Hach ja, Death Stranding... Das Ding mit dem Tod...
Ich wollte es lieben, ich hatte mich riesig gefreut, als es für den PC raus kam. OMG Kojima und Reedus zusammen an und in Death Stranding OMG OMG OMG. Stellenweise überschlugen sich bei Release die Testwertungen ins Absurde. Was kann da noch schief gehen? Diese ahnungslosen Spieletester, die keine hohen Wertungen vergeben und vor einer Walking Simu gewarnt hatten...geschenkt, irgendeiner muss ja immer Anti sein. Der MGS Fanboy in mir ließ sich von so etwas doch nicht beirren. Hach ja, es hätte so schön sein können...
Die ersten Schritte in dieser neuen Welt bestärkten mich in diesem Glauben: Norman am Start, postapokalyptisches Setting, die Welt wirkt optisch passend, die ersten Rendersequenzen haben Stil und ziehen rein in diese Welt? Check! Gefährlicher Regen, mystische Verbündete, unsichtbare Gefahren, Kojima-like Fantasien, die viele Fragenzeichen im Kopf entstehen lassen und neugierig machen? Check! Kurzum man wird reingeworfen in eine Welt des Meisters, die man von ihm erwarten konnte. Hach ja, hätte das schön sein können...
Aber dann, dann kam die Wende und mein Leid fand kein Ende... Die ersten Risse waren noch zu kitten, aber irgendwann neigte sich das Silikon dem Ende und die Risse wurden nicht kleiner...
Anfangs, nun ja, anfangs erzählt dir ständig jeder was für eine super Legende du bist, was für ein krasser Held und was man schon alles tolles geleistet hat in seinem Beruf, nur um dir 5 Sekunden später erst mal deinen Job zu erklären und wie man eigentlich Pakete so austrägt. Ja, ne, is klar. Legenden haben es schon echt nicht leicht... Vor allem, wenn sie die Besten sind ihrem Job, aber eigentlich keinen Plan haben was sie machen. Verständlich. Fremdschämpotenzial². Aber nun gut, Hideo ist nun mal Japaner, da gehört die inflationäre Benutzung von "Legende" eben zum Fast Food in der Unterhaltungsbranche. Leider wird es nicht besser, wenn dich jeder Quest NPC mit "Legende" zukleistert, um dir den Tipp zu geben, dass man so ein Paket zB. unter dem Arm tragen kann...oder auf dem Rücken. Echte Pro-Tipps für fortgeschrittene Legenden eben... Danke. Lustig auch, wenn dir erzählt wird, dass vor einem selbst noch andere Paketheroen existierten, die äh Pakete ausgeliefert haben. So ganz ohne Brücken über den Flüssen oder Leitern an den Bergen, für die man selbst sorgen und die man erst einmal aufbauen muss, weil äh, naja, also, halt um, ähm äh Pakete auszuliefern, wie es die Vorgänger gemacht haben? Angeblich gemacht haben sollen? Ach Logik...du blöde Tussi, geh weg... Egal. Naja aber auch nichts, was einem den Spielspaß in einem Spiel vermiesen könnte...
Was einem den Spielspaß jedoch gehörig vermiesen könnte, und bei mir der Fall war, ist, wenn sich ein Spiel wirklich als Walking Simulator herausstellt und diese Walking Simu sich dann als Stolperorgie entpuppt, bei dem es eigentlich nur darum geht eben nicht permanent auf die Fresse zu fliegen. Was ein Gaudi. Für 1-2 Minuten. Dann wirds öde, weil nervtötend. Irgendwann reichts dann, ab ins Menü, Optionen suchen und...hmm nein: Die Option "Stolpern und Dreck fressen" kann man nicht ausstellen, gehört zur grundlegenden Spielidee. Mist. Also weiterhin versuchen ingame bei jedem einzelnen Schritt das Körpergewicht mittig zu halten und notfalls zu verlagern, um eben nicht auf die...? Na? Genau: Nicht schon wieder auf die Fresse zu fliegen.
