Überwachung will ich nicht !
olly3052 schrieb:
An diese Verbindungsdaten kommen die Strafverfolgungsbehörden nur mit einem richterlichen Beschluß oder bei Gefahr im Verzuge einer staatsanwaltschaftlichen Eilanordunung.
Hier bist Du Opfer einer
gefährlichen Verwechselung.
Es gibt zwei ganz verschiedene Fälle von Verbindungsdaten. Verbindungsdaten, die nur auf richterlichen Beschluss oder Gefahr im Verzug herauszugeben sind,
das ist nicht VorratsDatenspeicherung, sondern die Verbindungsdaten der Leute, die einer schweren Straftat verdächtig sind. Die Einzelheiten sind nachzulesen bei:
http://dejure.org/gesetze/StPO/100a.html
Kontrolle bei Verdacht auf eine schwere Straftat ist rechtstaatlich geboten und im Gesetz ähnlich geregelt wie die Beschlagnahme der Briefpost.
Die TKÜV regelt die Einzelheiten so, dass den Strafverfolgungsbehörden in schweren Verdachtfällen eine Realtime-Strafverfolgung ermöglicht wird. Auf Knopfdruck läuft der gesamte Datenverkehr des Verdächtigen in Kopie über die Polizeicomputer. Die dafür nötige Leitungstechnik ist seit Anfang dieses Jahres bundesweit betriebsbereit.
Schwerkriminalität ist durch diese 'Realtime-Strafverfolgung' nach Ansicht von Experten viel besser zu bekämpfen als mit jeder VorratsDatenspeicherung, denn § 100a StPO zwingt die Polizei, sich auf schwere Straftaten zu konzentrieren und dort schnell zu reagieren. Vorrats-Datenspeicherung dagegen würde die Tendenz fördern, alles wieder auf die lange Bank zu schieben, so dass bei Schwerkriminalität eine erhebliche Verschlechterung der Strafverfolgung zu befürchten wäre.
Zur Verfolgung von Bagatellverstößen ist die high-tech Realtime-Strafverfolgung der TKÜV natürlich nicht zu gebrauchen. Dazu ist die vorgeschriebene Gerichtskontrolle viel zu teuer. Der einzige Sinn von Vorrats-Datenspeicherung kann nach Ansicht von Experten daher nur darin liegen, jeden unverdächtigen Bürger so zu überwachen, dass er nachträglich noch wegen jeder Bagatelle beschuldigt werden kann.
Hier hat unser Grundgesetz aber eine klare Entscheidung getroffen. Die Freiheit von 80 Millionen Bürgern, ohne Furcht vor staatlicher Überwachung reden und schreiben zu können, ist viel wichtiger, als die Verfolgung von Bagatelldelikten.
Deswegen haben wir das grundgesetzlich geschützte Fernmeldegeheimnis:
'Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war.' (§ 88 I TKG 2004)
Eine Einschränkung des Fernmeldegeheimnisses in der Art, dass eine Kopie aller Daten vorsorglich bei einer Überwachungsbeörde abzuliefern ist, ist durch das Grundgesetz verboten. Würde der Staat ein derartiges Gesetz erlassen, das Verfassungsgericht würde es sofort aufheben.
Nun gibt es aber eine Grauzone. Daten können immer auch aus anderen Gründen zufällig vorhanden sein. Bittet ein Kunde beispielsweise die Telecom um Einzelverbindungsnachweis, um die Telefonrechnung besser kontrollieren zu können, dann wird die Telecom diese Nachweise speichern. Das ist keine verbotene Überwachung, sondern Kundenwunsch.
Kommt es dann später aus anderen Gründen zufällig zu einem Strafverfahren, bei dem diese Daten von Bedeutung sind, kann der Strafrichter selbstverständlich Akteneinsicht nehmen.
Diese Tatsache möchten sich die Überwachungsfanatiker unter unseren Politikern nun zu Nutze machen, um die vom Grundgesetz
verbotene Bürgerüberwachung per VorratsDatenspeicherung durch die Hintertür doch noch zu erreichen.
Schlau wie sie sind, denken sie, wir überwachen nicht selber, sondern verpflichten andere, die schmutzige Arbeit für uns zu tun, machen einfach ein Gesetz, dass die Telecoms zur Vorrats-Datenspeicherung verpflichtet, dann haben wir die gewünschte Überwachung und brauchen noch nicht mal selber dafür zahlen.
