nebulein schrieb:
2. Sie haben es nicht geschafft von einer Protestbewegung zu einer etablierten Partei heranzuwachsen. Dies hätte man z.b. mit einem seriösen Namen erreichen können, mit einem klar strukturierten Parteiprogramm, welches viel zu lange auf sich warten ließ und mit Themen die Außerhalb der Internetwelt noch jemand interessieren.
Glaubst du, dass die Piraten mti einem langweiligen 3-Buchstaben-Namen wirklich besser davongekommen wären?
Spätestens seit die Medien weltweit die Piratenmetapher bei den ersten großen Wahlerfolgen begeistert aufgegriffen haben, sollte doch klar sein, dass der Name "Piraten" geradezu perfekt gewählt ist. Er ist ein absoluter PR-Erfolg.
Ich wette, die "seriösen" 3-Buchstaben-Namen der Dutzend Kleinparteien, die regelmäßig auf dem Wahlzetteln stehen, könnte hier keiner aus dem Kopf aufzählen.
Und was die Inhalte bzw. den Schwerpunkt auf das Internet angeht:
Es ist wohl Vielen nicht bewusst, dass das Internet keineswegs eine "virtuelle Realität" abseits der "realen Welt" ist. Es ist einfach nur ein Fassette des ganz normalen, "wirklichen" Lebens.
Zensur im Internet ist überhaupt nichts anderes, als jede andere Art der Zensur. Das Selbe gilt für Überwachung oder Selbstjustiz oder Aufhebung der Unschuldsvermutung usw. Das alles sind ganz reale Bürgerrechtsverletzungen und Politiker die sowas verbechen oder durchgehen lassen, würden es bei Bürgerrechtsverletzungen außerhalb des Internets auch nicht anders machen. Der "Vorteil" beim Internet ist nur, dass die Masse der Menschen (noch) nicht genug Ahnung davon hat, um überhaupt zu bereifen, was mit ihnen geschieht.
Das Internet bzw. der Umgang der etablierten Parteien und der Lobbyisten damit, ist einfach nur ein Spiegelbild von allem anderen, was schief läuft.
Was mich am meisten stört ist, dass es Lobbygruppierungen gibt die über 1-2 Mio Mitglieder verfügen. Könnten die dann Gesetzesentwürfe für das Grundgesetz auf den Weg bringen?
Im Augenblick machen Lobbygruppen, die vielleicht ein paar Dutzend oder Hundert Unternehmer vertreten, genau das, ohne das überhaupt etwas davon an die Öffentlichkeit gerät.
Direkte Demokratie allein kann uns natürlich auch nicht retten. Dazu gehört z.B. untrennbar auch Transparenz. Es muss zu allen Themen alles Wesentliche auf den Tisch, nicht nur das übliche Stammtischgeschwätz. Es muss über alles eine gründliche öffentliche Diskussion geführt werden. Vorab, nicht erst wenn die Entscheidung schon gefallen ist.
Das wird natürlich nicht leicht, aber es ist die einzige Möglichkeit, Populismus und Lobbyismus den Wind aus den Segeln zu nehmen. Man muss Pseudoargumente mit harten Zahlen und Fakten widerlegen und geheime Hinterzimmerpolitik ans Tageslicht zerren. Dann werden sich die allermeisten Menschen auch richtig entscheiden. Nicht weil ihnen jemand, der es vermeintlich besser weiß, die Entscheidung abnimmt und sie nicht mal darüber informiert, sondern weil sie alle Fakten abgewägt haben.
Viele Politiker aus den etablierten Parteien werfen den Piraten ja Populismus vor, aber die Debatten z.B. um die Vorratsdatenspeicherung oder das "Zugangserschwerungsgesetz" usw. haben beispielhaft gezeigt, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Die ach so seriösen Etablierten haben mit übelsten populistischen Platitüden oder auch einfach ganz dreisten Lügen gearbeitet, während die Gegenseite immer wieder mit sachlichen Argumenten und belegten Zahlen und Fakten dargelegt hat, was für ein gefährlicher, sinnloser und unnötiger Blödsinn diese Maßnahmen sind.
Ich bin überzeugt, dass direkte Demokratie funktionieren kann. Aber ich sage nicht, dass es leicht wird. Es wird ein hartes Stück Arbeit und verlangt jedem Bürger einiges ab.
Was wir im Augenblick haben, ist allerdings noch nicht mal wirklich Demokratie. Realistisch gesehen hat man doch gar keine echte Wahl. Man kann nur das vermeintlich kleinere Übel wählen und wenn das dann wirklich an die Macht kommt, kann man nur hoffen und beten, dass sie wenigstens einen kleinen Teil ihrer Versprechungen einhalten.