News Halbleiterbranche: Bis zu 99 Wochen „Lead Time“ für bestimmte Chips

Piktogramm schrieb:
Es kommt sehr drauf an. Zum einen sind die großen Konzerne intern keineswegs homogen und hängen ja auch Zulieferer davor. [...]

Das, was @Piktogramm sagt. Und man darf auch nicht außer acht lassen, dass die Automobilkonzerne im Zweifel auf ein "schlechteres" Produkt ausweichen, sofern es nur weitestgehend deren Anforderungen entspricht, sich aber billiger einkaufen lässt. Der Markt ist leider Knallhart und manchmal wird halt lieber die Produktion komplett eingestellt oder das Basismodell verteuert. Hauptsache die Marge bleibt gleich. Ein Grund, warum ich nicht mehr in der Branche arbeite. ;)



Bigeagle schrieb:
Aufgrund der Auftragslage, oder meinst du den Kulturaufschlag den man zahlt wenn man weder chinesisch spricht, noch die chinesischen Gepflogenheiten beachtet?

Naja, kann schon sein, dass man bessere Preise bekommt, wenn man fließend Chinesisch spricht. Die Auftragslage bzw. die allgemeine Lage am Markt dürfte der springende Punkt sein. Allerdings gehe ich mal davon aus, dass viele der Broker gute Kontakte in diverse Warenlager haben oder selbst auf größeren Mengen an Bauteilen sitzen. Anders kann ich mir nicht erklären, warum mir Broker XY in unter einer Woche 10000+ an 3.3V LDO Reglern liefern kann, während die üblichen Großhändler nicht mal einen Liefertermin zusagen können/wollen. Kleine Randnotiz: Ja, man kann hier schnell Produktfälschern auf den Leim gehen. Aber das ist wieder ein anderes Thema.



sLyzOr schrieb:
Nachdem die Wirschaft plötzlich so schnell angelaufen ist, wollten alle wieder sofort alles haben. Was natürlich bei 2 jahren produktionsverzug nicht so einfach geht....

Nicht zu vergessen, dass es (und da nehme ich meine Firma nicht aus) zu Hamsterkäufen gekommen ist bzw. kommt. Wenn man nicht weiß, ob und wann wieder Teile reinkommen, legt man sich einfach mal was ins Lager, sofern die Teile gerade verfügbar sind.



flo.in.da.base schrieb:
[...] überall stehen Maschinen, die lediglich ne Fahrsteuerung oder Module brauchen.
nebu123 schrieb:
Ganz ähnlich wie bei uns.

Willkommen im Club. :D Es ist wirklich kurios geworden. Hier sieht es momentan so aus, dass wir von unseren Auftragsfertigern (die Leute, die für uns die PCBs fertigen und auch bestücken) solche Brandbriefe bekommen:

[...] Diese aktuelle Situation trifft inzwischen auch auf laufende langfristige Bestellungen zu. Selbst bei frühzeitiger fester Bestellung aller Bauteile (trotz Auftragsbestätigung seitens Hersteller bzw. Distribution) gibt es keine Preisbindung mehr. Die Hersteller erhöhen die Preise inklusive Backlog sehr kurzfristig oder auch zu sofort. Diese Preiserhöhungen befinden sich fast alle im zweistelligen Prozentbereich. Einige Hersteller haben dieses Jahr bereits bis zu drei solcher Preissprünge (~10-50%) durchgeführt. Gründe dafür sind vielfältig, unter anderem höherer Bedarf aber auch das Hamstern von Bauteilen. Während der Pandemie wurden in 2020 herstellerseitig Kapazitäten abgebaut , die jetzt wieder aufgebaut werden müssen. Darüber hinaus die extreme Wafer Knappheit im Halbleiterbereich. Lieferzeiten von 72+ Wochen oder sogar die Weigerung neue Aufträge (auf Termin) platzieren zu können (Texas Instruments) sind neben häufigen Lieferterminverschiebungen zur Zeit normal.

Einen großen Teil dieser Unsicherheiten, Preissteigerungen und den erheblichen Mehraufwand in der Beschaffung gleichen wir seit Monaten für Sie aus, ohne dass Sie oftmals überhaupt etwas davon merken. Leider ist das nicht in jedem Fall möglich. In vielen Fällen können wir die Bauteile mittlerweile gar nicht oder nur gegen erhebliche Aufpreise in der freien Distribution beschaffen.

