-Schritten), die im dB Drag Racing in den üblichen Klassen zugelassen sind. Der Drucksensor wird dabei mittels Schablone an eine über jedes Fahrzeug hinweg vergleichbare Position an der Frontscheibe befestigt.
Music Clef schrieb:
Das sind auch eher reine Machbarkeitsstudien
Ja, jein, nein. Das kommt immer drauf an. Genauso könnte man sagen: Formel 1 ist ne Machbarkeitsstudie sowie auch eine Privatrallye eine Machbarkeitsstudie wäre. Die Formel 1 ist gewiss näher am "physikalischen Limit", also an dem, was machbar ist (gemessen am Regelwerk) - so ist es eben auch bei vielen (aber längst nicht allen) Wettbewerbsautos. Ich habe nie auf das im Wettbewerb mögliche, physikalische Limit gebaut, sondern so, dass man dabei noch wunderbar Musik hören kann.
Music Clef schrieb:
und für das Musikhören nicht mehr geeignet
Und genau das ist der Punkt. Ja, viele, wirklich ein immenser Großteil dieser Autos ist nicht fürs Musikhören geeignet - auch nicht in leisen Bereichen. Das liegt a) daran, dass die Besitzer der Autos das vielleicht auch gar nicht brauchen, denen reichts, wenns einfach nur laut vor sich hin dröhnt, b) ist aber auch wieder der Teil dafür verantwortlich, dass zumindest im dB Drag Racing, SPL Classics und dB Cup (sowie vielen anderen Formaten weltweit) eben ausschließlich der Pegel am Bass gemessen wird.
Gleichzeitig aber gibt es eben eine gewisse Hand voll recht elitärer Personen, die sich dem verschrieben haben, nicht nur immens laut am Bass, sondern gleichzeitig eben auch mehr oder weniger kompromisslos hochwertig am Klang zu sein - inklusive dem Bass-Frequenzspektrum. Besonders letzteres ist ein sehr schweres Unterfangen, denn ein gut klingender Subwoofer hat eben keinen +10 dB Peak auf 65 Hz (wenn das die Fahrzeug-Resonanz ist), sondern er ist eher möglichst linear von ganz weit unten bis eben rauf zur Trennfrequenz. Man opfert bei gutem Klang also automatisch immer Pegel in diesen Wettbewerben. Deshalb ist der Personenkreis derer, die beides könenn und zu schätzen wissen, so klein.
Ich habe z.B. immer Anlagen betrieben zwischen 135 und 150 dB im maximalen Basspegel, habe aber gleichzeitig (mit exakt den selben Abstimmungen) auch bei Klangwettbewerben (AYA - Are You Authentic) mitgemacht. Da wird selbstverständlich auch nicht bei derartigen Pegeln gehört und bewertet. Dennoch kommt Pegel bei qualitativ hochwertigem Equipment und ordentlichem Verbauen (und genug Strom!) eben automatisch mit.
Music Clef schrieb:
Das ist wieder so ne tolle Pauschalaussage - genauso, wie "Intel verbraucht immer zu viel Strom", oder "AMD-Grafikkarten haben kein gescheites Featureset".
Ja, wenn du nen Herzschrittmacher hast, generell einen schwachen Kreislauf, Atem/Lungenprobleme oder enorm schreckhaft bist, dann würde ich dich keinesfalls bei 150+ dB unvorbereitet in's Auto werfen. Je nach Frequenz wird's ab etwa 150 dB schon anstrengend mit dem Atmen, bei richtig tiefen Frequenzen ab 160 dB schon nur noch möglich, wenn man sich stark konzentriert. Das ist nichts, wo man gleichzeitig entspannt Auto fährt und das wäre dann wieder ähnlich wie der "Formel 1-Flitzer bei Vollgas auf der Geraden". Machbar, ja! Im Alltag nicht tauglich.
Wer sich in diesem Bereich des Car HiFi aber auskennt, den schrecken solche Pegel in mit Beton ausgegossenen Fahrgastzellen (ja, das sind die "Extreme"-Klassen) auch nicht ab.
Für's Gehör sind solche Frequenzen übrigens zu tief, wobei auch das wieder etwas pauschal ist. Sehr hohe Pegel bei etwa 65 Hz aufwärts sind auch extrem unangenehm und können schmerzhaft aufs Trommelfell gehen. Darunter gibt es aber selbst bei hohen Pegeln keine Probleme fürs Ohr, da muss man sich eher um Atmung und die Kompression des Brustkorbs Gedanken machen.
Bitte vergiss weiterhin nicht: ich rede hier ausschließlich von sehr extremen Beispielen. 99% selbst solcher Fahrzeuge, die zwar an solchen Wettbewerben teilnehmen, schaffen, auch wenn sie verhältnismäßig hohe Pegel erreichen, keinen Zustand, in dem es auch nur annähernd gesundheitsgefährdent für den menschlichen und gesunden Körper wäre.
