Boimler schrieb:
. Aber so ist die Welt nicht aufgebaut. Es reicht ja schon, das Dreikörperproblem oder ein chaotisches Pendel zu betrachten.
Du verwechselst da was.
Du hast natürlich recht, das die Bewegung dreier durch Gravitation verbundener Körper nicht vorausberechenbar genauso wenig wie ein chaotisches Pendel ist. Das hindert uns aber nicht daran, ein solches System zu bauen.
That's the point.
Boimler schrieb:
Trotzdem funktionieren diese Dinge, obwohl sie bewiesenermaßen niemals vollständig beschrieben werden können.
Und genau das ist der Punkt. Dein Quantenmechanik-Beispiel passt da auch sehr gut zu. Da verstehen wir auch viele Aspekte nicht und sind nicht mal in der Lage für einzelne Teilchen vorhersagen zu machen, die zu beobachten oder auch nur zu messen. Trotzdem können wir sie nutzen und daraus was bauen.
Allein die Tatsache, das Du vor einem Computer sitzt, zeigt ja, das obwohl wir die Quantenmechanische Effekte nicht in aller Gänze durchdrungen haben, wir sie doch für uns nutzen können.
Boimler schrieb:
Das ist bei deterministischen Turing-Maschinen (Computern) anders. Dort ist jede Entscheidung im Vorhinein festgelegt.
Wir könnten schon nicht-deterministische Computer bauen. Wir tun es nur i.d.R. nicht, weil wir Determinismus haben wollen. Weil wir halt wollen, das bei der Lohnabrechnung der vereinbarte Lohn auf unserem Konto landet und nicht irgendein Betrag, den der Algorithmus zufällig ausspuckt.
Wir könnten aber auch wirklichen Zufall haben. Ich hatte das ja bereits anhand der Kryptographie erläutert. Und die Zufallszahlen die wir da haben sind schon ziemlich gut. Du könntest immer noch einwenden, das dies aber kein echter Zufall ist. Und weißt Du was: Das gebe Dich Dir sogar.
Aber wir könnten ja auch als Entropiequelle etwas nehmen, was wirklich zufällig ist. Was ist für Dich als Physiker richtig zufällig? Hm. Vielleicht so was wie der radioaktive Zerfall? Der gilt ja als zufällig, da Du für ein Atom nicht vorhersagen oder ansehen kannst, ob es gleich zerfällt oder nicht.
Was hindert mich jetzt konkret daran, das als Entropiequelle für den Zufallsgenerator eines Computers zu nutzen?
Boimler schrieb:
Was du für dein Vorhaben bräuchtest, wären
nichtdeterministische Turingmaschinen
Wer sagt denn, das Gehirne nicht-deterministisch sind?
Möglicherweise sind sie auch nur so komplex, das wir sie (zumindest bisher) nicht verstehen. Das Problem haben wir ja heute schon bei den vergleichsweise primitiven neuronalen Netzen. Das wir da nicht in Gänze verstehen, wie sie funktionieren. Trotzdem bauen wir sie und sie produzieren sie ein Ergebnis. Und sie laufen auf deterministischen Maschinen.
Aber wie gesagt: Selbst wenn wir ein nicht-deterministischen Computer bräuchten, wäre das ja kein Hinderungsgrund.
Und wenn wir von Computern sprechen, sprechen wir ja im Prinzip wieder von heute üblicher Hardware.
Wie bereits gesagt: Das Gehirn gibt es. Was hindert uns prinzipiell daran, es so nachzubauen, wie es ist. Also nicht irgendwie Silizium-Chips, sondern halt organische Moleküle wie das Gehirn auch.
Stand heute wäre das noch nicht zu machen. Aber was jetzt prinzipiell dagegen sprechen soll, das sehe ich immer noch nicht.
Und jetzt gehen wir mal über in ein Gedankenexperiment.
Mein naiver Ansatz darin wäre einfach ein vorhandenes Gehirn zu nehmen und zu scannen und dann die Bestandteile genauso zusammen zu bauen.
Da wirst Du natürlich (und völlig zu Recht) reingrätschen und sagen: Wir können ja nicht einmal exakt scannen. Spätestens auf der sehr kleinen mikroskopischen Ebene, wo es um einzelne Elektronen geht, schlägt Heisenberg zu. Und da kommen wir nicht mit technischer Entwicklung weiter, weil die Unschärferelation kein Mess-Problem ist, sondern eine prinzipielle Grenze.
Und mit all dem hättest Du ja auch recht.
Nur wer sagt denn, das wir überhaupt so hoch auflösen müssen, das solche Effekte eine Rolle spielen? Vielleicht reicht ja auch eine deutlich gröbere Auflösung.
Boimler schrieb:
Ich will dir das ganz und gar nicht schlecht machen
Du musst auf meine etwaigen Befindlichkeiten keine Rücksicht nehmen. :-)
Ich hänge nicht irgendwelchen Träumen nach die ich mir nicht kaputt machen lassen will oder so.
Mir gehts primär ums verstehen völlig egal wie die Wahrheit aussieht, die dann dabei heraus kommt.
Ich kann mit der Vorstellung das es einmal ein künstliches Gehirn gibt genauso gut leben, wie mit der Vorstellung das es das niemals geben wird.
Ich gehe hier in die Diskussion ja auch nicht mit einer vorgefestigten Meinung rein so nach dem Motto "es geht" oder "es geht nicht". Mein Tenor ist: Wir wissen es (jetzt noch) nicht genau
Du scheinst da aber eine vorgefestigte Meinung zu haben. Und mich interessiert lediglich, woraus Du diese Sicherheit beziehst.
Übrigens: Selbst der größte Vollblut-Physiker würde nicht davon reden, das er im Besitz der absoluten Wahrheit und Weisheit ist.
Der würde eher so was sagen wie:
Wir haben Theorien, die die Welt um uns herum ziemlich gut beschreiben. Ob die wirklich wahr sind, wissen wir nicht. Denn wir falsifizieren. Wir stellen Theorien auf und gucken, wie gut die sich mit der Realität vertragen (sprich: gute Vorhersagen machen). Und hin und wieder gibts Theorien die die Welt besser beschreiben und die lösen dann alte Theorien ab (Einstein vs. Newton und was es sonst noch so gibt). Und so nähern wir uns sukzessive der Wahrheit, aber stets mit dem Wissen, das wir sie niemals vollständig erreichen können.
Aber so weit würde ich nicht mal gehen wollen. Also das wir eine "bessere Physik" brauchen. Auch wenn wir den heutigen Stand nehmen, sehe ich da nichts was definitiv ein künstliches Gehirn ausschließt. Sondern maximal nur ein "Wir wissen es noch nicht".
Boimler schrieb:
Das ist ein bisschen so, als würdest du auf den Heisenberg-Kompensator aus Star Trek hoffen, damit Beamen möglich wird. Vorstellen kannst du dir so etwas, praktisch gibt es das aber nicht.
Auch das ist eine Analogie, die nicht gut passt. Weil es ein rein theoretisches Konstrukt ist.
Es gibt ja da kein natürlich vorkommendes Vorbild. Wenn es z.B. ein Tier geben würde, welches Teleportation beherrscht, würde ich natürlich davon ausgehen, das wir es prinzipiell nachbauen können.
Das ist ein bisschen so wie mit dem fliegen. Da dachten Viele ja auch lange Zeit, das dies unmöglich wäre. Bis auf die, die eben nicht daran geglaubt haben und allein die Tatsache des es Vögel gibt, wies ja auch schon darauf hin.