Leserartikel Lesertest Corsair RM650i

Redirion

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Hallo und herzlich willkommen zu meinem Erfahrungsbericht mit dem Corsair RM650i!

Vorweg gilt mein Dank für die Auswahl als Lestertester an Corsair und Computerbase.
Die Bewerbung für diesen Lesertest war eine recht spontane Entscheidung von mir, beruhend
auf technischem Interesse bzw. der Neugierde auf neue Technologien. Der bevorstehende Urlaub
brachte auch gleichzeitig die dafür notwendige Ruhe mit.

Vorwort

Bisher war ein Netzteil nur Mittel zum Zweck. Vor allem zu meiner Studentenzeit war ich nicht für den Verbrauch sensibilisiert. In meinem Studentenwohnheim gab es doch tatsächlich eine Strom-Flat-Rate. Mein Rechner wurde
also auch für wissenschaftliche Zwecke verwendet (BOINC und Seti@Home sollten einigen ein Begriff sein).

In und für die erste Wohnung ging es dann los, ein neues Netzteil sollte her. Doch was sind die Kriterien für den Kauf?
Schaut man heute bei meinem Lieblings-Preisvergleicher, bietet sich folgendes Bild:

Preisvergleich.png
http://geizhals.de/?cat=gehps#gh_filterbox

Leistung in Watt, Formfaktor und 80 Plus. Das sind die beliebtesten, kaufentscheidensten Kriterien.
So kam ich dann auch zu meinem ersten 80 Plus Bronze Netzteil, das erst Ende letzten Jahres gegen ein aktuelleres
Modell, ebenfalls mit 80 Plus Bronze, ersetzt wurde. Es handelt sich um das Netzteil, dass den Vergleich gegen
das Corsair RM650i antreten muss. Das be quiet! Pure Power L8 600W. Ein ganz gewöhnliches Netzteil ohne
Schnichschnack. Das Corsair nun tritt die nächste Evolutionsstufe an mit digitaler Schnittstelle und digitalem
Signalprozessor. Gleichzeitig bringt es Premium-Features mit, wie ein besonders langes Garantieversprechen von 7 Jahren, dem Versprechen ausschließlich hochwertige japanische Kondensatoren zu verbauen und weitere Features wie vollständig modulare Kabel und das aktive Umschalten zwischen Multi- und Single-Rail mit.

Wie schlägt sich nun also das technisch neuartige Produkt mit Premium-Features gegen ein ganz gewöhnliches Netzteil?
Schafft es meine allgemeinen Anforderungen an Netzteile zu erhöhen und somit mein Kaufverhalten für die Zukunft nachhaltig zu beeinflussen?

Der erste Eindruck und ein genauer Blick auf die Kabel

Der erste Eindruck ist entscheidend, sagt man. Corsair scheint genau das berücksichtigt zu haben und viel
Aufwand investiert, um den Käufer auch nach dem Erwerb des Netzteils von Beginn an zu überzeugen und hohe Erwartungen aufzubauen.
Bevor ich dazu mehr sage, habe ich mich gefragt, ob Corsair diese aufwändige Gestaltung des Kartoninhalts auch schon früher praktiziert hat. Ein Blick auf ein Youtube-Video zeigt, dass dem nicht so ist.
Bei 2:34 sieht man den Karton innerhalb der Umverpackung. Dieser stimmt soweit mit dem Überein, was ich beim RM650i vorfand.
Doch dann die Unterschiede. Bei 3:47 sieht man, dass die Kabel in einer Plastiktüte sind, eben so wie das Netzteil selbst bei 3:53.
Beim RM650i hingegen sind die Kabel in einer schönen schwarzen Box. Das Netzteil selbst ist zwar nach wie vor noch einer einer Plastiktüte, aber zusätzlich in eine hochwertigen schwarzen Beutel untergebracht. Zusätzlich fällt einem ein recht dickes Handbuch von über 140 Seiten Umfang entgegen. Es gibt viele Leute, die sich über die reine Digitalisierung von Handbüchern beschweren und lieber etwas in der Hand halten möchten. Für mich hingegen war das eine Überraschung. Es ist ein digitales Netzteil. Wo ist denn die CD für die Software und die Treiber? Also habe ich tatsächlich das Handbuch aufgeschlagen, hier ist dann der Hinweis für den Downloadlink.
Wer ein paar Bilder von Karton und Inhalt sehen möchte, kann gern bei CiTay vorbeischauen.

