Kommando schrieb:
Ich meine (!
) nicht, dass der Brockhaus eine Lösung darstellen soll. Sondern dass er einfach eine weitere Recherchequelle darstellt.
Man hat hier den Brockhaus jedoch recht prominent als Informationsquelle platziert im Zuge der Coronakrise, gleichzeitig gibt es bis Heute deutschlandweit keine wirklichen Informations- und Medienkompetenzkurse, die es den Schülern ermöglichen zu entscheiden, wie man im Internet wirklich recherchiert und wie man mit den gefundenen Informationen umgeht.
Genauso ist die Ansicht »Wikipedia schlecht« und »Brockhaus gut« gerade bei Lehrern weit verbreitet, ohne dass Sie wirklich die spezifischen Vor- und Nachteile wirklich benennen können. Genau so werden sehr selten auch entsprechende Recherchestrategien an Schüler vermittelt, viele kommen erst in der Sekundarstufe 2 überhaupt damit in Kontakt und oft sieht dann die Lösung so aus, dass man entweder Google fragt oder dass man sich an die örtlichen Stadtbibliotheken wendet, weil ein Lehrer kategorisch »Onlinequellen« ausschließt.
Fragt man einen Lehrer, warum Wikipedia keine gute Quelle für eine Hausarbeit ist, kommt in der Regel ein Schwall an pauschalen Behauptungen, ohne dass der Lehrer wirklich die Mechanik dahinter versteht und gleiches gilt auch andersherum, warum ein Brockhaus sich als Quelle besser eignet.
Diese Frage wird in der Regel für viele erst in einem Studium beantwortet und viele Studenten müssen sich neben den wissenschaftlichen Arbeitsweisen, dem Stoff, auch noch Informationskompetenz erarbeiten, obwohl gerade diese Fähigkeit ja eigentlich im ganzen Leben wichtig ist.
Wenn man sich dann die Begründung des Bildungsministeriums ansieht, warum man Brockhaus lizenziert hat, kann ich nur den Kopf schütteln: »[…] vor allem objektive Inhalte.«
Und genau hier liegt das Problem und auch ein Teil der Kritik: Hier wird so getan, als wäre Wikipedia nicht objektiv (schlecht) während Brockhaus objektiv (gut) wäre, was so eben nicht stimmt.
Es wird Schülern hier nicht primär eine weitere mögliche Quelle angeboten, mit denen Schülern lernen können, wie sie mit Informationen umgehen müssen und sie lernen auch nicht, wie sie die Informationen bewerten müssen, sondern sie werden in das gerade in Deutschland immer noch vorherrschende Denkmuster gedrückt, dass ein renommierter Verlag objektiv wäre, keine Fehler macht - die erwähnte Obrigkeitshörigkeit - während ja etwas Kostenfreies, hinter dem kein großes Verlagshaus steht, nicht objektiv sein kann, gar schlecht ist. Die Diskussion Brockhaus-Wikipedia findet sich in der Form zum Beispiel - diese Diskussion wird zum Glück etwas weniger - Online-Print sowie eben Payed-OpenAccess.
Ich könnte an der Stelle die Diskussionen zum Beispiel auch auf FakeNews erweitern, die hier nämlich durchaus auch mit ein Problem darstellen im ganzen Komplex.
Kommando schrieb:
Wenn man die notwendige Medienkompetenz schulen möchte, muss man ja ermöglichen auf verschiedene Quellen zugreifen zu können. Und dafür ist es ja klasse, dass diese Möglichkeit gegeben wird.
Wenn man wirklich Wert auf Medien- und Informationskompetenz legen würde, dann würde man sich überlegen, ob man mal ein entsprechendes Schulfach in den Lehrplan aufnimmt oder in gewissen Fächern auch mal Recherche und Co in den Unterrichtsplan aufnehmen.
Wurde aber nicht, seit Jahren reden wir davon, dass in diesem Bereich etwas gemacht werden muss, aber es passiert nicht wirklich etwas.
Digitalisierung, Medien- und Informationskompetenz werden sehr stiefmütterlich behandelt, man sieht es ja auch an den Problemen nun sehr deutlich. Hier kommt es oft eher darauf an, dass man entweder Lehrkräfte hat, die sich aktiv dafür interessieren und sich dieses Wissen selbst aneignen, oder zumindest die Kooperation mit Bibliotheken, Medienwerkstätten und Co suchen.
Nur, und dass kann ich an dieser Stelle schon schreiben: Es gibt da nicht viele Lehrer, die da so hinterher sind.
Kommando schrieb:
Deshalb komme ich zu dem leicht abweichenden Schluss, dass es ein Teil der Lösung ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Es ist in dem Fall - mit der Kommunikation - kein Teil der Lösung für fehlende Medien- und Informationskompetenz, da müsste man an ganz anderen Stellen ansetzen, denn viele Bibliotheken in Deutschland haben auch eine Brockhaus-Lizenz und Kinder können fast Deutschlandweit kostenfrei einen Bibliotheksausweis bekommen, auch in NRW:
Köln,
Bonn,
Düsseldorf oder auch kleinere Städte wie
Coesfeld.
Und hier kommen wir nämlich zu einem weiteren Problem: Viele der kleineren Bibliotheken haben in den letzten Jahren den Online-Brockhaus aus dem Programm genommen, weil das Angebot nicht wirklich genutzt wurde, größere Bibliotheken haben diesen in der Regel noch an, weil es ein gewisses Must-Have ist.
Auch das Thema mit den Bibliotheken: Viele Städte haben noch - zum Glück - eine Stadtbibliothek/Bücherei, viele haben ein umfassendes digitales Angebot, dazu bieten viele Bibliotheken auch Kurse für Schüler an, oder würden es machen, wenn sich die Lehrer der Sek 1 und Sek 2 Mal hierfür interessieren würden, wir sind oben bei der Erwähnung der Lehrer.
Wir haben theoretisch alle nötigen Puzzlesteine um Schülern passend Informations- und Medienkompetenz zu vermitteln, nur werden hier die Synergien nicht wirklich genutzt. Viele Bibliotheken haben resigniert mit den Sek 1 und Sek 2, weil die Lehrer kaum bis kein Interesse zeigen. Die Angebote wie Brockhaus, Statista und Co sind aber vorhanden und viele meiner Kolleg*innen sind in diesen Datenbanken, allgemein im Thema Recherche sehr fit. Warum wird das aber nicht genutzt?
Hier wird nun also wieder einmal doppelt gezahlt - quasi - für eine Datenbank, die für Schüler ohnehin weitgehend kostenlos verfügbar wäre. Das eigentliche Problem wird aber nicht gelöst, dabei wären auch dafür alle Puzzleteile vorhanden, wird aber auch nicht genutzt.
Und ich weiß, wovon ich hier schreibe, da ich aktuell mit meinen Kolleg*innen an neuen Konzepten und Veranstaltungen für die Sek 1 und Sek 2 arbeite und überlege, wie wir das den Lehrern schmackhaft machen, dass sie es nutzen.