Das beste Beispiel, wie so etwas durchgezogen wird, ist die Kontenüberwachung. Da wurde uns anfangs auch hoch und heilig versprochen, das sei nur für Terrorbekämpfung da und niemand danke an eine Überwachung der eigenen Bürger. Wie es gekommen ist, wissen wir. Von Terror ist heute keine Rede mehr, statt dessen macht sich das Finanzamt in unseren Konten breit.
Auch bei der VorratsDatenspeicherung wird hinter vorgehaltener Hand bereits heftig darüber diskutiert, wen man mit den Daten alles glücklich machen kann. Scharf auf diese Daten ist vor allem die Musik-Industrie, und die soll diese Daten nach nach dem neuesten Entwurf des Telemediengesetzes in Zukunft auch bekommen (
http://www.netzwelt.de/news/71417_4-neues-telemediengesetz-schrecken-der-filesharer.html). Aber das ist ein anderes Thema.
Die geplante Überwachung durch die Hintertür, die VorratsDatenspeicherung ist es jedenfalls, wogegen immer mehr Bürger protestieren.
Schon heute werden Verbindungsdaten von allen Providern gespeichert.
Das ist eine von interessierter Seite gern verbreitete
Falschinformation. In Wahrheit speichern keineswegs alle Provider.
Festzuhalten ist zunächst: Vergangenes Jahr erst hat es der Bundestag ausdrücklich abbelehnt, die oben beschriebene Bürgerüberwachung durch die Hintertür einzuführen. Die damals bereits vorgesehene Pflicht zur Vorrats-Datenspeicherung wurde wieder aus dem Telekommunikationsgesetz herausgestrichen, wie bei Heise nachzulesen ist:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/55575
Das geltende Gesetz verlangt von den Telecoms also keine Datenspeicherung, sondern schreibt
in Wahrheit eine Pflicht zur sofortigen Datenlöschung vor. Nach § 97 II Nr.2 TKG sind grundsätzlich alle Verkehrsdaten unverzüglich nach Verbindungsende zu löschen.
Nur die zur Abrechnung nötigen Daten dürfen gespeichert werden, sind auf Wunsch des Kunden aber mit Rechnungsversand zu anonymisieren und müssen spätestens nach 6 Monaten endgültig gelöscht sein.
Wer das nicht glaubt, kann sich den Gesetzestext bei der Regulierungsbeörde runterladen:
http://www.bmwa.bund.de/Navigation/...agen-telekommunikationspolitik,did=21996.html
Aus diesem Gesetzestext folgt, dass bei einer Flatrate keinerlei Datenspeicherung erlaubt ist, da eine Flatrate ja nicht mit Verbindungsdaten sondern mit einem Festbetrag abgerechnet wird.
T-Online, der größte deutsche Provider, möchte das jedoch anders sehen und macht die letzten Purzelbäume um zu begründen, warum er zur Abrechnung von Flatrates angeblich doch Verbindungsdaten braucht. Statt sich beim Datenschutz kundenfreundlich zu verhalten, läßt T-Online sich von seinen Kunden lieber auf Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen verklagen.
http://www.heise.de/newsticker/result.xhtml?url=/newsticker/meldung/59726&words=T-Online
Andere Provider sind dagegen weniger verbohrt. Lycos beispielsweise speichert bei überhaupt nicht, weder bei Flatrate noch bei VolumenTarifen.
http://www.heise.de/newsticker/meldung/59642
Bei Flatraterarifen löschen Arcor und Freenet zumindest dann sofort, wenn der Kunde das schriftlich verlangt. Weitere Provider sind dabei, sich dieser Bewegung anzuschließen. GMX will seinen Flatratekunden die Löschoption ab 1.7. anbieten. Über Einzelheiten informiert sehr gut die Seite
www.daten-speicherung.de
Zusammenfassend ist also festzustellen, bisher ist es keineswegs so, dass alle Provider speichern, und die Provider die das bei Flatrateverträgen tun, tun das gegen den Gesetzestext.
Ebenso sehe ich nach der geltendenen Gesetzesvorlage keine Gefahr des totalen Überwachungsstaates.
Gut Überwachung 'nur', wenn auch noch nicht total, denn das Briefgeheimnis will man sich ja im Moment noch nicht unter den Nagel reißen und auch die Briefkästen werden noch nicht durch Automaten mit Speicherpflicht ersetzt, wie man das für Email-Provider plant.
Aber Überwachung aller unverdächtigen Bürger wäre es. Und Überwachung darf es nicht geben.
Überwachung will ich nicht!
Gruß
Bürgerrecht