Ein nächster Blick folgte auf die Kabel. Im direkten Vergleich mit meinem be quiet!-Netzteil fällt sofort die höhere Qualität der Ummantelung (manche nennen es "Sleeves") der Kabel auf. Sehr schön, der hochwertige Eindruck setzt sich hier nahtlos fort.
Auch schön: die Kabel sind grundsätzlich ein wenig länger ausgeführt als bei meinem be quiet!-Netzteil.
Ein weiteres gefälliges Detail: beim 20/24-Pin-Anschluss ist der 4-Pin-Anschluss mit einem Widerhaken-Clip ausgeführt und erlaubt somit eine weniger fummelige Montage. Schade wiederum, dass dieses Detail nicht auch bei den PCI-E-Anschlüssen fortgesetzt wurde.
Beim Einbau ist mir nämlich tatsächlich der 2-Pin-Anschluss kurz verrutscht, so dass ich einmal neu Ansetzen musste. Das ist natürlich kein wirklicher Kritikpunkt.

Dann stieß mein Blick auf die für das Netzteil einzigartigen Kabel. Die beiden Kabel für die digitalen Schnittstelle. Während die Verwendung des USB-Kabels völlig klar war, rätselte ich, was es mit dem anderen Kabel("Corsair Link Digital interface cable") auf sich haben sollte. Ich hatte zwar eine Vermutung, wollte es aber nachlesen. Eine kleine Enttäuschung: das Handbuch verliert zu dem Kabel kein einziges Wort. Dabei hätte die Gelegenheit genutzt werden können, um damit kompatible Produkte zu bewerben.

Natürlich habe ich mich vorher schon ein wenig über das Netzteil informiert und wusste daher um die Besonderheiten der von Corsair entwickelten "Type 4"-Kabel. Kurz: die Kabel sollen helfen, die Restwelligkeit zu minimieren. Über Restwelligkeit habe ich mir bisher nie Gedanken gemacht. Nach einigem Stöbern im Internet kann ich mit eigenen Worten dazu folgende Zusammenfassung liefern:
Restwelligkeit entsteht aus Folge der Umwandlung der Wechselspannung in Gleichspannung. Die Gleichspannung enthält dabei nach wie vor Fragmente der Sinuskurve der Wechselspannung.
Smoothed_ripple.png
(Quelle für das Bild Wikipedia:Restwelligkeit)

Es gilt ganz einfach: je weniger Restwelligkeit, desto besser. Die Spannungsregulation der einzelnen PC-Kompontenten muss dann nicht so robust ausgelegt werden, da weniger Spannungsschwankungen nach unten oder oben verkraftet werden müssen. Die Lösung von Corsair mit den Kondensatoren sieht in meinen Augen nach einer pragmatischen Lösung aus, lässt aber gleichzeitig die Frage offen, ob es doch sinnvoller wäre, die Restwelligkeit direkt dort zu eliminieren, an der sie entsteht, also noch innerhalb des Netzteils. Hier hat sicherlich eine Abwägung zwischen Kosten und Nutzen stattgefunden und gemessen daran, dass Restwelligkeit in jedem Netzteiltest noch ein großes Thema ist und auch von Computerbase immer beleuchtet wird, stellt sich die Frage, warum nicht auch andere Hersteller diese, laut Corsairs Angaben, effiziente Lösung ebenfalls umsetzen.