Mittlerweile ist es für mich Normalität geworden, dass ich fast alle Bauteile selbst einkaufe und als Beistellung an den Fertiger schicke. (Ausgenommen davon sind generische Bauteile wie Widerstände, Kondensatoren, etc...).
 
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Vulpecula schrieb:
Mittlerweile ist es für mich Normalität geworden, dass ich fast alle Bauteile selbst einkaufe und als Beistellung an den Fertiger schicke. (Ausgenommen davon sind generische Bauteile wie Widerstände, Kondensatoren, etc...).
Klingt wie das Lieferkettenmanagement von Microsoft für die XBox
https://www.eetimes.com/microsofts-xbox-sets-supply-chain-standard/

Das war ein Lehrbeispiel, wie Lieferketten gehandhabt werden. Sowas gibt es immer wieder, bis irgendwer Supply Management als Cost Center ansieht und die Axt ansetzt. :/
 
@Piktogramm: Naja, ist nicht so, als würde ich das wollen. Gerne würde ich das Paket aus Gerberdaten, Pick and Place Files und die BOM an jemanden schicken, der dann nur noch wissen will, wie viele Exemplare einer Baugruppe ich haben möchte.

Jetzt geht ein beachtlicher Teil meiner Zeit dafür drauf, Bauteilaquise zu betreiben. Dazu gehört nicht nur der Einkauf, sondern auch das Verwalten der Bestellungen und Organisieren der Beistellungen für den jeweiligen Fertiger. Könnte also alles schöner sein.

Eine weitere Taktik, wie ich mit der aktuellen Situation umgehe, ist, dass ich z.B. gewisse Platinenabschnitte modular aufbaue. D.h. dann, dass die Spannungsversorgung über ein Modul geschieht, dass später einfach nur aufgesteckt wird. So kann ich mit dem arbeiten, was gerade am Markt verfügbar ist, ohne gleich eine komplette Baugruppe einem vollumfänglichen Integrationstest zu unterziehen. Geht leider nicht immer und hat auch noch andere Nachteile, aber immerhin können wir so noch liefern. Noch. :(
 
CyrionX schrieb:
mich würde mal ein Vergleich des Wasser und Stromverbrauchs von Chip vs Avocado interessieren
Wenn Du es schaffst eine Avocado als CPU für eine X-beliebige Steuereinheit einzusetzen, macht der Vergleich sogar Sinn. :D
 
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Vulpecula schrieb:
Jetzt geht ein beachtlicher Teil meiner Zeit dafür drauf, Bauteilaquise zu betreiben.
Geht mir ganz genau so. Bei der kleinen Firma, in der ich arbeite, ist das alles noch nebenbei möglich, aber es frisst enorm Zeit. Bisher sind wir von Lieferausfällen verschont geblieben, aber Verzögerungen gibt es an allen Ecken und Enden. Dazu kommen noch so knaller wie Wasserkühler aus Edelstahl, die mal eben von 4 Wochen Lieferzeit auf ein Jahr springen.

Vulpecula schrieb:
Hier sieht es momentan so aus, dass wir von unseren Auftragsfertigern solche Brandbriefe bekommen:
Klingt als hätte jemand aus deiner Abteilung mal nachgefragt, warum das denn so lange dauert. Sollte man in der jetzigen Zeit nicht machen, die Leute sind alle schon gestresst genug. Ich telefonier immer gemütlich mit meinem Kontakt beim Bestücker, der mir dann erzählt, dass er letztens wieder einem Kunden den IC statt für 35€ für 2200€ anbieten musste. Was bin ich froh, dass wir nicht die ganz gefragten Chips benötigen.
 
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computerfouler schrieb:
Wenn Du es schaffst eine Avocado als CPU für eine X-beliebige Steuereinheit einzusetzen, macht der Vergleich sogar Sinn. :D
Der Avocadosalat fütternt den Siliconvalley-ingenieur und der Kreis schließt sich.
Next question please ;p
 
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Dort steht bestimmt nur "99 Wochen", weil die Stelle nur Platz für 2 Ziffern hat...
 
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