Verbraucherschutz: Autonomes Fahren muss manipulationssicher sein

Andreas Frischholz
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Verbraucherschutz: Autonomes Fahren muss manipulationssicher sein
Bild: Audi

Wenn selbstfahrende Autos die Straßen bevölkern sollen, muss zuvor der Datenschutz gewährleistet werden, fordert der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Nötig sind also gesetzliche Mindeststandards, um die Verbraucher von Manipulationen und Datenpannen zu schützen.

So erklärt vzbv-Vorstand Klaus Müller: „Mit steigender Automatisierung und Vernetzung des Verkehrs werden Datenschutz und Datensicherheit immer wichtiger.“ Denn je mehr Daten ein Auto erfasst, desto mehr Informationen sammelt es auch über den Fahrer. Deswegen müssen auch die gesetzlichen Vorgaben stimmen, an denen die Bundesregierung derzeit arbeitet.

Privacy-by-Design als Standard

Im Auftrag der Verbraucherschützer hat die Kanzlei Baum, Reiter & Collegen deswegen ein Rechtsgutachten erstellt, das konkrete Anforderungen für den Datenschutz beim autonomen Fahren benennt. Dazu zählen:

  • Privacy-by-Design: Im Sinne der neuen EU-Datenschutzverordnung dürfe Datenschutz kein Extra-Feature sein. Entsprechende Vorrichtungen müssten direkt mit eingebaut werden, wenn Fahrzeughersteller die technischen Systeme entwickeln.
  • Datensicherheit: Die Fahrzeugsysteme müssten nachprüfbar geschützt sein, damit die erfassten Daten nicht gefälscht, manipuliert oder von Unbefugten verwendet werden. Ebenso sind Notfallsysteme erforderlich, falls es doch zu einer Datenpanne kommt.
  • Schutz vor Angriffen: Damit selbstfahrende Autos nicht heimlich übernommen oder Daten abgefangen werden, müssen Funktionen integriert werden, die solche Angriffe erkennen, melden und stoppen können. Zudem müsse auch regelmäßig kontrolliert werden, dass bei diesen Funktionen keine Sicherheitslücken bestehen.

Beispiele wie zuletzt die bundesweite Störung bei der Deutschen Telekom haben nach Ansicht der Verbraucherschützer gezeigt, wie anfällig vernetzte Systeme sind. Das müssten auch die Fahrzeughersteller einkalkulieren. „Sollte es zu einer sicherheitsrelevanten Fahrzeugdaten-Panne kommen, muss sichergestellt sein, dass das Auto eigenständig mit einem Notsystem an den Fahrbahnrand fährt und anhält“, fordert Gerhart Baum, ein ehemaliger Bundesminister, der als Anwalt an dem Rechtsgutachten mitgewirkt hat.

Generell greifen die Verbraucherschützer damit aber Bedenken auf, die auch seitens der Hersteller diskutiert werden. Sicherheit soll nicht zum Geschäftsmodell werden, erklärten Branchenvertreter erst vor kurzem auf dem Mobile Broadband Forum 2016 in Tokio.

Verkehrsdaten im Sinne von Open Data als Allgemeingut

Angesichts der Masse an personenbezogenen Daten, die beim vernetzten Fahren und mit intelligenten Verkehrssystemen gesammelt werden, spielt auch das Vertrauen der Verbraucher eine entscheidende Rolle. Baum fordert daher neutrale Instanzen, die solche Daten verwalten. Denkbar sei etwa ein Trust Center, das Fahrzeug- und Verkehrsdaten verwaltet. So eine Einrichtung könnte dann auch zwischen Interessen der Fahrer und Dritten wie Versicherungen und der Polizei vermitteln.

Ohnehin fordern die Verbraucherschützer, dass Daten über die Verkehrsinfrastruktur oder Parkplätze nicht das Eigentum eines einzelnen Herstellers sind, sondern im Prinzip des Open-Data-Ansatzes der Allgemeinheit zur Verfügung stehen sollten.

Haftung nicht zu Lasten der Verbraucher

Ein entscheidender Punkt bei neuen Gesetzen ist zudem die Frage: Wer haftet, wenn ein selbststeuerndes Fahrzeug einen Unfall baut? Die Antwort der Verbraucherschützer ist klar: „Nicht Halter, sondern Hersteller seien hier in die Verantwortung zu nehmen“, heißt es in der Stellungnahme des vzbv. Der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht derzeit vor, dass ein Fahrer zwar die Hände vom Lenkrad nehmen darf, wenn das Auto selbstständig fährt. Im Zweifel muss er aber jederzeit eingreifen können, um etwa einen Unfall zu verhindern. Wie aufmerksam ein Fahrer in der Praxis tatsächlich sein muss, ist allerdings unklar.

Mit weiteren Problemen beim automatisierten Fahren wird sich derweil die Ethikkommission befassen, die Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ins Leben gerufen hat. vzbv-Vorstand Müller: „Es müssen Lösungen für vielfache gesellschaftliche und ethische Herausforderungen gefunden werden.“ Dabei geht es etwa um die Frage, wie sich ein selbstfahrendes Auto verhalten soll, wenn es – etwa bei einem drohenden Unfall – nicht mehr zwischen richtig und falsch entscheiden kann, sondern nur noch die Wahl zwischen zwei Übeln hat.