HTC Vive Pro 2 im Test: Ergonomie, Ease of Use und GPU-Kompatibilität

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David Pertzborn
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Nach den technischen Details zur Bild- und Audio-Qualität sowie zur Tracking-Lösung geht es im Folgenden um die Frage nach der Ergonomie, dem „Ease of Use“ und weiteren (technischen) Details.

Ergonomie

Die Vive Pro 2 ist ein schweres VR-Headset – das schwerste im Testfeld. Zwar schafft es die Vive Pro 2 durch geschickte Gewichtsverteilung und ein stabiles Bügelsystem, diesen Nachteil etwas zu relativieren. Das Headset ist zwar schwerer, zieht den Kopf aber nicht nach vorne und ist somit bei schnellen Kopfbewegungen teilweise sogar weniger störend als die Valve Index oder die Reverb G2. Vor allem die Reverb G2 fühlt sich deutlich leichter und weniger klobig an. Einen echten Sieger gibt es in diesem Bereich nicht, aber subjektiv müssen sich die Valve Index und die Vive Pro 2 der HP Reverb geschlagen geben. Nur bei HP gibt es für den Redakteur das Gefühl, dass das Headset einfach passt wie ein gut eingelaufener Turnschuh. Dafür ist die Vive Pro 2 das erste Headset, in das die Brille nicht nur irgendwie rein passt.

Beide Brillen verschwinden unter der Vive Pro 2
Beide Brillen verschwinden unter der Vive Pro 2

In der Vive Pro 2 musste der Redakteur im Test zweimal nachdenken, ob er die Sehhilfe gerade trägt oder nicht. Dafür vergisst man unter der Vive Pro 2 alleine schon auf Grund der Wärmeentwicklung nie, dass man ein VR-Headset trägt. In keinem anderen Modell wird es so schnell so warm wie in der Vive Pro 2, was vermutlich an eben jenen dicken Polstern und breiten Gurten liegt, die das Gerät so sicher auf dem Kopf halten.

Wenn alle Headsets nur einen Handgriff entfernt sind, welches nehmen?
Wenn alle Headsets nur einen Handgriff entfernt sind, welches nehmen?

Ease of Use

Was mit „Ease of Use“ (grob übersetzbar mit Benutzerfreundlichkeit) in diesem Kontext gemeint ist, lässt sich am leichtesten mit dem Spiel Beat Saber erklären. Ein Titel, der immer wieder für eine kurze Runde einlädt, die Ergonomie und das Tracking mit schnellen Bewegungen fordert und relativ unabhängig von der Darstellungsqualität Spaß macht. Welches Headset bietet sich für eine schnelle Runde Beat Saber (aus der dann eineinhalb Stunden werden) am meisten an? Beziehungsweise welche Hindernisse gibt es mit den drei verschiedenen Kontrahenten?

Als Siegerin geht hier die Valve Index vom Platz, aber die Vive Pro 2 ist nicht weit entfernt. Gegen die Vive Pro 2 sprechen vor allem Kleinigkeiten. Beispielsweise wird neben der SteamVR-Software immer noch die Vive Console benötigt, was zumindest im Test nicht regelmäßig, aber doch hin und wieder zu kleinen Umwegen führte. Manche Einstellungen sind nur in einem der beiden Programme nötig.

Wenn SteamVR neu starten möchte, schließt sich allerdings auch die Vive Console, lädt jedoch dann nicht ganz so schnell wieder neu wie SteamVR, was dann zu einer Fehlermeldung führt, die zwar mit einem Klick behoben ist, aber eigentlich nicht nötig wäre. Zusätzlich braucht es bei der Vive Pro 2 immer ein paar Sekunden länger, bis das Headset richtig und so fest sitzt, dass das Bild stimmt.

Wenn SteamVR neustarten will ohne das die Vive Software das mitbekommt
Wenn SteamVR neustarten will ohne das die Vive Software das mitbekommt

Im Vergleich zur HP Reverb G2 sind jedoch sowohl Valve Index als auch Vive Pro 2 deutlich überlegen, was das einfache Losspielen angeht.

Leistungsanforderung und technische Details

Die Vive Pro 2 stellt in zweierlei Hinsicht besondere Anforderungen an den eigenen Rechner oder genauer gesagt an die verwendete GPU. Einerseits muss die nötige Leistung natürlich vorhanden sein, aber zusätzlich muss die Grafikkarte überhaupt in der Lage sein, die hohe Auflösung an das Headset zu übertragen. Im Test ist der zweite Punkt oft entscheidend. Laut HTC ist mindestens eine GeForce RTX 20er Series (Turing) or AMD Radeon 5000 (Navi) nötig, um die Vive Pro 2 mit voller Auflösung ansteuern zu können. Im Test stimmt das so nicht. Getestet wurden vier Grafikkarten aus vier verschiedenen Generationen: Nvidia GTX 1070, die Nvidia RTX 2080 Ti, die AMD Radeon 5700 XT und die AMD Radeon RX 6800. Dabei gab es drei verschiedene Ergebnisse.

