SeroEna schrieb:
1. Weil ich Integrität schätze.
Ich kenne des Papstes eigene, ethische Ansprüche nicht und kann daher seine Integrität hinsichtlich dieser Entscheidung nicht beurteilen. Anerkennung teile ich aus dem von Dir genannten Grund, dass er nicht wie andere bis zuletzt bleibt und nicht weiß, wann es Zeit ist zu gehen. Hochachtung habe ich vor solch einem Schritt jedoch nicht. Dafür fehlt mir eine beachtenswerte Tat, die sich z.B. dadurch auszeichnet, dass jemand persönliche Nachteile hinnimmt, um Richtiges zu tun und diesen Gefahren trotzt. Hochachtung habe ich z.B. vor Stefan Hippler, der sich in Afrika gegen die Sexuallehre des Vatikans aufgelehnt hat, die das AIDS-Problem verschärft, wofür sich v.a. unser Noch-Papst eingesetzt hat.
http://www.spiegel.de/panorama/gese...h-widerstand-gegen-benedikt-xvi-a-687732.html
SeroEna schrieb:
Da sind dann also ein "ehemaliger" und ein aktueller Papst gleichzeitig im Vatikan. Was ist wenn er doch wieder will (er wurde ja gewählt)? Was ist wenn er stirbt? Diese Situation ist einfach nur komisch, und führt definitiv zu einem neuem Umfeld im Vatikan.
Nein. Der ehemalige Papst wird zum Tag seines Rücktritts "Papst Emeritus", einen Papst gibt es dann erst einmal nicht mehr. Das nennt man Sedisvakanz, die Zeit des leeren Stuhles. In dieser Zeit übernimmt der Camerlengo die Geschäfte des Papstes und die Generalkongregationen arbeiten auf die Zusammenkunft des Konklaves hin, in dem die Wahl durchgeführt wird. Danach gibt es dann einen Papst, der alte hat keine Rechte eines Papstes mehr, er hat ja auf den Sitz verzichtet.
SeroEna schrieb:
Die zukünftigen Päpste werden sich wohl auch an diesem Schritt messen lassen, alles in allem ist es halt aus meiner Sicht schwer zu beantworten ob dieser Schritt richtig oder falsch ist.
Ob richtig oder falsch, das ist hier eine Frage der Perspektive. Für die Reformer in der Kirche ist es auf jeden Fall eine Hoffnung, dass die Restauration der Kirche, die unter diesem Papst stattgefunden hat, vielleicht endlich der Vergangenheit angehört.
phil. schrieb:
Diese Kirche bestehen nicht nur aus dem Papst und den Bischöfen in Rom. Sie bietet vielerorts mehr soziales Arrangement als staatliche Intuitionen, von dem auch Nichtkatholiken profitieren.
phil, hier unterliegst Du einem großen Irrtum. Du würdest Dich wundern, ach Du würdest laut "ARGH" schreien, wenn Du die Wahrheit wüsstest. In Wahrheit finanzieren die "staatlichen Institutionen" nicht nur die sozialen Einrichtungen, auf denen "Staatlich" steht, sondern auch die ach so kirchlichen. Und nicht nur die sozialen Einrichtungen, sogar kirchliche Einrichtungen werden vom Staat gezahlt.
Nur ein Beispiel, über das man sich von diesem Irrtum befreien kann, die Kirchen unterhielten soziale Einrichtungen:
Obwohl die beiden großen christlichen Kirchen heute weniger als zwei Drittel der Bevölkerung organisieren, werden viele ihrer Belange durch die öffentliche Hand finanziert. Und das betrifft keineswegs nur Krankenhäuser oder Sozialstationen, die von der Allgemeinheit in Anspruch genommen werden können. Ob Bischofsgehälter, die Ausbildung kirchlichen Personals oder Missionswerke - konfessionslose und andersgläubige Bürgerinnen und Bürger zahlen kräftig mit.
Carsten Frerk gibt einen systematischen Überblick, zu welchen Gelegenheiten der Staat von den Kirchen zur Kasse gebeten wird. Er problematisiert versteckte Subventionen wie die steuerliche Absetzbarkeit der Kirchensteuer, erläutert die rechtliche und historische Fragwürdigkeit der sogenannten Staatsleistungen und stellt die Frage, warum die Allgemeinheit soziale Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft bezuschusst, obwohl dort die Arbeitnehmerrechte weitgehend außer Kraft gesetzt sind.
Dabei geht es nicht um Kleinigkeiten: Die Zuwendungen der öffentlichen Hand an die Kirchen übersteigen deren Einnahmen aus der Kirchensteuer beiweitem. Und da die Kirchen steuerbefreit sind, tragen sie nichts zur Finanzierung der gesellschaftlichen Infrastruktur bei, von der sie profitieren.
Quelle:
http://www.amazon.de/Violettbuch-Kirchenfinanzen-Staat-Kirchen-finanziert/dp/3865690394
Und wenn man jetzt noch die Beschäftigungsverhältnisse in den "kirchlichen Einrichtungen" betrachtet, kann man nur einen Würgreiz bekommen. So gibt die Kirche zu (was bleibt ihr anderes übrig), dass Einrichtungen wie Caritas und Diakonie über Steuergelder finanziert werden. Dennoch darf die Diakonie rechtlich verbrieft, was in anderen Organisationen undenkbar wäre: Stellen werden nur an Personen vergeben, die Mitglied in der Kirche sind. Die Grundlage hierfür ist der Fakt, dass die Diakonie ein "Tendenzbetrieb" ist. Dass dieser über Steuergelder aller Bürger finanziert werden, scheint hier von Gemeinde bis EU-Ebene niemanden aufzuregen. Ich empfinde das als eine Unverschämtheit.
phil. schrieb:
Umso befremdlicher ist es, wie viele arrogant und überheblich und mit mangelndem Respekt über Papst, die Institution, Glaube und deren Anhänger reden.
Der Papst bestimmt mit seinen Dogmen, Enzykliken etc. den Rahmen der Institution römisch-katholische Kirche. Wenn hier solche unfassbaren Dinge passieren, wie sie unter diesem Papst geschehen sind (Umgang mit Missbrauchsfällen, Sexuallehre für Afrika, Wiederaufnahme der Pius-Bruderschaft, Exkommunikation sozial aktiver Priester, die sich Anweisungen Roms, Menschen aufgrund ihrer sexuellen Neigungen trotz Problemen wegzuschicken, widersetzt haben, um nur ein paar der vielen Missetaten zu nennen), dann wurde der Respekt in meinen Augen verspielt.
Mit Glaube, gläubigen Menschen und sogar mit vielen Mitarbeitern dieser Institution hat dieses Geschachere um Machterhalt und -erweiterung jedoch nur indirekt zu tun.