Debian: Grundsatzentscheid zu Systemd fordert Opfer
Die Entwickler von Debian waren von einem der Ihren gefordert, eine Grundsatzentscheidung zu treffen, die den neuen Systemmanagement-Daemon Systemd betrifft. Ian Jackson als Initiator wollte sicherstellen, dass Pakete in Debian nicht von einem bestimmten Init-System abhängen dürfen, sofern das technisch vermeidbar ist.
Auslöser für diese Grundsatzentscheidung (General Resolution, GR) sowie auch für den gesamten Entscheidungsprozess für ein neues Init-System ist die Desktop-Umgebung GNOME, die in Teilen Systemd voraussetzt. Ian Jackson, langjähriger Debian-Entwickler und Mitglied im Technischen Komitee der Distribution, griff einen Antrag zu einer GR auf, die im März, kurz nach der Entscheidung, Systemd für Debian 8 „Jessie“ zum Standard zu machen, nicht genügend Unterstützer gefunden hatte.
Zu seiner Forderung, keine Kopplung zu Systemd zuzulassen, gesellten sich Ergänzungen. So wollte Projektleiter Lucas Nussbaum festgestellt haben, dass Unterstützung für weitere Init-Systeme nicht zwingend, aber wünschenswert sei. Ein weiterer Zusatzantrag wollte die Entscheidung über die Kopplung von Anwendungen den Paketbetreuern überlassen. Als dritter Zusatz kam der Antrag, zu befinden, es sei zu diesem Themenkomplex gar keine Entscheidung durch eine GR nötig.
Nach zwei Wochen Diskussionszeit und weiteren zwei Wochen Wahlperiode wurden die Stimmen gezählt. Von derzeit 1.006 offiziellen Debian-Entwicklern nahmen knapp die Hälfte an der Abstimmung teil. Eine einfache Mehrheit der Stimmen reichte aus. In dem relativ komplizierten Wahlverfahren nach der Condorcet-Methode konnte Amendment Text C die meisten Stimmen auf sich vereinen. Das besagt: Es gibt keinen Grund für diese GR. Das ist ein Vertrauensbeweis in die Selbstregulierungskräfte im Projekt, ein Vertrauensbeweis an Entwickler und Paketbetreuer, in bester Absicht das Richtige zu tun und eine Absage an Bürokratismus und Überregulierung. Dass dabei Fehler passieren können, wird akzeptiert.
Das Ergebnis ist auch eine Schlappe für die Koalition um Ian Jackson, der bei der Entscheidung im Technischen Komitee im Februar für die Alternative Upstart gestimmt hatte und seitdem nichts unversucht ließ, gegen die legitime Entscheidung für Systemd vorzugehen. Jackson trat vom Technischen Komitee zurück, nachdem das Wahlergebnis bekannt wurde. Damit wird hoffentlich bei Debian wieder Ruhe einkehren und die Entwicklungsarbeit ohne Störungen weitergehen können.
Die basisdemokratische Vorgehensweise bei Debian hat bereits mehrmals heftige Diskussionsphasen hervorgebracht, die, wie jetzt auch, Entwickler veranlassten, das Projekt zu verlassen. Während der letzten Monate gaben drei Entwickler ihren Sitz im Technischen Komitee auf, Joey Hess verließ Debian nach 18 Jahren und einer der Systemd-Maintainer warf das Handtuch wegen der ständigen Anfeindungen.