Also vorab:
Ich verstehe, dass meine hier geäußerten Wünsche/mein Zielbild sich leicht als "Prinzessin" oder "klassisch Gen Z" abstempeln lassen. Vermutlich wäre das auch mein erster Gedanke beim Lesen.
Aus meiner Sicht betrachtet:
Ich habe die letzten >10 Jahre einiges geleistet. Ich habe über mehrere Jahre ca. 60-70 Wochenstunden geackert um Vollzeit-Job und Fortbildungen unter einen Hut zu bekommen. Ich habe alle meine Abschlüsse mit Auszeichnung beendet. Bei jedem meiner bisherigen Arbeitgeber konnte ich bisher richtig etwas bewegen - auch wenn dies von meiner Position nicht erwartet wurde. Ich habe jegliche verfügbare Verantwortung übernommen und teilweise Wochenenden (komplett) durchgeackert. Ich habe ebenfalls dieses StartUp mit aufgebaut.
Ich habe Bock reinzuhauen! Ich habe Bock Brände zu löschen!
Aber mit ca. 30 Jahren überdenke ich auch einiges und merke, dass das Leben kurz ist. Ich möchte Zeit für Familie&Kinder und mein Anspruch an mich selbst ist hierbei hoch. Sicher beinhaltet meine Betrachtung Zielkonflikte: Maximales Gehalt bei minimalem Aufwand ist natürlich ein Konflikt.
Sich die Frage zu stellen, welchen Job es gibt, der langfristig in Teilzeit ausführbar ist (z.B. 30-35h), dabei flexibel ist (z.B. 2h Meetings täglich statt 6-8h) und ein anständiges Gehalt abwirft, finde ich aber valide und langfristig gedacht.
Eure Kommentare zeigen teilweise ja ebenfalls, dass dies eigentlich euer Wunsch wäre. Ich versuche mir diesen Wunsch zu erfüllen, auch wenn es noch mehrere Jahre Übergangszeit benötigt.
TomH22 schrieb:
Vielleicht ist Dein inniger Wunsch nach 35 Stunden Woche und Möglichkeit zu „spontaner Freizeit“ in Wirklichkeit einfach Ausdruch davon, dass Du Dich Dein Job anödet. Und die Meetings findest Du auch nur so belastend weil sie dich einfach ankotzen. Auch da gilt: Einen Job mit vielen Meetings sollte man nur machen, wenn man Meetings liebt.
Du sprichst hier etwas gutes an. Tatsächlich bin ich Product Owner für mehrere Softwareprodukte, habe keinen zusätzlichen Scrum Master und führe zusätzlich ein kleines Team von Projektmanagern/Supportmitarbeitern. Ich habe eine Art Vertrauensarbeitszeit auf 35h-Basis: Bis zu 10 Tage kann ich auf Überstunden frei machen - alle Überstunden verfallen am Jahresende.
Im Schnitt verfallen bei mir am Jahresende ca. 100 Überstunden => ca. 38h-Woche. Allerdings bringe ich in der Zeit eben kaum alle Aufgaben unter. Alle Bereiche leiden, ich komme kaum zu produktiver Arbeit, stattdessen sitze ich 4-7h täglich in Meetings und versuche den Rest der Zeit Herr über meine Mails und Kundenanfragen zu werden.
Ich bringe gerne schlaue Menschen an einen Tisch und diskutiere mit ihnen, die detaillierte Umsetzung darf dann auch gerne jemand anderes übernehmen. Ich führe gerne Teams und setze mich für meine Mitarbeiter ein. Ich betrachte wahnsinnig gerne Unternehmensprozesse und verbessere sie. Auch lösche ich mal gerne einen Brand und habe kein Problem dafür auch mal 12 Stunden am Stück oder über ein Wochenende zu arbeiten (solange das nur 1-2x im Jahr passiert und man es wieder ausgleichen kann). Aber ich hasse es, regelmäßig über 50% meiner Arbeitszeit in Meetings festzustecken und deshalb wie "gelähmt" zu sein - ich kann nur noch reagieren (und das auch nur, wenn man mir dafür einen Terminblocker eingestellt hat).
