Naitrael schrieb:
Dem reichsten Mann der Welt eine leitende Position in einer Regierung zu geben ist aber schon ein bisschen extra, oder?
Das kann man auf jeden Fall so sehen. Ich muss allerdings auch sagen, dass ich gewisse andere Personen, die Trump vorhat in diversen Ministerien zu installieren, tatsächlich noch etwas kritischer sehe - für die USA wie auch für den Rest der Welt. So gesehen kann man auch unterstellen, dass Musk für Trump auch teilweise ein willkommenes Ablenkungsmanöver ist, da sich medial viel auf seine Person und seine zukünftigen Aufgaben konzentriert.
Naitrael schrieb:
Musk spielt schon einige Zeit ein anderes Spiel. Aber der Pokervergleich hinkt ein wenig, finde ich.
Wenn ich für meine Verhältnisse viel aufs Spiel setze, brauche ich Eier (oder mangelhafte Impulskontrolle).
Wenn ich nur die Portokasse einsetze, brauche ich gar nichts.
Also ernsthaft: Was hätte er zu verlieren gehabt?
- Image? Baut er schon seit Jahren dahingehend um. Natürlich war es auch keine komplett spontane Entscheidung.
- Geld? Irrelevant, würde ich behaupten.
- Vision? Die Demokraten hätten ihn vermutlich eingeschränkt, aber an SpaceX und Starlink kommt erstmal keine Regierung vorbei. Konnte also auch nicht viel verlieren.
Rein finanziell gesehen hinkt mein Vergleich vermutlich zunächst tatsächlich. Musk selbst hatte allerdings auch im Interview im Oktober (wenn ggf. auch nicht vollkommen ernst) gesagt, dass er wohl im Arsch sein werde, wenn Trump nicht gewinnt. Ich vermute schon, dass er entsprechende Konsequenzen befürchtet hat, die aufgrund seines sehr eindeutigen Supports von Trump bei einem Sieg von Harris auf ihn hätten zukommen können - vom Entzug diverser Regierungsaufträge an SpaceX über unliebsame Regulierungen und Auflagen für seine Unternehmen bis hin zu eventuellen Benachteiligungen, die nicht unbedingt sachlicher Natur sein müssen, sondern eher als eine Art Racheakt hätten gesehen werden können. Also das, was nun leider verschiedene andere Personen befürchten müssen, auf die vor allem Trump sauer ist.
Ich finde, dass diese unsachlichen Kämpfe auf persönlicher Ebene ziemlich eskaliert sind in der vergangenen Jahren. Natürlich auch maßgeblich wegen Trump selbst in den vergangenen 3 Wahlkämpfen, aber man sollte nicht der Illusion aufsitzen, dass die Demokraten nicht ähnlich "gemein" sein können und ich vermute, dass Musk davor schon durchaus Sorge hatte. Es hat bei ihm ja auch ein bißchen gedauert, bis er sich wirklich vollends hinter Trump gestellt hat. Also quasi nach anfänglichem "testing the waters" dann wirklich "All-In" gegangen ist mit seiner Unterstützung.
Ansonsten bezogen auf Poker nochmal: ein professioneller Spieler hat in der Regel ja auch ein entsprechendes Bankrollmanagement und im Cashgame bei All-In Moves entsprechendes Kapital in der Hinterhand, um den Stack neu aufzufüllen. Ich hatte eher an Turnierpoker gedacht und auch dort stellt das Eintrittsgeld für Pros dann auch nur einen Bruchteil der Bankroll dar. Die sind nicht finanziell ruiniert, wenn sie rausfliegen, aber innerhalb des Turniers bringt dann das Geld auf dem Konto nichts mehr. Wenn die Turnierchips weg sind, sind sie raus auf dem Tunier und jegliche Chance auf den Final Table sind Geschichte. Ich hatte den Begriff/Vergleich mit dem All-In aus Medien aufgegriffen und fand die Analogie teilweise recht passend.
Naitrael schrieb:
Aber ich wäre vorsichtig, Musk, oder irgendeiner Person, eine bestimmte Persönlichkeit zuzuordnen. Er ist sehr gut in der Kontrolle von Informationsflüssen, auch was ihn persönlich angeht.
Ich gebe dir da insofern recht, als dass eine solche Zuordnung auch dazu führen kann, dass man individuelle Faktoren nicht berücksichtigt und sich die Sache dadurch etwas zu einfach macht, in dem man andere (und ggf. sich selbst) in Schubladen einsortiert. Ich kann von mir aus z.B. sagen, dass zwar klare Tendenzen zu erkennen sind und ich mich auch durchaus mit einem Persönlichkeitstyp identifiziere, ich aber am Ende des Tages nicht eindeutig in eine bestimmte Schublade passen würde. Und das trifft auf viele andere Menschen natürlich ebenfalls zu.
Letztlich ist jeder Mensch individuell und Persönlichkeitsprofile können daher immer auch nur eine (manchmal sehr starke) Tendenz abbilden. Dennoch sind solche groben Einschätzungen sehr hilfreich im Umgang mit anderen Personen. Ich habe damit schon vor sehr vielen Jahren zu tun gehabt; zunächst im Arbeitsumfeld im Rahmen von Werbepsychologie, Zielgruppendefinition etc; später dann auch tatsächlich beim Pokerspiel, als ich das mal eine zeitlang sehr intensiv und "hauptberuflich" betrieben hatte in einer Übergangsphase nach meinem Ausstieg aus einer Firma; und dann auch in anderen Bereichen im Umgang mit Menschen, beispielsweise bei der Zusammenstellung von Teams in Unternehmen, die nicht nur fachlich sondern eben auch menschlich zusammenpassen sollten.
Das Thema finde ich daher seit sehr langer Zeit äußerst spannend und habe selbst auch von mir über die Jahre zahlreiche unterschiedliche Profile erstellt/erstellen lassen, die trotz teilweise anderer Vorgehensweise hinsichtlich der "Erhebung der Daten" letztlich alle weitestgehend sehr viel Übereinstimmung hatten. Bezogen auf Elon Musk kann ich es natürlich nicht selbst wirklich umfassend einschätzen - weder hatte ich bisher ein persönliches Gespräch mit ihm, noch habe ich Zugriff auf die Ergebnisse tiefergehender psychologischen Analysen. Und wie du auch sagtest: was eine Person von sich gibt, kann auch sehr bewusst so als Aussage platziert sein; insbesondere bei Personen, die in der Öffentlichkeit präsent sind. Ich stelle allerdings auch immer wieder durchaus Parallelen fest in der Denk- und Handlungsweise und kann manche Aktionen von ihm recht gut nachvollziehen, bei denen viele anderen Menschen etwas verwundert den Kopf schütteln.