Defekte RX 6800 (XT) & 6900 XT: Aufruf brachte bisher keine (neuen) Erkenntnisse

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Defekte RX 6800 (XT) & 6900 XT: Aufruf brachte bisher keine (neuen) Erkenntnisse

Der Reparaturdienstleister KrisFix hatte am Dienstag auf eine von ihm beobachtete Häufung von Defekten an AMD-Grafikkarten vom Typ Radeon RX 6800 (XT) und RX 6900 XT per YouTube-Video hingewiesen, die er sich nicht erklären konnte. Der Gang an die Öffentlichkeit sollte weitere Erkenntnisse bringen, bisher blieben sie aus.

Nach hitzig diskutierten Problemen mit dem 12VHPWR-Anschluss an GeForce-RTX-4000-Grafikkarten im 4. Quartal 2022 und den massenhaft ab Werk defekten Kühlern der Radeon RX 7900 XTX im Referenzdesign in der 1. Kalenderwoche traf das Video, das weitere Informationen einholen sollte, aber mit brennenden AMD Radeon 6000 als Teaser und dem Titel „Are AMD cards dying after a driver update?“ veröffentlicht wurde, auf ein Umfeld, in dem es sich innerhalb von Stunden in Foren und über Webseiten weltweit verbreitete.

ComputerBase hatte sich am Dienstagabend nach interner Beratung zunächst gegen eine Berichterstattung auf der Startseite entschieden, sondern griff den Sachverhalt im Forum auf. Grund dafür waren der äußerst dürftige Informationsstand und zahlreiche Unklarheiten. Eine Flut an Rückmeldungen betroffener Nutzer blieb überdies aus.

Nicht nur innerhalb der Community wird das Thema jedoch weiterhin heiß diskutiert, teilweise auf Basis ungesicherter Informationen und dezentral in verschiedensten Threads. Die Redaktion hat sich deshalb dazu entschlossen, den bisherigen Kenntnisstand redaktionell aufzubereiten, um einen geordneten Austausch innerhalb der Community zu ermöglichen. Im Vorfeld wurde darüber hinaus mit KrisFix in Kontakt getreten.

Doch was war überhaupt geschehen?

Der Anlass: 48 Grafikkarten mit defekter GPU

Todor Nikolov alias KrisFix, der in Deutschland einen Reparatur- und Komponenten-Shop für Grafikkarten betreibt, machte am Dienstagabend via YouTube auf eine Anomalie bei den von Kunden eingeschickten AMD-Grafikkarten in seiner Werkstatt aufmerksam: Von 61 Modellen der Serien Radeon RX 6800, RX 6800 XT und RX 6900 XT sei nach einer Diagnose bei 48 Grafikkarten ein defekter GPU-Chip festzustellen gewesen, wobei es sich für den selbstständigen und weder von Nvidia noch AMD autorisierten Dienstleister um einen irreparablen Defekt handelt. Die Zahl sei überraschend hoch: Ein derartiger Defekt liege für gewöhnlich nur bei jeder zehnten Grafikkarte der entsprechenden Serien vor, die Nikolov zur Reparatur eingeschickt werde.

Weil überdies bei jeder der betroffenen Grafikkarten bei Spannungsmessungen der Komponenten auf dem PCB dieselben Kurzschlüsse feststellbar waren, sei Nikolov stutzig geworden.

Die Vermutung: Der Treiber hat einen Einfluss

Er habe daher bereits vor zwei Wochen begonnen, die Besitzer der defekten Grafikkarten nach ihrer Nutzung zu befragen, um einen potenziellen gemeinsamen Nenner zu identifizieren. Und dieser fand sich beim verwendeten Grafiktreiber. Es handelt sich um den AMD Adrenalin 22.11.2, der am 8. Dezember 2022 mit einer WHQL-Zertifizierung versehen wurde. Nikolov äußert daher die Vermutung, der Grafiktreiber könne derartige Defekte am GPU-Chip zwar nicht zwingend bedingen, wohl aber möglicherweise begünstigen.

