HappyMutant schrieb:
Die Frage die uns alles beschäftigt: Ist das geltendes Recht? Das LG Hamburg legt es so aus, viele andere (auch Juristen) nicht. Ich mein wenn es so eindeutig im Gesetz steht, dann sollte man nicht so lange über das Urteil diskutieren und warten müssen. Und der Streit würde sich nicht nur aufs LG Hamburg konzentrieren.
Im Gesetz steht fast nie was wirklich eindeutig
Es ist geltendes Recht und das LG Hamburg darf es auslegen wie es lustig ist. Denn Gerichte sind unabhängig.
Aber und das ist wohl so der Punkt der nicht so leicht verständlich ist.
Erst wenn ein Urteil rechtskräftig wird, also keine Rechtsmittel eingelegt werden oder keine mehr eingelegt werden können, wird für den Einzelfall direkt wirkendes Recht daraus. (vorher wirkt es indirekt, da es keiner in Anspruch nimmt, es ist aber existent, Gerichte schaffen kein Recht sie legen es aus.)
Da hier ja noch das OLG das LG überstimmen kann oder der BGH das OLG und das LG, ist noch nichts abschließend entschieden. (Sofern Rechtsmittel eingelegt werden)
HappyMutant schrieb:
Auch wüßte ich nicht wie die genannten Beleidigungen sonst in die Anklageschrift und Urteilsbegründung gekommen sein sollen, wenn sie nicht in der Abmahnung standen. Denn die Ansprüche darauf wurden ja eindeutig abgelehnt, also muß sie ja mal einer erhoben haben. Und ich sehe jetzt auf die Schnelle kein Wort davon, daß der Gegner diese nicht gerügt hätte. Ich versteh also nicht, auf was du in dem Punkt hinaus willst. Und überhaupt beschäftigt sich ein großer Teil der Begründung damit, warum die genannten Beiträge durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind..
Wir haben es hier mit einer negativen Feststellungsklage zu tun. Der Kläger wollte das Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses feststellen lassen.
Die Verbreitung dieser Tatsachenbehauptung könnte ihm indessen nur dann verboten werden, wenn ihre Verbreitung berechtigte Interessen der Beklagten verletzen würde, was insbesondere dann der Fall wäre, wenn diese Behauptung unzutreffend wäre. [...] Dass dies der Fall wäre, ist aber von der Beklagten nicht vorgetragen. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten, die Verbreitung dieser Äußerung aus anderen Gründen untersagen zu lassen, ist nicht ersichtlich.
Also die Klage gegen Ihn und von Ihm sind getrennt zu sehen, die haben nichts miteinander zu tun. Da hier in dem Verfahren die Beklagten darauf verzichtet haben näher auf die "Beleidigungen" einzugehen, war die Feststellung zu treffen, das kein Unterlassungsanspruch besteht.
Warum oder wieso kann ich dir gerade leider nicht erklären, wird irgendwas mit Prozesstaktik zu tun haben.
HappyMutant schrieb:
Und der § 54 ist eben doch nur ein Nebenpunkt, weil die Entscheidung offensichtlich auch ohne ihn so ausgefallen wäre. Nur auf diesen gestützt wäre wohl auch keine ausreichende Begründung gewesen. Und ich halte ihn für eher unwichtig in der Urteilsbegründung, aber wichtig wird er in der Anfechtung desselben. Denn hier hat man sich wohl recht weit aus dem Fenster gelehnt bei der Auslegung.
Schweres Thema.
Zum einen stützt sich die Argumentation des LG Hamburg auf
Engels, AfP 2000, S. 524 ff., 527 zu Fußn. 53 wiedergegeben mit "
das setzt voraus, dass der Betreiber der Internetseite sich von der betreffenden Äußerung nicht pauschal, sondern konkret und ausdrücklich distanziert"
zum anderen wird dies durch
§54 Abs. 2 S. 2 RStV "
Nachrichten sind vom Anbieter vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit zu prüfen."
gestützt, sofern es sich eben um "
Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten" handelt.
Hier müsste geprüft werden ob die direkte Distanzierung auch ohne den § 54 RStV einschlägig wäre und ob diese überhaupt einschlägig ist.
"Dies entspricht der Konzeption für alle Angebote [...] die nicht ausschließlich von deren Inhaber stammen [...] und wie sie nach der Regelung in § 54 RStV [...] wozu auch Internetforen gehören, gelten."
Hier sieht man das sich der Abschnitt des § 54 RStV direkt auf den vorigen bezieht und wiederum das vorliegen des § 54 RStV voraussetzt.
Ein Wegfall des § 54 RStV könnte somit einen Tatbestandsausschluss indizieren.
Das kann ich Dir aber ohne Kommentare und Zeitschriften leider unmöglich beantworten.
Andere Ansicht wie fast immer vertretbar.
Ich hoffe das hat die Sache ein wenig klarer gemacht.