Sony Xperia 1 II im Test: Leistung, Software und Akkulaufzeiten
3/4Das Xperia 1 II ist das erste Sony-Smartphone mit Unterstützung für den 5G-Mobilfunkstandard. Dafür zuständig ist das an den Snapdragon 865 gekoppelte Modem Snapdragon X55, das alle Mobilfunkstandards von 2G bis 5G abdeckt. Anders als der Snapdragon 855 ist der Snapdragon 865 ein reiner AP („Application Processor“) ohne integriertes Modem. Beim Snapdragon 855 war das integrierte Modem für 2G bis 4G zuständig, während das optionale Snapdragon-X50-Modem 5G über einen zweiten Chip ermöglichte. Das Xperia 1 II unterstützt aktuell die 5G-Bänder n1, n3, n28 und n78 und ist damit auch für die Nutzung von DSS bei Deutscher Telekom und bei Vodafone geeignet. Das 5G-Band n77 soll mit einem späteren Software-Update nachgereicht werden.
Snapdragon 865 im Überblick
Welche Features der Snapdragon 865 im Detail bietet, erklärt ein zur Vorstellung veröffentlichter Artikel. Zu den grundlegenden Ausstattungsmerkmalen des in N7P bei TSMC gefertigten Chips gehört eine Octa-Core-CPU aus vier Kryo 585 Gold (ARM Cortex-A77) und vier Kryo 585 Silver (ARM Cortex-A55), wobei einer der Gold-Cores als Prime-Core mit einer höheren Taktrate von kurzzeitig bis zu 2,84 GHz arbeitet. Das Gold-Cluster bietet ansonsten bis zu 2,42 GHz, beim Silver-Cluster sind es 1,80 GHz.
Der Snapdragon 865 bietet zwei Speichercontroller für LPDDR5 oder LPDDR4X, wobei sich Sony für 8 GB des neueren Standards entschieden hat. Im Vorgänger Xperia 1 waren 6 GB LPDDR4X verbaut. Der Nutzerspeicher für das Betriebssystem und eigene Dateien wächst von 128 GB auf 256 GB und basiert auf dem aktuellen UFS-3.1-Standard mit hohen Übertragungsraten, die allerdings vor allem beim Schreiben nicht ganz mit anderen Flaggschiffen mithalten.
Schneller Speicher, lahmer Kartenleser
Im Detail liefert der Speicher des Xperia 1 II rund 1,5 GB/s beim sequentiellen Lesen, was durchaus auf dem Niveau der Konkurrenz liegt, aber nur 400 MB/s beim sequentiellen Schreiben. Die aktuellen Flaggschiffe von OnePlus, Oppo und Samsung kommen auf bis zu 750 MB/s. Auch bei Nutzung einer Speicherkarte gibt es Einschränkungen mit dem Xperia 1 II, die im Hause Sony nicht das erste Mal auftreten. Mit einer schnellen microSD-Karte von SanDisk liefert der Kartenleser nur 35 MB/s beim Lesen und 32 MB/s beim Schreiben. Die Konkurrenz schafft in beide Richtungen 70 MB/s und mehr. Schon das letztjährige Xperia 1 lieferte in dieser Disziplin enttäuschende Messwerte und mit dem neuen Modell hat sich an diesem Fazit nichts verändert. Glücklicherweise bringen selbst die höchsten Videomodi den Kartenleser nicht ans Limit, denn Xperia-Nutzer können grundsätzlich wählen, ob Aufnahmen auf dem internen Speicher oder einer Speicherkarte abgelegt werden sollen.
Grafikleistung der Adreno 650
Die Grafikleistung der integrieren Adreno 650 mit bis zu 587 MHz liegt exakt dort, wo sie angesichts von vergleichbar ausgestatteten Smartphones wie dem OnePlus 8 Pro (Test) erwartet wurde. Die Adreno 650 ist die aktuell stärkste GPU für ein Android-Smartphone, wenngleich sie deutlich abgeschlagen hinter der Apple-GPU des A13 Bionic liegt. Dennoch hat die GPU mit keinem der aktuell im Google Play Store angebotenen Spiele Probleme hinsichtlich mangelnder Leistungsfähigkeit.
Für Spieler gibt es die Spieloptimierer-App, die kompatibel zu Titeln wie Asphalt 9 und Call of Duty ist. Über den Spieloptimierer können Anwender verschiedene Leistungsprofile wählen, um eine Balance aus Leistung und Akkulaufzeit zu finden. Zum Beispiel lässt sich wahlweise immer die maximale GPU-Leistung abrufen oder aber in einen Modus mit Framelimiter auf 40 FPS wechseln, um die Akkulaufzeit beim Spielen zu verlängern. Der Spieloptimierer schmeißt auf Wunsch andere Apps aus dem RAM und unterbindet Benachrichtigungen, um den Spielfluss nicht zu unterbrechen. Videoaufnahmen des Spiels sind in Auflösungen von 480p, 720p und 1080p möglich.
