keshkau
Commodore
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- März 2007
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Meine Aussage bezog sich auf etwas Anderes. Ich mache das einmal an einem Beispiel fest: Wenn die Koalition beschließt, bestimmte Regelungen zu verabschieden, z. B. verpflichtende Gesundheitsuntersuchungen für Kinder, dann ist das eine Meldung wert. Das ist zugleich die eigentliche Nachricht und sehr viel mehr gibt es zu diesem Zeitpunkt auch nicht zu sagen.Heute sind (vor allem die Internetangebote) aber ganz anders aufgebaut. Sie bieten nämlich genau nur dieses breite (ja sogar überbreite) Spektrum an Nachrichten allerdings meist ohne jeglichen Tiefgang. …
Dennoch wird immer mehr suggeriert, man sei umfassend informiert
Zu einem späteren Zeitpunkt wird das entsprechende Gesetz verabschiedet oder tritt in Kraft, was wiederum in den Nachrichten auftaucht. Für die meisten Menschen ist diese Information ausreichend.
Alle anderen Interessenten stehen an dieser Stelle jedoch nicht im Regen. Denn auf den Webseiten der Ministerien kann ich mir das Gesetz herunterladen und wenn ich möchte, finde ich auch noch eine Durchführungsverordnung dazu, sofern es eine gibt. Und an weiteren Stellen (z. B. in Foren, bei Verbänden usw.) wird über dieses Gesetz diskutiert, was auch schon während des Gesetzgebungsverfahrens der Fall ist. Denn eine Partei möchte Punkt A durchgesetzt sehen, eine andere legt Wert auf Punkt B. Ich bekomme solche (Hintergrund-)Informationen bei Bedarf von allen Seiten. Trotzdem handelt es sich oftmals um Themen, die für die breite Masse (und damit für die Massenmedien) kaum von Interesse sind. Man könnte auch sagen, dass sie keine attraktive Quote versprechen.
Man muss letztlich selbst entscheiden, wie viel man über ein Thema wissen möchte. Wenn die Türkei im Irak auf Kurdenjagd geht, dann kann ich sagen: „Oh, Mann, das ist aber interessant!“ oder „Mich interessieren weder die Türken, noch die Iraker oder die Kurden sonderlich, deshalb ist mir das erst einmal egal.“ Im ersten Fall werde ich mich um weitere Informationen bemühen, die ich auf finden werde (z. B. bei den in Deutschland lebenden Kurden). Im zweiten Fall lege ich die Hände in den Schoß und verfolge höchstens noch die Kurzmeldungen in den Nachrichten.
Hat das etwas mit Systemkritik zu tun? Wenn man unbedingt möchte, dann lässt sich ein Zusammenhang konstruieren, keine Frage. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass die Art und Weise wie Informationen bei freien Wahlmöglichkeiten verteilt, recherchiert, verbreitet und gelesen werden, systemunabhängig ist.
Es gibt Medien, die auf Nachrichten angewiesen sind. Die Lokalzeitung hat nun einmal keine eigenen Reporter in Washington und London und kauft deshalb Informationen ein. Die Agenturen wiederum spezialisieren sich darauf, die Nachfrage nach Meldungen zu befriedigen. Und die Interessengruppen (Parteien, Unternehmen, Lobbyisten, Kirchen, Gewerkschaften, Sozialverbände, Vereine usw.) versuchen laufend, ihre Sichtweisen unter das Volk zu bringen und den Informationsfluss zu manipulieren. Das ist doch allgemein bekannt.
Und weil da so ist, schaue ich z. B. bei Gastbeiträgen in Zeitschriften im Allgemeinen nach, wer der Autor ist, welcher Organisation er angehört, worüber er bisher geschrieben hat und wie er einzuordnen ist. Auch das finde ich normal.
Die daraus zu ziehenden Konsequenzen sind wie immer die gleichen. Man muss sich zu allem selbst einen Kopf machen. Das fängt ja schon damit an, wenn man sich etwas kaufen will (z. B. Digitalkamera) und feststellt, dass man nirgendwo eine optimale Beratung erhält, die zugleich produktübergreifend ist. Diese Erfahrung sollte jeder schon einmal gemacht haben.
Die Konsequenz ist daher auch, dass man bereits den Kindern eine kritische Sichtweise beibringen muss. Ich kenne ausreichend viele Fälle, in denen das geschieht. Aber ich höre oder lese natürlich auch immer von den Fällen, wo das völlig auf der Strecke bleibt, weil das Umfeld (Eltern, Schule, Nachbarschaft, Verein usw.) in dieser Beziehung total versagt.
Ob das System daran schuld ist? Wir sind doch das System. Und Väter und Mütter sollten sich nicht herausreden, sondern sich ihrer Verantwortung stellen – das gilt für die Erziehung und für die Vorbildfunktion gleichermaßen. – Das Medienangebot als solches ist vielleicht gar nicht so wild, wenn man nur weiß, es vernünftig zu nutzen. Als Beispiel kann ich anführen, dass zum Beispiel TV-Werbung an mir völlig vorbeigeht. Ich schaue mir Filme stets ohne Werbung an und deshalb stört sie nicht sonderlich.
Und natürlich sehe ich auch Korrekturbedarf. Dieser Tage lief in der ARD der Film „Miffo – Da Braut sich was zusammen“, halb Liebeskomödie, halb Sozialdrama. Zitat aus dem Film (sinngemäß): „Ich habe jemanden kennengelernt“ – „Hast Du ihn gefickt“ – „Ja, und es war schön“ – „Dann hau ab, Du Schlampe.“ Der Film ist ab 6 Jahren freigegeben und man darf davon ausgehen, dass Eltern dann auch schon 5-Jährige vor den Fernseher setzen. Da frage ich mich, ob wir unseren Kindern solche Inhalte kommunizieren tatsächlich wollen. Aber für die ARD schien das kein Problem zu sein. Und dass im Nachmittagsprogramm noch ganz andere Sachen laufen, kann keine Entschuldigung sein. Aber vielleicht bin ich jetzt zu weit vom Thema abgekommen.