Aber so ein Spiel bietet ja auch Herausforderungen. In diesem Fall: Pakete von A nach B zu bringen. Und was gibt es schöneres als Berge für einen Postboten? Mit 100Kg schweren Paketen beladen? Challenge accepted! Natur anschauen ist aber nicht beim Arbeiten, ne? Immerhin betreibt man hier Sport. Vom anfänglichen Stolperkurs über die Stolperherausforderung bis zur erfüllenden Stolpererfahrung fürs Leben? Na aber hallo. Schade nur, dass das Spiel dabei über sich selber stolpert. Es sei denn natürlich, man empfindet dies als Kunst oder als Spaß oder als Unterhaltung. Kann man gerne alles tun, man muss es sich aber auch nicht zwingend einreden. Langsam Fuß für Fuß einen großen Berg herunter latschen, damit man nicht wieder flach liegt, ständig seine Pakete neu aufheben darf, BB beruhigen muss und um äh Spaß zu haben? Hmm vielleicht, vielleich aber auch nicht. Warum nicht einfach mal vollgepackt in einem Sturm einen Berg unter Zeitdruck nach oben flitzen und dabei darauf achten, dass man nicht auf die....ach ihr wisst schon. Und ach, wie war noch mal diese 3er Tastenkombi mit der man das Baby beruhigen musste? Oder waren es immer 4? Ach auch egal.
Aber hey, es gibt ja auch den Umgebungsscan. Einfach mal vor der Überquerung den Fluß scannen und der schönen, sicheren, grünen Route durch das Nass folgen, um "sicher" auf die andere Seite zu gelangen und eben nicht mitten im, wohlgemerkt grün markierten, Fluss niedergerissen zu werden, zurückgespult zu werden, unzählige Pakete dabei zu verlieren und um den äh Spielspaß zu behalten? Hätte schön sein können. Hätte. Vermutlich war es eine spontane Rot-Grün-Schwäche oder der Fluß musste als Synonym für "unbändige Gefahr" herhalten, um dem Spieler eine extra Portion Spielspaß zu vermitteln. Was solls. Weiter zum Gebäude latschen, Verzeihung stolpern, und endlich das Questpaket abliefern. Aber halt! Was ist dies! Ihr seid ein tapferer Recke, Herr Legend, aber überdies verfügt ihr nicht über ein Questpaket. Hebet euch von dannen und bringe er mir dies. WTF? WTF?? WTF??? Ich hab das doch bei der Quest erhalten, wie kann das jetzt einfach so weg sein? Bug? Hm ne, glaub ich nicht. Oh oh...der Fluß. Schnell zum Unglücksort gedaddelt und zack alles weg. Ach stimmt ja, die Pakete wurden ja weggetrieben. Nicht nur die, die ich unterwegs fand, sondern auch das Questpaket. Supi. Questanzeige sagt, es wäre mehr als einen KM entfernt. Na gut. Eigene Selberdummheitsschuld. Also auf auf mit riesiger Wanderslust und Pakete sammeln. Nach munterer Hinterherrennerei und kurz vorm Ziel starben plötzlich die Pakete im Fluß. Eins nach dem anderen. Ach mist, Pakete können ja kaputt gehen, selbst Questpakete. Na toll, wasn nu? Umsonst gelatscht. Passiert. Zurück zum Questziel, mal schauen. Irgendwas müsste sich ja ingame zurücksetzen jetzt oder wenigstens lassen. Also wieder latschen, wanken, stolpern, schwanken. Dort angekommen. Nichts. Hmmm... nach ewigem suchen dann ab in dieses Internet und Lösung für das Problemchen gesucht. Ah ok. Muss man auch erst mal wissen, man lernt ja nie aus. Iwie neu gestartet die Quest uuuuuuuuund erst mal den gesamten Weg zur Ausgangsstoryquest zurückstolpern. Hm na guti, man gönnt sich ja sonst nichts. Nach unzähligen Stolperspäßen zurück und danach wieder hier her, plus erneutem Flußvorfall, dieses Mal aber mit sofortiger Paketrettung, dann die einsekündige Freude, die Quest erledigt zu haben...
