Averomoe schrieb:
Jeder Euro, der zum Verhindern, Eindämmen sowie Nachverfolgen und Bestrafen von Hasskriminalität eingesetzt wird, ist gut angelegt. Im Netz erhalten gewisse PolitikerInnen sowie andere öffentliche Personen, die sich offen gegen Rechts aussprechen, Drohungen schwerer bis schwerster Art.
Drohungen sind Straftaten, und darüber, dass Straftaten geahndet werden müssen, sind wir uns hier im Forum glaube ich alle einig.
Das Problem bei dem Gesetz ist aber folgendes (im Artikel sehr schön auf den Punkt gebracht):
Mit diesem Gesetzt übertrage der Staat seine „ureigenen Pflichten wie die Strafverfolgung und Bekämpfung von Straftaten auf privatwirtschaftliche Unternehmen“ und lasse diese dann „auch noch auf den gigantisch hohen Kosten sitzen“, führte der Verbandschef aus.
Problematisch ist hierbei nicht nur, dass der Staat die Kosten auf die Unternehmen abwälzt (was gerade für kleine und mittelständische Online-Plattformen eine erhebliche Belastung darstellt und die Marktmacht der großen Online-Konzerne daher weiter stärken wird). Noch bedenklicher ist, dass der Staat die privatwirtschaftlichen Unternehmen de facto zu einer Zensurbehörde macht - denn die Unternehmen entscheiden dann in Zukunft mehr oder minder im Alleingang, welche Meinungsbeiträge online veröffentlicht werden dürfen und welche nicht.
Unternehmen streben nach Gewinnmaximierung. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sie die Grenzen der Meinungsfreiheit wesentlich enger auslegen, als dies ein Gericht tun würde. Es besteht für die Unternehmen ein ökonomischer Anreiz, alles zu löschen, von dem sie glauben, dass es ihnen Probleme bereiten könnte.
Darüber, ob Beiträge von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, haben Gerichte zu entscheiden. Nicht Google oder Facebook.
Die Online-Konzerne haben ohnehin schon sehr viel Macht. Wenn wir ihnen nun auch noch die Auslegung der Meinungsfreiheit übertragen, wäre das für die gesellschaftliche Entwicklung, für die Meinungsvielfalt und die Diskussionskultur alles andere als gut.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass gerade viele Linke, die sonst immer gegen die Macht der Konzerne anrennen, diese Gefahr nicht zu erkennen scheinen. Aber solange ein Vorhaben sich "gegen Rechts" richtet, ist man offenbar blind für die Risiken und Nebenwirkungen.