Viele Threads in diesem Forum, wie auch in anderen Foren, befassen sich mit Themen, die letztlich daraus resultieren, dass die meisten Verbraucher überhaupt keine Ahnung von ihren Möglichkeiten und vom üblichen Vorgehen von Unternehmen haben.
Dazu kommt natürlich der weitere Umstand, dass aus irgendeinem seltsamen Grund im Internet oft Partei "für die andere Seite" ergriffen wird. Das führt dann ggf. dazu, dass irgendwelche Leute milliardenschwere Unternehmen oder brutale Handwerker verteidigen; der jeweilige Threadersteller soll dann oft der vermeintliche Täter sein.
Womöglich erreicht dieser Thread bei dem einen oder anderen ein Umdenken oder einen praktischen Hinweis darauf, was denn eigentlich alles mit wenig Aufwand machbar sein könnte.
Der Thread umfasst meine eigenen Erfahrungen und Ansichten. Die Erfahrungen und Ansichten anderer können natürlich abweichen. Natürlich stelle meine Ansichten und Erfahrungen auch keine Rechtsberatung dar. Für sowas gibt's Anwälte. Viele Anwälte sind aber meiner Ansicht nach auch unfähig (bzw. nicht in jedem Gebiet fähig), also Augen stets ganz weit auf.
Wie Unternehmen oft agieren – einige Beispiele:
Ein paar meiner allgemeinen Lösungsansätze:
Welche Erfahrungen könnt ihr teilen, mit denen ihr legitime Forderungen zielgerichtet durchzusetzt?
Dazu kommt natürlich der weitere Umstand, dass aus irgendeinem seltsamen Grund im Internet oft Partei "für die andere Seite" ergriffen wird. Das führt dann ggf. dazu, dass irgendwelche Leute milliardenschwere Unternehmen oder brutale Handwerker verteidigen; der jeweilige Threadersteller soll dann oft der vermeintliche Täter sein.
Womöglich erreicht dieser Thread bei dem einen oder anderen ein Umdenken oder einen praktischen Hinweis darauf, was denn eigentlich alles mit wenig Aufwand machbar sein könnte.
Der Thread umfasst meine eigenen Erfahrungen und Ansichten. Die Erfahrungen und Ansichten anderer können natürlich abweichen. Natürlich stelle meine Ansichten und Erfahrungen auch keine Rechtsberatung dar. Für sowas gibt's Anwälte. Viele Anwälte sind aber meiner Ansicht nach auch unfähig (bzw. nicht in jedem Gebiet fähig), also Augen stets ganz weit auf.
Wie Unternehmen oft agieren – einige Beispiele:
- Auflaufenlassen als Strategie:
Schwer erreichbare Support-Hotlines, unzureichende Chatbots, Standard-E-Mails ohne Mehrwert, Callcenter in fernen Ländern mit schlecht ausgebildetem Personal, schwer auffindbare E-Mail-Adressen oder dreiste Fehldarstellungen von Rechten und Pflichten sind häufig keine Zufälle, sondern der erste Schritt zur Forderungsabwehr durch Unternehmen. - Effizienz bedeutet nicht Kundenservice:
Manche Onlineshops bieten bei Problemen oder Mängeln nur Geld zurück, statt eine Nachlieferung zu veranlassen. Das tun sie nicht aus Nächstenliebe, sondern weil es für sie weniger Aufwand bedeutet. In meinem Umfeld haben wir mehrfach bei Zalando oder Amazon versucht, innerhalb der Gewährleistungsfrist eine Ersatzlieferung zu erhalten. Diese Erfahrungen waren jedes Mal interessant – es war deutlich spürbar, dass Unternehmen den Weg bevorzugen, der für ihre internen Abläufe effizienter ist. - Die Macht des letzten Überlebenden:
Forderungsabwehr funktioniert wie eine Pyramide: Mit lästigen Maßnahmen werden die meisten Anspruchsteller abgeschreckt. Nur ein winziger Prozentsatz (meiner Schätzung nach unter 1%) hält bis zum Ende durch. Diese wenigen werden dann großzügig entschädigt, weil es für das Unternehmen ökonomisch sinnvoll ist.
Beispiel: Der Dieselskandal bei VW. Es ist meines Wissens unklar, wie und wann genau sich die Parteien vor den ersten BGH-Urteilen geeinigt haben. Hätte ich an VWs Stelle gehandelt, wäre mein Budget für die Vergleichszahlungen vermutlich sechsstellig ausgefallen, jedenfalls deutlich höher, als die eigentliche Schadenssumme und damit auch Forderung war. Mein Ziel wäre es gewesen, ein Grundsatzurteil zu vermeiden, nachdem ich es möglichst lange hinausgezögert hätte.
Ein paar meiner allgemeinen Lösungsansätze:
- Juristische Argumente spielen lange Zeit keine Rolle:
Oft wird in Foren direkt gefragt: „Kannst du das vor Gericht beweisen? Was ist deine Anspruchsgrundlage?“ Aber ganz ehrlich: Als Verbraucher muss ich nicht sofort alles beweisen. Ich kann Forderungen erst einmal frei in den Raum stellen, solange sie nicht von vornherein offensichtlich rechtswidrig sind.