Das ist halt dasselbe, wenn ich sage: das selbst Zusammenbauen eines PCs birgt Lebensgefahr. Klar, wenn man dabei mit dem Schraubendreher in die Steckdose packt und darin rumpopelt, kann es kritisch werden. Oder anders: wenn man einen EXTREMEN PC baut, bei dem das Netzteil bewusst offenliegt (aufgrund welchen Vorhabens auch immer), dann wird das gefährlich - aber eben auch nur wieder für die, die nicht wissen, was sie tun.
Music Clef schrieb:
wird ja im Video auch gesagt
Es wird in solchen Videos auch gerne gesagt, dass das alles lauter als ein Düsenjet sei (~ 140 dB), was ja allein schon aufgrund der Entfernung in der gemessen wird sowie aufgrund der komplett anderen Messmethodik totaler Blödsinn ist.
Music Clef schrieb:
es wird da, ja auch ausschließlich der Bass gemessen, im Auto
Genau - habe ich ja schon etwas mehr ausgeweitet, das Thema
Music Clef schrieb:
Beim Musikhören "mit" 150dBC habe ich aber eben nicht nur Bass
Im Auto schon - also ... generell... wenn man bedenkt (und an dieser Stelle passt der Vergleich jetzt wieder), dass ein Martinshorn schon gute 125 dB Pegel erzeugt und das definitiv schädlich für das Gehör sein kann, dann sollte man selbstverständlich niemals und schon gar nicht dauerhaft bei solchen Pegeln Musik hören - im Mittelhochtonbereich jedenfalls.
Was aber spricht dagegen, Dire Straits mit ~110 dB im Pink Noise laufen zu lassen, dafür aber den Bass auf über 140 dB(c) zu regeln?
Ja, über "wie klingt das denn" reden wir jetzt nicht, aber es gibt genug "Musik" (und damit meine ich keinen langweiligen Hiphop), wo das richtig Spaß macht.
Hörproben? Gerne:
Ab 14 Sekunden -> irgendwas um die 45 Hz müsste da anliegen... das darf gerne mit maximalem Pegel und auch bei acht 15"-Woofern im 6th Order-Bandpass um die Ohren pfeffern
Bass Mekanik mit dem Burufunk-Remix von Bass Planet wäre noch so ein Song:
Siehe unterste Zeilen in meiner Signatur - das kommt nicht von ungefähr
Aber klar, wenn ich hier im Heimkino sitze und mal wieder meine Erstpressung der Supertramp - Crime of a Century höre, dann ist das ganz gewiss auch lauter, als es vielen reichen würde, aber meine vier 15" Woofer bleiben dabei AUS.
Music Clef schrieb:
So wie du, habe ich auch schon ein paar Experimente gemacht. Hochwertiges PA-Equipment in Form von: Top = 12" TMT mit 1" compression driver (Leistung, weiß ich nicht mehr) + 2x 18" BR-SW mit 1kW RMS kriegst du in einem relativ großen WZ (EH) nicht ins Limit, beides aktiv mit hochwertiger JBL-Bestückung.
Wir sind uns da ähnlicher als du glaubst, aber wohl mit dem Unterschied, dass ich ne recht wilde Zeit in der Car HiFi-Welt hinter mir habe (höchst aktiv von ~2001 bis 2006, dann ein wenig Pause und wieder von ca. 2008 bis 2013 sehr aktiv). Ich habe auch schon PA-Equipment im Heimkino testen dürfen, zwei Eminence 15"-Tops mit Epic Audio Hochtönern waren das. Das hat besonders bei flotter Gitarre und Schlagzeug Spaß gemacht wie kein zweites Setup und mit noch mehr Leistung hätte ich das auch nicht lauter machen wollen, das hat mehr als gereicht und war, wie du es eben auch beschreibst, irgendwann schon unangenehm.
Bei Bass im Wohnraum ist das Extremste, das ich bisher erleben durfte, ein Push-Pull-Array aus insgesamt 16 (ja, sechzehn) 18" Cerwin Vega Stroker Subwoofern. Das Setup lässt sich nicht einmal annähernd ins Limit treiben, bevor irgendwann sprichwörtlich der Putz von der Decke bröckelt (und ja, bei Tests haben tatsächlich die Dachziegel gerappelt). Der Vorteil einer solch immensen Membranfläche ist aber auch wieder, dass man selbst bei leisesten Pegeln einen Druck und eine Kraft in staubtrockene Schlagzeuge bekommt, dass es schon anfängt, Mindtricks zu spielen (Thema: ist das echt oder zu gut um echt zu sein?!).
Ein weiterer Vorteil ist, dass man mit einem solch durchaus übertriebenen Setup eben sorgenfrei ist - man kann auch Filme mit sehr leise abgemischtem LFE problemlos genießen oder eben auch Songs, die einen nur extrem geringen Tiefbassanteil haben. Außerdem lassen sich die Woofer dann mittels EQ oder LZK so einpegeln, dass das gesamte Frequenzspektrum wieder passt, ohne aber, dass man Gefahr läuft, für gewisse Frequenzbereiche dann nicht mehr genug Leistung oder Memranfläche/Auslenkung zu haben.
