Civilization VII angespielt: Große Veränderungen bei Dörfern, Städten und Distrikten
2/3Beim Anspielen selbst spielte das alles wiederum kaum eine Rolle. Ja, ich habe zunächst das Maurya-Reich mit Hatschepsut geführt und in einer zweiten Partie als Kaiser Augustus die Geschicke Ägyptens gelenkt; die Auswirkungen begrenzen sich aber zu Beginn des Spiels auf einfache Boni, wie sie schon von Civ VI bekannt sind. Und weil die spielbare Version auf die Antike begrenzt war, waren auch die Mechaniken zum Zeitalter-Übergang außen vor. Persistent zu tragen kamen wiederum die Änderungen und Neuerungen beim Errichten von Städten, Distrikten und Modernisierungen.
Vom Fischerdorf zur Weltstadt
Neu gegründete Städte starten in Civilization VII tatsächlich nicht als Städte, sondern als Dörfer – die Hauptstadt ist hier die einzige Ausnahme. Dörfer bieten eine begrenzte Komplexität und erfordern daher deutlich weniger Aufmerksamkeit pro Runde, beispielsweise gibt es keine Produktions-Warteschlange. Im Gegenzug wurde die Produktion der vollwertigen Städte beschleunigt. Je nachdem, wo ein Dorf gegründet wird, kann es spezialisiert werden – zur Holzfäller- oder Fischersiedlung, zum Handelsposten, zum Fort oder zur Minenarbeiter-Hochburg. Ist das Dorf gewachsen, kann es durch den Spieler mit Einsatz von Gold in den Rang einer Stadt erhoben werden. Je länger er damit wartet, desto günstiger wird das.
Die Gründe für diese Änderungen liegen auf der Hand: In Civilization werden neue Siedlungen sehr häufig gegründet, um bestimmte Ressourcen abzugreifen, Landstriche abzustecken oder Potenzial für spätere Entwicklungen zu sichern. Dass jede dieser Neugründungen von Anfang an mit dem gleichen Aufwand verwaltet werden muss, wie es bei der Hauptstadt der Fall ist, habe zu unnötigem und überbordendem Mikromanagement geführt, so Firaxis. Ziel des neuen Ansatzes ist es hingegen, Siedlungen dynamisch wachsen zu lassen und die korrespondierenden Mechaniken zu entschlacken. Beim Anspielen hat sich das sehr gut in den Spielfluss eingefügt.
Civ VII kennt keine Handwerker
Ähnliche Leitlinien gelten für das Wachstum der einzelnen Städte selbst. Wo es bislang nötig war, Einheiten zu produzieren, um diese dann im Umland liegende Hexfelder modernisieren zu lassen, entfallen die Handwerker in Civilization VII gänzlich. Stattdessen werden entsprechende Konstruktionen direkt mit der geographischen Erweiterung der Siedlungen angestoßen. Je nach verfügbarer Nahrung erhalten Spieler zunächst alle paar Runden die Möglichkeit, das Dorf oder die Stadt um ein manuell gewähltes angrenzendes Feld zu erweitern, das anschließend zu einem ländlichen Distrikt modernisiert wird. Das können etwa Farmen, Minen, Fischerhütten oder Plantagen sein.
Über die Produktion einer Stadt ist es schließlich möglich, bereits modernisierte Geländefelder mit urbanen Distrikten zu überbauen. In diese Stadtviertel lassen sich anschließend bis zu zwei Gebäude nachverdichten, die je nach Zeitalter, Zivilisation, Ausrichtung und Forschung gewählt werden können. Monument und Getreidespeicher sind von Civ VI aus dem Stadtzentrum bekannte Module; hinzu kommen aber beispielsweise auch Bibliotheken oder Gärten. Die klassische Aufteilung in thematisch fest abgegrenzte Distrikte entfällt damit, entsprechende Viertel lassen sich aber selbst zusammensetzen: Die verschiedenen Module zur Nachverdichtung bieten Synergien und Adjazenzboni, mit denen sich experimentieren lässt.
Dynamisches Wachstum ist das Ziel
Erwähnenswert ist außerdem, dass mit der Überarbeitung der Stadtdistrikte auch das Zuweisen von Bewohnern zu Feldern entfällt. Firaxis erklärt, dass diese Mechanik von den meisten Spielern ohnehin ignoriert wurde. Und wenn doch eine manuelle Optimierung stattgefunden habe, hätte diese meist gleich ausgesehen. Auch für versierte Spieler wäre die Mechanik daher eher lästig als nützlich gewesen, zumal die initiale Ausrichtung einer Stadt ohnehin vorgelagert sei.