- GFXBench Aztec Ruins 1440p (High) Offscreen Vulkan/Metal
- GFXBench Aztec Ruins 1080p (Normal) Offscreen Vulkan/Metal
- GFXBench Car Chase 1080p Offscreen OpenGL ES 3.1/Metal
- GFXBench Manhattan 1080p Offscreen OpenGL ES 3.1/Metal
- GFXBench Manhattan 1080p Offscreen OpenGL ES 3.0
- 3DMark Sling Shot Extreme Unlimited OpenGL ES 3.1/Metal
- 3DMark Sling Shot Unlimited OpenGL ES 3.0
Kein Leistungseinbruch unter Dauerlast
Dass sich die Spieleleistung des Snapdragon 865 dauerhaft im Xperia 1 II abrufen lässt, untermauert der Throttling-Test mit dem GFXBench Manhattan 3.1 in der 1080p-Offscreen-Auflösung, der bei wiederholter Ausführung keinen Einbruch der FPS zeigt. Das Xperia 1 II verhält sich in diesem Test genau so wie das OnePlus 8 Pro und liefert unbeeindruckt 88 FPS über den gesamten Verlauf. Apples GPU schwankt deutlich stärker, wenngleich die Leistung stets oberhalb derer der Adreno 650 bleibt. Samsung bietet im Galaxy S20 Ultra (Test) zunächst mehr Leistung als im Galaxy Note 10+, bricht dann aber unter das Niveau des Stylus-Smartphones mit älterem SoC ein.
Auch in den CPU-Benchmarks beweist das Xperia 1 II seine Leistungsfähigkeit im Vergleich zu anderen Android-Mitbewerbern. Der Snapdragon 865 ist die aktuellste und schnellste SoC-Option für Android-Nutzer. Mit seinen acht Kernen punktet der Chip vor allem bei Multi-Core-Anwendungen, auf die Single-Core-Leistung bezogen hängt der Lightning-Core von Apple aber den Kryo 585 Prime ab. In Browser-Benchmarks positioniert sich Apple seit bereits mehreren Jahren unangefochten an der Spitze.
- Geekbench 5.1 – Multi-Core Total
- Geekbench 5.1 – Multi-Core Crypto
- Geekbench 5.1 – Multi-Core Integer
- Geekbench 5.1 – Multi-Core Floating Point
- Geekbench 5.1 – Single-Core Total
- Geekbench 5.1 – Single-Core Crypto
- Geekbench 5.1 – Single-Core Integer
- Geekbench 5.1 – Single-Core Floating Point
- Geekbench 5.1 – Compute Vulkan
- PCMark Work 2.0
- PCMark Computer Vision
- JetStream 2
Die vom Snapdragon 865 zur Verfügung gestellte Rohleistung setzt das Xperia 1 II gut in den Alltag um, da auf tiefgreifende Veränderungen an der Benutzeroberfläche verzichtet wurde. Das Betriebssystem entspricht über weite Bereiche einem sogenannten Stock-Android, wie man es auf Googles eigenen Pixel- oder zum Beispiel auf Motorola-Smartphones antrifft. Sony setzt standardmäßig auf Googles Gestensteuerung statt On-Screen-Tasten. Die Bedienung des Xperia 1 II gelingt stets geschmeidig und ohne Aussetzer oder längere Ladezeiten. Für einen Wow-Effekt sorgt Sony aber nicht, da der 60-Hz-Bildschirm dazu einfach nicht in der Lage ist. Ein OnePlus 8 Pro oder Samsung Galaxy S20 mit 120 Hz fühlt sich im Alltag durchweg schneller an.
Android 10 ohne Update-Garantie
Veränderungen am Betriebssystem finden lediglich durch das Hinzufügen eigener Apps oder stellenweise erweiterten Untermenüs für spezifische Sony-Einstellungen statt. Dabei muss man Sony allerdings ein wenig ankreiden, dass mit Call of Duty, LinkedIn und Tidal gewisse Apps vorinstalliert sind, die nicht alle Nutzer benötigen werden und die ab Werk den Speicher belegen.
Das Smartphone wird mit Android 10.0 ausgeliefert und lief im Testzeitraum bis Ende Juli mit Build-Nummer 58.0.A.3.39 und den Google-Sicherheits-Updates vom 1. Juni 2020.