Beim genannten Treiber handelt es sich nach wie vor um die aktuellste Version für AMD-Grafikkarten auf Basis der RDNA-2-Architektur. Die seitdem veröffentlichen Versionen Adrenalin 22.12.1, Adrenalin 22.12.2 und Adrenalin 23.1.1 richten sich ausschließlich an Grafikkarten auf Basis von RDNA 3, also konkret die Radeon RX 7900 XT(X) (Test).

Um dem Thema weiter auf den Grund gehen zu können, bat Nikolov per Video Besitzer einer Radeon RX 6800, RX 6800 XT oder RX 6900 XT, sich bei ihm zu melden – beispielsweise über die YouTube-Kommentarfunktion –, falls bei ihrer Grafikkarte zuletzt ein entsprechender oder ähnlicher Defekt aufgetreten sei.

Zwei Tage nach Veröffentlichung des Aufrufs haben sich bis dato keine gesicherten Erkenntnisse unter dem Video oder in Communitys wie der von ComputerBase oder auf Reddit ergeben. Im ersten Thread zum Thema meldete sich zwar auch im Forum von ComputerBase ein Leser zu Wort, der möglicherweise einen ähnlichen Defekt erlitten hat, doch der durchaus zu erwartende große Ansturm blieb aus.

Sollte es sich tatsächlich um ein systematisches Problem handeln, wäre wiederum mit großer Sicherheit auch die Community auf ComputerBase betroffen, der Umfragen und Community-Benchmark-Tests zufolge viele Besitzer einer Radeon RX 6900 XT oder RX 6800 (XT) angehören. Die nachfolgende Umfrage soll dem auf den Grund gehen.

Bist du von der geschilderten Problematik betroffen?
  • Ja, bei meiner Radeon RX 6900 XT ist bei Verwendung des Grafiktreibers AMD Adrenalin 22.11.2 (WHQL) vom 8. Dezember 2022 ein Defekt aufgetreten.
    1,8 %
  • Ja, bei meiner Radeon RX 6800 XT ist bei Verwendung des Grafiktreibers AMD Adrenalin 22.11.2 (WHQL) vom 8. Dezember 2022 ein Defekt aufgetreten.
    1,6 %
  • Ja, bei meiner Radeon RX 6800 ist bei Verwendung des Grafiktreibers AMD Adrenalin 22.11.2 (WHQL) vom 8. Dezember 2022 ein Defekt aufgetreten.
    0,1 %
  • Nein, ich besitze zwar eine der genannten Grafikkarten, aber bei mir ist bei Verwendung des Grafiktreibers AMD Adrenalin 22.11.2 (WHQL) vom 8. Dezember 2022 kein Defekt aufgetreten.
    96,5 %

Zur schlüssigen Einordnung fehlen zu viele Informationen

Zum aktuellen Zeitpunkt hat sich weder die Vermutung, der aktuellste Treiber für die RDNA-2-Generation könnte die Ursache sein, noch dass es überhaupt zu einem flächendeckend gehäuften Ausfall der betroffenen Grafikkarten weltweit gekommen ist, erhärtet.

Nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Defekte nur zufällig aufgetreten sind oder aber sich zuletzt eine höhere Anzahl an Besitzer einer Radeon RX 6800, RX 6800 XT oder RX 6900 X an Nikolov gewandt haben, weil der Gewährleistungszeitraum der im Herbst 2020 erschienenen Grafikkarten zum Jahresende verstrichen ist. Zuvor wären entsprechende Defekte womöglich eher beim Händler respektive Hersteller gelandet. Das Verhältnis aus reparierbaren Defekten und defekten GPUs sollte sich damit zwar nicht ändern, aber ein Einfluss ist nicht auszuschließen.

