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ArcherV
Gast
Sophisto schrieb:Prinzipiell ja völlig richtig. Aber hältst du es denn wirklich für völlig unproblematisch, wenn man privaten Unternehmen, Institutionen etc. bei der "Ausübung des Hausrechts", also bei dem was sie auf Ihren öffentlichen Kanälen zulassen und was nicht, völlig freie Hand lässt?
Kommt drauf an.
Wenn die Löschungen willkürlich sind, bin ich natürlich dagegen. In diesem Fall kann man eben aber dagegen gerichtlich vorgehen. So wie das z.B. bei einigen Youtubern schon passiert ist.
In vielen Fällen haben die aber Hand & Fuß. Wir können ja mal gerne drei Beispiele durchgehen:
- Hildmann
- KenFM
- RTdeutsch
Alle drei Kanäle haben auffällige Gemeinsamkeiten: Sie haben alle Hass, Hetze, Lügen und Fehlinformationen verbreitet.
Beim Hildmann kamen noch div. Straftaten dazu, da der ja mehrmals in seinen Videos den Holocaust geleugnet hat (kann man sich immer noch in div. Reactions anschauen). Sowas gehört einfach von Youtube verbannt. Und ja gerade der Hildmann triggert mich emotional. In meiner Kindheit haben wir während unserer Abschlussfahrt in Berlin das Museum & Gedenkstätte Sachsenhausen besichtigt. Man konnte sich damals alles anschauen, wir wurden auch (freiwillig) für eine kurze Zeit in eine der Zellen geschlossen um auch nur einen kleinen Bruchteil nachvollziehen können.... Obwohl das ganze bereits fast 15 Jahre her ist, habe ich immer noch die Bilder im Kopf. Ich kann einfach nicht verstehen, wie man sich in die Öffentlichkeit stellen kann und dann brüllt, dass der Holocaust ja gar nicht passiert ist. Wenn man sich mal den Wiki Artikel zu ihm durchließt wird mir einfach schlecht. So eine widerwärtige sch*... gehört nicht auf eine Plattform die eigentlich der Unterhaltung dient. Meine Meinung.
RTdeutsch sehe ich auch sehr kritisch, da RTdeutsch leider viele Konsument*innen hat, die einfach alles unreflektiert glauben, was die verbreiten. RTdeutsch wird ja nun mal von Russland finanziert (Quelle) und Russland ist laut dem Demokratie-Index ein autoritäres Regime (Quelle 1, Quelle 2). Es kann nicht sein, dass so ein autoritäres Regime seine Propaganda hier verbreitet (und genau das sind die Lügengeschichten von RTdeutsch), um die Bevölkerung zu verunsichern und letztendlich Unmut schüren. Ich sehe hier im großen Maße das Allgemeinwohl und auch unserer Demokratie gefährdet.
Und nein, eine Demokratie muss keine "unliebsamen Meinungen" aushalten. Denn sonst könnte man auch nicht gewisse Parteien sperren. Alles hat Grenzen und das gilt eben auch für die Meinungsäußerung.
Sophisto schrieb:Bei den üblichen Content Providern wird das vielleicht (noch) nicht ganz so offensichtlich. Aber man muss sich ja nur mal den Bereich Mobiltelefone anschauen. Die weltweite Abdeckung durch Android und iOS dürfte ja bekannt sein. Und wozu führt das dann, wenn google oder Apple ihr Hausrecht nutzen um zu bestimmen welche Apps in ihren Stores vertrieben werden und welche nicht? Was sie ziemlich ungestört ja auch machen (klar kann man APK installieren, jailbreaken oder was auch sonst an "workarounds" nutzen... das erreicht aber die wenigsten Nutzer und schränkt daher das Angebot trotzdem großflächig ein).
Bei Android ist es ja egal, weil du auch Apps aus dritten Quellen installieren kannst.
Bei iOS hingegen weiß man vor dem Kauf des Gerätes bereits, dass man sich Apple ausliefert. Die Menschen sind mündig und wenn das für die OK ist, dann steht uns es nicht zu, darüber zu urteilen. Genauso wie es viele Menschen gibt, die Facebook freiwillig nutzen und ihre Daten teilen.
Übrigens gab es so einen Fall schon mal, in der Kurzfassung: Fortnite ist aus dem iOS Appstore geflogen. In den AGBs des Stores steht irgendwo, dass Bezahlung ausschließlich (und verständlicherweise) über den iOS Store laufen zu haben. Epic hat das aber umgangen und hat im Spiel weitere Bezahlmöglichkeiten angeboten.