Von daher würde ich sagen: es gibt gewiss nie zu viel Leistung, aber es ist schön, wenn man ein Setup hat, das immer so ausgelegt ist, dass man es nie im Limit betreiben muss, um erst glücklich zu werden.
Bass kann aber auch eine Sucht sein. Auch das würde ich im Car HiFi bei einer gewissen Klientel durchaus als solche bezeichnen.
Auch hier nochmal ein kurzes Beispielvideo:
Das ist jetzt irgend etwas, was ich quick and dirty rausgesucht habe (kenne den nicht, scheint irgendwas internationales zu sein). Es gibt hunderte, gar tausende solcher Fahrzeuge weltweit (und nicht wenige davon auch in Deutschland). Das ist dann der Bereich, wo es zweifellos nicht mehr ums Musikhören geht, sondern einfach nur noch die Sucht nach enorm tiefem und lautem Bass befriedigt werden muss. Bei diesem Video wird denke ich auch deutlich, dass ein Drucksensor bei komplett geschlossener Fahrgastzelle da weit über die Werte hinausschießt, die man im Freifeld oder auch im Heimkino jemals erreichen würde.
Ich gebe zu: ein Heimkino-Setup, bei dem man in der Tür stehend ebenso durchgeföhnt würde, wäre sicherlich spaßig, aber vermutlich problematisch für praktisch ALLES im Haus, was nicht festgenagelt ist - und das hören dann auch Nachbarn selbst bei freistehenden Häusern.
Aber erneut: Musikhören ist das dann nicht mehr. Darum ging's aber auch von Anfang an gar nicht, ich sagte lediglich, dass solche Pegel (im Bassbereich und für einige verrückte) kein Problem darstellen.
Music Clef schrieb:
Das wird, ohne das es komisch klingt, irgendwann so laut, dass du freiwillig nicht lauter machen willst. Und da ist man weit von 150dBC entfernt
Ja, da bin ich bei dir. Wie zuvor schon erwähnt: idealerweise hat man ein Setup, das man nicht im Limit betreibt und es dennoch schon mehr als laut genug ist.
Die 150 dB(c) sind im Auto technisch sogar ziemlich einfach machbar, aber dennoch ist das für viele schon zu laut. Ich kann aber gerne mal ein Video raussuchen, wo meine Mum zum 50. Geburtstag (boah, ist das echt schon wieder 13 Jahre her?!) ne "private Hairtrick-Session" bekommen hat - im 2009er Weltmeisterfahrzeug in der Klasse "Bass Race 159,9" - dabei geht es darum, über 30 Sekunden hinweg den Basspegel auf exakt 159,9 dB zu halten (und nicht drüber oder drunter zu liegen). Ihr war es übrigens nicht zu laut und sie hat noch so nen Spruch gebracht, wie "Ich verstehe gar nicht, wieso da einige schreiend wegrennen"
Die ist wohl Kummer durch mich gewöhnt (sie hat sogar selbst mal bei einer SPL Classics-Pegelmessung teilgenommen mit einem von mir ausschließlich auf Klang getrimmtes Setup).
Music Clef schrieb:
Da sind wird aber schon bei einem Pegel, nahe der Kotzgrenze, für dauerhaft Musikhören, ist das unserer Meinung nach nichts mehr.
Ja und nochmal: ich gebe dir Recht, besonders im heimischen Bereich. Auf Konzerten kotzen mich aber eher Setups an, die klanglich einfach nix taugen. Da steht dann die Menge rund um dich und feiert und ich denke nur: "Boah, wann hört dieses furchtbare Clipping endlich auf?!". Im Auto wiederum - siehe die beiden oben verlinkten Songs, sowas kann auch bei extremen Basspegel extrem viel Spaß machen (oder eben: nur dann ^^).
PS: Wow, das war jetzt mal ein Text. Was lernt
@Playmobilritter daraus? Die Wohnung vergessen und nur noch Musik im Auto betreiben
NEIN, tu das bitte nicht! Ich kann dir eins sagen: selbst mit tausenden Euro Equipment und immensem Einbau- und (manuellem) Einmess-Aufwand schaffst du es nicht einmal annähernd, solch gutklingende Ergebnisse im Auto zu erzielen, wie du es mit z.B. nur zwei- dreihundert Euro (Verstärker, Lautsprecher und Kabel!) im heimischen Wohnzimmer schaffst. Es gibt wirklich, wirklich richtig gut klingende Autos, aber selbst die sind in Sachen Bühne, Staffelung, Authentizität einfach meilenweit von dem entfernt, was du selbst mit einem gut platzierten und qualitativ brauchbaren Schreibtischsetup erzeugen kannst.
Zu nachteilbehaftet ist die Fahrgastzelle im Auto, die Sitzposition, die Materialien (riesige Glasflächen, gleichzeitig große Stoffabsorber), Einbaupositionen und Abstrahlwinkel der Lautsprecher, und so weiter.