Bei der Abgabe nervte dann mal wieder die nervige Menüführung mit zig Menüpunkten plus gefühlten 42 nervigen Bestätigungen. Künstliche Spielzeitstreckung? Ach Quatsch... Zum Glück gibt es bei der Paketverteilung am Körper eine automatische Sortierfunktion. Für die richtigen Hardcoregamer gibts natürlich auch die manuelle Verteilmöglichkeit. Spielspaßerhöhung und so. Den Nonsense mit der Bewertung der Lauffähigkeiten und die ganzen Daumen hoch in einer Post-Apo-Welt (Wortwitz versteckt) plus drolliger Titelvergabe lass ich wegen Albernheit einfach mal weg. Sonst müsste ich noch so etwas wie "LOL" hier schreiben... Und das unabhängig davon, ob Koji dies als ernsthaftes Element installiert hat oder als satirisches Understatement.
Thema Feinde. Paketdiebe und so. Wozu schleichen, wenn man eh schon aus 50m in der Hocke immer Alarm auslöst? Über 200 Stunden in MGS 5 haben mich wohl verweichlicht. BTs tauchen aus dem Nichts auf, stylish inszeniert ja, aber beim wegrennen seine ganzen Pakete, mal wieder, zu verlieren...hach ja. Déjà-vu?
Aber wozu torkeln, wenn man auch fahren kann? Tja naja... Mit seinem holden Fortbewegungsgefährt bleibt man gefühlt alle 10m an einem Steinchen hängen, und ja, diese Welt besteht aus verdammt vielen Steinchen. Richtige Steine gibts ja auch noch. Große Steine übrigens auch (nee, nicht die Berge). The stone is your enemy. Also Motorrad oder doch lieber zu Fuß? Oder anders: Freiwillig mit einem Fahrrad mit einem Platten durch die Sahara cruisen oder doch lieber die Beine in die Hand nehmen? Verzeihung: Die Pakete...
Alles in allem wirkt die Paketeliefererfahrung, das Wort Spiel mag ich irgendwie nicht so richtig nutzen hier, deplatziert, quasi nachträglich eingesetzt, damit Kojimas Welt wenigstens etwas "Spielbares" liefert. Einen Zusammenhang zum großen Ganzen, dem Übergeordneten, sprich Sams Nachnamen "Bridges" und dem allgemeinen Brückenbauen und dem "erobern" und verbinden der Stützpunkte verkneif ich mir einfach mal. Mir geht es letztlich um den Spielspaß den ein "Spiel" wenigstens grundlegend liefernd sollte, selbst wenn es nur Beiwerk für die Story ist. Aber er sollte nicht daraus bestehen, mir Grund zur Freude zu liefern, wenn ich mal 20m geradeaus gelaufen bin ohne zu stolpern und ohne hingefallen zu sein. Auch nicht als aufgezwungene Metaebene. Wenn doch, läuft irgendwas falsch. Irgendwann hatte ich so viele Fragezeichen über dem Kopf (Anspielung), die immer nur fragten: Was soll der Scheiß eigentlich? Und: Wieso "spielst" du das überhaupt noch? Selbst der zweite Versuch ein paar Tage später wurde von den selben Fragezeichen begrüßt. Ach ja und der dritte Versuch führte dann zu einem Rage Quit. Shame on me... Hach ja Testbewertungen...
Death Stranding sublimiert das Genre nicht auf eine andere Ebene, es summiert die falschen Elemente in die falsche Richtung. Halbwegs interessant ist anders. Death Stranding als Film? Liebend gern. Von mir aus auch als 10 Stundenfilm oder gleich als Serie.
Aber DHL Stranding als Spiel? Nein danke. Leider...