Genies der Neuzeit: zwischen Generalist und Spezialist

thrillkill

Lieutenant
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In der Vergangenheit waren Genies meistens interdisziplinär begabte Menschen, die auf verschiedensten Gebieten höchstleistungen vollbracht haben.

Glaubt ihr das ist heute noch immer so? Glaubt ihr dieses breite Interesse/Denken ist ausschlaggebend für große Leistungen? Für ungewöhnliche Assoziationen?
Oder ist die komplexität der heutigen Welt so weit voran geschritten, dass nur ein absoluter Spezialist geniale Leistungen vollbringen kann, weil nur er in der Lage ist bst. komplexe Themen zu ergründen?

Wer ist für euch der heutige Da Vinci? Kann man das überhaupt schon jetzt sagen oder zeigt sich das immer erst in der Retrospektive?
 
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ich glaub das kann man immer erst im nachhinein sehen - aber ich sehe es in der tat so, das eine überspezialisierung sowohl segen als auch fluch sein kann und visa versa.

es verschafft einem halt wirklich andere blickwinkel, wenn man sich für verschiedene bereiche interessiert.
wenn du als beispiel nur bwl kennst, aber nie n marketing kurs hattest oder mal in die werbung geschnuppert hast, hast du es schwerer am markt fuß zu fassen (wenn du es überhaupt schaffst). ähnlich sieht es auch in anderen bereichen aus. sieh dir an wofür sich dein beispielexemplar da vinci sich alles begeisterte. allein seine erfindungen waren ja umfassender als alles andere, von fluggeräten bishin zu den gedanklichen vorstellungen erster panzer etc. und dabei hat man noch nichtmal seine malerei miteinbezogen. der typ war jahrhunderte seiner zeit voraus.

also, ich persönlich komme für mich zu dem schluss, das es unumgänglich ist, sich in mehrere richtungen zu orientieren um seinen blick auf das gesamtbild zu vergrößern, denn dadurch ist man vielleicht schon eher in der lage fehler abzuschätzen, oder kommt auf andere ideen usw.
 
Ich denke, dass es jemanden wie Da Vinci, der in so vielen Bereichen wichtige Dinge entdeckt und beschrieben hat, nie wieder geben wird. Alleine deswegen, weil man heute, wie schon geschrieben wurde, für neue Dinge schon extrem weit in die Tiefe gehen muss.
Die "Oberflächlichen" Entdeckungen sind weitestgehend beschrieben und gemacht worden. Für jede weitere muss man unverhältnismäßig viel Aufwenden (was natürlich nicht heißt, dass es keine Zufallsentdeckungen mehr geben wird) und großes Wissen in dem Bereich besitzen.

Schön sieht man es ja auch daran, wie sich Studiengänge immer weiter aufspalten, weil das Wissen in bestimmten Teilbereichen immer mehr geworden ist, bzw. es Themen-Überschneidungen gibt, die einen eigenen Studiengang rechtfertigen.
 
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Seppuku schrieb:
Die "Oberflächlichen" Entdeckungen sind weitestgehend beschrieben und gemacht worden.
Glaubst du wirklich? Schau dir zB das Internet an. Vor 20 Jahren wusste noch keine Mensch davon und jetzt verändert es die Welt. Oder Einsteins Theorie: das vorwissen war minimal und trotzdem hat er so einen gewaltigen Denksprung gemacht.
 
Die Zeit der Einzelgänger ist vorbei, heute machen nur noch Entwicklungs- und Forschungsteams fortschritte...

Früher war es halt auch viel einfacher, ein Universalgenie zu sein...
 
ich behaupte dass es früher wie heute deutlich mehr einseitig hochbegabe menschen gab/gibt, wie interdisziplinär begabte Menschen.

allein die komponisten und schriftsteller in summe sind mit sicherheit zahlreicher als die universalgenies ;)
 
@ thrillkill

Das Internet ist aber mit Sicherheit keine Oberflächliche Entdeckung.
Das ist eine notwendige technische Maßnahme von "früher", deren Nutzen sich verschoben hat. Und diejenigen, die das erste "Internet" entwickelt haben, waren mit Sicherheit keine Botaniker.
Auch Einstein ist in seinem Gebiet geblieben.
 