Die beiden 20/24-Pin-Anschlusskabel der beiden Netzteile habe ich zum Vergleich aufgenommen.

atxvergleich.jpg

Dabei ist der Kondensator beim Kabel des RM650i gut erkennbar. Die auf den ersten Blick ähnliche "Verdickung" beim Kabel des be quiet!-Netzteils hingegen sieht so aus, als wäre die Ummantelung des Kabels mit einem gewöhnlichen Kabelbinder sichergestellt worden.
Auch sind auf dem Bild die beiden bereits erwähnten Clipsysteme der 4-Pin-Anschlüsse zu erkennen.

Testsystem, Methodik

AMD Athlon FX 8350
ASUS M5A99X Evo R2.0
16GB G.Skill DDR3-1866
ASUS R9290-DC2OC-4GD5 DirectCU II OC
2x Samsung 850 EVO 500GB
1x Seagate Momentus XT 750GB
Creative Sound Blaster Z
Verbaut ist alles in einem Sharkoon Tauron

Zum Messen des Verbrauchs habe ich mir eigenes für diesen Test die preiswerte Computerbase-Empfehlung angeschafft.
Zusätzlich interessierten mich die Temperaturen im Gehäuse unabhängig von den Sensorwerten der einzelnen Komponenten.
Dafür habe ich ein Infrarot-Thermometer von Pollin verwendet.

Um eine hohe Auslastung des Netzteils zu erreichen und untersuchen zu können, wie sich die Netzteile auf erhöhte Anforderungen durch Übertaktung schlagen, habe ich mehrere Messreihen durchgeführt. Dabei wurden Prozessor und Grafikkarte übertaktet.
Folgende Szenarien habe ich getestet:
- CPU und GPU ohne Übertaktung
- CPU Multiplikator um 0,5 (entspricht +100MHz oder 2,5%) und GPU um 50MHz(entspricht 5%) übertaktet
- CPU Multiplikator um 1,0 (entspricht +200MHz oder 5%) und GPU um 50MHz übertaktet

Bei der Übertaktung wurden alle Spannungen unverändert gelassen, um die reine Auswirkung der höheren Auslastung durch die Übertaktung beobachten zu können.

Zur Auslastung des Prozessors kam Prime95 mit dem "Maximum Heat" Torture-Test zum Einsatz. Die Messung des Verbrauchs ungefähr 30 Sekunden bis 1 Minute nach Abschluss des ersten Selftests auf allen Kernen statt.

Grundsätzlich habe ich alle Tests mehrfach durchgeführt und die durchweg schwankenden Verbrauchswerte so gut es geht versucht zu mitteln.

Zur Auslastung der Grafikkarte habe ich Furmark mit 1280x720 im Fenstermodus verwendet. Zusätzlich habe ich 8x MSAA aktiviert, nachdem die FPS-Zahl verdächtig beim VSYNC-Limit hing. Ich vermute auch, dass damit zumindest Prozessoreinflüsse etwas gesenkt werden können, da die Grafikkarte relativ eigenverantwortlich an MSAA zu knabbern haben dürfte.
Gemessen wurde erst nach stabilem erreichen des Temperaturmaximums der Grafikkarte. Während die Temperatur der Grafikkarte noch anstieg, war auch der Verbrauch alles andere als konstant. Das hatte ich vorher in dieser Ausprägung nicht erwartet. Für mich eine sehr spannende Erkenntnis. Hut ab an diejenigen, die sich die Zeit nehmen, ein Netzteil unter "realen Bedingungen" zu testen, da mit der Temperatur neben der tatsächlichen Auslastung als zusätzlicher Einflussfaktor einen Test doch deutlich zeitaufwendiger werden lassen, als ich es zunächst angenommen hatte.

Als maximalen Stresstest wurden beide Programme kombiniert. Gemessen wurde hier wieder abhängig vom Temperaturmaximum der Grafikkarte.
Bei diesem Test kam dann zusätzlich das Infrarot-Thermometer zum Einsatz. Da ich bei geschlossenem Gehäuse selbst keine sinnvollen Messmöglichkeiten habe, habe ich das Gehäuse geöffnet und dann so schnell es geht den Spannungswandlerkühler beim Prozessor und die Oberflächentemperatur auf dem Netzteil gemessen.