Anders als bei Google oder OnePlus gibt es von Sony keine feste Zusage für künftige Android-Updates, sondern lediglich einen anvisierten, aber eben nicht garantierten Support-Zeitraum. Flaggschiffe sollen bis zu zwei Jahre nach dem Launch des Smartphones Android-Updates erhalten. Für Sicherheits-Updates gibt es ebenfalls keine konkreten Zusagen. Abhängig vom Timing und von der vorliegenden Situation sollen von Google und Drittanbietern wie Qualcomm Sicherheits-Updates einzeln, mit einem Firmware-Update oder mit vollen Android-Updates ausgeliefert werden. Auch Xperia-spezifische Patches sind geplant.
Der Akku wächst auf 4.000 mAh
Bei den Akkulaufzeiten liefert das Xperia 1 II die seit geraumer Zeit besten Ergebnisse eines Sony-Topmodells. Auch bei Sony ist das Verlangen der Kunden nach größeren Akkus endlich zu den Entwicklern durchgedrungen. 4.000 mAh sind ein deutlicher Schritt nach vorne gegenüber den 3.330 mAh des Xperia 1. Im Hause Sony ist das eine äußerst positive Entwicklung, die schon viel früher hätte kommen müssen.
Mit der aufgewerteten Ausstattung schiebt sich das Xperia 1 II im PCMark 2.0 zwischen das Huawei P40 Pro (Test) und das Samsung Galaxy S20+ (Test). Der Benchmark führt das Surfen im Browser, die Foto- und Videobearbeitung sowie die Textverarbeitung auf dem Smartphone durch. Auch die Datenverarbeitung in Fitness- und Finanz-Apps wird simuliert. Da erst vor einigen Monaten auf den PCMark 2.0 gewechselt wurde, stehen noch wenige Vergleichsgeräte zur Auswahl.
Beim 720p-Streaming über die YouTube-App stehen mehr Geräte zur Verfügung. Das Xperia 1 II landet ziemlich genau im Mittelfeld und spielte den Stream 13:41 Stunden ab, bevor es sich abschaltete. Angesichts des hochauflösenden Displays ist das ein solider Wert, aber nicht das, was man in der 1.200-Euro-Liga erwartet. Die Konkurrenz mit 4.500 mAh oder gar 5.000 mAh zeigt mehr Durchhaltevermögen.
Die Alltagserfahrungen mit dem Xperia 1 II sind hinsichtlich des Akkus befriedigend bis gut. Ein klarer Schritt nach vorne gegenüber dem Xperia 1 ist zwar festzustellen, die Konkurrenz ist diesen Schritt aber in mindestens ebenso großer Länge ebenfalls gegangen, sodass letztlich wieder eine mittelmäßige Laufzeit unterm Strich steht. Die Akkulaufzeiten werden stark vom Nutzungsverhalten beeinflusst, wie sich mehrfach im Test zeigte. An den Tagen, an denen viel mit den Kameras für Fotos und Videos experimentiert wurde, war der Energiebedarf spürbar höher als an Tagen mit lediglich etwas Browser-, E-Mail- oder WhatsApp-Nutzung.
Da das Xperia 1 II weniger ein normales Smartphone ist, sondern klar den Fotografen und Filmemacher ansprechen soll, der häufig die Kameras nutzen wird, muss der Maßstab für die Bewertung des Akkus hier gesetzt werden und die Abschlussnote niedriger ausfallen. Wer sein Smartphone ohnehin jeden Abend lädt und nicht den Anspruch stellt, dass es zwei Tage oder länger durchhalten muss, kommt mit dem Xperia 1 II auch unter stärkerer Beanspruchung sicher über den Tag.
Laden mit 18 Watt Power-Delivery
Für den Ladevorgang liegt dem Xperia 1 II das Schnellladegerät UCH32C bei, das über USB-Power-Delivery bis zu 18 Watt liefert. Auch hier geht Sony somit eher den konservativ Weg, nachdem vor allem Hersteller aus dem chinesischen Raum zuletzt auf bis zu 65 Watt gestiegen sind und bis zu 125 Watt für die kommende Generation Schnellladen in Aussicht gestellt haben. Zum Lieferumfang des Xperia 1 II gehört ein 1 m langes USB-Kabel mit Typ-C-Stecker an beiden Enden.
Kabelloses Laden ist zurück
Zurückgekehrt ist das kabellose Laden mittels Qi-Standard, das es bereits im Xperia XZ3 oder auch Xperia XZ2 Premium (Test) gegeben hatte, dann aber mit dem Xperia 1 wieder entfernt wurde. Im Xperia 1 II ist es wieder mit an Bord und ließ sich im Test problemlos auf der Dockingstation des OnePlus 8 Pro nutzen.