Mit der Nvidia RTX 2080 Ti und der AMD Radeon RX 6800 ist jeweils die volle Auflösung möglich und auch die Leistung der Grafikkarten reicht aus, um beispielsweise Half Life: Alyx noch mit 200 Prozent Supersampling oder mehr zu betreiben. Zu erwähnen sei hier ebenso, dass mit beiden Grafikkarten im Test keine visuellen Bugs oder Probleme auftraten, von denen andere Reviewer wie beispielsweise von VR-Legion berichten.

Zu alte Grafikkarten bleiben außen vor

Mit der Nvidia GeForce GTX 1070 gibt es dann, wie den offiziellen Systemanforderungen zu entnehmen, nicht mehr die volle Auflösung. Darunter leidet die Bildqualität deutlich, aber immerhin bleiben so selbst moderne Spiele mit einer älteren Grafikkarte ruckelfrei spielbar, wenn auch mit verminderter Qualität.

Mit zu alter Hardware ist die volle Auflösung nicht möglich
Mit zu alter Hardware ist die volle Auflösung nicht möglich

Technische Probleme mit der RX 5700 XT

Weniger eindeutig ist die Situation mit der zweitneuesten GPU im Vergleich. Laut der Vive Console sollte auch die Radeon RX 5700 XT mit Navi-10-GPU die höchste Auflösung darstellen können und diese lässt sich auch problemlos auswählen. Die Bildqualität im Spiel lässt dann aber Zweifel aufkommen: Die Lesbarkeit von entfernten Texten ist deutlich vermindert und an geraden Linien und Kanten tritt starkes Aliasing auf – klare Zeichen für eine reduzierte Auflösung. Und auch ein Blick in die Einstellungen von SteamVR bestätigt, dass die Vive Pro 2 nur mit reduzierter Auflösung arbeitet.

Mit der RX 5700XT ist die volle Auflösung nicht möglich
Mit der RX 5700XT ist die volle Auflösung nicht möglich

Warum hier ähnlich wie bei der GTX 1070 nicht die volle Auflösung zum Einsatz kommt, dies aber nicht transparent angezeigt wird, konnte nicht geklärt werden. Problematisch ist dies jedoch schon alleine deshalb, weil die 5700 XT durchaus in vielen Titeln die volle Auflösung leisten könnte und oft sogar noch Spielraum für Supersampling bleibt. Im aktuellen Zustand ist die Kombination aus Vive Pro 2 und 5700 XT jedoch nicht zu empfehlen.

Sonstiges

Wer sich wundert, warum die Controller bis dato kein einziges Mal erwähnt wurden, bekommt nun die Antwort: Mit der aktuellen Vorbesteller-Version der Vive Pro 2 werden keine Controller mitgeliefert. Das Headset richtet sich somit zunächst an Aufrüster, die schon ein bestehendes Lighthouse-System mit Controller besitzen. Praktischerweise lässt sich die Vive Pro 2 ohne Umwege auch mit den Valve-Index-Controllern nutzen, die aktuell die Referenz im VR-Bereich darstellen. Insgesamt setzt HTC mit der Vive Pro 2 stark auf das schon bestehende Ökosystem rund um das Lighthouse-Tracking und das entsprechende Zubehör. So harmoniert die Vive Pro 2 beispielsweise mit den Vive-Trackern, die es ermöglichen, weitere Objekte in VR einzubinden oder Full-Body-Tracking durchzuführen.

Dank dem (teuren) Vive Wireless Adapter funktioniert die Vive Pro 2 auch kabellos
Dank dem (teuren) Vive Wireless Adapter funktioniert die Vive Pro 2 auch kabellos

Der Vive Wireless Adapter funktionierte im Test mit reduzierter Auflösung und Bildqualität ebenfalls sofort mit der Vive Pro 2. Weiteres kompatibles Zubehör gibt es auch mit dem Vive Facial Tracker, der es ermöglicht, Mimik auf virtuelle Avatare zu übertragen. Hier bietet HTC ein einzigartiges Komplettpaket, das jedoch auch seinen Preis hat. Der Wireless Adapter beispielsweise kostet mehr als eine Oculus Quest 2, sofern Facebook bereit wäre, sich an geltende Datenschutzbestimmungen zu halten und sie damit in Deutschland verfügbar wäre.

Weiteres sinnvolles Zubehör gibt es vorraussichtlich in Form von alternativen Gesichtspolstern, mit denen der Abstand zu den Linsen reduziert werden kann und damit auch das Field of View, vor allem vertikal, deutlich besser wird. Die Gesichtspolster der ersten HTC Vive passen im Test nicht exakt, können aber mit der HTC Vive Pro 2 verwendet werden.

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