Messergebnisse

Bei den Messergebnissen hatte ich natürlich die Erwartungshaltung, dass die höhere Effizienz des Netzteils durchweg bessere Ergebnisse zeigen müsste.
Gleichzeitig erwartete ich für "PC aus" und den Standby-Verbrauch nach Wählen der "Energie Sparen"-Option unter Windows 10 keine wirklichen Unterschiede.
Beide Erwartungen wurden erfüllt, auch wenn ich insgeheim beim Standby-Verbrauch eine kleine Überraschung erhofft hatte.

pcausstandby.png biosidle.png

Auf der anderen Seite gab es jedoch auch wirkliche Überraschungen. Das Netzteil scheint sehr gut mit Übertaktung umzugehen.
Es verhält sich so, dass bei knapp 40% (also knapp 250W), also auch noch innerhalb des Bereichs, an dem der Lüfter des Netzteils ausbleibt, eine Art "Sweet Spot" zu sein scheint. Die Effizienz des Netzteils ist hier besonders hoch. Anders kann ich mir nicht erklären, dass das Netzteil bei der Übertaktung des Prozessors den Verbrauch beinahe unverändert halten konnte, während das be quiet!-Netzteil annähernd linear mit der höheren Leistungsanforderung durch den Prozessor auch mehr Leistung abforderte.

cpuload.png

Gegenteiliges hingegen beobachtete ich bei der Leistungsaufnahmemessung unter Belastung der Grafikkarte. Auf die Übertaktung der Grafikkarte reagierte das RM650i mit einem zu hohen Anstieg des Verbrauchs im Vergleich zum be quiet!. Das könnte darauf hindeuten, dass bei ungefähr 50% die Effizienzkurve des Netzteils abfällt. Laut des 80 Plus-Testberichts, sollte dies aber hier nicht der Fall sein. Der Ausreisser war reproduzierbar und zeigt sich auch im Test, bei dem sowohl CPU als auch GPU unter Volllast
betrieben wurden. Die Übertaktung der Grafikkarte belastet das Netzteil offenbar recht stark. Ich habe beide PCI-E-Kabelstränge verwendet, obwohl ein Strang auch die Möglichkeit bietet beide Anschlüsse der Grafikkarte direkt zu versorgen. Macht es einen Unterschied, wenn ich nur ein Kabel verwenden würde? Falls ja, werde ich gern den Test wiederholen.
Ich hielt die Aufteilung der Kabel für eine gute Idee im Sinne der Lastverteilung pro Kabelstrang.

gpuload.png

Die hohe Effizienz gerade in Hinblick auf Übertaktung zeigte sich auch im "Extrem"-Test unter Vollauslastung von CPU und GPU. Das gute Bild der bei der CPU-Auslastung bleibt dort zu erkennen. Auch der Ausreisser durch die Übertaktung der Grafikkarte manifestiert sich in den Diagrammen. Für mich ein überzeugend gutes Ergebnis.

kombiniertelast.png

Lautstärke und Temperaturen
Bei den Temperaturen und der Lautstärke hatte ich eigentlich nur eine Vermutung: die Beibehaltung des Status Quo in meinem System.
Da das Netzteil schon vorher nicht die präsenteste Komponente war und das RM650i mit Sicherheit nicht lauter sein sollte, war für mich die Lautstärke auch von vornherein nur von untergeordneter Rolle. Und dennoch gab es hier eine positive Überraschung: Der Rechner startet tatsächlich leiser. Beim Betrachten des Messgeräts konnte ich sehen, wie die Auslastung beim Booten kurzzeitig die 200w-Marke riss. Offenbar reichte das für das be quiet!-Netzteil, um beim sonst ruhigen Startvorgang tatsächlich präsenter zu sein, denn nun fehlte beim Booten ein kurzes aufheulen des/der Lüfter. Sehr schön!

