Was soll ich sagen, meine Tochter wird in neun Tagen zehn Monate alt und hat im Moment auch gewisse Einschlafprobleme. Aber das hatten wir bereits schubweise im letzten dreiviertel Jahr. Ich verbinde das ganz stark mit geistigen Entwicklungsschritten und wie sich ihr Ereignishorizont erweitert. Das Zahnen spielt selbstverständlich auch mit rein, ist aber im Moment eher zu vernachlässigen. Jedes Kind entwickelt sich selbstverständlich anders aber gerade zwischen dem siebten und neunten Lebensmonat, also in der Zeit in der die Kleinen mobiler werden und sich die personenspezifische Bindung entwickelt, gibt es phasentypische Probleme wie z. B. exzessives Klammern, Trennungsangst,
Fremdenangst und/oder sozialer Rückzug. Interessanterweise klammert meine Tochter tatsächlich sehr viel, ergo lässt sich dadurch auch erklären, warum sie momentan so arge Probleme beim einschlafen hat.
Die Tipps das Kind einfach sich selbst zu überlassen, damit es sich in den Schlaf schreit ist meiner Ansicht nach absolut kontraproduktiv und arg veraltet. Was zu Omas Zeiten funktioniert hat (Schreien stärkt die Lungen etc.) muß, nur weil es damals keine empirischen Studien über die Entwicklung der Kinder bis zu Erwachsenen gab, nicht auch heute noch angemessen oder adäquat sein. Gerade in Bezug auf die sichere Mutter-Kind-Bindung und die Schaffung des Urvertrauens beim Kind scheint nächtliches Schreien in meinen Augen fatal. Schreien ist Stress und allein der Gedanke, dass uns Babys mit ihrem Verhalten in irgendeiner Weise zu tyrannisieren versuchen bzw. ihr Schreien geschehe willentlich ist meinem Verständnis nach absurd. Das "
kontrollierte Schreien lassen" nach
Ferber mag in Bezug auf das Einschlafen vielleicht wirken, aber Studien zeigen offenbar, dass die Kleinkinder deshalb nicht wirklich durchschlafen (Lüpold, 2009). Eher sind die Kleinen so konditioniert, dass - da auf ihr nächtliches Schreien niemand reagiert - sie sich auch nicht mehr bemerkbar machen. Aus psychologischer Sicht eher zweifelhaft. Wir reden hier natürlich von exzessivem Schreien aber ich denke den Unterschied zwischen ein bisschen Genöle und wirklichem Angstschreien dürfte dir nach sechs Monaten bekannt sein.
Was mir persönlich aufgefallen ist, du hast recht viele Einschlafrituale um deinen Jungen ins Bett zu bringen. Das muss nicht verkehrt sein aber sei dir im Klaren, dass der Wegfall eines Rituals zwangsläufig mit Befremden angenommen wird. Je älter das Kind wird, desto eher hat man Abends mal keine Lust alles komplett durchzuziehen.
Meine Frau und ich haben uns mittlerweile auf folgenden Ablauf geeinigt:
- wir gehen ins Kinderzimmer und legen sie bei schwachem Licht auf die Wickelkommode.
- bei schwachem Licht und ruhiger Stimmung, wechseln wir noch einmal die Windel und sprechen in ruhigem Ton mit ihr. Erklären ihr, dass der Tag jetzt vorbei ist und erzählen auch schonmal was den Tag über so passiert ist. Groß rumrollen oder herumtollen auf der Wickelkommode unterbinden wir aber mit sanftem Druck.
- Wenn die Windel gewechselt und die Tochter wieder angezogen ist, liest ihr meine Frau noch zwei Geschichten auf dem "Gute Nacht Buch" vor.
- Einer von uns Beiden trägt sie dann ins Schlafzimmer (wir haben das Kinderbett noch bei uns im Zimmer), packt sie in den Schlafsack und legt sie ohne großes Trara in ihr Bett.
- Schnuller in den Mund, noch ein zwei Mal über den Kopf streicheln eine Gute Nacht wünschen und das Zimmer verlassen.
Für gewöhnlich wirkt das und sie schläft ohne Murren ein. Wie gesagt, für gewöhnlich im Moment ist sie äußerst anhänglich und da kann es auch mal sein, dass sie fünf Minuten im Bett steht und jammert. Je nachdem wer dran ist, geht zu ihr, legt sie wieder behutsam hin und streichelt auch mal ein bisschen über den Bauch respektive Rücken. Was wir versuchen zu vermeiden ist das herausholen und wiegen an der Schulter. Sie döst zwar meist sofort wieder ein, aber spätestens wenn sie dann zurück ins Bett gelegt wird, wird sie ohnehin wieder wach bzw. meckert.
Führt ihr übrigens ein Schlafprotokoll? Wann sie wie lange schläft? Es hilft ungemein einen ungefähren Anhaltspunkt zu haben, ab wann der Nachwuchs für gewöhnlich müde wird/ist. Meine Tochter hat tagsüber ihren zwei Stunden Rhythmus an dem sie wach ist, ehe sie im Anschluss zwischen 45 und 60 Minuten schläft. Der Mittagsschlaf ist meist länger und pendelt zwischen 60 und 90 Minuten, hin und wieder auch mal zwei bis drei Stunden. Abends geht es meist zwischen 19 - 20 Uhr ins Bett, wobei da durchaus zehn Minuten zwischen sofort müde und hellwach liegen können. In aller Regel schläft sie dann auch gut. Erfahrungsgemäß wird sie in der Nacht zwar noch einmal wach. Der eigenen Müdigkeit halber holen wir sie dann aber meist zu uns ins Bett (Licht auslassen! bzw. ein Nachtlicht nutzen), legen sie in die Mitte und ich lege meinen Arm noch locker um ihre Hüfte bzw. Beine. Sie zappelt zwar meist und möchte lieber aufstehen, was auch durchaus mit Quengeln begleitet wird aber in aller Regel pennt sie dann doch ein.