Das bringt mich zurück zur eigentlichen Frage: In welcher Position habe ich nicht so viele Meetings, kann aber dennoch die eben genannten Lieblingstätigkeiten ausführen?
Ich möchte keine Jobs ausschließen, nur weil ich jetzt die letzten 2 Jahre im Projektmanagement verbracht habe. Davor habe ich beispielsweise viel programmiert und pflege noch heute meine öffentlich verfügbaren Repos. Davor habe ich Netzwerke administriert. Spaß hatte ich überall - am genialsten war es halt wichtige Dinge zu erledigen und damit einen Impact zu leisten.
gymfan schrieb:
Das sind bei uns zwei völlig unterschiedliche Tätigkeiten (bzw. wörtlich genommen, sogar drei, was aber daran liegt, dass "Product Owner" bei uns keine Rolle in der IT ist, da gibt es eher den "System Owner")
Interessant. Genau solche praktischen Erfahrungen interessieren mich. Womöglich gibt's nämlich meinen Traumjob (mit nur 2-4h Meetings täglich) doch irgendwo. Ich habe auf Stepstone mal nach "System Owner" gesucht um zu verstehen wie dort die Jobbeschreibungen sind. Leider ergab die Suche nur zwei Treffer... Der Rest sind "Product Owner".
TomH22 schrieb:
Führung und inhaltliche Arbeit schliessen sich gegenseitig aus. Bei den untersten Führungsebene (wie Teamleiter) mag man es noch in Grenzen mischen können, aber wenn man höher kommt, klappt das irgendwann nicht mehr. Ein Product Owner, der noch selber Features entwickelt, hat seinen Job nicht verstanden (oder kann nicht loslassen). Früher oder später lernt man es auf die harte Tour, weil man der einzige im Team ist, der seine Backlog Einträge nicht mehr abgearbeitet bekommt, mit der immer gleichen Entschuldigung: „Ich hatte zu viele Meetings“.
gymfan schrieb:
Die Führungskraft muss führen, wozu nicht nur das Verständlis für die Mitarbeiter und deren Aufgaben gehört, je nach Art der Führungskraft auch nicht nur die rein personelle Führung sondern auch die Unterstützung der MA in Problemfällen. Und dazu kommt die Kommunikaiton mit dem Management.
Wenn ich das richtig sehe, hat eine Führungskraft tendenziell weniger feste Meetings als ein Projektleiter, oder? Es muss ja Zeit sein, sich um spontane Angelegenheit der Mitarbeiter zu kümmern. Meine Angst als Projektmanagement-Teamleiter ist, dass ich in die wichtigsten Projekte dennoch reingezogen werde und damit wieder keine reine Führungskraft bin.
Aus dem Projektmanagement kommend, kann ich mir trotz Informatik-Studium aber nur schwer vorstellen, dass Softwareentwickler (wo ich das Problem vielleicht nicht hätte) mich als Führungskraft präferieren würden. Vielleicht kann hierzu jemand ein paar Worte sagen.
gymfan schrieb:
Bei nahezu allem, was mit anderen Personen zu tun hat, wird es feste Termine geben.
Das ist klar. Ich sage nicht, dass ich keinerlei Meetings möchte. Irgendwas um maximal 2-4h am Tag sind OK. Die derzeit 4-8h sind mir aber zu viel.
gymfan schrieb:
Hoffentlich ist te one bekannt, dass 100k Brutto als Freelancer etwas ganz anderes ist wie 100k Brutto als Angestellter.
Der hatte auch BWL und kennt sich mit Finanzen als Selbstständiger und Unternehmer halbwegs aus, das ist ihm also durchaus bekannt.
TomH22 schrieb:
Die sammeln im Winter, wenn man eh nicht viel mit seiner Freizeit machen kann, Überstunden, die sie im Sommer abbummeln (wenn die Kunden eh auch alle im Urlaub sind).
Das ist natürlich auch ein super Konzept. Derzeit wird mein Überstundenkonto halt zum Jahresende auf 0 zurückgesetzt (siehe oben) und ein Abfeiern im Sommer ist aufgrund der Arbeitslast nicht möglich.