Bei den Temperaturen hingegen gab es eine Bestätigung und eine weitere kleine Überraschung. Bei den Temperaturen unter Windows blieb wie erwartet alles beim Alten. Unter Last gab es jedoch eine Anstieg bei der Temperatur der Grafikkarte. Dafür habe ich jedoch eine etwas andere Erklärung als man vermuten könnte. Der Anstieg lag nicht etwa an einem allgemeinen Temperaturanstieg im Gehäuse oder durch andere Komponenten, sondern kam tatsächlich durch eine bessere Auslastung der Grafikkarte zustande. Bei der Auslastung von CPU und GPU fiel mir auf, dass unter Furmark kurzzeitige Abrisse bei der Auslastung der Grafikkarte angezeigt wurden. Furmark zeigte für einen Bruchteil einer Sekunde eine Auslastung von 0 und anschließend wieder 100%. Beim be quiet!-Netzteil gab es den gleichen Effekt, jedoch stieg die Auslastung nicht direkt wieder auf 100%. Das könnte der entscheidene Unterschied gewesen sein.
Führt hier das RM650i tatsächlich zu einer besseren Stabilität der Komponenten unter Last und dadurch auch zu einer konstanteren Leistung?
Die Temperaturmessungen zeigen, dass abgesehen von der höheren GPU-Temperatur die Temperaturen auf einem Niveau mit dem be-quiet-Netzteil bleiben bzw. sogar ohne OC die Spannungswandlerkühler am Prozessor niedriger von mir mit dem Infrarot-Thermometer gemessen wurden.

temps.png


Ein Wort zur Stabilität der Ergebnisse
Da ich bisher keine Erfahrungen mit Energiemessungen oder gar dem Netzteiltesten allgemein hatte, war ich natürlich gespannt, wie die Werte vom Messgerät angezeigt werden. Ich hatte mir natürlich gedacht, dass Schwankungen bei der Leistungsanforderung durch Änderungen des Prozessortakts oder plötzliche kleinere CPU-Last-Anforderungen unter Windows dies auch entsprechend durch das Messgerät reflektiert wird. Womit ich aber nicht rechnete, war dass Volllast, nicht unbedingt auch voller Leistungsanforderung bzw Verbrauch entspricht. Tatsächlich schwankt der Verbrauch, selbst wenn beispielsweise beim CPU-Test andere Komponenten nicht wirklich etwas zu tun haben sollten, gab es immer schwankende Anzeigen auf dem Energiemessgerät. Mit dem RM650i gab es dann auch hier eine deutliche Überraschung. Tatsächlich war gerade beim CPU-Test, bei dem ich eine relativ konstante Leistungsaufnahme erwartete, eine deutliche Ruhe eingekehrt. Die Messung blieb weitestgehend konstant. Wenn ich also 249W in das Diagramm geschrieben habe, dann wurden hier auch tatsächlich beinahe ausschließlich 249W angezeigt, während beim gleichen Test mit dem be quiet!-Netzteil die Leistungsaufnahme um mehrere Watt schwankte und ich schauen musste, dass ich den "häufigsten" bzw. besten Näherungswert übernehme.