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man muss sich ja nur mal bill gates anschauen. der kerl hat es von seiner garage zum größen software konzern unter der sonne geschaft. Was der erreicht hat ist einfach unglaublich.
 
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Ich stimme Erlias zu, Fortschritte werden heute nur noch gut organisierten Teams geschaffen. Einzelgänger, die Herausragendes leisten, wird es zwar weiterhin geben, aber ihre Bedeutung ist vernachlässigbar. Fast alle Patente kommen heute aus Unternehmen oder staatlichen Forschungseinrichtungen. Nur diese beiden Organisationen haben auch die nötigen Ressourcen, um heute noch echte Fortschritte machen zu können, die nicht nur eine kleine Verbesserung darstellen.

Große Leistungen entstehen, wenn man fünf Experten und eine Führungspersönlichkeit mit genügend Mitteln ausstattet, ihnen die Zeit gibt und die Motivation hochhält.
 
Odium schrieb:
Große Leistungen entstehen, wenn man fünf Experten und eine Führungspersönlichkeit mit genügend Mitteln ausstattet, ihnen die Zeit gibt und die Motivation hochhält.
Du hast Glück vergessen. Ganz wichtig ist Glück. Man muss nur schauen wann manche Sachen entwickelt wurden und wann man sie endlich verkaufen konnte. MP3 zum Beispiel wurde erst ab dem Internetzeitalter interessant. Die Experten brauchen Glück, dass irgenjemand ihre Neuentwicklung wirklich will und braucht.
 
Ich will Euch ja nicht zu nahe treten, aber bei den Entdeckungen eines Da Vincies von öberflächlich zu reden halte ich doch für ziemlich arrogant.
Für uns macht es vielleicht den Eindruck von einfachen Entdeckungen, zur Zeit als sie gemacht wurden waren sie das keineswegs. Unseren Nachfahren wird es mit den Entdeckungen der heutigen Zeit nicht anders gehen.
Das Universalgenie gibt es auch heute nur werden das erst nachfolgende Generationen so sehen.

PS.: ich bin keines, und ich weiß das.
 
@ OMaOle

Was hat das mit arrogant zu tun? Mit Oberflächlichen Entdeckungen, meinte ich schnelle zu machende, ohne jetzt absolut in die Tiefe zu gehen. Natürlich waren sind sie für damalige Verhältnisse sehr in die Tiefe gegangen, was aber nichts an der Tatsache ändert, dass sie verhältnismäßig oberflächlich waren. Was jetzt natürlich nicht die Leistung eines da Vinci schmälern soll. Ich will einfach deutlich machen, dass man heute nur noch mit extrem geringer Wahrscheinlichkeit eine bahnbrechenden Entdeckungen auf "die Schnelle" machen wird, da einfach das Wissen so komplex geworden ist. Die einfach zu Beobachtenden Entdeckungen sind eben fast alle gemacht worden.
Ein da Vinci, sollte er in der heutigen Zeit leben, hätte sich auch spezialisieren müssen.
Wir sind im Moment bei Erklärungen in der atomaren/subatomaren Ebene angekommen. Um dann in einem Bereich etwas neues, bahnbrechendes Herauszufinden, ist enormes Wissen in diesem Bereich nötig. Und das erfordert meist ein Leben langes Studium der Materie (einfach einmal schauen, was Wissenschaftler machen).

Interessanter als die Frage nach Genies, finde ich die Frage, ob bahnbrechende Erkenntnisse in der heutigen Zeit schneller oder langsamer gemacht werden bzw. welche von diesen Erkenntnissen in den nächsten 100 Jahren noch ausstehen.
 
Das ist natürlich ein guter Punkt- besonders technische Dinge werden immer komplexer und alleine für das Basisverständniss erfordert es heut zu Tage schon enormes Wissen.