Ebenso kann angemerkt werden, dass in Civ VII nicht nur Stadtzentren, sondern alle urbanen Distrikte mit Mauern befestigt werden können. Wer eine Stadt einnehmen will, muss konsequenterweise auch alle befestigen Viertel besetzen. Aufgefallen ist außerdem schnell, dass sich die Städte in Civ VII beim Spielen nicht nur organischer anfühlen, sondern sie mit fließenden Übergängen zwischen einzelnen Feldern und ohne je Distrikt unterschiedlich gefärbten Dächern vor allem auch besser aussehen, was nicht nur der Grafik geschuldet ist.
Weitere interessante Erkenntnisse im Interview
Apropos Grafik: Das ist eines der Themen, bei denen die Redaktion im Interview mit Creative Director Ed Beach gesondert nachgehakt hat. Viele der besprochenen Themen sind bereits aufgegriffen wurden, anderer hingegen nicht. Die Antworten sind aber mitunter interessant genug, um sie nachfolgend einzeln abzuarbeiten.
Ist die Grafik ein Kompromiss aus Civ V und Civ VI?
Auf den ersten Blick fällt auf, dass Civilization VII nach einer Mischung der Art Styles von Civ V und Civ VI aussieht. Hat Firaxis diese Optik also gewählt, um beide Lager zufriedenzustellen? Tatsächlich nicht, so Beach. Ja, die Grafik sei tatsächlich in etwa auf halbem Weg zwischen den beiden Vorgängern gelandet; das sei aber weder das Ziel noch überhaupt Gegenstadt einer Debatte gewesen. Stattdessen habe der Art Director versucht, den Charme von Dioramen und Modelleisenbahnen einzufangen, aber gut lesbar zu halten: Spieler sollen sehen, was im Spiel passiert. Im Team laute das Stichwort „Readable Realism“.
Wie sieht Firaxis die Konkurrenz zum Vorgänger?
Eine weitere Frage bezog sich auf die Unterschiede zwischen Civ VI und Civ VII sowie die Konkurrenz zum Vorgänger, die beim Release des neuen Teils mit Sicherheit bestehen werde. Der Entwickler pflichtet bei: Ja, das sei ein zentrales Thema bei der Planung des neuen Civilization gewesen. Große Änderungen und Mut wären notwendig gewesen, von einem Bedarf an „gamechanging mechanics“ ist die Rede. Diese sieht man insbesondere im Bereich der Zeitalter gegeben. Darüber hinaus sei der Vorgänger eine wichtige Grundlage gewesen. Nicht nur bei der Engine, die übernommen wurde, sondern auch bei den Schwachstellen: Eben diese sollen in Civ VII ausgemerzt sein.
Erlaubt Civ VII starke Reiche mit weniger Städten?
In diesem Kontext kam die Frage auf, inwieweit Spieler mit einzelnen oder wenigen Städten kommen können. In Civ VI war eine möglichst frühe Flut neuer Städte das Patentrezept zum Sieg. Und in Civ VII? Da soll dieser Aspekt weniger stark ausgeprägt sein, erklärt Beach. Städte seien zwar weiterhin auf einen Bereich von 37 Hexfeldern begrenzt, die neuen Mechaniken des Überbauens und Nachverdichtens sollen innerhalb dieser Grenzen aber deutlich mehr Tiefe bieten.
Hinzu käme, dass mit neuen Zeitaltern neue Distrikte respektive Gebäude zur Verfügung stehen; das Wachstum innerhalb der Stadtgrenzen kann also weitergehen. Zusätzlich verweist der Entwickler auf die Mechanik der Dörfer: Es sei weniger nervig, neue Siedlungen zu gründen – und damit entfalle seiner Meinung nach ein großes Argument, wieso Spieler das Meta-Gameplay mit besonders vielen Städten nicht mochten.
Inwiefern will Civilization VII ein lehrendes Spiel sein?
Im Rahmen des 20-minütigen Showcase-Videos fiel die Anmerkung, dass Firaxis mit Civ VII als Medium lehren wolle. Die Redaktion hat nachgehakt, was hat es damit auf sich? Ed Beach erklärt: Gemeint sei, dass sich bisherige Civilization-Spiele der Weltgeschichte nur oberflächlich bedient hätten, um ein pseudohistorisches Setting zu erzeugen. Und auch in Civilization VII werden zweifelsohne Dinge passieren, die so nie stattgefunden hätte. Aber die neuen Mechaniken der Zeitalter erlaube es den Entwicklern, die unterschiedlichen Kulturen der verschiedenen Zivilisation und Themen der Epochen deutlich besser zu transportieren.
Außerdem sei diesmal besonders viel Zeit investiert worden, um historische Figuren, Sprachen, Einheiten und weitere Merkmale des Spiels akkurat wiederzugeben. Civilization VII sei aber kein Lernspiel, das aktiv auf Bildung aus sei; Spieler sollen hingegen passiv einen stimmigen Eindruck der facettenreichen Kulturen erhalten.