Wie war das nun eigentlich mit Single- und Multirail?
Vor dem Test hatte ich noch eine gewisse Neugierde auf Multirail und die Umschaltmöglichkeit. Ich wusste auch ehrlich gesagt vorher nicht, um was es sich dabei handelte. Schon bevor ich mit dem eigentlichen Test meines Netzteils began, las ich den Testbericht von CiTay und die Kommentare
dazu. neueinsteiger84 postete ein Youtube-Video, bei dem ein Mitarbeiter von Corsair in den USA die Vorzüge von Multirail demonstrierte.
Er zeigte erst, wie sich das Netzteil bei Single-Rail verhielt und stellte danach auf Multi-Rail um, mit dem Ergebnis, dass das Netzteil wegen der nun überschrittenen Amperegrenzen der Rails abschaltete. Es wirkte so, als sei der Corsair-Mitarbeiter trotz des erwarteten Ergebnisses etwas verlegen. "Wie erkläre ich das nun?" und erzählt dann etwas von "Marketing in der EU und dass die das so angepriesen haben und deswegen baut Corsair das so ein". Für mich klang das leider so, als wäre er selbst gar nicht davon überzeugt. Er räumt dann auch mit dem Mythos auf, dass es sich bei Multirails tatsächlich um eine physikalische Trennung von "Rails" handle, sondern lediglich um eine Anpassung der Schutzschaltung. Diese Anpassung der Schutzschaltung ist jedoch sehr sinnvoll, da hier eine Überlastung der Komponente am anderen Kabel im Falle eines Defekts verhindert werden kann bzw. der Schaden wird früher erkannt und Schlimmeres verhindert. Ich kann Interessierten nur empfehlen das Video in Gänze anzuschauen, um so ein eigenes Urteil bilden zu können. Ich für meinen Teil lasse die werkseitig aktivierte Multirail-Option eingeschaltet.

In der Corsair Link Software findet sich eine Möglichkeit zur Umschaltung zwischen Single- und Multirail. Offen bleibt, um was es sich genau bei Multirail handelt.
Es gibt immerhin mehrere Kabelstränge für 12V. Entspricht jeder Kabelstrang einer Rail im "Multirail-Betrieb"? Wie viel % des Maximums der Leistung darf dann über jeden Kabelstrang gehen, bevor die Schutzschaltung greift? Oder ist es eine "Dualrail" - dann wären es 50%? Leider bleibt die genaue "Multirail-Konfiguration" ein Geheimnis und zumindest das betätigen des Schalters bei Corsair Link zum Umschalten zwischen Single- und Multirail bewirkt leider keine Änderung der Anzeigen.

Corsair Link

Auf der Produktwebseite des RM650i wird Corsair Link in einem Satz folgendermaßen zusammengefasst:
"Corsair Link Integration for monitoring performance and adjustment of fan speed and multi-rail/single rail mode."
Das klingt soweit vielversprechend und ich kann auch vorwegnehmen, dass mir die Präsentation und das Monitoring von Temperaturen, Lüfterdrehzahlen und Spannungen allgemein sehr zusagt.
Ausprobieren kann die Software übrigens auch jeder, auch wenn man kein Corsair Netzteil besitzt. Man bekommt dann nur keinen Überblick über die Parameter des Netzteils.
CiTay hat die Software meiner Meinung nach gut vorgestellt.
Meine Erfahrungen weichen zumindest ein wenig von CiTays-Erfahrungen ab. Während ich mit ihm darin übereinstimme, dass die angezeigten Verbrauchswerte ungefähr passen, so überraschte es mich doch etwas, dass die Schwankungen beim Verbrauch ausgeprägter als beim Messgerät ausfielen.
Insgesamt machte die Anzeige beim Energiemessgerät einen besseren Eindruck auf mich, vor allem, da die Verbrauchsanzeigen bei Corsair nicht in 0,1-Watt-Schritten angezeigt wird, sondern sprunghaft mit 1,X-Watt-Schritten. Dadurch ist die ganze Anzeige leider gleich etwas ungenauer.
Immerhin handelt es sich bei dem Messgerät, dass ich erworben habe, lediglich um ein 10€-Gerät. Ich hatte mir eine vergleichbare Präzision direkt an der Quelle versprochen.
Wenn ich nun auf die beiden anderen Punkte der Software schaue: "adjustment of fan speed" und "multi-rail/single rail mode", so finde ich die Umsetzung leider nur unvollständig. Das Umschalten zwischen "Automatisch" und dem Fixieren der Lüftergeschwindigkeit ist nicht wirklich eine Anpassbarkeit. Das fixieren der Geschwindigkeit unabhängig von der Auslastung des Netzteils kann nie optimal sein und daher wüsste ich nicht, warum das überhaupt jemand machen wollen würde, außer vielleicht im Serverbereich, wo sicherheitshalber dann einfach die maximale Geschwindigkeit eingestellt werden würde. Daher kann ich nicht empfehlen diese Funktion zu nutzen.
Auf die Umstellung zwischen Single- und Multirail bei Corsair Link bin ich schon eingegangen. Abgesehen vom Umschalten an sich bleibt leider unklar, was genau passiert. Etwas mehr Transparenz oder vielleicht auch eine Anpassung der Railkonfiguration selbst wäre hier interessant gewesen.
Insgesamt bietet Corsair Link gute Ansätze, aber es bleibt noch Potenzial ungenutzt. Unbeachtet blieben bei diesem Test die weiteren Möglichkeiten, die Corsair Link über die Vernetzung mit weiteren Komponenten bieten würde.

