MatzTeCow schrieb:
Ich stehe auch für maximale Meinungsfreiheit ein. Bis zu dem Punkt, an dem erkennbar ist, dass das geäußerte Gedankengut eine Gefahr für unsere Demokratie darstellt. Letzteres schlägt ersteres. Immer. Ich bin froh, dass man sich nicht auf die Straße stellen darf, um lauthals darüber zu schwadronieren, dass AH völlig recht hatte und die jüdische Bevölkerung noch viel zu gut weggekommen ist. Oder dass ich meine konstruierten Theorien darüber ablassen darf, warum der Holocaust gar nicht stattgefunden hat. "Fake News!"
Ich bin der Meinung, dass exakt das problematisch ist.
Die von Dir eingenommene Position reglementiert de facto, was Menschen äußern dürfen und ist damit per se eben nicht 'maximale Meinungsfreiheit'. Denn nur, weil eine Sache in der einen From gesetztlich verankert ist, bedeutet das nicht, dass sie kategorisch 'richtig' ist.
Wer definiert denn Dinge wie "Demokratiegefahr"? Oder generell normative gesellschaftliche Reglementierungen? Die naiv-lapidare Antwort wäre: der deutsche Rechtsstaat natürlich. Derselbe Rechtstaat, dessen BVG 1957 homosexuelle Praxis als Verstoß gegen das Sittengesetz klassifiziert hat? Oder die Beschlussregelungen des 4. Senats am BGH von 1966, die Vergewaltigungen in der ehe quasi straffrei gemacht hatten.
In dem Moment, in dem Du argumentierst, 'Das ist rechtlich halt so verankert!', sägst Du dir den Ast ab, auf dem du gerade sitzt.
Ich vertrete die These, dass Wahrheit objektiv ist. Es gibt Dinge, die objektiv betrachtet richtig oder falsch bzw. gut oder böse sind und das komplett unabhängig davon, ob ich oder irgendjemand anderes das subjektiv so empfindet oder nicht.
Konkret: Vergewaltigung ist moralisch verwerflich und entschuldigungslos falsch. Der Holocaust war objektiv betrachtet moralisch absolut verwerflich und eines der größten Verbrechen der Menscheitsgeschichte. Und er wäre auch dann immer noch falsch, wenn in einem hypothetischen Szenario das nationalsozialistische Deutschland den 2. Weltkrieg gewonnen hätte und deren Ideologie heute das globale Denken mehrheitlich unterwandert hätte.
Das ist Fakt. Daran ändert auch die subjektive vehement, polemisch, würgereflexverursachende Meinungsäußerung gegenteilig Denkender nichts.
Was ALLES ändert, ist die - möglicherweise zunächst noch wohl intendierte - Bestrebung, Meinungen "zum größeren Wohl aller" zu zensieren.
Es ist mMn unendlich viel besser, sich mit Verabscheuungswürdigem konfrontieren lassen zu müssen, als ein Werkzeug zu etablieren, das zu Pandoras Box zu werden droht, wenn es erst einmal in die falschen Hände geraten ist.