Aber die wirklich bahnbrechenden Erfindungen und Entdeckungen sind ja dadurch gekennzeichnet, das ein ganz neues Denken ein setzt- und hier können wir ja eig. gar nicht abschätzen ob es das nicht genau vor unserer Nase gibt. Nehmen wir Beispielsweise die Systemtheorie Luhmanns. Im Grunde eine Sammlung verschiedenster Ideen aber keine geht für sich wirklich tief in die Materie und doch ist sie in ihrer Form komplett neu für die Soziologie.
Ähnlich war es bei Sigmund Freud. Mit der Psyche des Menschen haben sich vor ihm fast nur Künstler auseinander gesetzt.

Kreativität ist ja oft dadurch gekennzeichnet, dass man Denkweisen auf Bereiche anwendet, die oberflächlich nichts mit einander gemein haben. Dieser Trend lässt sich ja auch schön an den vielen neuen interdisziplinären Studiengängen beobachten.
 
Es gibt sicher viele Menschen, die ihrer Zeit voraus sind, schließlich gibt es auch genügend, die in ihrer Zeit noch gar nicht angekommen sind.
Im Nachhinein erkennt man sowas immer recht leicht und man würdigt diese Menschen dann. Doch welchen Wert haben solche Visionäre? Da Vinci entwickelte Skizzen von Fluggeräten, Kriegsmaschinen und sogar einen Tauchanzug - aber sein Geld verdiente er mit der Kunst. Der erste Helikopter flog erst 450 Jahre später, also spielte es im nachhinein doch gar keine Rolle, ob er die Ideen dazu hatte oder nicht.

Ein viel besseres Beispiel ist da Thommes Edison. Er hat seine Ideen sofort vermarktet und konnte damit die Lebensqualität vieler Menschen zügig verbessern. Aber die meisten seiner Patente entstanden unter seiner Obhut mithilfe von Teams, die er leitete. Er hatte eben einen Sinn für Geschäftstätigkeit, Führungsqualität und wusste, wie man sich gegen Konkurrenten durchsetzen konnte. Es reichte damals schon mehr, einfach nur intelligent und kreativ zu sein und heute spielt das noch weniger eine Rolle.
 
@Seppuku
Insbesondere bei deinem letzten Absatz gebe ich dir Recht

Es ist natuerlich nun eine individuelle Verstaendnisfrage was fuer eine Erkenntniss bzw. auf welche Ebene "bahbbrechend" ist.

Ich finde das im Grunde seit der Begruendung der Quanten(Beziehungsweise Quantenmechanik)- und Relativitaetstheorie sich, sage wir mal die letzten 50-100 Jahre, nichts fundamental Bahnbrechendes getan hat.

Mehr oder minder unser ganzer nachfolgender Technologie- und Erkenntniswohlstand fundiert auf diesen Theorien. Natuerlich sind die Entdeckungen die mit Hilfe dieser Erkenntnisse entwickelt bzw. abgeleitet wurden auch irgendwie bahnbrechend aber eben irgendwie noch nur "entpackt" oder es waren schlicht und einfach "nur" technische Probleme in der Umsetzung.

Sicherlich hat sich auch damals keiner einen Nachmittag mit Stift und Papier aufs Klo gesetzt und die Quantentheorie aus den Haenden geschuettelt, aber ich werde irgendwie das Gefuehl nicht los das wir momentan beim fundamentalen Erkenntnisszuwachs nur seeeehr kleine und Muehsame Schritte machen.

Man schaue sich bespw. schon an welcher verhaeltnismaessig grosser Aufwand beim Grundlagenexperiment LHC betrieben werden muss.
 