Schlussbetrachtung
Eingangs stellte ich mir die Frage, ob es dem RM650i gelingt, meine Anforderungen an Netzteile zu erhöhen und damit auch mein Kaufverhalten für die Zukunft zu beeinflussen. Diese Frage kann ich nun klar beantworten. Ja, meine Anforderungen sind nun tatsächlich neu definiert. Das RM650i ist nicht ganz allein dafür verantwortlich. Entscheidend war es auch, mal selbst einen Test vorzunehmen, zu beobachten wie sich der Verbrauch einpendelt, wie der Verbrauch sich durch unterschiedlichste Faktoren ändert und wie tatsächliche Unterschiede durch den direkten Vergleich sichtbar wurden.

Dabei wurde klar, dass ein hochwertiges Netzteil wie das RM650i nicht nur durch ein paar Watt Einsparung auf sich aufmerksam machen kann. Beeindruckt hat mich vor allem die Stabilität der Spannung und das ausgezeichnete Verhalten bei Übertaktung. Genauso wie hier der Kondensator zur Restwelligkeitsreduzierung die Belastung der direkt angeschlossenen Komponenten dient, hat sich das Netzteil für mich an Bedeutung gewonnen, indem es als entscheidende Komponente zur allgemeinen Stabilisierung des Systems beiträgt. Dadurch werden auch eventuelle schwächere Komponenten wie vielleicht eine nicht ausreichend dimensionierte Spannungsregulation bei GPU oder CPU direkt entlastet. Klar, man kann auch beim Mainboard darauf achten, möglichst viele Phasen oder digitale Regulation zu haben, doch stimmt man mit Sicherheit mit mir überein, dass es am sinnvollsten ist, wenn direkt an der Quelle bereits für die optimale Ausgangssituation gesorgt wird.

Das führt zur Frage, würde ich genau dieses Netzteil weiter empfehlen oder wie würde meine Empfehlung lauten? Dazu muss ich zunächst einmal sagen, dass dieses Netzteil eine gewisse Zielgruppe voraussetzt, in der ich mich persönlich sehe. Dabei gehe ich am besten damit voran, für wen das Netzteil nicht ist.
Es ist nicht für den klassischen Computerbase-Forum-Besucher, mit der dem Wunsch sich einen 700€-Gaming-PC zusammen zu stellen. Es ist auch nicht für diejenigen, die ihren Rechner für ein paar hundert Euro für neueste Spiele fit machen wollen. Für diese Leute zählt jeder Euro, um die gewünschten mindest-FPS bei ihren Spielen zu schaffen. Es ist auch sicher nichts für Leute, die ein Netzteil lediglich als Mittel zum Zweck verwenden. Es wäre aber schön, wenn gerade letztere Gruppe nicht nur bei der Grafikkarte auf eine tolle Spannungsregulation achten würde, sondern auch das Netzteil mit in die Überlegungen einbezieht. In dieser Gruppe befand ich mich bis mich das Corsair RM650i überzeugte, dem Netzteil künftig mehr Gewichtung zu geben.
Dieses Netzteil ist für diejenigen, die Wert darauf legen, ihren PC unter optimalen Bedingungen zu betreiben, selbst wenn sie sich nicht gern an die Spezifikationen halten möchten(Stichwort Übertaktung). Die hohe Qualität des Netzteils fordert natürlich auch ihren Preis, daher muss eine gewisse Investitionsbereitschaft bzw. -Möglichkeit vorhanden sein.
Da mich persönlich das "i" beim RM650i nicht überzeugen konnte, würde ich zum aktuellen Stand der Software
lieber das RMx empfehlen. Der Preisunterschied von aktuell knapp 20€ wäre mir zu diesem Zeitpunkt zu viel. Corsair Link war für den Test selbst zwar sehr interessant, aber für den Daily-Betrieb wäre es nur ein Programm zusätzlich, dass ich kaum beachten würde. Daher ist es derzeit nicht im Autostart.
Das RMx entspricht so wie ich das sehe 1zu1 dem RM650i mit fehlendem digitalen Interface und einer nicht ganz so hochwertigen Lagerung des Lüfters. Ich bin zum aktuellen Zeitpunkt einfach noch zu skeptisch, wenn ich mir die Preise beim Corsair Link Hardware-Zubehör und die aktuellen Fähigkeiten der Software anschaue. Sicherlich kann sich das jederzeit mit einem Update ändern.