Meine Erfahrung: Wird es zu juristisch, blocken Unternehmen oft ab. Dann erfahre ich keine weiteren Details, die mir bei späteren Schritten helfen könnten. Oder der Fall landet gleich in der Rechtsabteilung, und dann habe ich es vielleicht doch mit echter Kompetenz zu tun, was meine Forderungsdurchsetzung erschwert. Ich arbeite gerade am Anfang z. B. gerne mit naiven Nachfragen oder stelle mich dumm und unwissend. - Pain Points als Hebel:
Wenn ich ein Leasingfahrzeug zurückgebe und der Leasinggeber mir die Minderkilometer nicht erstatten will, kann ich ihn mit einer ausufernden juristischen Argumentation konfrontieren. Das ist aber meiner Erfahrung nach weniger effektiv, als der höfliche Hinweis mit 1-3 zielgerichteten und fundierten Buzzwords, dass ich das Ganze ausufernd und fundiert in einer sehr, sehr öffentlichen Verhandlung thematisieren werde. Dann hat er halt nicht nur meine Forderung am Hals, sondern potenziell die ähnlicher tausender anderer Kunden. Natürlich nur, falls seine Klauseln unwirksam sind, was er ja selbst nochmal ganz in Ruhe bewerten kann. - Rechtsabteilungen (intern/extern) sind nicht unfehlbar:
Es gibt natürlich kompetente Juristen in Unternehmen. Aber auch dort arbeiten Menschen, die desinteressiert, überlastet oder fachlich nicht auf dem neuesten Stand sind. Ich hole die Rechtsabteilung nur dann bewusst ins Spiel, wenn es zu meiner Strategie passt. Dann sollte meine Forderung aber wirklich gut sein – oder ich habe starke „Pain Points“ in der Hinterhand. Angst vor der Rechtsabteilung? Auf keinen Fall. - Die Macht der Whistleblower-Hotlines:
Zugangsfähige E-Mail-Adressen werden seltener, aber die EU-Gesetzgebung verpflichtet viele Unternehmen dazu, Whistleblower- oder Compliance-Hotlines einzurichten. Diese müssen gut sichtbar und einfach erreichbar sein, und dort sitzen häufig Personen, die nach Rechtfertigungen für ihre Daseinsberechtigung als Cost Center suchen. Sie stürzen sich oft eifrig auf Meldungen, weil es nur sehr wenige davon gibt. Außerdem verfügen diese Bereiche häufig über große Macht, um Probleme einfach aus der Welt zu schaffen. Vor allem US-, UK-, australische oder neuseeländische Unternehmen reagieren empfindlich auf jegliche Form von Compliance-Druck. - Raus aus dem Hotline-Playbook:
Mit Hotlines rede ich nicht länger als nötig. Dort sitzt meist niemand, der die Befugnis oder den Willen hat, meine Anliegen nach meinen Vorstellungen zu lösen. Ich schreibe nach kurzem nutzlosen Gespräch oder auch ohne Umwege lieber Briefe direkt an die Geschäftsführung oder den Vorstand (Adresse steht im Impressum). Die Kosten für solche Briefe fordere ich natürlich zurück.
Ein Bekannter, der weder verwandt noch besonders eng befreundet ist und mir somit als neutraler Zeuge dient, schaut sich meine Schreiben an. Wir tüten und übergeben die Briefe dann gemeinsam in der Postfiliale an die dort arbeitenden Menschen oder den Briefkasten für ein Einwurfeinschreiben. Das erwähne ich im Brief ausdrücklich („unter Zeugen verschickt“).
So landet mein Anliegen oft bei Abteilungen mit klangvollen Namen wie „Special Assistant Team to the Managing Director“ oder „Task Force Vorstandsanfragen“. Diese Teams sind oft sehr gut geschult und verfügen über eigene hohe Budgets, um Probleme schnell und unkompliziert zu lösen. - Erwartungswerte berechnen und beachten:
Häufig höre ich, dass sich ein Rechtsstreit nicht lohne. Das mag sein, aber das gilt vor allem für Unternehmen. Unternehmen müssen Prozessrisiken einpreisen, Rückstellungen bilden und sich mit Wirtschaftsprüfern und Ausschreibungen herumärgern, wenn sie verklagt werden. Dazu lässt sich der Erwartungswert auch gut berechnen, und der sagt in aller Regel, dass sich eine außergerichtliche Einigung sehr viel mehr "lohnt". - Die Klagehürde ist überraschend niedrig:
Vor dem Amtsgericht (bis 5.000 Euro Streitwert) kann ich ohne Anwalt klagen. Eine einfache, verständliche Klageschrift reicht oft aus. Ich lasse mir im Zweifel von ChatGPT eine Klageschrift nach deutschem Recht erstellen oder nutze andere Internetbeispiele, entferne alle juristischen Verweise und erzähle schlicht eine wirklich gute Geschichte in laienhaften Worten aus meiner Sicht. Ggf. ergänze ich einzelne Punkte durch alltägliche Beispiele oder leicht nachvollziehbare Argumentationen. Mein Ziel oder meine Ziele, die ich mit der Klage verfolge, beschreibe ich verständlich, so dass diese im Zweifel vernünftig ausgelegt werden können. Ich lege E-Mails, Rechnungen und andere Belege bei, unterschreibe und reiche alles in dreifacher Ausführung beim Amtsgericht ein. Schon bekomme ich Post mit dem weiteren Vorgehen. Es ist viel einfacher, als viele glauben, weil die formalen Anforderungen extrem niedrig sind.
Welche Erfahrungen könnt ihr teilen, mit denen ihr legitime Forderungen zielgerichtet durchzusetzt?