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C:\B_retro\Ausgabe_12\: Der erste Intel Pentium

Sven Bauduin
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C:\B_retro\Ausgabe_12\: Der erste Intel Pentium
Bild: Wikipedia

Zur CeBIT 1993 – einst die weltgrößte Computermesse – war es so weit und Intel stellte seinen ersten superskalaren x86-Prozessor vor. Der 1992 angekündigte Nachfolger der vierten Generation von Prozessoren auf Basis der x86-Architektur brach mit der üblichen Nomenklatur, er bekam einen Namen: Pentium.

Jeden Sonntag wirft C:\B_retro\ einen unterhaltsamen Blick zurück auf drei Jahrzehnte voller bewegter Geschichten und die Entwicklung der Computerszene: Was geschah in den letzten 30 Jahren zwischen 1980 und 2010 in der Informationstechnik? Geschichten von Mythen, Meilensteinen und Meisterwerken: C:\B_retro\.

C:\B_retro\Ausgabe_12\

Der erste Intel Pentium Prozessor

Nachdem sich C:\B_retro\Ausgabe_5\ bereits mit dem legendären AMD K7 aus dem Jahre 1999 beschäftigt und Ausgabe_2 unter anderem den Intel Pentium II von 1997 zum Thema hatte, geht die Ausgabe_12 noch ein Stück weiter zurück in der Geschichte der CPU und widmet sich dem allerersten Intel Pentium von 1993.

Der YouTube-Kanal Intel Media Collection hält einige interessante Werbespots zum Intel Pentium bereit, wie unter anderem einen der ersten Fernsehwerbespots von 1992 unter dem Titel „Library Card“:

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C:\B_retro\...\...\Geschichte\

Ende 1992 ließ der US-amerikanische Halbleiterhersteller Intel verlauten, mit dem bereits für die CeBIT 1993 angekündigten Nachfolger ihres äußerst erfolgreichen Prozessors i486 – der auch von anderen Unternehmen unter Lizenz gefertigt wurde – erstmals mit dem 1982 durch den 80286 etablierten Namensschema zu brechen.

Der neue Name Pentium war abgeleitet von penta (πεντα) – dem griechischen Wort für „fünf“. Intel begründete die Namensänderung seinerzeit mit dem Umstand, die Zahlen markenrechtlich nicht ausreichend schützen lassen zu können, was dazu führte, dass Intels Konkurrenten wie AMD und Cyrix für ihre i486-Klone nur leicht abgewandelte Bezeichnungen wie AMD Am486 oder Cyrix Cx486 verwendeten.

Seit den Zeiten des i386 von 1985 versuchte Intel seine Konkurrenz und deren „Nachbauten“ durch den Schutz von Warenzeichen vom Markt zu verdrängen. Nachdem ein US-Gericht urteilte, dass die Ziffern 586 und 80586 nicht schützenswert seien, wurde seitens Intel die Idee vom Pentium geboren.

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Wie bereits beim i486 kam erneut das gleiche Entwicklerteam rund um die zwei Hauptarchitekten John Crawford und Uri C. Weiser – der weithin als Vater der Pentium-Architektur gilt – zum Einsatz und entwickelte unter dem Codenamen P5 den allerersten Intel Pentium Prozessor.

Am 22. März 1993 war es dann soweit und Intel präsentierte mit dem Pentium 60 und dem Pentium 66 die ersten beiden Modelle des Ur-Pentiums. Es handelte sich um die ersten zwei superskalaren CISC-Mikroprozessoren der Welt, da es Intel hier gelang, RISC-Technologie zu integrieren, ohne dabei die Abwärtskompatibilität zu x86 zu verlieren. Bereits der i486 besaß eine gegenüber klassischem RISC-Design erweiterte 5-stufige Pipeline – Fetch, Decode 1, Decode 2, Execute, Write Back. Der Pentium erhielt zudem zwei zusätzliche Execution-Units, U und V, die gewisse paarbare Befehle superskalar ausführen konnten.

Das Design des P5 implementierte zwei Integer-Execution-Units, eine Gleitkomma-Execution-Unit, eine dynamische Sprungvorhersage, getrennt voneinander arbeitende Daten- und Code-Caches mit einer Größe von jeweils 8 kB und einen 64 Bit breiten externen Datenbus mit schnellen Burst-Modi, um den externen Cache schneller anbinden zu können. Die beiden Pipelines erlaubten es dem ersten Vertreter der Pentium-I-Familie, zwei Funktionseinheiten parallel arbeiten zu lassen. Zudem konnte die dynamische Sprungvorhersage den konzeptionellen Nachteil der Pipeline-Architektur erfolgreich ausgleichen. Noch mehr Details liefert das offizielle Datenblatt (PDF) zu den P5-Prozessoren Pentium 60 und Pentium 66.