Zum RM650i selbst bleibt in einem Satz festzuhalten, dass vom Auspacken, zum ersten Einschalten und bei den Tests durchweg die von Anfang an aufgebaute hohe Erwartungshaltung erfüllt und gar übertroffen wird. Top-Hardware!

Nochmals vielen Dank, dass ich diese Erfahrung machen durfte. Es war wirklich spannend sich mit der Hardware so intensiv zu beschäftigen. Besonders interessant war es für mich, wie stark sich die Temperatur auf den Verbrauch auswirkt und wie schwer es tatsächlich ist, konstante, reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten.

Bilder
Das RM650i ist ein wenig tiefer als das be quiet! pure power
groessenvergleich.jpg

Beim PCI-E-Kabelstrang ist der Kondensator zur Restwelligkeit vor dem ersten Anschluss. In der Kabelpeitsche für den zweiten Anschluss dagegen findet sich kein weiterer Kondensator. Hätte hier vielleicht noch ein kleinerer Kondensator verwendet werden müssen für beste Ergebnisse? Vermutlich nicht, aber aufgefallen ist es mir.
pciekondensator.jpg

be quiet!-Ansicht vorn und Ansicht hinten
bequietvorn.jpgbequiethinten.jpg

Corsair RM650i Ansicht vorn und Ansicht hinten
rm650ivorn.jpgrm650ihinten.jpg

Ein ungewöhnlich hoher Ausreisser bei der Corsair Link Messung im Vergleich zum Messgerät (über 20w Abweichung nach oben)
corsairlinkausreisser.jpg

Messgerät im Einsatz
messung.jpg

Mein Rechner im Testbetrieb nach vorgenommener Infrarot-Messung mit offenem Gehäuse, einmal ohne, einmal mit Blitz
imbetrieb.jpgimbetriebblitz.jpg
 
Zuletzt bearbeitet: (Ein paar manuelle Zeilenumbrüche entfernt für bessere Lesbarkeit)
Natürlich habe ich mich vorher schon ein wenig über das Netzteil informiert und wusste daher um die Besonderheiten der von Corsair entwickelten "Type 4"-Kabel. Kurz: die Kabel sollen helfen, die Restwelligkeit zu minimieren.

Hat Corsair von EVGA bzw. Super Flower kopiert. Sieht zwar nicht gut aus und ist etwas unpraktisch, aber billig und funktional.
 
Sehr schönes Review!!
Ich habe mein AX1200i jetzt schon 2 Jahre und bin mega zufrieden mit dem Ding. Corsair baut recht gute Netzteile
 
Also bitte, du müsstest doch verstehen worauf ich hinaus wollte ;)
 
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