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Gerade drauf gestoßen:
„Es gibt nichts Neues mehr. Alles, was man erfinden kann, ist schon erfunden worden.“
Charles H. Duell, US-Patenamt 1899

„640 KBytes (Arbeitsspeicher) ist alles, was irgendeine Applikation jemals benötigen sollte.“
Bill Gates, 1981

„Dieses Telefon hat einfach zu viele Mängel, als dass man es für Zwecke der Kommunikation einsetzen könnte. Das Gerät ist wertlos für uns.“
Internes Papier der Western Union zum Thema Telefon 1876

Vielleicht können wir wirklich erst im Nachhinein abschätzen, wer ein Genie war, weil wir zur heutigen Zeit nicht an den Intellekt heran reichen- oder sich das Genie selbst nicht ganz sicher ist ;-)
 
@ thrillkill

Könntest du mir die Systemtheorie Luhmanns in ein paar Worten erklären?
Ich tue mich immer schwer, Freud als ein so großes Genie zu sehen (im Vergleich zu anderen in dieser Zeit). Es ist ja nicht so, dass es vor Freud keine Psychoanalyse gab (Breuer). Auch sind seine Theorien und Methoden nicht unumstritten. Wobei ich seine Leistung nicht schmälern will.

Das 2. Zitat ist so nie gesagt worden und deswegen auch hinfällig.
Die anderen spiegeln auch nur Meinungen einzelner Personen wieder.


@ MR.FReeZe

Es kommt auch immer auf die Definition an. Wenn man es so allgemein formuliert, magst du Recht haben. Ich würde es aber eher nicht so eng sehen und es auch auf spezielle, bahnbrechende, "direkt" nutzbare Dinge erweitern. Denn eine Theorie bringt dir nichts, wenn es keinen nachhaltigen, weltbewegenden Nutzen hat (wie es natürlich bei der Relativitätstheorie der Fall ist).
In meinen Augen ist z.B. das Internet eine der bahnbrechenden, kürzlich geschehenen Entwicklungen. Der Einfluss hat auch noch lange nicht den Höhepunkt erreicht.

Ausstehende wären z.B. eine künstliche Intelligenz, kausale Therapie von Erkrankungen (wäre wirklich eine Revolution und würde vieles verändern), Kernfusion,...
Das wären noch einige Gebiete, in denen man noch in den nächsten 100 Jahren Erfolg haben könnte (zumindest die, die mir im Moment einfallen).
 
Seppuku schrieb:
@ OMaOle

Natürlich waren sind sie für damalige Verhältnisse sehr in die Tiefe gegangen, was aber nichts an der Tatsache ändert, dass sie verhältnismäßig oberflächlich waren.

Das verstehe ich nicht, waren die Erfindungen nun in der Tiefe oder oberflächlich?

Für mich ist das ein Widerspruch, wichtig sind frühere Erfindungen allemal, egal aus welcher Tiefe sie stammen.

Ich glaube nicht das einer von uns all die Dinge kennt die heute erfunden werden und in der Schublade verschwinden, weil man sie für Unsinn hält, nur weil die Zeit noch nicht reif ist dafür.
 
Einzel Genies wird es nicht mehr geben. Man bedenke wei schnell heute erforscht und entwickelt wird, wie soll eine einzlene Person hier annähernd mithalten können. Zu Leonardos Zeiten gab es kaum jemand der sich der Forschung widmen konnte, heute sitzen Millionen Menschen in Forschungsabteilungen die größtenteils ihre Informationen auf einer bestimmten Basis austauschen können. Damit kann man auch schneller feststellen ob und wie Dinge funktionieren, Meinungen und Ergebnisse austauschen u.s.w.!

Eine Einzleperson kann Glück haben wenn er etwas erfindet, aber ein ultimatives Genie.... das auf allen Gebieten Fortschritte verzeichnen kann, nein.
 
@ OMaOle

Vielleicht habe ich mich unklar ausgedrückt:
Die meisten Entdeckungen eines da Vincis waren im Grunde oberflächlich. Das waren Dinge, die man mit relativ "einfachen" Mitteln und Kenntnissen beschreiben konnte. Heute gibts nur noch relativ wenige solcher Dinge, die nicht schon Beschrieben wurden.
 
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