Blockdiagramm des Pentium 60 und Pentium 66 (P5)
Blockdiagramm des Pentium 60 und Pentium 66 (P5) (Bild: Intel)

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Bereits auf der CeBIT 1994 wurde die erste Evolutionsstufe des Ur-Pentiums mit dem Codenamen P54C vorgestellt, der – anders als der P5 – einen On-Chip-APIC besaß und damit auch als Multiprozessor-Version auf den Markt kam. Am 10. Oktober 1994 begann die Markteinführung der ersten beiden P54C-Modelle Pentium 90 und Pentium 100, die zudem auf ein moderneres und von 800 nm auf 600 nm verfeinertes Fertigungsverfahren setzten. Zugleich stand der erste Wechsel des Sockels an – von Sockel 4 (P5) auf Sockel 5 (P54C). Bis März 1995 wurde die P54C-Produktfamilie noch durch ein Pentium 75 und Pentium 120 an beiden Enden des Produktportfolios abgerundet.

Mit den insgesamt vier Modellen vom Codenamen P54C gelang es Intel zudem, die TDP deutlich zu senken und das Verhältnis von Leistung zum Verbrauch deutlich zu optimieren. Während der Pentium 66 (P5) mit einer Betriebsspannung von 5 Volt noch eine TDP von 16 Watt erreichte, begnügte sich der Pentium 75 (P54C) mit einer „Maximum Active Power Dissipation“ – so die damalige Bezeichnung seitens Intel – von 8 Watt. Dies lag zum Teil auch am optimierten BiCMOS-Fertigungsverfahren und der geringeren Die-Größe der P54C-Modelle von 148 mm² im Vergleich zu den 294 mm² der P5-Modelle. Die Anzahl der Transistoren stieg hingegen von 3,1 Millionen (P5) auf 3,3 Millionen (P54C) nur unwesentlich. Auch hier liefert das offizielle Datenblatt (PDF) weitere interessante Fakten.

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Zwischen Juni 1995 und Juni 1996 legte Intel unter dem Codenamen P54CS mit dem Pentium 133, Pentium 150, Pentium 166 und Pentium 200 noch einmal vier Modellen im noch einmal von 600 Nanometer auf 350 Nanometer verfeinerten Fertigungsverfahren auf, die hinsichtlich Leistung, Verbrauch und Abwärme noch einmal einen Schritt nach vorne machen konnten. Zu diesem Zeitpunkt lag Intels Hauptaugenmerk aber bereits auf dem Pentium MMX, der der Weltöffentlichkeit bereits am 27. März 1995 in einer mobilen Version vorgestellt wurde und erneut einen wichtigen Entwicklungsschritt in der Entwicklung der ersten Generation des Pentium darstellte.

Blockdiagramm des Pentium 75 bis Pentium 200 (P54C/P54CS)
Blockdiagramm des Pentium 75 bis Pentium 200 (P54C/P54CS) (Bild: Intel)

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Unter dem Codenamen P55C veröffentlichte Intel mit dem Pentium MMX die letzte Ausbaustufe der P5-Familie, welche in Intels Forschungs- und Entwicklungszentrum in Haifa, Israel entwickelt wurde. Es sollte die letzte und leistungsfähigste Prozessor-Reihe aus der Pentium-1-Familie sein und erschien im März 1995 zuerst in Form der drei mobilen Ableger Pentium MMX 120, Pentium MMX 133 und Pentium MMX 150, bevor am 8. Januar 1997 die beiden ersten Desktop-Prozessoren Pentium MMX 166 und Pentium MMX 200 der P55C-Reihe auf den Markt kamen, welche am 2. Juni 1997 um das damalige Spitzenmodell Pentium MMX 233 ergänzt wurde.

Der Pentium MMX (P55C) stellte Intels ersten Hauptprozessor mit der hauseigenen MMX-Befehlserweiterung dar und benötigte auf Grund seines Businterfaces mit einer Betriebsspannung von 3,3 Volt – bei dem die CPU mit 2,8 Volt betrieben wurde – eine spezielle Form des Sockel 7, den so genannten Split-Voltage-fähigen Sockel 7. Ein erneuter Wechsel des CPU-Sockels stand somit also an, wollte der Anwender von einem Pentium auf einen Pentium MMX wechseln.

In Sachen Leistung sollte der Pentium MMX noch einmal einen großer Schritt nach vorne machen – nicht nur in MMX-Anwendungen – und war selbst bei der Nutzung regulärer Programme ohne MMX-Unterstützung im Mittel etwa 15 bis 20 Prozent schneller als ein gleich getakteter P54C. Für einen nicht unwesentlichen Teil der Leistungssteigerung konnte mitunter der von 2x 8 Kilobyte auf 2x 16 Kilobyte verdoppelte L1-Cache für Daten und Instruktionen verantwortlich gemacht werden.

Blockdiagramm des Pentium MMX 166 bis Pentium MMX 233 (P55C)
Blockdiagramm des Pentium MMX 166 bis Pentium MMX 233 (P55C) (Bild: Intel)

Auch in Sachen Strukturbreite und Fertigung konnte Intel die P5-Familie mit dem Pentium MMX noch einmal entschieden voranbringen. Der P55C basierte auf dem zu der Zeit fortschrittlichen CMOS-Fertigungsverfahren mit 350 Nanometer, welches gegen Ende der Produktion noch einmal auf 280 Nanometer verfeinert wurde und besaß 4,5 Millionen Transistoren. Auch das offizielle Datenblatt (PDF) des Pentium MMX findet sich im Archiv wieder und liefert einen noch tieferen Einblick in die Architektur des P55C.