Folglich hat Apple von seinem Hausrecht gebraucht gemacht und Fortnite aus dem Store entfernt. Apple hat da vorerst auch recht bekommen:
https://t3n.de/news/epic-apple-fortnite-app-store-1327659/Am Freitag urteilte Bundesrichterin Yvonne Gonzales Rogers in Oakland, im US-Bundesstaat Kalifornien, dass Apple das populäre Spiel Fortnite von Epic Games vorerst nicht wieder in den App-Store aufnehmen müsse. Damit wies die Richterin den Antrag des Spieleherstellers auf eine entsprechende einstweilige Verfügung gegen Apple ab. Damit wird Fortnite in seiner jetzigen Form bis zu einem – allerdings erst für Sommer 2021 erwarteten – abschließenden Urteil nicht in den iOS-App-Shop zurückkehren, wie The Verge schreibt.
Allerdings würde sich offenbar lediglich eine Jury-Entscheidung bis Juli hinziehen. Ein laut US-Medien von Apple und Epic bevorzugter Richterspruch könnte schon früher erfolgen. Möglich wäre auch, dass sich beide Parteien außergerichtlich einigen – was ebenfalls schneller gehen könnte. Für Fortnite-Fans besteht zudem die Hoffnung, dass Epic einlenkt und das Spiel ohne die integrierte Zahlungsmöglichkeit, an der sich ja der Streit und der Rauswurf aus dem App-Store entzündet hatten, zurückbringt – wenn Apple das zulässt.
Die ebenfalls im Apple-Visier stehende Epic-Entwicklerplattform Unreal Engine darf der iPhone-Konzern aber nicht aus dem App-Store werfen. Dem Richterspruch zufolge dürfe der Streit zwischen Apple und Epic keine negativen Auswirkungen auf Dritte haben. Das öffentliche Interesse liege mit überwältigender Mehrheit auf Seiten der Unreal Engine und der entsprechenden Epic-Kunden.
Übrigens finde ich das auch gut. Es kann nicht sein, dass man sich als Entwickler ins gemachte Nest (der App Store) setzt, sich dessen Reichweite zu eigen macht und dann einfach selbst abkassieren will, ohne das der Betreiber seinen Anteil bekommt. Fairplay sieht anders aus.
Sophisto schrieb:Ich denke daher schon, dass man den marktbeherrschenden Unternehmen eben nicht zugestehen sollte, dass sie ihr Hausrecht uneingeschränkt ausüben können. Sei es willkürlich oder auch anhand eigener unternehmensinterner Regeln. Sie sollten verpflichtet sein alles was nicht gegen geltende Gesetze verstößt (diese Einschränkungen ist in manchen Ländern schon bedenklich genug) auch zur Verfügung zu stellen.
Bei "uneingeschränkt " bin ich ja bei dir. Willkürliches löschen geht nicht und natürlich müssen auch die sonstigen Regeln und AGBs den gesetzlichen Gegebenheiten der Konsumenten-Länder entsprechen.
Aber wie gesagt, wenn es unrecht ist, kann man dagegen vorgehen.
USB-Kabeljau schrieb:Nein, können sie tatsächlich nicht.
Und so etwas wie ein "Hausrecht" für soziale Netzwerke gibt es nicht.,
Es wurden schon bereits div. Online-Betreibern ein virtuelles Hausrecht eingeräumt:
https://online.ruw.de/suche/kur/Das...hits-inner-v-5fa02925239f5511b4e8d1d87f40212dBereits das LG Bonn hat in einer Entscheidung über die Störung eines Chatbetriebs die Sachherrschaftsrechte der §§ 903, 1004 BGB auf den virtuellen Raum übertragen7 und wurde in Folgeinstanz vom OLG Köln bestätigt.8 Auch das LG München, das über das Hausrecht innerhalb eines Diskussionsforums zu entscheiden hatte, bejahte die entsprechende Anwendung von sachenrechtlichen Regelungen.9 Es begründete das Hausrecht mit dem Eigentum, beziehungswiese Besitz an der Hardware, auf der die Foreneinträge gespeichert werden und kam so zur Anwendung der §§ 903, beziehungsweise 858, 862 BGB. Die analoge Anwendung des Sachenrechts wurde auch in der Literatur unter der Voraussetzung einer vergleichbaren Sachlage anerkannt.10 Diese ist gegeben, wenn ein klar definierbarer virtueller Raum durch tatsächliche - z. B. redaktionelle - Einwirkungsmöglichkeiten beherrscht werden kann.11 Auch Betreiber von Fanseiten können sich auf ein Hausrecht auf sachenrechtlicher Grundlage berufen. Eine Fanseite innerhalb eines sozialen Netzwerks ist von der übrigen Plattform abgegrenzt und unterliegt im Hinblick auf deren Gestaltung, Zweck und Inhalt der Herrschaft des Betreibers.12 Dieser ist mit einem Mieter von Geschäftsräumen vergleichbar, der sich ebenfalls auf seine Besitzrechte aus §§ 858, 862 BGB bei der Ausübung des Hausrechts berufen kann.
