Bobbie Draper schrieb:
oder dass Du das auch noch für nicht unüblich hältst.
Weil ich es in dem Kontext eben häufiger erlebe und je Projekt auch 2-3 andere Gewerke mit an Bord sind, bei denen das genauso läuft. Sprich ich habe es mittlerweile bei zig Firmen so gesehen und nur bei sehr wenigen in diesen kritischen Phasen nicht. Und das sind dann meist Firmen die von riesigen Unternehmen verschluckt wurden mit Betriebsrat, Rechtsabteilung usw. Bei den kleineren kann ich mich nicht an eine einzige Firma erinnern, die in heißen Phasen unter 12 Stunden beim Kunden saß.
Das heißt selbstverständlich nicht, dass es für die gesamte IT-Branche üblich ist oder das sowas außerhalb vom Projektgeschäft üblich ist oder ggf. auch außerhalb der angrenzenden Branche, für die wir entwickeln oder bei anderen Firmengrößen usw. Ich rede eben nur über mein Umfeld, dass ich kenne.
Bobbie Draper schrieb:
Für mich wäre das zudem auch ein Grund zur Kündigung.
Hab hier um mich rum quasi noch 3-4 mal den gleichen Laden mit anderen Namen, wo ich mit meinen Fähigkeiten unterkommen könnte. Glaube nicht, dass das ein großer Gewinn für mich wäre ob die Firma nun A oder B heißt. Gleiche Branche, gleiche Größe und damit vermutlich auch die gleichen Probleme.
Bobbie Draper schrieb:
Oh weh, ich stelle mir gerade vor wie Du mir nach einer 100h Woche im Straßenverkehr entgegenschleuderst. "Sekundenschlaf - das ist in der Branche leider nicht unüblich" oder was steht dann auf meinem Grabstein?
Das wirst du nicht. Ich habe keinen Führerschein, zum einen um mich zu zwingen mich ein wenig zu bewegen bzw. den Arbeitsweg mit dem Rad zu bewältigen. Mit ein Grund ist aber tatsächlich auch, dass ich nach so Inbetriebnahmen nicht einen vollen Wagen über die Autobahn jagen will, gerade dieser Punkt war mir z.B. nach dem All-Nighter ein wenig sauer aufgestoßen, als der Chef dann nach 40 Stunden Arbeit mit 2 Kollegen nochmal 6 Stunden zurück geheizt ist und der fährt generell sehr fragwürdig, vermutlich waren es bei ihm nur 3 Stunden.
Am Ende macht man es eben freiwillig. Gerade bei den Projekt, wo es diese 112 Stunden gab, war das auch schlicht unsere Entscheidung. Da stand zur Wahl das Projekt gegen die Wand fahren zu lassen, der Kunde wird das Jahr nicht zahlen, unser "Weihnachtsgeld" bzw. unsere freiwillige Sonderzahlung fällt dieses Jahr ins Wasser und im Folgejahr gibt es wohl Kurzarbeit, wenn das Gewerk da drüber die Folgeprojekte nicht mit uns macht oder wir schauen, dass wir das Projekt noch retten. Ist ja nicht so als wenn da jemand mit der Peitsche hinter einen steht. Gibt aber natürlich eine gewisse Gruppendynamik, wenn du letztlich mitentscheidest, dass der andere kein Geld kriegt usw.
Nicht falsch verstehen, ich hätte nix dagegen 20 Stunden zu arbeiten und das Doppelte zu verdienen. Okay finde ich das auch alles nicht. Aber wie gesagt, ist in dem Kontext nicht unüblich. Die kleinen Firmen kommen nur an Aufträge über größere Gewerke oben drüber, die geben Druck weiter, wenn sie verkacken und für die kleinen heißt es friss oder stirb und in letzter Konsequenz auch für die Mitarbeiter da unter.
Hinterher betrachtet hätte ich mir auch einen anderen ersten Job gesucht, kein Projektgeschäft, nix mit Reisetätigkeit, nix mit Rufbereitschaft und einen komplett anderen Tech-Stack mit den ich im Zweifel mehr Jobs zur Auswahl hätte. Wie anfangs gesagt, für mich steht Freizeit eh deutlich über Karriere aber es muss eben auch genug bei abfallen um das Leben jetzt und das Thema Alter einzutüten, ergo ergibt sich meist gar nicht die Entscheidung zwischen Karriere und Freizeit, sondern man tut was nötig ist um das finanzielle zu klären und Freizeit ist dann häufig nicht viel. Der TE hat natürlich glück mit einem IGM Unternehmen, wo die Gehälter meist eh am oberen Ende sind, so dass es diese Entscheidung für ihn tatsächlich geben mag. Da würde ich auch ohne mit der Wimper zu zucken auf 20 Stunden runter.