Wahlen in Spanien: Das Duell um Aznars Erbe
Madrid - Eines steht schon vor den Wahlen fest: Spanien bekommt einen neuen Regierungschef. Ministerpräsident José María Aznar hat für die Wahlen an diesem Sonntag auf eine Kandidatur verzichtet, obwohl er gute Aussichten auf eine Wiederwahl gehabt hätte.
Der konservative Regierungschef hatte schon vor seinem ersten Wahlsieg 1996 entschieden, dass zwei Amtszeiten genug seien. Und an diesem Entschluss hielt er eisern fest.
Zwei Neulinge
Nun ringen zwei Neulinge, die noch nie für das Amt des Ministerpräsidenten kandidiert hatten, um das politische Erbe. Als klarer Favorit geht der frühere Vizeregierungschef Mariano Rajoy ins Rennen, den Aznar vor einem halben Jahr als neuen Chef der konservativen Volkspartei (PP) auserkoren hatte.
Der einstige Krisenmanager der Regierung versprach, am Kurs des Vorgängers festzuhalten. Nach Umfragen steht die PP mit Rajoy vor einem deutlichen Wahlsieg. Allerdings scheint es eher unwahrscheinlich zu sein, dass die Konservativen, wie 2000, erneut die absolute Mehrheit gewinnen.
Kein Koalitionspartner
Damit kommen auf Spanien spannende Zeiten zu. Denn ein Koalitionspartner für die PP ist - abgesehen von einer kleinen kanarischen Regionalpartei - nicht in Sicht. Seit Aznar Spanien an der Seite der USA in den Irak-Krieg führte, gingen alle anderen Parteien auf Distanz zu den Konservativen. Rajoys Rivale José Luis Rodríguez Zapatero versprach, im Falle eines Wahlsiegs die 1300 spanischen Soldaten aus dem Irak zurückzuholen, wenn die Truppen nicht einem UNO-Kommando unterstellt werden. Der 43-jährige Chef der Sozialisten (PSOE) hält trotz der schlechten Umfrage-Ergebnisse unverdrossen an seinem Wahlslogan "Zapatero Presidente" und dem Kürzel ZP fest.
Gute Chancen vor einem Jahr
Hätten die Wahlen schon vor einem Jahr stattgefunden, hätten die Sozialisten gute Chancen zu einem Machtwechsel gehabt. Die Umweltkatastrophe nach dem Untergang des Öltankers "Prestige" und der Irak-Krieg liessen das Ansehen der Aznar-Regierung auf einen Tiefpunkt sinken.
Aber mittlerweile hat sich das Blatt gewendet. Der Konflikt im Irak scheint bei der Wahl kaum eine Rolle zu spielen. Den Spaniern sind das wirtschaftliche Wachstum und die Arbeitsplätze wichtiger.
Und genau hier liegen die Trümpfe der Konservativen. Unter der PP-Regierung erreichte Spanien eine der höchsten Wachstumsraten in Europa. Seit 1996 entstanden vier Millionen neue Arbeitsplätze.
Einheit des Landes
Eines der wichtigsten Wahlkampfthemen ist die Einheit des Landes. Konservative und Sozialisten wollen verhindern, dass Basken und Katalanen sich immer stärker von Spanien absetzen. Über das Wie sind sie sich jedoch uneins.
Zapateros Sozialisten treten dafür ein, die Verfassung zu reformieren und den Regionen mehr Autonomie zu geben. Die PP lehnt dagegen jede Verfassungsänderung ab. Sie befürchtet, dass mit einer Reform die Büchse der Pandora geöffnet wird.
Doch diese Haltung hat auch eine Kehrseite. Im Baskenland und Katalonien wächst die Abneigung gegen den "Madrider Zentralismus".
Separatistische Gruppen erhalten Auftrieb. Rajoy wird, wenn er am Sonntag die absolute Mehrheit verfehlt, die starre Linie kaum beibehalten können. Dann wird er bei der Suche nach einem Koalitionspartner den Dialog mit den baskischen oder katalanischen Nationalisten wieder aufnehmen müssen.