Wer Shoshana Zuboffs (Professorin an der Harvard Business School in Cambridge) Buch Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus gelesen hat, und vielleicht auch die vor rund vier Wochen erschienene Netflix-Doku The Social Dilemma gesehen hat, weiß, dass das Problem viel tiefer liegt. Nämlich am grundsätzlichen Geschäftsmodell (grob: Userdaten sammeln->Abhängigkeiten erzeugen->Konsum- und Politik-Nudging). Das heißt, nicht nur das Konzept der Aufklärung steht auf dem Spiel, sondern das grundsätzliche demokratische Grundgerüst einer Gesellschaft.
Hinzu kommt, dass Google und Co anders als klassische Monopolisten nicht mehr auf Märkten agieren, sondern sie dabei sind, selbst zu eben solchen zu werden (Google Playstore und Apple Store als alleinige Plattform für Software aller Art). Was im ersten Moment klingen mag wie eine weitere Konzentration von Marktmacht, ist in Wahrheit nichts anderes als das Ende des Liberalismus. Denn dessen theoretisches Fundament ruht auf der Idee eines neutralen Marktes und fairen Wettbewerbs, der allen offensteht. Wenn Unternehmen nun allerdings selbst zu Märkten werden und entsprechende Gatekeeper-Funktionen einnehmen, ist dieses das gerade Gegenteil der philosophischen Geschäftsidee des Liberalismus. Man könnte sagen, der unsichtbaren Hand des Marktes wird von Google, Amazon, Facebook und Apple eine gefährliche Fessel angelegt.