epospecht schrieb:
@rgf1234: Wenn der Knackpunkt nur die Aktualität ist, dann dürfte es Wochenzeitungen gar nicht geben. Zudem ist die Aktualität nur dann entscheidend, wenn der Konsument auch bereit ist dieser Aktualität auch zu frönen. Also sich nicht nur morgens am Kaffeetisch zu informieren, sondern alle 2-3 Stunden auf den News-Seiten rumzuhängen.
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Und bitte: Die Besprechung von lokalen Inhalten in einer Zeitung und die Nutzung dieser unsäglichen Veranstaltungskalender im Internet: Da liegen doch wirklich Welten dazwischen...
Interessanter Gedanke mit den "alle 2-3 Stunden auf den News-Seiten": also mein Handy zeigt mir die News stündlich aktualisiert an. Da muss ich nicht mal aktiv irgendeine Seite ansteuern. Und in Zeiten von HD-Displays auf Handys, Tablets etc. gilt heute umso mehr der Grundsatz, dass nichts älter ist als die Nachricht von gestern.
Wochenzeitungen haben ein Alleinstellungsmerkmal, weil diese nicht auf tagesaktuelle Nachrichten als Kerninhalt setzen und sich sehr hohe journalistische Qualität auf die Fahnen schreiben (z.B. Zeit). Ob das Format jetzt zeitungsähnlich ist oder wie ein Magazin aufgemacht ist, ändert wenig an dem Anspruch der Reaktionen - und das war es immer Inhalte zu liefern, die andere weniger in der Breite noch in der Tiefe abdecken. Hier gibt es eine Klientel, die dafür bereit ist zu zahlen, aber auch hier gibt es sinkende Auflagen.
Tageszeitungen müssen für sich identifizieren, wie sie sich von freien Quellen unterscheiden:
- Internationale und nationale News: frei verfügbar
- Lokale News: noch eingeschränkt verfügbar. Zum lokalen Teil vielleicht mal der Verweis auf die Huffington Post - diese bietet auch lokale News. Teilweise werden regionale Inhalte auch durch die "Werbetransportblätter" kommuniziert, vor allem in Gegenden mit niedrigen Abonnenten-Zahlen
- Sport national/international: frei verfügbar
- Sport lokal: zunehmend frei verfügbar, z.B. FuPa.de, für Tennis gibt es in Westfalen auch eine Seite.
- Feuilleton: m.M.n. ohnehin nur bei großen Tageszeitungen gut ausgeprägt, frei verfügbar im Internet, z.B. auch durch die Angebote der Fernsehsender und ihren Kulturauftrag
- Bekanntmachungen (Stadt, Landkreis, Standesämter, Todesanzeigen, Stadtwerke, Geburtstagsanzeigen ...): nur in den Tageszeitungen vorhanden.
- Lokaler Anzeigenmarkt: z.B. durch ebay, mobile.de, immobilienscout, ebay Kleinanzeigen abgedeckt
- Werbebeilagen: frei verfügbar z.B. durch die App "kauf-da"
- Alles andere, was ich vielleicht vergessen habe, ist sicher frei verfügbar, dazu zähle ich auch nicht-Kernthemen wie Gesellschafts-News
Das individuelle Konsumverhalten von Nachrichten ist unterschiedlich: der eine braucht seinen wöchentlichen Blick vom eigenen Kirchturm, den anderen interessieren vielleicht minütlich aktualisierte Themen aus der globalen Finanzwelt. Wie Du richtig bemerkst: selektiver Konsum. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Tageszeitungen in einer Identitätskrise stecken und nur über lokale Inhalte eigenen Traffic generieren können. Auch weiterhin wird die Leserschaft älter, die Abonnentenzahlen werden weiter sinken, junge Kunden können nicht gewonnen werden. Nicht umsonst steckt z.B. der deutsche Zeitungsmarkt seit Jahren in einer Konsolidierungsbewegung.
Schaun mer mal, ob der Schritt in Brasilien "Accelerator" oder "Bremse" der Entwicklung ist...