Nossi schrieb:
Moment, da übersiehst du aber etwas. Richtig ist: Die Nutzungsbedingungen müssen im Einklang mit den Gesetzen stehen. Das gilt aber nicht nur bzgl "keine Zensur", sondern auch explizit in die andere Richtung.
...
Und erst an dieser Stelle kommt die Regierung in Form von Heiko Maas und sagt: "Liebes Facebook, hier unsere Gesetze, das geht so nicht."
Ganz ehrlich, Wenn es wirklich nur um offensichtlich strafbare Inhalte geht und Störerhaftung gilt, dann wären Maas und Co. selbst sträflich nachlässig, wenn sie Facebook und Co. nur mehr oder weniger milde dafür kritisieren nicht genug zu löschen.
In so einem Fall müsste nicht nur ein Strafverfolgungsverfahren gegen den Urheber dieser Inhalte geführt werden, sondern auch gegen Facebook als mitschuldigen Störer gleich dazu.
Aber wie gesagt, habe ich leider die starke Befürchtung, dass Verfolgung von Straftätern hier gar nicht das Ziel ist, sondern nur eine wie auch immer durchgesetzte Unterdrückung von Meinungsäußerungen auf bloßen Zuruf (von Behörden oder sogar Privatpersonen).
Das geht mir gleich aus mehreren Gründen gegen den Strich.
Zum Einen, weil ich es in einem Rechtsstaat für eine Selbstverständlichkeit halte, dass alle Straftaten nicht nur versteckt werden, sondern aufgeklärt und die Täter zur Verantwortung gezogen.Genau das passiert meiner Erfahrung nach in der Regel nicht mehr, wenn erstmal zensiert wird.
Zum Anderen, weil ich die starke Befürchtung habe, dass promptes Löschen auf Zuruf ohne Gerichtsentscheidung, was nichts anderes als Zensur ist, zwangsläufig auch legale Meinungsäußerungen treffen wird, die eigentlich durch das Grundgesetz bzw. darauf beruhendes (Straf-)Recht geschützt sind.
Doch, das stimmt. Wikipedia schreibt:
...Da Grundrechte traditionell als Abwehrrechte Privater gegenüber dem Staat zu verstehen sind,...
Tja. Das sehe ich zumindest zum Teil anders als Wikipedia.
Wie gesagt, natürlich ist das Grundgesetz an sich in erster Linie gegen den Staat gerichtet. Aber der Staat muss halt nicht nur darauf achten, dass seine eigenen Gesetze nicht mit dem Grundgesetz kollidieren, sondern darf darüber hinaus auch nichts erlauben, was dagegen verstößt.
Es gibt z.B. ein Grundrecht auf Eigentum. Das bedeutet nicht nur, dass der Staat einem nicht einfach das Eigentum wegnehmen darf, sondern auch, dass es Gesetze geben muss, die für jeden Diebstahl unter Strafe stellen.
Anderes Beispiel Diskriminierung. Alle Menschen müssen laut Grundgesetz unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht usw. gleich behandelt werden. Der Staat muss das nicht nur selbst so halten, sondern auch alle per Gesetz dazu verpflichten (z.B. Arbeitgeber, die nicht einfach einen Bewerber ablehnen dürfen, weil ihnen z.B. die Hautfarbe nicht gefällt).
Du hat ja selbst auch konkret Artikel 1 des GG zitiert und der Meinungsfreiheit gegenüber gestellt. Der Staat/Gesetzgeber muss dafür sorgen, dass die Gesetze den Schutz der Menschenwürde sicherstellen und auch die Meinungsfreiheit. Er muss also sowohl die Menschenwürde verletzende Handlungen, auch von Unternehmen oder Privatpersonen, unter Strafe stellen, als auch Beschränkung der Meinungsfreiheit durch Zensur.
Wenn der Staat Artikel 1 bei Unternehmen wie Facebook durchsetzen muss, dann auch Artikel 5.