Die Architektur des Intel Pentium
Die Architektur des Intel Pentium (Bild: Wikipedia, CC BY-SA 3.0)
Die Architektur des Intel Pentium MMX
Die Architektur des Intel Pentium MMX (Bild: Wikipedia, CC BY-SA 3.0)

Seine vergleichsweise hohe Leistung im Allgemeinen und seine Multimedia- und Spieleperformance im Speziellen machen den Pentium MMX noch heute zu einem der gefragtesten Retro-Prozessoren, wenn es um den Bau von Sockel-7-Retro-PCs geht.

Hierzu hat hat erneut PhilsComputerLab – dessen YouTube-Kanal sich primär mit Retro-Hardware beschäftigt – einen sehr sehenswerten Videobeitrag veröffentlicht:

C:\B_retro\...\...\...\OverDrive Prozessoren\

Zwischen 1992 und 1998 bot Intel mit den sogenannten OverDrive Prozessoren besondere CPUs an, welche sich speziell zum Aufrüsten ältere System eigneten. Auch zu Zeiten der ersten Pentium-Baureihe existierten OverDrive Prozessoren, mit denen eigentlich für den 486 konzipierte Mainboards mit Pentium-Prozessoren ausgerüstet werden konnten.

Der Pentium OverDrive mit 63 MHz (PODP5V63), 83 MHz (PODP5V83) und 133 MHz (PODP5V133) erforderte dabei ein Mainboard mit sogenanntem Nullkraftsockel auf Basis des Sockel 3. Auch für den Pentium MMX (P55C) und die Sockel 5 und 7 bot Intel entsprechende OverDrive Prozessoren mit bis zu 166 MHz an.

Das Prinzip der OverDrive Prozessoren verfolgte Intel bereits zu Zeiten des 486, welcher als OverDrive Prozessor auf für den 386 konzipierten Hauptplatinen lauffähig war.

Pentium und Pentium MMX OverDrive Prozessoren mit 120 bis 166 MHz (Bild: Wikipedia)

C:\B_retro\...\...\Spezifikationen\

Die Spezifikationen der ersten Pentium-Familie, bestehend aus dem Pentium (P5) und seiner beiden Evolutionsstufen (P54C/P54CS) sowie dem Pentium MMX (P55C), stellen sich wie folgt dar:

C:\B_retro\...\...\...\Alle_Modelle\

P5 P54C P54CS P55C
L1-Cache
(Daten + Instruktionen)
8 kB + 8 kB 8 kB + 8 kB 8 kB + 8 kB 16 kB + 16 kB
Fertigungsverfahren 800 nm 600 nm
350 nm
350 nm 350 nm
280 nm
Transistoren 3,1 Millionen 3,3 Millionen 3,3 Millionen 4,5 Millionen
Die-Größe 294 mm² 148 mm²
91 mm²
91 mm² 141 mm²
128 mm²
Sockel Sockel 4 Sockel 5
Sockel 7
Sockel 5
Sockel 7
Sockel 7
Taktfrequenz 60 MHz
66 MHz
75 MHz
90 MHz
100 MHz
120 MHz
133 MHz
150 MHz
166 MHz
200 MHz
166 MHz
200 MHz
233 MHz
Front Side Bus 60 MHz
66 MHz
50 MHz
60 MHz
66 MHz
60 MHz
66 MHz
60 MHz
66 MHz
TDP 14,6 Watt
16,0 Watt
8,0 Watt
9,0 Watt
10,1 Watt
12,8 Watt
11,2 Watt
11,6 Watt
14,5 Watt
15,5 Watt
13,1 Watt
15,7 Watt
17,0 Watt
Marktstart 03/1993 03/1994 06/1995 01/1997

C:\B_retro\...\...\Pentium_heute\

C:\B_retro\...\...\...\Im_Schatten_der_Core_CPUs\

Nachdem Intel die Marke Pentium 1993 mit Hilfe einer der größten Werbekampagnen der IT-Geschichte erfolgreich im Markt eingeführt hatte, verwendete das Unternehmen sie auch für die Prozessormodelle folgender Generationen. Bis zur Einführung der Marke Core und der Core-i-Prozessoren im Jahre 2006 versah Intel seine leistungsstärksten x86-Prozessoren von da an immer mit dem Label Pentium.

Heutzutage rangieren Prozessoren vom Typ Pentium im Einsteigerbereich und eignen sich eher für Office- und Multimedia-PCs. Auch Comet Lake-S wird als 10. Generation der Core-Prozessoren wieder Pentium-Modelle in seinem Portfolio führen. Trotz klangvoller Namen wie Pentium Gold sind die goldenen Jahre des Pentiums mittlerweile gezählt.

C:\B_retro\Review\

An dieser Stelle finden sich die bisherigen Themen der vorangegangenen Ausgaben von C:\B_retro\ in chronologischer Reihenfolge.

C:\B_retro\Feedback\

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