ComputerBase hat Nikolov um eine Einordnung gebeten, ob die Anzahl eingeschickter AMD-Grafikkarten generell angestiegen sei oder und erkundigte sich auch nach dem Alter der betroffenen Modelle. Nikolov ließ die Anfrage unbeantwortet und verwies lediglich auf weitere Tests, die er derzeit durchführe. Gegenüber der Redaktion gab Nikolov zudem zu verstehen, dass AMD inzwischen Kontakt zu ihm aufgenommen habe. Er habe den Hersteller darum gebeten, ihm „einige neue Grafikkarten“ zur Verfügung zu stellen, um weitere Tests durchzuführen, die der Theorie, der Treiber habe einen Einfluss, nachgehen.

Wenn aus „broken“ per se „gebrochen“ wird

Für Brisanz sorgte in dem Fall, dass Nikolov den im Video gezeigten GPU-Chip erst auf Hinweise aus den Reihen der Kommentare auf YouTube genauer untersucht hatte und daraufhin gravierende Schäden am Die feststellen musste, wie ein Facebook-Post dokumentiert. Das führte wiederum zu unzähligen Berichten, demzufolge ein Problem mit dem Treiber immer ein solches Fehlerbild zur Folge hätte – eine gebrochene GPU. Doch die Bezeichnung „broken“ (englisch auch für „kaputt“) ist nicht so zu verstehen, bisher bekannt ist nur der eine Fall.

ComputerBase hat Nikolov gefragt, ob ein tatsächlich gebrochener GPU-Chip bei weiteren der 48 betroffenen Grafikkarten vorliege. Die Frage blieb vorerst unbeantwortet. Sobald neue Informationen vorliegen, will sich Nikolov wieder zu Wort melden.

Update

KrisFixs Entscheidung, die nach eigenen Angaben überdurchschnittlich hohe Defektrate von Navi-21-GPUs (RDNA 2) im eigenen Reparatur-Service publik zu machen, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen, hat auch über eine Woche später genau dieses Ziel nicht erreicht. Weder haben sich weitere Reparaturdienstleiter, noch massenhaft betroffene Besitzer einer Radeon RX 6900 XT, 6800 XT und 6800 zu Wort gemeldet.

Nach aktuellem Stand handelt es sich um ein isoliert bei diesem Dienstleister aufgetretenes Phänomen, für das es keine Erklärung gibt – handfeste Hinweise darauf, dass es einen generellen technischen Hintergrund gibt, oder der Treiber der Verursacher war, liegen nicht vor.

In der aktuellen Episode von CB Funk – dem ComputerBase-Podcast (ab Minute 8:42) haben sich die Redakteure Jan und Fabian diesem Thema ebenfalls angenommen und erörtert, warum ComputerBase in diesem Fall derart zurückhaltend berichtet hat und wie das zum allgemeinen Umgang der Redaktion mit „Skandalen“ passt. CB-Funk gibt es auch auf Spotify und Apple Podcasts oder per RSS-Feed in vielen Podcast-Apps: https://computerbase.podigee.io/feed/mp3.

Update

In einem neuen Video widerruft Nikolov alias KrisFix seine Theorie, dass der nach wie vor aktuelle Grafiktreiber AMD Adrenalin 22.11.2 als Ursache der lediglich von ihm beobachteten Häufung an Defekten der Radeon RX 6800, RX 6800 XT und Radeon RX 6900 XT schuld sein könnte. Wieso nun 48 der 61 Grafikkarten jener Baureihen bei ihm mit dem entsprechenden Defekt eingegangen sind, konnte derweil nicht endgültig geklärt werden. Dass es diesbezüglich weiterhin offene Fragen gäbe, sei ihm bewusst, erklärt Nikolov – für ihn sei das Thema nun allerdings abgeschlossen.

I know there will be many more questions but I think the topic is closed. In the next video we will continue with the repairs.

KrisFix

Die Redaktion dankt zahlreichen Lesern für die Hinweise zu diesem Update.