https://www.it-recht-kanzlei.de/bgh-aenderung-rechtsprechung-hausrecht.htmlAusgehend von einer Entscheidung des Landgerichts Bonn (Urt. v. 16.11.1999, Az. 10 O 457/99) zu Ausschluss- und Blockaderechten des Betreibers eines Online-Diskussionsforums hat sich inzwischen eine gefestigte Rechtsprechung entwickelt. Danach verfügen auch Betreiber von Internetpräsenzen über ein originäres virtuelles Hausrecht, welches im Rahmen von spezifischen Grenzen zur Inanspruchnahme besonderer autoritärer Kompetenzen befähigt.
Bei sich nicht konform verhaltenden Kunden und daraus resultierenden zu erwartenden Rechtsverletzungen oder Betriebsstörungen knüpft das virtuelle Hausrecht primär an die Eigentums- und Besitzrechtsgarantien des Zivilrechts an. Hausrechtliche Abwehrrechte aus §§ 903, 1004 Abs. 1 BGB werden dann abgeleitet, wenn der beeinträchtigte Shopbetreiber gleichzeitig Eigentümer der den Webauftritt tragenden Server und weiterer technischer Einrichtungen ist.
In derlei Fällen können rechtliche oder tatsächliche Gefährdungen des Online-Auftritts grundsätzlich über die eigentumsrechtliche Alleinverfügungsbefugnis unterbunden werden. Aber auch Mieter bzw. durch entsprechende Verträge berechtigte Nutzer der Servertechnik stehen hausrechtliche Ansprüche aus den §§ 861, 862 i.V.m. § 858 BGB zu.
Auch wenn ein virtuelles Hausrecht im Online-Shop grundsätzlich anerkannt wird, kann der jeweilige Händler nicht nach freiem Belieben Maßnahmen gegenüber potenziell störenden Kunden ergreifen. Der Online-Händler muss sich insofern an dem durch die Öffnung seines virtuellen Geschäfts zum Ausdruck kommenden Willen festhalten lassen, mit jedem kaufwilligen Besucher zu kontrahieren.
Nach einem Leiturteil des BGH (welches sich bis dato vollständig auf den Verkauf über das Internet übertragen ließ) liegt in der Zugänglichmachung des Geschäftsbetriebs für jedermann ein weitgehender Verzicht auf spezifische hausrechtliche Befugnisse (BGH, Urteil vom 03.11.1993, Az.: VIII ZR 106/93). Auszugehen sei insofern von einem generellen Einverständnis bezüglich des Aufsuchens der (virtuellen) Geschäftsräume durch Kunden, das dem Händler das Recht nehme, diese beliebig und nach freiem Willen auszuschließen.
Damit haben wir beide Recht. Ja, es gibt ein virtuelles Hausrecht. Aber nein, man darf nicht willkürlich bannieren.
Und warum sollte hier ein soziales Netzwerk (die Definition trifft btw nicht auf Youtube zu) anders behandelt werden? Man könnte doch nur damit argumentieren, dass die genannten Dienste ein Quasi-Monopol haben und somit evtl. ein Teil der Öffenlichkeit sind.
USB-Kabeljau schrieb:Belege dazu als auch zum Thema Task-Forces müsste ich noch mal raussuchen.
Kann man aber auch selber googlen.
Ich meine, es war das Bundesministerium für Blabla und Familie, welches z.B. daran beteiligt ist.
"google selber" oder "vertrau mir Bruder" ist nun mal keine Quelle. Wenn man solche Behauptungen aufstellt, sollte man zum. Quellen oder Belege nennen können. Selbst wenn es nur Wikipedia ist. Dann kann jeder selber sehen worauf man sich bezieht und inwieweit man den Informationen traut.
Das ist in dem Sinne einer sachlichen Diskussion, meinst du nicht?
PS:
So ich geh jetzt erstmal spazieren weil ich wegen der Thematik oben total aufgewühlt bin. Damit das nicht im Kontext der Chronologie falsch rüberkommt: ich habe den Teil mit Hildmann zum Schluss geschrieben.
Ich weiß nicht ob heute Abend noch hier eine Antwort von mir kommt, ich wünsche daher allen beteiligten einen schönen Abend.